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KSchG
Kündigungsschutzgesetz
§ 13 Außerordentliche, sittenwidrige und sonstige Kündigungen (Regelung seit 01.01.2004)
(1) Die Vorschriften über das Recht zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses werden durch das vorliegende Gesetz nicht berührt. Die Rechtsunwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann jedoch nur nach Maßgabe des § 4 Satz 1 und der §§ 5 bis 7 geltend gemacht werden. Stellt das Gericht fest, dass die außerordentliche Kündigung unbegründet ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat auf seinen Antrag das Gericht das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzulegen, zu dem die außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Die Vorschriften der §§ 10 bis 12 gelten entsprechend.

(2) Verstößt eine Kündigung gegen die guten Sitten, so finden die Vorschriften des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und der §§ 10 bis 12 entsprechende Anwendung.

(3) Im Übrigen finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 auf eine Kündigung, die bereits aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, keine Anwendung.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 02.01.2011
Co-Kommentatoren
Düsseldorf
:
Christoph Burgmer
 (Rechtsanwalt)

München
:
Pierre Rosenberger
 (Rechtsanwalt)

Ãœberblick zum Thema
I. Zweck und Anwendungsbereich

1.Es geht um die außerordentlichen (nicht unbedingt fristlosen!) unwirksamen, die wegen Sittenwidrigkeit unwirksamen und die (auch) aus anderen Gründen als § 1 II, III KschG unwirksamen Kündigungen.

Diese Kündigungen fallen nach Vorstellung des Gesetzgebers nicht unter das KschG. Diese Vorstellung bei Erlaß des § 13 KschG ist teilweise inzwischen falsch! § 4 und damit auch die §§ 5-7 KschG gelten seit 1.1.2004 auch für die hier benannten Kündigungen!

Einzig die Kündigung, die nicht der in § 623 BGB vorgeschriebenen Schriftform entspricht fällt heute noch vollständig aus dem Anwendungsbereich des KschG heraus.

2. Es werden lediglich formelle Vorgaben zur Geltendmachung der etwaigen fehlenden Berechtigung, also der Unwirksamkeit einer der einschlägigen Kündigungen gemacht bzw. als nicht verdrängt bezeichnet = erhalten.

3. Zusätzlich und zur etwa nötigen Herstellung zufriedenstellender Zukunfts-Strukturen wird in einem Falle ein spezieller Auflösungstatbestand samt Verfahren angeboten.

4. Ob und wann eine der hier behandelten Kündigungen berechtigt ist wird hier nicht geregelt! Dies bemißt sich vielmehr nach den ansonsten bestehenden Normen (§§ 626, 134, 138, 125, 242 BGB, etc.).


II. Die einzelnen Fallgruppen:

1. § 13 I – Außerordentliche Kündigung

Seit 1.1.2004 ist die Vorschrift mit ihren Sätzen 1 + 2 auf alle außerordentlichen Kündigungen anwendbar, auch auf Betriebe mit weniger als 5 Mitarbeitern und Anstellungsverhältnisse innerhalb der ersten 6 Monate (§ 23 KschG).

Die Frage der ursprünglichen Wirksamkeit = Berechtigung der Kündigung bemißt sich ausschließlich nach den üblichen Vorschriften, also insbesondere § 626 BGB.

Der Arbeitnehmer kann diese Unwirksamkeit einer solchen Kündigung seit 1.1.2004 jedenfalles nur nach den §§ 4 I, 5-7 KSchG binnen 3 Wochen geltend machen. Tut er dies nicht, wird die Kündigung faktisch wirksam gem. § 7 KschG.
(Insoweit sagt der § 13 I eigentlich nichts, was sich nicht schon aus den §§ 23 I Satz 2, 4 ff. KschG erschließen ließe. Auch wegen dieser ansonsten etwas überflüssigen Teilregelung ist allerdings davon auszugehen, daß in § 4 KschG mit dem Worte „Kündigung“ nur die ordentliche Kündigung gemeint ist. Dann allerdings bedarf es des § 13 I S.2 KschG.)

Zusätzlich und auffangweise gibt § 13 I S. 3-5 dem ArbN die Möglichkeit, gegebenenfalles einen Auflösungsantrag zu stellen. In dieser Konstellation hat nur der ArbN dieses Recht. Das ist eine echte Abweichung zum Grundtatbestand des § 9 KschG, wo dieses Recht auch der ArbG haben könnte.


2. § 13 II – Wegen Sittenwidrigkeit unwirksame (ordentliche) Kündigungen

Sittenwidrig ist eine Kündigung, wenn sie auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden beruht, wie insbesondere Rachsucht oder Vergeltung, oder wenn sie aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht.

Nach § 138 BGB ist eine sittenwidrige Kündigung nichtig.

Problematisch ist hier vor allem die Beweislast des Arbeitnehmers für das Motiv des Kündigenden, zumal dieser nicht zur Angabe der Kündigungsgründe verpflichtet ist.

Bereits nach der Rechtslage vor dem 1.1.2004 war der ArbN daher faktisch genötigt innerhalb der Frist des § 4 KschG zu klagen, um zu erfahren, worauf sich der ArbG stützt.

Gem. §§ 23 I S.2, 4 ff. KschG ist dies jetzt auch in jedem Falle, also selbst wenn die sittenwidrigen Motive klar sind, nötig.

Über § 23 I Satz 2 hinaus wird hier in § 13 II KschG auch die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 9 I S. 1+2, 10-12 KschG vorgeschrieben.


3. § 13 III – Aus (auch) anderen Gründen als denen des § 1 II, III KschG unwirksame (ordentliche) Kündigungen

3.1 Einleitung

Kündigungen können auch aus anderen Gründen unwirksam sein als denen des § 1 II, III KschG.

Auf diese Fälle bezieht sich § 13 III.

Ob diese Norm auch für die außerordentliche Kündigung anwendbar ist erscheint mir fraglich (so aber z.B. Dorn./W.-Timm, 2. Aufl. § 13 Rn. 40). Dies widerspräche dem Absatz 1, meine ich. Das dürfte aber wenig praktische Relevanz haben.


3.2 Fallgruppen

a.) Solche Unwirksamkeitgründe können in gesetzlichen Verboten liegen und nach § 134 BGB zur Nichtigkeit führen.

Dabei kann es vor allem zu Problemen mit Grundgesetzartikeln, insbesondere den Gleichheitssätzen des Art.3 I GG und des AGG, dem Grundsatz der Meinungsfreiheit (Art.5 I GG) oder dem Grundsatz der Koalitionsfreiheit nach Art.9 I bzw. 9 III GG kommen.

Außerdem gibt es sonstige Verbote der Kündigung z.B. in den §§ 612a und 613a BGB sowie 20, 78 BetrVG.

b.) Des Weiteren können Kündigungen, die nicht dem § 1 KSchG unterfallen, gemäß dem allgemeinen Missbrauchsvorbehalt nach § 242 BGB überprüft werden.

Eine Treuwidrigkeit kann dann vorliegen, wenn die verfassungsrechtlichen Mindestgarantien bei der Kündigung nicht beachtet werden. Dies kann z.B. bei Herabwürdigung der Person und Persönlichkeitsverletzungen bei der Kündigung der Fall sein.

Diese gem. § 242 wegen Mißbrauchs unwirksamen Kündigungen unterfallen dann wieder dem § 13 III KschG.

Allerdings ist die Bedeutung dieses Unwirksamkeitsgrundes in der Praxis nicht sehr bedeutend, da der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast trägt.


3.3 Regelungsinhalt

Da die Nichtigkeitsgründe gem. vorliegender Darstellung schwerer wiegen als die reinen Verstöße (nur) gegen § 1 KschG muß insbesondere in dem Falle, daß eine Unwirksamkeit sowohl nach § 1 KschG als auch nach anderen hier gegenständlichen Gründen vorliegt der ArbN mindestens gleich gut bzw. besser gestellt werden!

So manche Norm der §§ 1-3 und dann der 8-12 KschG sind aber eher für den ArbG günstig. Deshalb wird deren Anwendbarkeit ausgeschlossen.

Insbesondere fällt damit das Recht auf einen Auflösungsantrag nach § 9 KschG weg – wenngleich auch für den ArbN.

Ausdrücklich anwendbar sind bzw. bleiben die § 4-7 KschG (was ja bereits gem. § 23 I S.2 iVm. dem Wortlaut des § 4 KschG der Fall wäre/ist).

Allerdings wird auch auf diesem Wege nicht die Kündigung den §§ 4-7 KSchG unterworfen die wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. §§ 623, 125 BGB nichtig ist!
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AN = Arbeitnehmer
AG = Arbeitgeber
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
ArbN = Arbeitnehmer
ArbZG = Arbeitszeitgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 02.01.2011, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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