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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 283 Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht (Regelung seit 01.01.2002)
Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.
Zur Änderung zum 01.01.2002 (Schuldrechtsreform!)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Auszug aus Entwurf BT-Drucksache 14/6040:


Entwurf der Bundesregierung (Seite 3)

1. Vorschlag


9. Die §§ 280 bis 288 werden wie folgt gefasst:

㤠283

Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 3 und § 281 Abs. 4 finden entsprechende Anwendung.



2. Begründung zur Änderung des § 283:


Zu Nummer 9 – Neufassung der §§ 280 bis 288

Vorbemerkung

Mängel des geltenden Rechts


Bewirkt der Schuldner eine geschuldete Leistung nicht oder verletzt er sonst eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so können an die Stelle eines gestörten Primärleistungsanspruchs oder neben diesen Schadensersatzansprüche treten. Die Regelungsaufgabe besteht darin zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen dies geschehen soll.

Die derzeitigen §§ 275 bis 292 unterscheiden zwei Arten der Leistungsstörung: die den primären Erfüllungsanspruch aufhebende Unmöglichkeit und die ihn zunächst bestehen lassende Leistungsverzögerung. Ein beide Arten umfassender Oberbegriff kommt im allgemeinen Schuldrecht nicht vor. Schon bald nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat sich jedoch die Meinung gebildet, manche Leistungsstörungen ließen sich weder als Unmöglichkeit noch als Leistungsverzögerung erfassen: Es liefert etwa der Schuldner das verkaufte Viehfutter zwar rechtzeitig, doch ist dieses giftig; oder eine geschuldete Bilanz wird zwar sogar vorzeitig aufgestellt, doch ist sie unrichtig; in beiden Fällen entsteht dem Gläubiger durch die Verwendung der mangelhaften Schuldnerleistung Schaden an seinem Vermögen außerhalb des Leistungsgegenstandes. Für solche Fälle hat sich als dritte Art der Leistungsstörung die positive Forderungsverletzung (oder auch: positive Vertragsverletzung) in der Rechtsprechung vollständig und in der Literatur weitgehend durchgesetzt. Sie kann inzwischen als gewohnheitsrechtlich anerkannt gelten. Infolge dieser Lückenfüllung durch Gewohnheitsrecht könnte man das Problem für sachlich erledigt halten. Nötig wäre dann lediglich eine Vervollständigung des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Aufnahme des ohnehin Anerkannten, also etwa durch die Einführung eines dritten Tatbestandes der Leistungsstörung.

Dem ist zunächst schon entgegenzuhalten, dass dann Unmöglichkeit und Verzug als weitere Leistungsstörungstatbestände erhalten bleiben und von dem dritten Tatbestand der Leistungsstörung abgegrenzt werden müssen. Doch liegt das Problem im Blick auf das besondere Schuldrecht noch komplizierter. Denn dort sind an vielen wichtigen Stellen (etwa in den derzeit geltenden §§ 463, 480 Abs. 2, 538 Abs. 1, 635) Schadensersatzansprüche geregelt, die in den Anwendungsbereich der positiven Forderungsverletzung zumindest hineinragen. Einige dieser Ansprüche sind vom Tatbestand her oder durch eine kurze Verjährung beschränkt. Daher wird hier fraglich, ob mit dem speziell geregelten Anspruch noch der allgemeinere aus positiver Forderungsverletzung konkurriert und ob für diesen etwa die gleichen Beschränkungen gelten. Wird (wie derzeit bei den §§ 635, 638) die zweite Frage verneint, so erlangt die Abgrenzung zwischen dem (beschränkten) speziellen Anspruch und dem unbeschränkten Anspruch aus positiver Forderungsverletzung Bedeutung. Das hat zu erheblichen Unterscheidungsschwierigkeiten geführt, deren Lösung mit den Begriffspaaren „unmittelbar“ und „mittelbar“ oder „Mangelschaden“ und „Mangelfolgeschaden“ versucht worden ist. Die hieraus entstandenen vielfachen Unsicherheiten zu beseitigen, ist eines der wesentlichen Ziele der Schuldrechtsmodernisierung. Dieses soll nicht bloß durch eine Vereinheitlichung der Verjährungsfristen erreicht werden, sondern schon durch eine Neuordnung der Normen über die Anspruchsbegründung.

Reformdiskussion

Huber hatte seinerzeit in seinem Gutachten (dort S. 699 ff.) vorgeschlagen, den Begriff der Nichterfüllung als „Grundkategorie des Leistungsstörungsrechts“ einzuführen. Er lehnte sich damit an die – freilich nicht einheitliche – Terminologie des EKG an: Das EKG spricht teils von Forderungsverletzung (z. B. Artikel 10, 83, 86) und teils von Nichterfüllung einer Pflicht (z. B. Artikel 74, 75). Ähnliches gilt für das UN-Kaufrecht (vgl. etwa Artikel 45, 48, 49 Abs. 1 Buchstabe a, 61, 64 Abs. 1 Buchstabe a). Als Grundlage hatte Huber seinerzeit (Gutachten S. 671 ff.) folgenden § 275 Abs. 1 vorgeschlagen:

„Erfüllt der Schuldner seine Verbindlichkeit nicht, insbesondere indem er die geschuldete Leistung nicht zur bestimmten Zeit oder nicht in der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses geschuldeten Art und Weise bewirkt oder indem er einer Unterlassungspflicht zuwiderhandelt (Nichterfüllung), so kann der Gläubiger Erfüllung und Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen.“

Die weiteren Absätze dieser Vorschrift enthalten dann die übrigen Rechte des Schuldners sowie das Erfordernis des Vertretenmüssens. Andere Vorschriften des Vorschlages von Huber (§§ 280, 281a, 287, 288) betreffen Einzelheiten der Ersatzleistung. Diese Vorschläge lehnen sich weithin an das EKG an. Terminologische Abweichungen beruhen vor allem darauf, dass das EKG nur den Kauf betrifft und nicht auch einseitige Schuldverhältnisse.

In ihren Vorschlägen zur Überarbeitung des Schuldrechts hatte sich die Schuldrechtskommission in der Sache Huber angeschlossen und die Schaffung eines einheitlichen alle Leistungsstörungen umfassenden Schadensersatztatbestandes vorgeschlagen. Er findet seinen Platz allerdings nicht an dem Standort des bisherigen § 275, sondern an dem Standort des bisherigen § 280. Der von der Schuldrechtskommission vorgesehene § 280 Abs. 1 Satz 1 knüpft allerdings auf der objektiven Tatbestandsebene nicht – wie der von Huber vorgeschlagene § 275 Abs. 1 – an die Nichterfüllung, sondern an die Verletzung einer „Pflicht aus dem Schuldverhältnis“ an. Hierin liegt kein Unterschied in der Sache, sondern ein Unterschied in der Terminologie. Der Begriff Nichterfüllung ist nämlich durch das Bürgerliche Gesetzbuch in einem anderen engeren Sinne besetzt. Das Bürgerliche Gesetzbuch spricht von Nichterfüllung nur, wenn die Leistung ganz oder teilweise auf Dauer ausbleibt. Kommt die Leistung zu spät, spricht das Bürgerliche Gesetzbuch von Verzug. Ein qualitatives Zurückbleiben der Leistung hinter dem Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses wird im Bürgerlichen Gesetzbuch allgemein nicht geregelt und auch nicht als Nichterfüllung begriffen. Wegen dieser andersartigen engeren Begrifflichkeit befürchtete die Schuldrechtskommission Missverständnisse und Anwendungsirrtümer bei Verwendung des Merkmals der „Nichterfüllung“.

Sie hat sich deshalb zur Verwendung eines neutraleren Begriffs entschieden. Gewählt wurde der von Diederichsen (AcP 182, 1982, 101, 117 ff.) entwickelte Begriff der Pflichtverletzung. Er knüpft an den auch in der deutschen Rechtssprache sehr geläufigen Begriff der Vertragsverletzung an, überträgt diese aber auf die Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dieses beschreibt das allgemeine Leistungsstörungsrecht für einseitige und mehrseitige Schuldverhältnisse in gleicher Weise, so dass dort nicht von Vertragsverletzung, sondern nur von der Verletzung von Pflichten aus einem Schuldverhältnis gesprochen werden kann.

Kritik an dem Begriff der „Pflichtverletzung“

Die Pflichtverletzungsterminologie war schon in der Schuldrechtskommission nicht unumstritten. Sie hat auch in der Folgezeit nicht nur Zustimmung, sondern auch Kritik erfahren. Die Kritik hat zwei völlig unterschiedliche Zielrichtungen: Ein Teil der Kritik wendet sich gegen die sprachliche Konnotation des Begriffs Pflichtverletzung. Ein anderer Teil wendet sich gegen das mit dem Begriff Pflichtverletzung verfolgte inhaltliche Ziel.

Mit dem Begriff Pflichtverletzung beschreibt die Schuldrechtskommission das Gleiche wie Huber im Vorschlag aus seinem Gutachten (S. 699 ff., § 275 Abs. 1 E) mit dem Begriff Nichterfüllung. In beiden Fällen ist Voraussetzung für eine Schadensersatzhaftung des Schuldners, dass er hinter dem Pflichtenprogramm des Schuldverhältnisses zurückgeblieben ist (Schlechtriem, IHR 2001, 12 ff., 16; Anders, ZIP 2001, 184, 185; vgl. auch Huber in: Ernst/Zimmermann, S. 31 ff., 103 ff.). In beiden Fällen ist gleichgültig, ob die Leistung ganz oder teilweise auf Dauer ausbleibt oder in zeitlicher oder qualitativer Hinsicht Defizite aufweist. Pflichtverletzung und Nichterfüllung umfassen auch die Verletzung von Schutz- und anderen Nebenpflichten. Dieser rein objektive Inhalt des Tatbestandes der Pflichtverletzung erschließt sich vielen Rechtsanwendern nicht, weil sie vor allem mit dem Wortteil „Verletzung“ des Begriffs Pflichtverletzung unwillkürlich einen Verschuldensvorwurf verbinden, der damit aber nicht angesprochen wird. Es wird deshalb gelegentlich vorgeschlagen, zu dem von Huber gewählten Begriff der Nichterfüllung zurückzukehren, der diese Assoziation nicht weckt. Dies hätte allerdings den Nachteil, dass damit der Verzug, die Schlechtleistung und die Verletzung von Nebenpflichten auch sprachlich nur schwer als Nichterfüllung qualifiziert werden können, da zumindest Teile der Leistung in vielen Fällen doch erbracht werden.

Neben dieser eher semantischen Kritik gibt es auch Kritik am Inhalt, die sich in der Sache auch gegen den damaligen Vorschlag von Huber richtet. Mit beiden Vorschlägen wird nämlich das gleiche sachliche Ziel verfolgt. Es besteht darin, die drei verschiedenen Leistungsstörungstypen der Unmöglichkeit, des Verzugs und der Schlechterfüllung zu Gunsten eines einheitlichen Haftungs- und Rücktrittstatbestandes zu vereinheitlichen. Hiergegen wird nicht nur eingewandt, dass diese drei Typen der Leistungsstörungen im Bewusstsein der Rechtsanwender fest verankert seien. Diese würden auch als „Archetypen“ verstanden, die der Gesetzgeber vorfinde und nicht gewissermaßen „wegregeln“ könne.

Lösungsansatz des Entwurfs

Der Entwurf folgt dem Ansatz der Schuldrechtskommission und schlägt die Schaffung eines einheitlichen Haftungstatbestandes vor. Der Entwurf verkennt dabei nicht, dass Unmöglichkeit, Verzug und Schlechterfüllung die typischen Erscheinungsformen einer Verletzung des Schuldverhältnisses beschreiben. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass diese drei Erscheinungsformen nicht unversöhnlich nebeneinander stehen. Sie haben vielmehr große Gemeinsamkeiten und vor allem auch fließende Übergänge. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass der Schuldner in den drei genannten Hauptfallgruppen, aber auch sonst bei einer Leistungsstörung mit seinem Leistungsergebnis hinter den Anforderungen zurückbleibt, die das Schuldverhältnis stellt. Dies bietet den Ansatzpunkt für ein in sich geschlossenes lückenloses Leistungsstörungsrecht, das auch die Potentiale für eine Vereinfachung nutzt (Anders, ZIP 2001, 18485; Krebs, DB Beilage 14/2000 S. 10).

Dies haben die Schöpfer des EKG und des UN-Kaufrechts erkannt. Sie sind deshalb in beiden Regelwerken nicht von den Erscheinungsformen der Leistungsstörungen ausgegangen, sondern von ihrer gemeinsamen Basis: dem Zurückbleiben der erbrachten Leistung hinter dem geschuldeten Soll des Vertrags oder sonstigen Schuldverhältnisses (Schlechtriem, wie vor; Schlechtriem/U. Huber, Artikel 45 Rdnr. 2). Dieser Anknüpfungspunkt gibt auch die Möglichkeit, das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die gewandelten Realitäten anzupassen. Bei dessen Schaffung stand die Unmöglichkeit der Leistung im Vordergrund des Interesses; die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind insbesondere auf diese Leistungsstörung zugeschnitten. Dies entspricht schon lange nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten. Die Unmöglichkeit ist ein Randfall der Leistungsstörungen geworden. Die heute typischen und vor allem regelungsbedürftigen Fälle der Leistungsstörungen sind der Verzug und die Schlechterfüllung, die im Bürgerlichen Gesetzbuch keinen Platz gefunden hat.

Eine den Erfordernissen der Praxis gerecht werdende Neuordnung des Leistungsstörungsrechts muss deshalb gerade auf diese Leistungsstörungstatbestände zugeschnitten werden. Dafür bietet ein einheitlicher Haftungstatbestand die besseren Möglichkeiten.

Bei der Beschreibung des objektiven Tatbestandes der einheitlichen Haftungsregelung folgt der Entwurf im Ergebnis der Schuldrechtskommission und der dort gewählten Pflichtverletzungsterminologie. Es ist allerdings erwogen worden, dies aufzugeben und stattdessen zu der von Huber vorgeschlagenen Nichterfüllungsbegrifflichkeit überzugehen. Anlass für diese Überlegung war der bereits erwähnte Umstand, dass der Begriff Pflichtverletzung sehr leicht einer Assoziation zu einem Verschuldenserfordernis weckt.

Ausschlaggebend für die grundsätzliche Entscheidung für die Pflichtverletzungsterminologie waren allerdings zwei Umstände. Zum einen ist – wie bereits erwähnt – der Begriff der Nichterfüllung im bürgerlichen Recht sprachlich in einem anderen als dem hier erforderlichen Sinne besetzt.

Das Bürgerliche Gesetzbuch verwendet die Nichterfüllung zur Bezeichnung des ganzen oder teilweisen Ausbleibens der Leistung. Dementsprechend bildet der bei Nichterfüllung geschuldete Schadensersatz „wegen Nichterfüllung“ das Surrogat der zur Erfüllung führenden Leistung. So beziehen sich etwa auch die §§ 362 ff. auf die „Erfüllung“ von Leistungspflichten. Gerade die Schlechterfüllung ließe sich deshalb mit einem an die Nichterfüllung anknüpfenden all gemeinen Leistungsstörungstatbestand kaum angemessen erfassen, insbesondere soweit die positive Forderungsverletzung auch die Verletzung von Nebenpflichten betrifft, die nicht leistungsbezogen sein können.

Zum anderen nimmt der Begriff Pflichtverletzung die inhaltlichen Anlässe für die Neuordnung besser auf. Der eine Anlass hierfür ist der Umstand, dass das Leistungsstörungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs die wichtigste Leistungsstörungsform gar nicht regelt, für die sich in Deutschland die Bezeichnung positive Vertragsverletzung oder positive Forderungsverletzung eingebürgert hat. Dieser Begriff entspricht – und das ist der zweite inhaltliche Gesichtspunkt – auch dem Begriff der Vertragsverletzung („breach of contract“), die international als die eigentliche Grundlage der Haftung des Schuldners angesehen wird.

Der Entwurf folgt der Schuldrechtskommission aber sowohl in der inhaltlichen Ausgestaltung der Regelungen als auch in der Terminologie nicht uneingeschränkt. Die Schuldrechtskommission hatte den Ansatz, dem der Entwurf folgt, in zwei Haftungstatbeständen (§§ 280, 283 KE) und einem einheitlichen Rücktrittstatbestand (§ 323 KE) zusammengefasst. Diese Regelungstechnik führt zwar zu einem sehr dichten, aber hoch abstrakten Text. Es ist zu erwarten, dass sich vor allem beim Schadensersatz statt der Leistung einzelne Fallgruppen herausbilden werden, die im Großen und Ganzen den bisher bekannten Arten der Leistungsstörungen entsprechen. Es erscheint deshalb angezeigt, bei den Anforderungen für den Schadensersatz statt der Leistung stärker zu differenzieren und Regelungen vorzusehen, die dem Rechtsanwender die Anforderungen fallgruppenspezifisch und konkreter deutlich machen.

Struktur der Schadensersatzregelungen

Die Schadensersatzregelungen des Entwurfs bauen – insoweit in Übereinstimmung mit dem Vorschlag der Schuldrechtskommission – auf einem einheitlichen Haftungstatbestand auf. Er wird in § 280 Abs. 1 RE geregelt und ist neben § 311a Abs. 2 RE die einzige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Schadensersatz. § 280 RE greift unmittelbar und allein ein, wenn es um die Haftung auf einfachen Schadensersatz wegen der Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis geht. Hiervon gibt es zwei Gruppen von Ausnahmen. In beiden Fallgruppen müssen zusätzliche Anforderungen vorliegen, die in den §§ 281 bis 286 geregelt werden.

Die eine dieser Fallgruppen ist der Verzögerungsschaden. Grundlage für den Verzögerungsschaden ist § 280 RE. Für den Verzögerungsschaden müssen aber zusätzlich die Voraussetzungen des Verzugs gemäß § 286 RE vorliegen, was § 280 Abs. 2 RE ausdrücklich bestimmt.

Die zweite Fallgruppe betrifft den Schadensersatz statt der Leistung. Dieser kann gemäß § 280 Abs. 3 RE nur verlangt werden, wenn zusätzliche Voraussetzungen vorliegen, die nach den typischen Leistungsstörungen unterschiedlich gestaltet sind. Bei Verzug und Schlechtleistung müssen die Anforderungen des § 281 RE erfüllt werden. Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt ist gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 RE, dass die geschuldete Leistung nicht oder nicht wie geschuldet erbracht wird. Da hiermit die Erfüllung von Leistungspflichten angesprochen ist, die dem Schuldverhältnis nicht entspricht, muss vor Geltendmachung eines den Leistungsanspruch ersetzenden Schadensersatzanspruchs der Schuldner eine weitere Gelegenheit zur Erfüllung erhalten. Wesentliche Voraussetzung ist deshalb gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 RE der erfolglose Ablauf einer dem Schuldner zur Leistung gesetzten Nachfrist.

Bei Unmöglichkeit müssen die Voraussetzungen des § 283 RE erfüllt sein. Eine Fristsetzung ist hier von vornherein sinnlos, da die Leistung nicht nachholbar ist. Dasselbe gilt für den Schadensersatz statt der Leistung wegen Verletzung einer sonstigen Pflicht, worunter in Abgrenzung zu § 281 Abs. 1 Satz 1 RE nur die nicht leistungsbezogenen Nebenpflichten zu verstehen sind. Auch hier macht die Fristsetzung grundsätzlich keinen Sinn, weil kein Leistungsanspruch zu erfüllen ist. Es müssen aber die zusätzlichen Voraussetzungen des § 282 RE gegeben sein.

Vorbemerkung zu den §§ 281 bis 283

Der Übergang vom Anspruch auf die Primärleistung zu einem diese Leistung ersetzenden Schadensersatzanspruch kann einem dringenden Interesse des Gläubigers entsprechen: Häufig wird dieser sich die ausgebliebene Primärleistung anderswo besorgen müssen; auch lässt sich ein auf Geld gerichteter Schadensersatzanspruch regelmäßig leichter vollstrecken als der Anspruch auf eine bestimmte Primärleistung. Andererseits aber kann der Übergang zum Schadensersatzanspruch den Schuldner schwer belasten: Dieser mag schon erhebliche Anstrengungen gemacht haben, um den Gegenstand seiner Primärleistungspflicht herzustellen oder zu beschaffen; solche Anstrengungen können nutzlos werden. Zudem kann der Schadensersatzanspruch lästiger sein als der Anspruch auf die Primärleistung. Daher muss der Übergang auf den Schadensersatzanspruch an besondere Voraussetzungen geknüpft werden.

Detailprobleme ergeben sich zusätzlich, wenn der Schuldner schon eine Teilleistung erbracht hat: Soll der Gläubiger dann nur wegen des Restes Schadensersatz verlangen oder soll er die Teilleistung zurückweisen können? Weitere Probleme ergeben sich hinsichtlich der Bindung des Gläubigers an seine Erklärung, auf den Schadensersatzanspruch übergehen zu wollen: Soll dem Gläubiger noch eine Rückkehr zum Primärleistungsanspruch offen stehen?

Das geltende Recht kennt für den Übergang zum Schadensersatz unterschiedliche Regelungen je nach dem, ob es sich bei der Primärleistung um eine einseitige Verbindlichkeit handelt oder um eine Verbindlichkeit, die im Gegenseitigkeitsverhältnis eines Vertrags steht. Den allgemeinen Vorschriften in den derzeitigen §§ 280, 286 Abs. 2, 283 gehen für gegenseitige Verträge die Regelungen in §§ 325, 326 vor. Aus allen genannten Vorschriften kann man nach geltendem Recht für den Übergang zum Schadensersatzanspruch drei Lösungswege entnehmen:

– In §§ 280 Abs. 1, 325 Abs. 1 wird der Primärleistungsanspruch regelmäßig bei Unmöglichkeit der Leistung ohne weiteres durch den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung ersetzt. Das ist auch unproblematisch, weil der Schuldner die Primärleistung ohnehin nicht mehr erbringen kann.

– In den §§ 280 Abs. 2, 325 Abs. 1 Satz 2 (Teilunmöglichkeit) und in §§ 286 Abs. 2, 326 Abs. 2 (Schuldnerverzug) wird der Übergang zum Schadensersatzanspruch daran geknüpft, dass das Interesse des Gläubigers an der noch möglichen Primärleistung nicht oder nicht mehr besteht.

– Ohne Unmöglichkeit oder Interessewegfall dagegen kommt der Gläubiger zu einem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung allgemein nur nach § 283: Er muss zunächst ein rechtskräftiges Urteil auf die Primärleistung erwirken und dann dem Schuldner eine Nachfrist mit Ablehnungsandrohung setzen; erst deren fruchtloser Ablauf erzeugt den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, wenn sich der Schuldner nicht exkulpieren kann. Im Rahmen gegenseitiger Verträge führt beim Verzug mit einer Hauptleistungspflicht ebenfalls der erfolglose Ablauf einer Nachfrist mit Ablehnungsandrohung zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 326 Abs. 1).

Das geltende Recht ist mit seinen vielen Differenzierungen unübersichtlich. Abgesehen von den Fällen der Unmöglichkeit bringt es eine einfache Lösung nur für die – allerdings praktisch weitaus wichtigsten – Fälle des Verzugs mit einer im vertraglichen Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflicht. Im Übrigen ist das geltende Recht für den Gläubiger verhältnismäßig ungünstig. Denn der Weg über den bisherigen § 283 ist regelmäßig umständlich, langwierig und kostspielig, zudem mit den Mängeln der Ablehnungsandrohung belastet (vgl. dazu noch weiter unten). Der Weg über den bisherigen § 286 Abs. 2 ist für den Gläubiger riskant: Darüber, ob die Primärleistung infolge des Verzugs für ihn wirklich kein Interesse mehr hat, wird sich oft streiten lassen. Der Gläubiger geht also ein erhebliches Risiko ein, wenn er sich auf den Standpunkt eines solchen Interessewegfalls stellt. Dazu steht in Widerspruch, dass § 326 Abs. 1 dem Gläubiger einen weitaus einfacheren Weg bietet.

Zu § 283 – Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht

Zu Satz 1

§ 283 RE bestimmt die Voraussetzungen für den Schadensersatz statt der Leistung im Fall der Unmöglichkeit. Die Schuldrechtskommission hatte diesen Fall in den einheitlichen Schadensersatztatbestand des § 283 Abs. 1 KE mit aufgenommen. Das erscheint aber nicht zweckmäßig, weil im Falle der Unmöglichkeit eine Aufforderung zur Nacherfüllung sinnlos ist.

Voraussetzung für den Anspruch ist, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 RE nicht zu leisten braucht, also insbesondere ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 RE vorliegt. Im Falle des § 275 Abs. 2 RE „braucht“ der Schuldner nur dann nicht zu leisten, wenn zum einen die Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen, und zum anderen der Schuldner sich auf die Einrede, die ihm § 275 Abs. 2 RE gibt, beruft.

§ 283 Satz 1 RE verweist sodann auf die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 RE. Dies ist damit die eigentliche, durch § 283 RE ergänzte Anspruchsgrundlage. Auch wenn man die Auffassung vertreten könnte, dass die in § 280 Abs. 1 Satz 1 RE vorausgesetzte Pflichtverletzung dann nicht vorliegen kann, wenn der Schuldner wegen § 275 Abs. 1 oder 2 RE gerade keine Pflicht zur Leistung hat, so stellt die Verweisung doch jedenfalls klar, dass die Unmöglichkeit bzw. die Einrede nach § 275 Abs. 2 doch zu einem Schadensersatzanspruch führt, wenn der Schuldner sich hinsichtlich seines Vertretenmüssens nicht entlasten kann, § 280 Abs. 1 Satz 2 RE.

Zu Satz 2

Zu berücksichtigen ist, dass eine Leistung nicht immer in vollem Umfang unmöglich wird. § 283 Satz 2 RE regelt deshalb die Teilunmöglichkeit und die Unmöglichkeit der Nacherfüllung bei einer Schlechtleistung. Das ergibt sich aus der Verweisung auf § 281 Abs. 1 Satz 3 RE. Die dort genannten Kriterien sollen auch bei Unmöglichkeit eines Teils der Leistung oder der Nacherfüllung anzuwenden sein. Auch hier unterscheidet sich der an die Stelle der ganzen Leistung tretende Schadensersatzanspruch von demjenigen aus § 281 Abs. 1 Satz 1 RE allein durch die Entbehrlichkeit der (sinnlosen) Fristsetzung.

Wählt der Gläubiger auch hier Schadensersatz statt der Leistung in der Form des großen Schadensersatzes, soll er ebenso wie im Falle des § 281 RE die empfangenen Leistungen nach Maßgabe des Rücktrittsrechts zurückzugewähren haben, wie sich aus der Verweisung auf § 281 Abs. 4 RE ergibt.

B. Stellungnahme des Bundesrates - BT-Drucksache 14/6857, Anlage 2, Seite 4-42


1. Vorschlag - 32. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 9 (§ 283 BGB)


Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, wie die Folgen eines vorübergehenden Leistungshindernisses in § 283 BGB-E ausreichend geregelt werden können.

2. Begründung - 32. Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 9 (§ 283 BGB)


Bei einem vorübergehenden Leistungshindernis erscheint es unangemessen, dem Gläubiger in jedem Fall sofort ein umfassendes Recht auf Schadensersatz zuzuerkennen, etwa wenn der Wegfall des Leistungshindernisses bereits erkennbar ist. Für diesen Fall kann die Wertung des § 281 Abs. 1 Satz 3 BGB-E entsprechende Anwendung finden, wonach der Gläubiger Schadensersatz nur verlangen kann, wenn sein Interesse dies erfordert.

Hat der Gläubiger seinen Anspruch auf Schadenersatz geltend gemacht, muss dasselbe gelten wie nach § 281 Abs. 3 BGB-E, d. h. der Gläubiger muss mit dem Anspruch auf Leistung grundsätzlich ausgeschlossen sein.

Es kommt folgender Satz 3 in Betracht:

„Auf ein vorübergehendes Leistungshindernis finden auch § 281 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 entsprechende Anwendung.“

Alternativ könnte auch auf § 281 BGB-E insgesamt verwiesen werden. Damit würde die Parallelität zu der zu § 275 Abs. 3 BGB-E vorgeschlagenen entsprechenden Anwendung des § 323 BGB-E hergestellt. § 281 BGB-E ist ohnehin anwendbar in den Fällen des § 275 Abs. 2 BGB-E, in denen der Schuldner von der Erhebung der Einrede absieht in der Hoffnung, das Leistungshindernis werde noch rechtzeitig wegfallen. Auf die häufig unnötige Fristsetzung könnte über § 281 Abs. 2 BGB-E verzichtet werden.

C. Gegenäußerung der Bundesregierung - BT-Drucksache 14/6857, Anlage 3, Seite 42-72


Zu Nummer 32 Zu Artikel 1 Abs. 1 Nr. 9 (§ 283 BGB)


Die Bundesregierung verweist hierzu auf ihre Ausführungen zu Nummer 19.


D. Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)- BT-Drucksache 14/7052


I. Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (6. Ausschuss, Drucksache 14/6040)

Der 6. Ausschuß des Bundestages beschloß dann den §283 wie es folgt zu ändern: (BT-Drucksache 14/7052, Seite 4)

Entwurf Beschlüsse des 19. Ausschusses
§ 283 § 283
9. Die §§ 280 bis 288 werden wie folgt gefasst:

§ 283 - Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht

9. Die §§ 280 bis 288 werden wie folgt gefasst:

§ 283 - Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 oder 2 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 3 und § 281 Abs. 4 finden entsprechende Anwendung. Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 finden entsprechende Anwendung.
(3) Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden. (3) unverändert



II. Zur Begründung der Beschlussempfehlung

Zu Nummer 9 (Neufassung der §§ 280 bis 288)

Zu § 283 (Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht)

§ 283 ist ohne inhaltliche Änderung redaktionell an die geänderte Absatz- und Satzfolge in den §§ 275 und 281 BGBBE anzupassen.


C. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu diesem Paragraphen.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 03.07.2006, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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