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BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 194 Gegenstand der Verjährung (Regelung seit 01.01.2002 gültig bis vor 01.04.2008, bitte hier klicken zur Änderung)
(1) Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der Verjährung.

(2) Ansprüche aus einem familienrechtlichen Verhältnis unterliegen der Verjährung nicht, soweit sie auf die Herstellung des dem Verhältnis entsprechenden Zustands für die Zukunft gerichtet sind.
1.Zweck und Anwendungsbereich

1.1 Zweck der Verjährung
Schutz des Schuldners, nicht des Gläubigers. Nebeneffekte, aber nicht Zwecke, sind Entlastung der Gerichte, etc.


a.) Schutz des Schuldners

aa. Beweisprobleme

Die Motive zum BGB von 1896 sprechen sehr schön bildlich von der "verdunkelnden Macht der Zeit" (Mot. I 512). Das gilt natürlich vor allem für denjenigen, der nicht für einen späteren Rechtsstreit Vorbereitungen für die Beweiserhaltung trifft. Der Gläubiger könnte zB. seine Beweise sichern und einfach mal lange warten, in der Hoffnung, dass der Schuldner nicht mehr damit rechnet und deshalb seine Unterlagen nicht mehr beisammen hat.

Ohne Verjährung wird die Beweisnot des Schuldners immer größer.

Das verhindert ab einem gewissen Zeitpunkt die Verjährung.

Dies ist sicher das überzeugendste Argument für dieses Rechtsinstitut.

bb. Regressansprüche gegen Dritte

Der Schuldner mag Regressansprüche gegen Dritte haben, die er mit der Zeit verloliert, jedenfalls aber immer schlechter durchsetzen kann.

Dieses Argument aus den Motiven zur Schuldrechtsreform (BT-Drucksache 14/6040/96) scheint mir ebenfalls sehr sinnvoll.

cc. Unbillige Beschränkung in der Dispositionsfreiheit

Unabhängig von beiden vorherigen Argumenten meint der Gesetzgeber (BT-Drucksachen aaO), dass das ständige Vorhalten der zur Erfüllung nötigen Mittel nach gewisser Zeit eine unbillige Beschränkung der Dispositionsfreiheit darstelle.

In Bilanzen wären zB. über ewige Zeiträume Rückstellungen aufzunehmen, was insbesondere eine spätere Liquidation oder auch nur Gewinnentnahmen extrem erschweren bis unmöglich machten.

Nun ja, über die Stichhaltigkeit dieses Argumentes kann man meiner Ansicht nach streiten (denn wenn man bezahlt hätte, wäre das Geld sogar weg, und außerdem: Der wissende Schuldner könnte ja bezahlen! Der Gläubiger wird sich kaum wehren, das Geld anzunehmen) , wobei die derzeitigen Verzugszinsen zu hoch sind, um eine Geltendmachung "in aeterna" zuzulassen.


b.) Schutz des Gläubigers?

Die Verjährung kann nicht dem Zwecke des Schutzes des Gläubigers dienen, denn insoweit könnte höchstens ein Ansporn für den trägen Gläubiger, seine Rechte beizeiten einzuklagen, angeführt werden. Das diente dem Interesse des Gläubigers, da ja anderenfalles die Gefahr besteht, daß der Schuldner nicht mehr greifbar ist (Auswanderung, Insolvenz, etc.).

Hierzu meint aber Staudinger-Frank Peters, 13. Aufl., Vorbem. §§ 194 ff. Rn. 6 noch vor der Schuldrechtsreform, aber dennoch völlig treffend: "Erziehung ist nicht Aufgabe des Privatrechts, ebensowenig Bevormundung."

Zugegebenermaßen hat man gelegentlich den Eindruck, dass die derzeit herrschende politische Klasse das anders sieht.

c.) Schutz von Rechtsverkehr und Staat, insbesondere die Rechtspflege?

aa. Entgegen andersklingender Auffassungen (Pal.-Heinrichs, 64. Aufl., § Überblick v. §194 Rn. 11) kann ich keinen Nebenzweck darin erkennen, dass der allgemeine = übrige Rechtsverkehr ein relevantes Interesse an einer beschleunigten Abwicklung von Rechtsverhältnisses hat. Demnach kann ich hier weder einen Nebenzweck noch auch nur einen (positiven) Nebeneffekt erkennen.

Auch sehe ich keinen Nutzen für die Rechtssicherheit außerhalb der unmittelbar Beteiligten (so aber Staudinger-Peters aaO Rn. 7) und noch weniger für den Rechtsfrieden (insoweit wieder übereinstimmend mit Staudinger-Peters, aaO, der zu Recht darauf hinweist, dass es nicht zu "Frieden" sondern zu "Verbitterung" führt, wenn ein begründeter Anspruch nur wegen Verjährung abgewiesen wird).

bb. Unverkennbar ist eine gewisse Entlastung der Rechtspflege, die auch eindeutig positiv bewertet wird. Richtigerweise ist dies aber nur als angenehmer Nebeneffekt und nicht als Neben- oder gar Hauptzweck anzusehen (wie hier: Staudinger-Frank Peters aaO Rn. 7; aA Palandt-Heinrichs aaO, Rn. 11 = Nebenzweck). Peters bringt auch das durchschlagende Argument hierfür, indem er darauf hinweist, dass die Verjährung "von Amts wegen" zu berücksichtigen sein müsste, wenn sie denn der Staats- "Amts"- Entlastung diente.


1.2 Anwendungsbereich
Die Bestimmung enthält die Definition des Anspruches. Der Verjährung ist aber nur der materiellrechtlichte Anspruch unterworfen, das prozessuale Recht auf Erhebung einer Klage ist davon nicht umfaßt. Für die Verjährung von öffentlich- rechtlichen Ansprüchen z.B. bei Steuerzahlungen gelten die Bestimmungen des öffentlichen Rechts.

2. Gegenstand der Verjährung

2.1 Nur Ansprüche können verjähren. Rechte und Rechtsstellungen unterliegen der Verjährung dagegen nicht. Dies ist z.B. bei Gestaltungsrechten wie Kündigung, Anfechtung und Rücktritt der Fall. Die Ausübung dieser Rechte kann aber Rückabwicklungsansprüche begründen, welche wiederum der Verjährung unterliegen. Dagegen können die Gestaltungsrechte betreffs ihrer Geltendmachung gesetzlichen Fristen unterliegen (z.B.§§ 121, 124, 626 II BGB).

2.2 Absolute Rechte, wie Eigentum, Persönlichkeitsrechte und Urheberrechte unterliegen ebenfalls sicht der Verjährung. Bei Rechtsverletzungen entstehen Ansprüche aus § 985, 1004, 823 BGB, welche wiederum der Verjährung unterliegen.

2.3 Ebenso unterliegen das Recht zum Besitz sowie selbständige Einreden, welche sich nicht aus einem Gegenanspruch beruhen der Verjährung (§ 320 BGB). Mit den Ansprüchen verjähren aber von diesen abhängige Einreden. Ausnahmen sind insoweit §§ 478, 490, 639, 821, 853 BGB.

2.4 Bei Dauerschuldverhältnisse sind nur die aus ihnen sich ergebenden einzelnen Ansprüche verjährbar

3. Anspruchsmehrheit

Mehrere nebeneinander bestehende Ansprüche verjähren unabhängig nach der jeweils anwendbaren Verjährungsfrist. Die kürzere Verjährung gilt nur, wenn diese im Rahmen ihres Schutzzweckes auch den konkurrierenden Anspruch mit umfassen will. Dies ist oft dann der Fall, wenn neben verjährten vertraglichen Ansprüchen weiter Ansprüche aus Delikt oder anderen Rechtsgründen geltend gemacht werden. In diesem Fall gelten i.d.R. die kurzen Verjährungsfristen, da sonst die gesetzliche kurze Verjährung im Kaufrecht umgangen werden könnte.

4. Gemischte Verträge

Bei gemischten Verträgen ist für jede Leistung die Verjährung des betreffenden Vertragstypes heranzuziehen. Dies gilt auch für Verträge mit anderartigen Nebenleistungen z.B. Kaufvertrag mite einer werkvertraglichen Nebenleistung.

5. Was verjährt, was nicht?

Bis auf die Ausnahmen der §§ 758, 898, 902, 924, 1138, 2042 II BGB verjähren alle Ansprüche. Familienrechtliche Ansprüche verjähren nicht, soweit sie auf Herstellung eines Zustandes in der Zukunft gerichtet sind. Bedeutsam ist insoweit §§ 1353, 1356, 1361, 1619, 1632 BGB. Unterhaltsansprüche für die Vergangenheit unterliegen dagegen der Verjährung.

6. Prozessuales

Der Schuldner hat Beginn und Ablauf der Verjährungsfrist zu beweisen, der Gläubiger die Voraussetzungen für Hemmung und Unterbrechung der Verjährung.


(Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Thomas Weidel, Bitterfeld, einem damaligen Mitarbeiter der Fa. Advo-net.com, Eco-Part GmbH & Co. KG. Stand ist eigentlich der 16.05.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.)

Für Hinweise und Anregungen sind wir immer dankbar. Bei Interesse ist qualifizierten Juristen die Aufnahme in die Kommentatoren-Liste möglich.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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