BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
§ 140 Umdeutung (Regelung seit 01.01.2002)
Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.
Franz-Anton Plitt (Internet entrepreneur) Chisinau (Moldova)
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Stand: 02.01.2002 |
1. Die Bestimmung dient wie § 139 BGB der Durchsetzung des mutmaßlichen Willens der Parteien. Der von diesen erstrebte wirtschaftliche Erfolg soll auch dann möglich sein, wenn andere rechtlich zulässige Wege zur Verfügung stehen.
2. Umgedeutet werden können Rechtsgeschäfte aller Art. Diese müssen nichtig, wobei die Art der Nichtigkeitsgründe keine Bedeutung hat. Die Umdeutung ist somit auch auf angefochtene Rechtsgeschäfte ebenso wie auf wirkungslose Kündigungen anwendbar.
3. Die Auslegung (§ 133, 157 BGB) geht der Umdeutung vor. Unrichtige Bezeichnungen erfordern keine Umdeutung, vielmehr ergibt sich das Gewollte schon aus der Auslegung.
4. Das nichtige Geschäft muß den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäftes entsprechen, bei welchem aber alle Wirksamkeitserfordernisse gegeben sind. Der von den Parteien erstrebte Erfolg muß durch das Ersatzgeschäft im wesentlichen erreicht werden, darf aber in seiner rechtlichen Wirkungen auch nicht darüber hinausreichen (BayObLG, Beschluß vom 21.12.99 2 Z BR 115/99; ZMR 2000 S.241-243). Ein Zurückbleiben des Ersatzgeschäftes in den Rechtsfolgen ist möglich. Eine Anfechtung kann daher in einen Rücktritt oder Kündigung umgedeutet werden, nicht aber umgekehrt eine Kündigung in eine Anfechtung. Möglich ist auch ein Ersatzgeschäft welches gegenüber dem ursprünglichen Geschäft ein aliud darstellt.
5. Die Umdeutung setzt weiter voraus, daß nicht der von den Parteien angestrebte Erfolg, sondern nur der rechtliche Weg rechtlich mißbilligt wird. Sie ist deshalb bei sittenwidrigen Geschäften, z.B. Wuchergeschäfte nicht anwendbar. Entsprechendes ist auch bei einem gesetzlichen Verbot (§ 134 BGB) anzunehmen sein. So kann bei einem formnichtigen Vertrag (§ 126, 125 BGB) der Schutzzweck der Formvorschrift einer Umdeutung entgegenstehen, z.B. bei Bürgschaft.
6. Voraussetzung ist desweiteren, daß die Umdeutung dem Willen der Parteien entspricht, wobei der mutmaßliche Wille zur Zeit der Vornahme des Geschäftes maßgeblich ist. Entscheident ist, ob die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit das Ersatzgeschäft vernünftigerweise vorgenommen hätten. So kann eine unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche fristgemäße Kündigung umgedeutet werden (LAG Köln Urteil vom 27.4.99 Az.13 Sa 1380/98; NZA 2000 S. 39-41). Kann ausnahmsweise der wirkliche Parteiwille festgestellt werden, so hat dieser Vorrang.
7. Prozessuales
Die Umdeutung ist von Amts wegen zu beachten. Im Grundbuchverfahren hat eine Umdeutung nur stattzufinden, wenn die für die Beurteilung maßgeblichen Umstände offenkundig sind und das Grundbuchamt keine eigenen Ermittlungen anzustellen hat.
Diese Kommentierung basiert auf einer Arbeit des Rechtsanwalts Thomas Weidel, Bitterfeld, einem damaligen Mitarbeiter der Fa. Advo-net.com, Eco-Part GmbH & Co. KG. Stand ist eigentlich der 12.05.2000. Aus technischen Gründen musste oben ein Stand nach dem In-Kraft-treten der Neufassung des BGB am 1.1.2002 eingegeben werden.
Für Hinweise und Anregungen sind wir immer dankbar. Bei Interesse ist qualifizierten Juristen die Aufnahme in die Kommentatoren-Liste möglich.
Urteile nach 02.01.2002, also nach Abschluss dieser Kommentierung(BAG , Text des Urteils 06.04.2011, 7 AZR 524/09;)
Altersdiskriminierende Vereinbarung der Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags
... Urteil
(BGH , Text des Urteils 09.03.2011, VIII ZR 132/10;)
Zur Umdeutung einer unzulässigen Vereinbarung über abzurechnende Betriebskostenvorauszahlungen in eine gesetzlich seinerzeit zulässige Abrede über die Zahlung einer Betriebskostenpauschale
... Urteil
(BAG , Text des Urteils 01.09.2010, 5 AZR 700/09;)
Kündigung zu zu frühem Zeitpunkt: Umdeutung zum richtigen Beendigungszeitpunkt nur, wenn sie nicht bereits nach § 7 KSchG als wirksam gilt (zu späte Klage)
... Urteil
(BGH , Text des Beschlusses 28.11.2008, BLw 7/08;)
Lang
... Beschluß
(BGH , Text des Beschlusses 28.11.2008, BLw 9/08;)
Lang
... Beschluß
(BGH , Text des Beschlusses 17.09.2008, III ZB 50/08;)
Mittellang
... Beschluß
(BGH , Text des Beschlusses 03.03.2008, II ZR 251/06;)
Revision gegen 2. VU des Berufungsgerichts ohne Zulassung - Anwaltswechsel wegen Vertrauensverlust erheblicher Grund für Terminsverlegung nur, wenn von RA schuldhaft verursacht
... Beschluß
(BAG , Text des Urteils 20.02.2008, 4 AZR 64/07;)
\"Blitzaustritt\" aus Arbeitgeberverband
... Urteil
(BGH , Text des Urteils 16.10.2007, XI ZR 132/06;)
Unwirksamer Schuldbeitritt (hier: Zu bedingtem Subventions-Rückforderungsanspruch des Staates) kann gem. § 140 BGB in Bürgschaft iSd. § 765 BGB umgedeutet werden
... Urteil
(BGH , Text des Urteils 21.03.2007, XII ZR 176/04;)
Eine nicht eigenhändig unterschriebene Erhöhungserklärung, die dem Nutzer vor 1.8.2001 zugegangen ist, ist formnichtig - keine Umdeutung in Angebot, weil einseitig-gestaltende WE
... Urteil
(LAG Chemnitz, Text des Urteils 01.12.2006, 3 Sa 229/06;)
Privatärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit rechtsfertigt Fernbleiben von Arbeit regelmäßig auch dann, wenn Amtsarzt Arbeitnehmer für dienstfähig hält
... Urteil
(BAG , Text des Urteils 09.02.2006, 6 AZR 47/05 ;)
Beendigung eines Anstellungsvertrags durch Abberufung
... Urteil
(BVerwG , Text des Urteils 07.04.2005, BVerwG 2 C 5.04;)
Beamter scheidet auf eigenen Wunsch aus: Versorgungszusage des Dienstherrn für frühere Privat-Zeit hinfällig
... Urteil
(BGH , Text des Urteils 19.03.2004, V ZR 224/03;)
Umdeutung des Kaufs nicht existierenden Gebäudeeigentums in den Kauf der Rechte aus der Sachenrechtsbereinigung
... Urteil
(BGH , Text des Beschlusses 20.03.2002, XII ZB 27/02;)
A - Beschluss - Kurz - Leitsatz
... Beschluß