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BbgPBWoG (ENTWURF!)
Brandenburgisches Pflege und Betreuungswohngesetz
Gesetz über das Wohnen mit Pflege und Betreuung des Landes Brandenburg
Art. 2 Ausschluss vom Anwendungsbereich (Regelung seit 26.05.2009)
(1) Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf

1. unterstützende Wohnformen, die selbstverantwortlich geführt werden,

2. Anlagen des betreuten Wohnens, deren Zweck nicht in der Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 1 liegt,

3. Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nummer 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), das zuletzt durch Artikel 18 des Gesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I S. 378, 455) geändert worden ist,

4. Internate der Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke und

5. unterstützende Wohnformen, in denen pflegebedürftige Personen oder Menschen mit Behinderungen außerhalb ihres Wohnumfeldes stundenweise gepflegt oder betreut werden.

(2) Eine unterstützende Wohnform ist selbstverantwortlich geführt, wenn die Beauftragung von Pflege- und Betreuungsdiensten durch die Nutzerinnen und Nutzer, für diese handelnde vertretungsberechtigte Personen oder Angehörige eigenständig veranlasst werden kann und kein Fall des § 4 Absatz 1 vorliegt. Dies gilt insbesondere im Fall einer zusammengeschlossenen Auftraggebergemeinschaft, die dazu dient, das gemeinschaftliche Wohnen zu gestalten, gemeinsame Interessen gegenüber Dritten zu vertreten sowie die Gemeinschaft betreffende Geschäfte abzuschließen.

(3) Auf Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Kinder- und Jugendliche mit Behinderungen, in denen auch volljährige Personen betreut werden, sind die §§ 7, 12 und 19 nicht anzuwenden, soweit eine Aufsicht nach den §§ 45 bis 48 des Achten Buches Sozialgesetzbuch durch das Landesjugendamt sichergestellt ist. Satz 1 gilt nicht, wenn in der Einrichtung mehr als fünf volljährige Personen leben, die nicht mehr die Schule besuchen.
Franz-Anton Plitt
 (Internet entrepreneur)
 Chisinau
 (Moldova)


Stand: 27.05.2009
Zum Brandenburgischen Pflege-Gesetz - allgemein aus der Begründung des Regierungsentwurfs
A. Allgemeines:


I. Grundlegender Zweck des Gesetzes


Im Ergebnis der Neuverteilung der Zuständigkeiten von Bund und Ländern im Zuge der Föderalismusreform sind die Länder seit dem 1. September 2006 für das Heimrecht zuständig.

Das bundesrechtlich erlassene Heimgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. November 2001 (BGBl I S. 2970), das zuletzt durch Artikel 78 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl I S. 2407) geändert worden ist, bleibt gemäß Artikel 125a Absatz 1 des Grundgesetzes so lange geltend, bis die Länder jeweils von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht haben.

Das Heimrecht der Bundesrepublik hat seine Wurzeln im speziellen Gewerbeordnungsrecht.

Seit Mitte der Siebziger Jahre liefert es die Grundlage für die spezielle staatliche Aufsichtsführung über Alten- und Pflegeheime und Heime, in denen erwachsene Menschen mit Behinderungen leben und betreut werden. Das Gesetz dient dem Schutz der Interessen der Bewohnerinnen und Bewohner von Heimen, es soll die Wahrung ihrer Würde sicherstellen und eine weitgehend selbstständige Lebensführung gewährleisten.

Im Heimgesetz und den dazugehörigen Rechtsverordnungen sind auch für die bauliche und personelle Ausstattung von Heimen einige konkrete Mindeststandards festgeschrieben.

Die jüngste Neufassung des Gesetzes ist seit Beginn des Jahres 2002 in Kraft.

Mit dieser ist der Versuch unternommen worden, das Ordnungsrecht einer differenzierter werdenden Betreuungslandschaft und den gewachsenen Erkenntnissen über das Leben im hohen Alter und mit Behinderungen anzupassen. Es stellt einen Bezug qualitativer Mindeststandards zu dem Stand der fachlichen Erkenntnisse her und nimmt erstmals auch die Wohn- und Lebensqualität in Einrichtungen in das Blickfeld staatlichen Schutzes.

Die Aufsichtsführung wurde mit einem Beratungsauftrag gegenüber Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Leistungsanbietern von Heimen verbunden.

Das Heimgesetz hat sich in vielen Aspekten bewährt.

Nicht zuletzt aufgrund von neuen Wohnformen an der Schnittstelle von ambulanter und stationärer Versorgung sind jedoch wesentliche Anpassungen an neue Entwicklungen und Möglichkeiten erforderlich. Die Neuregelung im Land Brandenburg hält an den bewährten Grundsätzen fest und entwickelt sie in Anbetracht gesellschaftlicher und sozialpolitischer Veränderungen weiter. Die Konzeption des bisherigen Heimgesetzes ging von der isolierten Prämisse aus, ob die zu untersuchende Einrichtung unter dem Begriff „Heim“ einzugruppieren ist oder nicht. Diese Betrachtungsweise basiert auf dem Verständnis des historischen Gesetzgebers hinsichtlich eines Heimbetriebes und wird der heutigen Vielfalt der Angebotsstrukturen neuer Wohnformen im Pflege- und Behindertenbereich nicht mehr gerecht. Die Neuregelung im Land Brandenburg stellt daher den von rechtlichen Grauzonen geprägten Anwendungsbereich klar.

Zweck des Gesetzes ist es zudem, bürokratisch ausufernde Verfahren zu vereinfachen und unnötige, die Einrichtungen und Dienste belastende Überregulierungen zu beseitigen. Das Gesetz berücksichtigt daher die Ergebnisse des Runden Tisches Pflege zur Entbürokratisierung und der 83. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2006. Der hierdurch erreichte Zeitgewinn kommt der Qualität der Leistungserbringung und damit direkt den Nutzerinnen und Nutzern der Versorgungsform zu Gute. Darüber hinaus werden die in jüngster Zeit erfolgten Änderungen des Elften und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch berücksichtigt. Insbesondere wurde die Durchlässigkeit der Grenzen zwischen „ambulant“ und „stationär“ durch die Möglichkeit des „Poolens“ von Leistungen und durch das persönliche Budget bei der Erarbeitung des Gesetzes berücksichtigt. Vor allem aber stärkt das neue Gesetz die Wirksamkeit der Aufsichtsführung, indem sie effizienter und zielorientierter eingesetzt werden kann.

In der aktuellen Rechtsanwendung im Land Brandenburg weicht der Anwendungsbereich der Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung von dem des Heimgesetzes ab.

Demzufolge sind „Pflegeheime“ im Sinne dieser Verordnung nicht in jedem Fall auch „Pflegeheime“ im Aufsichtsbereich der Heimaufsicht.

Erschwerend tritt hinzu, dass für die Einordnung von Wohnformen als „Sonderbau“ i. S. von § 44 Absatz 2 Nummer 7 der Brandenburgischen Bauordnung (BbgBO) dieselben Begrifflichkeiten wie im Heimgesetz vorgesehen sind, obgleich Heimrecht und Bauordnungsrecht unterschiedliche Schutzziele verfolgen.

Von den Trägern oder Initiatoren solcher Wohnformen wird mit Verneinung der Heimeigenschaft oftmals nicht das für sie dennoch geltende Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht in den Blick genommen.

Die Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung ist zudem nicht flexibel genug, um auf die besonderen Fallgestaltungen betreuten Wohnens in kleinen Gruppen oder Wohngemeinschaften im Einzelfall angemessen reagieren zu können.

Daraus resultierende erhöhte Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz und die bauliche Barrierefreiheit können etwa von Wohngemeinschaften für Senioren nur unter sehr hohem finanziellen Aufwand oder überhaupt nicht realisiert werden.

Nach § 29 Absatz 3 soll die Brandenburgische Krankenhaus- und Pflegeheimbauverordnung auf unterstützende Wohnformen keine Anwendung mehr finden. Sie wird zeitnah durch eine bauaufsichtliche Richtlinie ersetzt, die eine differenzierte Beurteilung der Heime und sonstigen Einrichtungen zur Unterbringung oder Pflege von Personen im Hinblick auf Entscheidungen nach der Sonderbauregelung § 44 Absatz 2 Nummer 7 der Brandenburgischen Bauordnung ermöglicht.

Der in diesem Gesetz enthaltene Regelungsgehalt unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.

Bestimmungen im Bereich des föderalisierten Heimrechts sind dem Gesundheitsbereich zuzuordnen, auf welchen gemäß Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe f) der Richtlinie eine Anwendung ausscheidet. Nach dem Erwägungsgrund 22 der Richtlinie soll der Ausschluss des Gesundheitswesens vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie Gesundheitsdienstleistungen umfassen, die von Angehörigen eines Berufes im Gesundheitswesen gegenüber Patienten erbracht werden, um deren Gesundheitszustand zu beurteilen, zu erhalten oder wieder herzustellen, wenn diese Tätigkeit in dem Mitgliedsstaat in dem die Dienstleistungen erbracht werden, einem reglementierten Gesundheitsberuf vorbehalten sind. Die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen in dem bezeichneten Bereich erfährt in Deutschland in mehrfacher Hinsicht eine Reglementierung. Ein Beruf ist reglementiert, wenn der Berufszugang und die Berufsausübung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Nachweis einer Qualifikation gebunden sind (vgl. Artikel 4 Nummer 11 EU-Dienstleistungsrichtlinie i. V. m. Artikel 3 Absatz 1 a Berufsanerkennungsrichtlinie). Gemäß § 5 Heimpersonalverordnung (Ausgangspunkt der Qualifikationsnachweise im Bereich des Heimrechts) dürfen betreuende Tätigkeiten nur durch Fachkräfte oder unter angemessener Beteiligung von Fachkräften wahrgenommen werden. Die Erbringung von Dienstleistungen im Pflege- und Betreuungsbereich setzt daher eine qualitative hochwertige Ausbildung voraus und kann daher nur von Personen durchgeführt werden, die die konkreten Anforderungen dieser Reglementierung erfüllen. Besonders deutlich wird dies beispielsweise bei den Pflegefachberufen wie der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege, die jeweils bundeseinheitlich geregelt sind und bei denen die Führung der entsprechenden Berufsbezeichnung einer staatlichen Erlaubniserteilung bedarf.

Die Nachfolgeregelung zum Heimgesetz stellt zudem das Ordnungsrecht in den Kontext eines breit angelegten Prozesses der Modernisierung und Normalisierung des gesellschaftlichen Umgangs mit den Herausforderungen durch Alter und Behinderung. Menschen, die im täglichen Leben auf Pflege oder Betreuung angewiesen sind, benötigen einen wirksamen Schutz vor Vernachlässigung, Gewalt und Übervorteilung.

Das Heimrecht allein kann diesen Schutz nicht umfassend gewährleisten.

Es soll die Gewähr dafür schaffen, dass besondere Gefahrensituationen frühzeitig erkannt und wirksam abgestellt werden. Ein nachhaltiger Schutz erfordert aber darüber hinausgehende Maßnahmen. Der Entwurf des Brandenburgischen Gesetzes über das Wohnen mit Pflege und Betreuung ordnet sich deshalb in ein bürgerschaftlich orientiertes Gesamtkonzept ein. Auf Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein, darf nicht dazu führen, fremdbestimmt zum Objekt anonymer Versorgungsleistungen zu werden. Es geht deshalb darum, die Selbstbestimmung der Menschen, die gepflegt und betreut werden müssen, mit allen erdenklichen Mitteln zu stärken. Mit dem Gesamtkonzept werden deshalb Anstrengungen gebündelt, Pflege und Betreuung aus der Versorgungslandschaft in die Normalität der Gesellschaft zu holen. Der Leitgedanke dieses Herangehens ist, dass der staatliche Schutz wirksam ergänzt wird durch die Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe. Dazu gehört, dass Betroffene ihre Rechte kennen und in die Lage versetzt werden, ihre Interessen wahrzunehmen und benötigte Leistungen gezielt auszuwählen. Leistungen der Pflege und Betreuung sollen gezielt mit den im Einzelfall verfügbaren Hilfe- und Unterstützungsmöglichkeiten kombiniert werden. Dazu gehört auch, dass den Betroffenen selbst weitgehende Mitwirkungsmöglichkeiten eingeräumt werden. Es geht auch darum, Isolationen aufzubrechen und eine Kultur der sozialen Aufmerksamkeit zu befördern.

Das Brandenburgische Heimgesetz ist dabei eine der tragenden Säulen in diesem übergreifenden Ansatz.

II. Wesentlicher Inhalt des Gesetzes

Artikel 1 enthält das Gesetz über das Wohnen mit Pflege und Betreuung des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Pflege- und Betreuungswohngesetz - BbgPBWoG), welches das Heimgesetz des Bundes für das Land Brandenburg ersetzt. Das Gesetz wählt einen Aufbau, der bewusst keine abschließende Definition von Einrichtungsarten vornimmt, um die Regelungen für zukünftige Veränderungen der Versorgungslandschaft offen zu halten. In dessen Folge gliedert sich das Gesetz in sechs Abschnitte, die in ihrem Regelungsgehalt aufeinander Bezug nehmen.

Im Abschnitt 1 werden der Anwendungsbereich definiert und grundsätzliche Begriffsbestimmungen zur Anwendung des Gesetzes vorgenommen.

Der Abschnitt 2 trifft allgemeine Regelungen für sämtliche vom Anwendungsbereich erfassten Wohnformen mit Pflege- oder Betreuungsleistungen. Diese umfassen in § 7 eine allgemeine Anzeigeverpflichtung zu den wesentlichen Grunddaten der unterstützenden Wohnform und in § 6 grundlegende Mindestanforderungen, die sich vornehmlich auf die Wahrung der Grundrechte des betroffenen Personenkreises erstrecken. Ein deutliches Entbürokratisierungspotential weist hierbei die Vorschrift des § 7 Absatz 3 auf, wonach der zur Anzeige verpflichtete Leistungsanbieter sein Einverständnis erklären kann, auf die bei den Leistungsträgern nach dem Elften und Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder anderen öffentlichen Stellen eingereichten Unterlagen zurückzugreifen, soweit diese die erforderlichen Angaben bereits enthalten und zwischen der nach dem Gesetz zuständigen Behörde und dem Leistungsträger oder der öffentlichen Stelle eine Vereinbarung zum Datenaustausch besteht.

Im Abschnitt 3 des Gesetzes werden ergänzende Regelungen für jene unterstützenden Wohnformen getroffen, in denen ihre Nutzerinnen und Nutzer in struktureller Abhängigkeit zum Leistungsanbieter leben. Kriterium ist hierbei das Maß ihrer Befugnis, den Anbieter der zum Leben unerlässlichen Dienstleistung frei zu wählen, ohne dass dies Auswirkungen auf die Wohnsituation des Betroffenen hat. Ist letzteres nicht gewährleistet wird die unterstützende Wohnform zur Einrichtung, in der Bewohnerinnen und Bewohner leben. Unterfällt eine unterstützende Wohnform als Einrichtung dem besonderen Teil des Gesetzes, sind die ordnungsrechtlichen Vorschriften des dritten Abschnitts zusätzlich zu denen des zweiten Abschnitts anzuwenden.

Das führt in § 12 zu der Pflicht, erweiterte Angaben zum Betrieb im Rahmen der Anzeige vorzunehmen. Diese betreffen insbesondere strukturelle Angaben hinsichtlich der baulichen Nutzung, der Konzeption der Einrichtung und ihrer personellen Situation. Gegenüber dem Heimgesetz des Bundes wurde die Pflicht zur Anzeige von Änderungen auf das erforderliche Maß begrenzt. Insbesondere ist eine unverzügliche Aktualisierung der Angaben zu Personalveränderungen für den Bereich der Beschäftigten und der Mitarbeiter nicht mehr erforderlich.

Zusätzlich zu den allgemeinen Anforderungen des § 6 werden in den §§ 8 und 9 strengere ordnungsrechtliche Anforderungen an die Qualität der Leistungen sowie an die bauliche und personelle Struktur gestellt. Abweichend vom Heimgesetz des Bundes richten sich auch diese stärker an der Wahrung der verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner aus. Als Orientierungshilfe diente hier die „Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen“ des Runden Tisches Pflege, die damit zum Teil verbindlichen Charakter erhält und beim Betrieb einer Einrichtung durch den verantwortlichen Leistungsanbieter und die von ihm eingesetzten Personen zu wahren ist.

Der in der Vergangenheit oft als zu unbestimmt kritisierte Rechtsbegriff des allgemein anerkannten Stands fachlicher Erkenntnisse ist - sofern es sich um die Anforderungen an die Qualität der Pflege und Betreuung handelt - nunmehr ausdrücklich auf die Bestimmungen in den Leistungsgesetzen bezogen. Danach ist regelmäßig von der Erfüllung dieser Anforderung auszugehen, soweit die nach dem Elften oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch vereinbarten Qualitätsmaßstäbe und Expertenstandards gewahrt werden. Die Pflicht zur Erstellung von Pflege- und Hilfeplänen wird aus dem ordnungsrechtlichen Blickfeld herausgenommen, da diese Verantwortung bereits durch die Leistungsgesetze abgesichert wird. Neu aufgenommen wurde hingegen die Bindung des Leistungsanbieters an eine nutzerfreundliche Organisationsstruktur. Danach haben die Bewohnerinnen und Bewohner zukünftig das Recht, dass die Verantwortungsbereiche und Kommunikationswege innerhalb der Einrichtung verbindlich vorgegeben und für jeden Beschäftigten transparent sind. Dies wird als essentielle Grundlage für eine zuverlässige und förderliche Leistungserbringung gesehen. Da die Regelungen zum Heimvertragsrecht gemäß Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes in der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes eiverbleiben, enthält das Gesetz keine vertragsrechtlichen Regelungen mehr. Die Verweisung in § 8 Absatz 2 Nummer 7 hinsichtlich ihrer wesentlichen Vorgaben sichert diese aber im Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner von Einrichtungen auch ordnungsrechtlich ab. Das betrifft die Wahrung der Bestimmungen zu Entgelterhöhungen, zu Anpassungspflichten auf veränderte Betreuungsbedarfe, zur Kündigung, zur Nachsorgepflicht und zur Angemessenheit der für die Leistungserbringung geforderten Entgelte. Für die Einrichtungen des besonderen Teils können gemäß § 9 Absatz 3 zudem die betriebsnotwendige Ausstattung und die personellen Anforderungen betreffende Rechtsverordnungen erlassen werden.

Die §§ 10 und 11 ermöglichen die flexible Anwendung von Qualitäts- und Strukturanforderungen. Mit der in § 10 getroffenen Regelung wird es Einrichtungen ermöglicht, sich auf bestimmte Zielgruppen mit individuellem Schutzbedarf zu spezialisieren. Die Regelung erweitert zum einen die bereits im Heimgesetz gegebene Möglichkeit der Erprobung neuartiger Konzepte durch die Eröffnung von Ausnahmemöglichkeiten von strukturellen Anforderungen. Neu ist, dass die Ausnahmegenehmigung aufgrund der Erprobungsregelung nach einmaliger Befristung auf Dauer erteilt werden kann, sofern sich das Konzept bewährt hat. Zum anderen schafft die Regelung auch die Möglichkeit der fachlichen Spezialisierung von Einrichtungen. Mindestanforderungen an die Ausstattung sollen so zielgenauer zur Anwendung kommen. Maßgeblich ist der tatsächliche Bedarf der in einer Einrichtung lebenden Personen. Ist der Personenkreis bestimmt, und die Betreuung fachlich auf den bestimmten Personenkreis ausgerichtet, so werden nach dieser Regelung keine Strukturanforderungen gestellt, die den Bedürfnissen der in der Einrichtung lebenden Personen nicht auch entsprechen. Dies wird als unabdingbare Voraussetzung für die Existenz kleinteiliger, spezialisierter Einrichtungen angesehen. Die Verpflichtung zur umfassenden Ausstattung, wie sie das alte Heimgesetz ausgehend von vollversorgenden Heimen mit sich brachte, wird so korrigiert. Erstmals wird mit § 11 durch das Gesetz selbst Entscheidungen der Bewohnerinnen und Bewohner der erforderliche Respekt entgegen gebracht und ein Höchstmaß der an der Normalität orientierten Teilhabe ermöglicht. Selbstbestimmtheit ist nicht mehr nur ein unbestimmter Rechtsbegriff, der als katalogisierte Anforderung vom Einrichtungsträger zu wahren ist. Selbstbestimmung und Selbständigkeit beginnen vielmehr dort, wo es um Entscheidungen zur individuellen Lebensgestaltung geht. Diese ist bereits maßgeblich betroffen, wenn es um die Wahl des Dienstleistungsangebotes geht. Hier muss es den Bewohnerinnen und Bewohnern möglich sein, ein Angebot zu wählen, welches ihrem tatsächlichen Bedarf entspricht und die Versorgung anhand der eigenen zu wahrenden Fähigkeiten und Ressourcen ausrichtet. Das Gesetz bietet daher in § 11 die Möglichkeit, einzelne Leistungsbereiche in die Verantwortung der Bewohnerinnen und Bewohner zu delegieren, soweit die Eigenversorgung in diesem Bereich sichergestellt werden kann oder kein aktueller Bedarf besteht. Da die Bewohnerinnen und Bewohner in dem übertragenen Verantwortungsbereich ihr Leben selbstbestimmt führen sollen, kann dieser weder durch den Leistungsanbieter, noch durch die staatliche Aufsicht reglementiert werden.

Grundlegende Änderungen haben die Vorschriften zur Mitwirkung erfahren. In § 15 wurde das individuelle Mitwirkungsrecht neu aufgenommen.

Danach muss jede Bewohnerin und jeder Bewohner bei der Festlegung von Zielen und Maßnahmen in der Pflege und Betreuung beteiligt werden. Sie haben zudem das Recht, in ihre Akten und sonstigen sie betreffenden Dokumentationen Einsicht zu nehmen. Daneben bedarf jede Gestaltung des unmittelbaren Wohnumfeldes der Zustimmung der betroffenen Person.

Hierdurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Wohnen unabhängig von seiner Erscheinungsform einen der elementarsten Lebensbereiche eines Menschen darstellt.

Dieser Gedanke wurde ebenso in § 15 Absatz 3 eingeführt, wonach den Bewohnerinnen und Bewohnern ein Mitspracherecht bei der Belegung von Mehrbettzimmern eingeräumt wird.

Die gemeinschaftliche Mitwirkung ist in § 16 geregelt.

Im Unterschied zum Heimrecht des Bundes ist für die Gestaltung des Zusammenlebens in Einrichtungen nunmehr eine Mitwirkungsform unter ausschließlicher Beteiligung der in der konkreten Einrichtung lebenden Personen zu bilden.

Fragen der Alltags- und Freizeitgestaltung, der Verpflegung, der Gestaltung von Gemeinschaftsräumen und deren Öffnung nach außen können naturgemäß nur durch die Bewohnerinnen und Bewohner selbst beantwortet werden. Dies gilt unabhängig davon, welche Bindungen sie zu Angehörigen, gesetzlichen Betreuungspersonen oder sonstigen Außenstehenden aufweisen. Der Leistungsanbieter ist verpflichtet, eine Form der kollektiven Mitwirkung nach dem allgemein anerkannten Stand sozialpädagogischer Erkenntnisse zu etablieren, wodurch ihm insbesondere Empowerment- Strategien zu Seite stehen. Als Regelfall soll dabei die Bildung eines Bewohnerschaftsrates dienen. Der Bewohnerschaftsrat soll durch Ombudspersonen in anspruchsvollen Materien wie der Mitwirkung bei der Aufstellung und Änderung von Musterverträgen unterstützt werden. Soweit der Bewohnerschaftsrat sie dazu legitimiert, können sie in diesem Bereich auch die Mitwirkung zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern wahrnehmen.

Der Abschnitt 4 des Gesetzes regelt die Maßnahmen der staatlichen Behörde, um die Einhaltung der jeweils geltenden Anforderungen sicherzustellen.

Zuvörderst sieht hierzu § 17 einen umfassenden Informations- und Beratungsanspruch zukünftiger und gegenwärtiger Nutzerinnen und Nutzer sowie Betreiber und Organisatoren von Versorgungsformen im Sinne des Gesetzes vor. Dieser beinhaltet erstmals auch ausdrücklich eine Informationspflicht der Behörde über örtlich bestehende Beratungs- und Hilfestellungsstrukturen. Hierbei wird davon ausgegangen, dass diese aufgrund ihrer räumlichen Nähe zur konkreten Versorgungsform oftmals über konkretere und schneller abrufbare Informationen verfügen als die zentralisiert ausgerichtete staatliche Aufsichtsbehörde. Im Rahmen der Auskunftspflichten des Leistungsanbieters enthält § 18 Absatz 2 nunmehr eine Anzeigepflicht des verantwortlichen Leistungsanbieters, Unglücksfälle und sonstige unerwartete Vorkommnisse, die zu erheblichen Beeinträchtigungen von Rechtsgütern der Bewohnerinnen und Bewohner geführt haben, der zuständigen Behörde anzuzeigen.

Damit erhält die staatliche Aufsicht die erforderlichen Informationen, um nach einem solchen Vorfall die Ordnungsmäßigkeit des Betriebes prüfen zu können.

§ 19 regelt die Überwachung der Versorgungsformen und Einrichtungen. Er greift die durch den allgemeinen und den besonderen Teil vollzogene Kategorisierung auf und unterstellt sie einer differenzierten Aufsichtsführung. Unterstützende Wohnformen, die allein dem allgemeinen Teil zuzuordnen sind, können bei Anlässen überprüft werden. Bei Einrichtungen des besonderen Teils erfolgt darüberhinaus eine Regelprüfung, die bei Pflegeinrichtungen grundsätzlich jährlich, bei Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen alle zwei Jahre durchzuführen ist. Die Prüftiefe und der Prüfturnus können unter den in § 19 Absatz 3 beschriebenen Umständen durch die zuständige Behörde variiert werden. Hierbei ist insbesondere berücksichtigt worden, dass in Pflegeeinrichtungen ab dem Jahr 2011 auch der Leistungsträger zu einer jährlichen Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung verpflichtet ist. Gleichzeitig wurde in § 21 Absatz 3 eine Regelung eingeführt, die es der staatlichen Aufsichtsbehörde ermöglicht, diese Prüfergebnisse anzuerkennen und als eigene Feststellungen zu behandeln. Ordnungsrechtliche Maßnahmen der Beratung und der Anordnung können somit kurzfristig und effizienter durchgesetzt werden. Ergebnisse der örtlichen Überwachung sind nunmehr auch dem Bewohnerschaftsrat zu übermitteln. Die Bewohnerinnen und Bewohner erhalten damit unmittelbare Kenntnis von Qualität und Zustand ihrer Einrichtung und können selbst auf die Durchsetzung von Maßnahmen achten. Nicht zuletzt wird hierdurch die Stellung der Bewohnerinnen und Bewohner als Verbraucher gestärkt. Aus diesem Grund ist darüberhinaus in § 20 Absatz 2 die Möglichkeit geschaffen worden, die Prüfergebnisse der zuständigen Behörde in geeigneter Form der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Eingriffsinstrumentarium der staatlichen Aufsicht wurde konkretisiert und erweitert. Am beratungsorientierten Ansatz hält das Gesetz grundsätzlich fest. Wie bisher sind daher verwaltungsbehördliche Maßnahmen nur nach einer mit dem verantwortlichen Leistungsanbieter durchgeführten Beratung über die Mängel möglich. Hiervon müssen jedoch Ausnahmen bei unaufschiebbaren Maßnahmen zulässig sein. Das wird immer dann gesehen, wenn eine Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit der Nutzerinnen und Nutzer einer Versorgungsform besteht. In diesem Fall ist eine Anordnung auch ohne vorangegangene Beratung zulässig. Unter denselben Voraussetzungen haben Widerspruch und Anfechtungsklage per Gesetz keine aufschiebende Wirkung im Sinne des § 80 Absatz 2 Nummer 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Damit wird der Schutz der Nutzerinnen und Nutzer gestärkt.

In § 23 Absatz 2 gesetzlich geregelt ist nunmehr auch die Möglichkeit der staatlichen Behörde, einen Belegungsstopp zu verhängen. Bei schwerwiegenden Mängeln kann es dem verantwortlichen Leistungsanbieter verwehrt werden, neue Personen aufzunehmen bis der Mangel abgestellt ist. Die vorsätzliche Falschdokumentation ist erstmals ein Ordnungswidrigkeitentatbestand. Mit Artikel 2 werden die notwendigen Änderungen in § 44 Absatz 2 Nummer 7 der Brandenburgischen Bauordnung vorgenommen.

Artikel 3 enthält Regelungen zum Inkraft- und Außerkrafttreten.

B. Im Einzelnen:


... Red. Salomonia: siehe einzelnen §§
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
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