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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 20a (Regelung seit 01.08.2002)
Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.
Abgelehnte Änderung zu Art. 20a GG (1984)

Gang der Gesetzgebung:

Bundestag - Gesetzentwurf Bachmaier, SPD; Antretter, SPD; und andere; SPD 25.05.1984, Drucksache 10/1502

Bundestag - Plenarprotokoll 10/75 08.06.1984 S. 5456B-C, 5457B-5499C
Beschluß: S. 5497C - Überweisung: RechtsA (federführend), InnenA, AfELuF

Bundestag - Beschlußempfehlung und Bericht RechtsA 13.01.1986 Drucksache 10/4636

2. Beratung


Bundestag - Plenarprotokoll 10/187 16.01.1986 S. 14254C-14270D
Beschluß: S. 14270D - Ablehnung in namentlicher Abstimmung Drucksache 10/1502


A. Gesetzentwurf DIE GRÃœNEN, Bundestag - Drucksache 10/1694, 29.06.1984


Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes

A. Problem
Die langfristige Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen gehört zu den wichtigsten Zielen staatlicher Politik. Im Hinblick auf die Bedrohung unserer natürlichen Lebensgrundlagen und die Umweltzerstörungen sollte daher im Grundgesetz klargestellt werden, daß der Staat für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zu sorgen hat.

B. Lösung
Umweltschutz wird als Staatszielbestimmung im Grundgesetz verankert.

C. Alternativen
Beibehaltung des gegenwärtigen Rechtszustandes.

D. Kosten
keine


1. Vorschlag


Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen; Artikel 79 Abs.2 des Grundgesetzes ist eingehalten:

Artikel I

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (BGBI. 1 S. 1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 21. Dezember 1983 (BGBI. 1 S. 1481), wird wie folgt geändert:

1. Nach Artikel 20 wird folgender Artikel 20 a eingefügt:

Artikel 20 a

Umweltschutz

Die natürlichen Lebensgrundlagen stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.

2. In Artikel 28 Abs. 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

Sie muß auch der Verantwortung des Staates für die natürlichen Lebensgrundlagen gerecht werden.

Artikel II
Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.


2. Begründung


A. Allgemeines

Die vorgesehene Änderung des Grundgesetzes hat die Verankerung des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung im Grundgesetz zum Gegenstand.

Diese Änderung soll die Verantwortung des Staates für den Schutz und die Pflege der natürlichen Lebensgrundlagen herausstellen. Dies erscheint angesichts der teilweise dramatischen Bedrohungen und Schädigungen der natürlichen Lebensgrundlagen besonders notwendig.

Nach langjährigen Diskussionen über die Aufnahme weiterer Grundrechte oder Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz kündigte Bundeskanzler Schmidt am 24. November 1980 in seiner Regierungserklärung zu Beginn der 9. Legislaturperiode eine Prüfung an, ob in das Grundgesetz detaillierte Staatszielvorstellungen oder Gesetzgebungsaufträge aufgenommen werden sollen. In der Erklärung der Bundesregierung zur Rechtspolitik wurde die Absicht am 19.März 1981 vom Bundesminister der Justiz vor dem Deutschen Bundestag näher erläutert.

Dabei wurde die Sicherung des inneren und äußeren Friedens, der Schutz der Umwelt und der Gesundheit und ein Angebot ausreichender und menschenwürdiger Arbeit für alle als Beispiele genannt. Die von den Bundesministern der Justiz und des Inneren berufene unabhängige "Sachverständigen- Kommission Staatszielbestimmungen - Gesetzgebungsaufträge", unter Vorsitz von Prof.

Dr. Denninger, legte am 10.August 1983 einen Bericht vor, in dem sie Ergänzungen des Grundgesetzes in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Kultur empfahl.

Unter Berücksichtigung der Vorschläge dieser Sachverständigen-Kommission wird mit dem Gesetzentwurf die Einfügung einer Staatszielbestimmung zum Umweltschutz in das Grundgesetz vorgeschlagen. Damit wird klargestellt, daß dieses Staatsziel der freien Zweckwahl der politischen Organe entzogen und für sie verbindlich ist. Durch die Aufnahme dieses Staatsziels in das Grundgesetz sind positive Impulse und Auswirkungen auf Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung zu erwarten. Über Ergänzungen des Grundgesetzes in den Bereichen Arbeit und Kultur wird weiter nachgedacht werden müssen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel I Nr. 1

Umweltschutz ist für den Menschen von existenziellem, langfristigen Interesse. Ihm kommt elementare Gemeinwohlbedeutung zu. Der Mensch ist für seine biologisch-physische Existenz auf eine weitgehend intakte Umwelt (Wasser, Boden, Luft, Pflanzen- und Tierwelt, Naturhaushalt und Klima) angewiesen. Die natürlichen Lebensgrundlagen sind bedroht. Luftverschmutzung, Schadstoffe im Wasser und in den Nahrungsmitteln, Schädigungen des Bodens, Waldsterben und das Aussterben vieler Tier- und Pflanzenarten gefährden heute, für jeden erkennbar, unsere Lebensgrundlagen. Es muß gehandelt werden, um der Umweltkrise zu begegnen und drohende Umweltkatastrophen zu verhindern. Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen ist zu einer grundlegenden und hochrangigen Aufgabe geworden, die ohne staatliches Handeln nicht bewältigt werden kann.

Die Verankerung der Staatszielbestimmung zum Umweltschutz ist erforderlich, da im geltenden Verfassungsrecht ein zufriedenstelIender Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen nicht gewährleistet ist. Es gibt Lücken in bezug auf einen umfassenden Umweltschutz, insbesondere hinsichtlich des Lebens- und Gesundheitsschutzes der zukünftigen Generationen, des Schutzes von öffentlichen Gewässern, Ökosystemen, der Artenvielfalt, des Klimas und der Ressourcenbewirtschaftung. Damit besteht die Gefahr, daß das Interesse am Umweltschutz in der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung gegenüber anderen kurzfristigen oder stärker sichtbaren Allgemein- oder Privatinteressen zurückgedrängt wird. Es gibt noch erhebliche Mängel im Umweltrecht hinsichtlich Luftverunreinigung, Umweltchemikalien, Bodenschutz, Artenschutz, Wasserreinhaltung und Trinkwasserversorgung. Zu einem erheblichen Teil fallen diese Mängel in den Bereich verfassungsrechtlicher Schutzlücken (wie atomare Entsorgung, ökologische Wirkungen von Umweltbelastungen, Schutz natürlicher Ressourcen), so daß die Verankerung einer Staatszielbestimmung Umweltschutz im Hinblick auf die gegenwärtige und zukünftige Umweltpolitik geboten ist.

Durch die Formulierung des Artikels 20 a GG wird klargestellt, daß der Staat für die natürlichen Lebensgrundlagen eine besondere Schutzpflicht hat. Damit werden normative Richtlinien an die Gesetzgebung im Grundgesetz festgeschrieben, die eine grobe Vernachlässigung oder Untätigkeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes zu einem Verstoß gegen die Verfassung werden lassen. Diese Staatszielbestimmung wird Leitfunktion haben und auch Richtlinie für die Anwendung durch Verwaltung und Gericht sein.

Zu Artikel I Nr. 2

Durch die Einfügung des Satzes in Artikel 28 Abs. 1 wird erreicht, daß die Staatszielbestimmung Umweltschutz in Artikel 20 a auch für die Länder und Gemeinden verbindlich wird.

Der Umweltschutz soll als Staatsziel den in Artikel 28 Abs. 1 GG bereits verankerten Staatszielen im Rang nicht nachstehen.

Zu Artikel II

Die Einführung einer Staatszielbestimmung Umweltschutz erfordert keine Übergangszeit. Das Gesetz soll deshalb zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Kraft treten.



B. Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)


Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß)

a) zu dem von der Fraktion DIE GRÃœNEN eingebrachten:

Entwurf eines SechsunddreißIgsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/990-

b) zu dem von den Abgeordneten (Abgeordneterliste) eingebrachten

Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/1502-

A. Problem
Die beiden Gesetzentwürfe schlagen vor, den Umweltschutz als Staatszielbestimmung im Grundgesetz zu verankern. Der Gesetzentwurf Drucksache 10/990 sieht darüber hinaus die Einfügung eines Umweltgrundrechtes vor.

B. Lösung
Der Rechtsausschuß empfiehlt mit Mehrheit, die beiden Gesetzentwürfe abzulehnen.

c. Alternativen
Die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE GRÜNEN schlagen die Annahme ihrer Gesetzentwürfe vor.

D. Kosten
keine


Beschlußempfehlung


Der Bundestag wolle beschließen, die Gesetzentwürfe - Drucksachen 10/990, 10/1502 - abzulehnen.


Bericht der Abgeordneten Bschmsler und Ssurln

I. Zum Beratungsverfahren

Dem Rechtsausschuß lagen zu dem Vorschlag, den Umweltschutz in das Grundgesetz aufzunehmen, zwei Gesetzentwürfe vor:

a) Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN ~ntwurfeines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Anderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/990 - Dieser Gesetzentwurf schlägt vor, in einem neuen Artikel 37a den Umweltschutz nicht nur als Staatszielbestimmung aufzunehmen, sondern auch in einer Ergänzung des Artikels 2 GG ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen einzuführen.

Der Gesetzentwurf wurde vom Deutschen Bundestag in seiner 75. Sitzung am 8. Juni 1984 in erster Lesung beraten und an den Rechtsausschuß federführend sowie an den Innenausschuß und an den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitberatend überwiesen.

b) Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Entwurf eines Sechsunddreißigsten Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes - Drucksache 10/1502" - Der Entwurf sieht die Aufnahme des Umweltschutzes als Staatszielbestimmung in das Grundgesetz vor. In einem neuen Artikel 20 a GG soll bestimmt werden, daß "die natürlichen Lebensgrundlagen unter dem besonderen Schutz des Staates stehen".

Durch eine Ergänzung des Artikels 28 Abs. 1 GG soll gewährleistet werden, daß die Staatszielbestimmung auch für die Länder und Gemeinden verbindlich wird.

Der Rechtsausschuß hat die beiden Gesetzentwürfe in seiner 37" 43" 58., 59" 63. und 67. Sitzung am 14. November 1984, 6. Februar 1985, 25. September 1985, 2. Oktober 1985, 23. Oktober 1985 und 5. Dezember 1985 beraten. Zu seinen Beratungen hat der RechtsausschuJl insbesondere auch die Ergebnisse der öffentlichen Anhörung des Rechtsausschusses und des Jimenausschusses des Bundesrates vom 10.Juni 1985 herangezogen. Der mitberatende Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und. Forsten hat mit Stellungnahme vom 13. Dezember 1984 und der mitberatende Innenausschuß mit Stellungnahme vom 2. Oktober 1985 jeweils mit Mehrheit empfohlen, die Gesetzentwürfe abzulehnen.

II. Begründung der Ausschußempfehlung

1. Für den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drucksache 10/1502 - haben die Ausschußmitglieder der Fraktion der SPD und nach Ablehnung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE GRÜNEN auch das AusschuJlmitglied dieser Fraktion gestimmt. Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN - Drucksache 10/990 wurde von allen anderen Fraktionen abgelehnt.

2. Zu dem Vorschlag, den Umweltschutz als Staatszielbestimmung in das Grundgesetz aufzunehmen:

a) Die Mehrheit des Rechtsausschusses lehnt den Gesetzentwurf der Fraktion DIE GRÜNEN, in dem eine Ergä,nzung des Artikels 2 GG um ein Grundrecht auf eine gesunde Umwelt und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen gefordert wird, ab. Alle Sachverstiindigen, sowohl in der von der Bundesregierung berufenen Kommission wie auch bei den Anhörungen, hätten sich gegen die Aufnahme eines Umweltgrundrechts in den Grundrechtskatalog des Grundgesetzes ausgesprochen.

Die Mehrheit des Rechtsausschusses ist auch der Auffassung, daß die von der Fraktion der SPD vorgeschlagene Ergänzung des Grundgesetzes letztlich keinen verbesserten Schutz der Umwelt bewirken werde. Dies könnte nur durch konkrete Umweltschutzmaßnahmen, wie sie die Regierung erfolgreich eingeleitet habe und fortführen werde, erreicht werden.

Die Regierungskoalition werde ihren Weg einer konsequenten Umweltschutzpolitik auf allen Gebieten auch zukünftig weiter fortsetzen.

Die allgemeinen grundsätzlichen Erörterungen hätten gezeigt, daß die Aufnahme eines Umweltschutzartikels mit lediglich appellativem Charakter nur ein Programmsatz ohne verfassungsrechtlichen Regelungsgehalt wäre. Eine solche Bestimmung würde beim Bürger nur Enttäuschungen hervorrufen und falsche Vorstellungen oder Hoffnungen wecken. Im Gegensatz zur Weimarer Verfassung habe der Grundgesetzgeber an Hand der Erfahrungen mit der Weimarer Verfassung ganz bewußt davon abgesehen, Staatszielbestimmungen oder Programmsätze in das Grundgesetz aufzunehmen - bei ganz wenigen Ausnahmen, wie z, B. in der Präambel des Grundgesetzes.

Die Konzeption des Grundgesetzes, daß in der Verfassung nur voll erfüllbare Rechtssätze aufgenommen sein sollten, und nicht den Bürger letztlich enttäuschende politische Ankündigungen, habe sich bewährt.

Das Grundgesetz enthalte auch keine Schutzlücke im Umweltschutzbereich, die eine Verfassungsergänzung erfordern würde. Bereits jetzt hätten Staat und Gesellschaft nach dem Grundgesetz alle Möglichkeiten für einen wirksamen Schutz der Umwelt: Artikel 2 Abs. 2 GG biete das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, Artikel14 Abs. 2 GG bestimme die Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums, Artikel 20 Abs. 1 stellt das Sozialstaatsprinzip auf. In den Artikeln 74 und 75 GG würden dem Bund konkrete Umweltschutzkompetenzen zugewiesen. Auch ein Vergleich mit einzelnen Verfassungen der Bundesländer oder anderer Staaten, die Umweltschutzbestimmungen enthielten, sei wegen der vollkommen andersartigen Struktur und Justiziabilität des Grundgesetzes nicht angebracht.

Bedenken ergäben sich auch wegen dem völlig unbestimmten Begriff "natürliche Lebensgrundlagen", der in beiden Gesetzentwürfen zur Ergänzung des Grundgesetzes verwendet werde. Die Übernahme solcher unpräzisen Begriffe in die Verfassung führe zu Unklarheiten, was letztlich von selten der Verfassung als konkretes Ziel geboten sei und was verboten werden solle. Völlig ungeklärt sei in den vorliegenden Gesetzentwürfen auch das besondere Spannungsverhältnis zu anderen Werten unserer Staats- und Gesellschaftsordnung.

Bei Aufnahme des Umweltschutzes als Staatsziel müßte in Form eines Gesamtkonzepts, das die Aufgaben des heutigen Staates in der Industriegesellschaft nicht selektiv, sondern umfassend beschreibe, eine Abgrenzung zu anderen Aufgaben, wie z. B. äußere und innere Sicherheit, Verhältnis Staat-Geseilschaft- Wirtschaft, Kultur, Gesundheit und Altersvorsorge. Erhaltung von Arbeitsplätzen usw., in der Verfassung vorgenommen werden. In den Gesetzentwürfen sei jedoch nicht einmal ein Gesetzesvorbehalt, der solche Abgrenzungen beinhalten könnte, vorgesehen.

Der Umweltschutz, der sich mit vielen anderen Staatsaufgaben berühre und überschneide, sei eine klassische Aufgabe politischer Abwägungen und Entscheidungen, die in erster Linie den Parlamenten, der Regierung und der Verwaltung zugewiesen bleiben müsse.

Die Aufnahme einer Staatszielbestimmung gemäß den vorliegenden Gesetzentwürfen würde zu einer weiteren Verlagerung parlamentarischer Kompetenzen auf die Gerichte führen, da die vorgeschlagenen offenen und unbestimmten Begriffe und Normen durch die Rechtsprechung ausgelegt werden müßten.

Das Spannungsverhältnis zwischen Umweltschutz und anderen Werten unserer Staatsund Gesellschaftsordnung würde letztlich von den Gerichten und nicht mehr von den Parlamenten definiert und entschieden.

Da die Einhaltung einer generalklauselartigen Schutzverpflichtung der Bundesaufsicht unterliegen würde, wäre ferner eine Verschiebung des bundesstaatslichen Gefüges mit weiterem Kompetenzverlust der Länder zu erwarten. Nach Auffassung der Mehrheit sprächen daher die überwiegenden Gründe für die Ablehnung der beiden Gesetzentwürfe.

b) Die Fraktion der SPD trägt zur Begründung ihres Gesetzentwurfs vor, angesichts der fortschreitenden Schädigungen der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen sei der Umweltschutz zu einer der überragenden Aufgaben des Staates und der Gesellschaft geworden. Es sei auch erkennbar, daß der Umweltschutz aufgrund der weltweiten wirtschaftlichen, technischen und zivilisatorischen Entwicklung eine bleibende Hauptaufgabe des Staates sein werde. Wenn der Umweltschutz als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen werde, so habe dies nicht nur den Zweck, seine besondere Bedeutung im Bewußtsein der Bevölkerung und aller staatlichen Organe hervorzuheben und zu bekräftigen, sondern eine solche Staatszielbestimmung entfalte als Wertentscheidung der Verfassung eine Bindewirkung für alle staatlichen Organe. Das Bundesverfassungsgericht habe in Ausgestaltung grundgesetzlicher Vorgaben in ständiger Rechtsprechung eine ganze Reihe von solchen Verfassungswertentscheidungen mit erheblichen rechtlichen Auswirkungen festgestellt, wie z.B. das Sozialstaatsprinzip, das Rechtsstaatsprinzip oder das Wiedervereinigungsgebot.

Der Grundgesetzgeber habe damals die Entwicklung bei den Umweltschäden und die Bedeutung des Umweltschutzes noch nicht erkennen können. Aus den angeführten einzelnen, verstreut im Grundgesetz niedergelegten Verfassungsbestimmungen, wie Artikel 2 Abs.2 GG (Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit), Sozialbindung des Eigentums nach Artikel 14 Abs.2 GG, das Sozialstaatsprinzip nach Artikel 20 Abs. 1 GG, lasse sich nicht der Grundsatz des Umweltschutzes als verfassungsrechtliche Richtlinie für staatliches Handeln aufstellen. Der richtige Weg sei, den Umweltschutz durch eine klare und eindeutige Verfassungsbestimmung als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern.

Der Stellungnahme des Bundesjustizministers vor dem Rechtsausschuß, daß hierfür die Zeit noch nicht reif sei, könne nicht zugestimmt werden. Die von den Bundesministern der Justiz und des Innern berufene unabhängige "Sachverständigenkommission Staatszielbestimmungen - Gesetzgebungsaufträge" unter Vorsitz von Prof. Dr. Denninger, habe in ihrem am 10.August 1983 vorgelegten Bericht empfohlen, das Grundgesetz in den Bereichen Arbeit, Umwelt und Kultur zu ergänzen. Eine ganze Reihe von Ländern habe den Umweltschutz als Staatsziel in der jeweiligen Landesverfassung verankert. In Bayern habe die Bevölkerung in einem Volksentscheid mit 95% dafür gestimmt. Baden-Württemberg habe schon in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre eine Staatszielbestimmung zum Umweltschutz in seine Verfassung aufgenommen.

Es wäre nur eine folgerichtige verfassungspolitische Entwicklung, wenn im Interesse der Verfassungseinheit eine entsprechende Ergänzung in das Grundgesetz aufgenommen würde.

Die Mehrheit führe zum einen für die Ablehnung des von der SPD vorgeschlagenen Staatszieles Umweltschutz an, daß es im wesentlichen ohne echte Wirkung für den Umweltschutz wäre. Zum anderen begriinde sie ihre Ablehnung damit, daß die von. der SPD vorgeschlagene Ergänzung des Grundgesetzes um ein Staatsziel Umweltschutz zu einer Verlagerung politischer Abwägungs- und Entscheidungsprozesse von den Parlamenten und der Exekutive auf die Gerichte führe. Mit diesem Argument gestehe sie indirekt ein, daß ein Staatsziel Umweltschutz zu einer Verbesserung der Kontrolle der Entscheidungen der Exekutive durch unabhängige Gerichte führen könne.

Eine intensivere Kontrolle auch durch die Gerichte sei in der Tat IL a. vom Gesetzentwurf der Fraktion der SPD beabsichtigt. Ganz bewußt beschränke sich der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD auf eine Staatszielbestimmung und sehe kein Grundrecht auf Umweltschutz vor, um eine weitgehende Verrechtlichung und eine Verlagerung der politischen Verantwortung auf die Gerichte zu vermeiden.

3. Die Fraktion DIE GRÜNEN schlägt darüber hinaus vor, neben der Aufnahme einer Staatszielbestimmung im Grundgesetz ein Grundrecht auf Umweltschutz in einem neuen Absatz 3 des Artikels 2GG einzuführen. Sie ist der Auffassung, daß eine Staatszielbestimrnung nicht genüge, um die katastrophale Entwicklung bei der Umweltsschädigung aufzuhalten und rückgängig zu machen. Eine Staatszielbestimrnung habe einen zu wenig verbindlichen Rechtscharakter, als daß sie allein eine ausreichende verfassungsrechtliche Garantie für die Erhaltung einer gesunden Umwelt geben könne. Einen wirksamen Schutz für den Bürger gegen eine Schädigung seiner Umwelt und seiner natürlichen Lebensgrundlagen könne nur ein Grundrecht gewährleisten, das ihm eigene durchsetzbare verfassungsrechtliche Ansprüche gebe.

Sowohl die Regierungsfraktionen als auch die Fraktion der SPD wenden sich gegen ein Grundrecht des einzelnen auf Umweltschutz. Ein solches neues Grundrecht würde sich nach ihrer Auffassung in seiner Reichweite kaum abgrenzen lassen, es würde sich mit dem bereits bestehenden Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtbeit in Artikel2 Abs. 2GG überschneiden.

Es wäre in seinen Rechtsfolgennicht mehr überschauber und würde zu einer weitgehenden Verrechtlichung der Aufgabe des Umweltschutzes und zu einer untragbaren Einschränkung politischer Entscheidungen, bei denen das Ziel des Umweltschutzes mit anderen Interessen des Staates und der Allgemeinheit abgewogen werden müßte, führen;


C. Weiterer Fortgang des Gesetzes


Dieser Vorschlag fand nicht die notwendige Zustimmung. Deshalb wurde er nie Bestandteil des Grundgesetzes.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 10.05.2007, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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