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AGG
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz
§ 3 Begriffsbestimmungen (Regelung seit 18.08.2006)
(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.
Zum Gesetzesentwurf
!!IN ENTSTEHUNG!!

(Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Auszug aus Entwurf BT-Drucksache 16/1780:


Entwurf der Bundesregierung

1. Vorschlag:


§ 3 Begriffsbestimmungen

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Fall einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.



2. Begründung:


Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)

Die Vorschrift setzt Artikel 2 Abs. 2 bis 4 der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 76/207/EWG und Artikel 2 Buchstabe a bis d der Richtlinie 2004/113/EG um. Die Begriffsbestimmungen sind weitgehend wörtlich aus den Richtlinien übernommen. Nur vereinzelt sind zur Klarstellung Ergänzungen erfolgt.

Zu Absatz 1

Absatz 1 Satz 1 definiert die unmittelbare Benachteiligung. Sie liegt vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dies bezieht sich gleichermaßen auf alle in § 1 genannten Gründe einer unterschiedlichen Behandlung. Eine Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen. Der Nachteil besteht in einer Zurücksetzung. Die Zurücksetzung muss wegen eines der in § 1 erwähnten Merkmale erfolgt sein. Die benachteiligende Maßnahme muss also durch eines (oder mehrere) dieser Merkmale motiviert sein bzw. der Benachteiligende muss bei seiner Handlung hieran anknüpfen.

Die unmittelbare Benachteiligung muss entweder noch andauern bzw. bereits abgeschlossen sein; oder aber es muss eine hinreichend konkrete Gefahr bestehen, dass eine solche Benachteiligung eintritt („erfährt, erfahren hat oder erfahren würde“). Eine nur abstrakte Gefahr löst noch keine Ansprüche aus. Es bedarf einer Wiederholungsgefahr – bei bereits erfolgter Benachteiligung – oder einer ernsthaften Erstbegehungsgefahr (siehe Palandt-Bassenge, BGB-Kommentar, 65. Auflage 2006, § 1004 Rn. 32).

Satz 2 berücksichtigt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH Rs. C-177/88 vom 8. November 1990 – Dekker) und stellt für den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 geregelten Anwendungsbereich (Beschäftigung und Beruf) klar, dass eine unmittelbare Benachteiligung auch vorliegt, wenn die Unterscheidung wegen eines Merkmals erfolgt, das mit einem in § 1 genannten Grund in untrennbarem Zusammenhang steht. Der Europäische Gerichtshof hat in der Rechtssache Dekker klargestellt, dass dies für die Situation von Schwangerschaft und Mutterschaft einer Frau gilt. Damit setzt die Vorschrift Artikel 2 Abs. 7 der Richtlinie 76/207/EWG um.

Zu Absatz 2

Absatz 2 definiert die mittelbare Benachteiligung. Sie liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Maßnahmen, Kriterien oder Verfahren Personen oder Personengruppen, bei denen eines der in § 1 genannten Merkmale vorliegt, in besonderer Weise gegenüber anderen Personen oder Personengruppen benachteiligen, bei denen die in § 1 genannten Merkmale nicht vorliegen (Bildung von Vergleichsgruppen). Dieser sehr weite Anwendungsbereich bedarf einer Einschränkung, für die der Anspruchsteller darlegungs- und beweispflichtig ist: Eine mittelbare Benachteiligung liegt nicht vor, wenn ein sachlicher Grund die Ungleichbehandlung rechtfertigt und die eingesetzten Mittel erforderlich und angemessen sind.

Bereits bei der Feststellung, ob tatbestandlich eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, ist das Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe zu prüfen. Auf die weiteren speziellen Rechtfertigungsgründe, die das Gesetz in den §§ 5, 8 bis 10 sowie § 20 vorsieht, kommt es dann regelmäßig nicht mehr an. Wie bei der unmittelbaren Benachteiligung genügt eine abstrakte Gefährdungslage nicht: Der Benachteiligte muss von der mittelbaren Benachteiligung konkret betroffen sein bzw. es muss eine hinreichend konkrete Gefahr bestehen, dass ihm im Vergleich zu Angehörigen anderer Personengruppen ein besonderer Nachteil droht.

Zu Absatz 3

Die Vorschrift definiert den Begriff der Belästigung, die eine Benachteiligung darstellt. Wesentlich ist die Verletzung der Würde der Person durch unerwünschte Verhaltensweisen; insbesondere durch das Schaffen eines von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen und Beleidigungen gekennzeichneten Umfeldes. Die unerwünschte Verhaltensweise muss geeignet sein, die Würde der betreffenden Person zu verletzen. Damit scheiden geringfügige Eingriffe aus. Das Verhalten muss aber andererseits auch nicht die Qualität einer Verletzung der Menschenwürde im Sinne des Artikels 1 GG erreichen. Ist eine Verletzung der Würde vom Handelnden bezweckt, kommt es nicht darauf an, ob diese Verletzung tatsächlich eintritt. Eine Belästigung ist aber auch dann gegeben, wenn ein Verhalten die Würde des Betroffenen verletzt, ohne dass dies vorsätzlich geschieht. Auch bei einmalig bleibenden Handlungen bleibt der Betroffene nicht schutzlos.

Die Unerwünschtheit der Verhaltensweise muss nicht bereits vorher ausdrücklich gegenüber den Belästigenden zum Ausdruck gebracht worden sein. Vielmehr ist es ausreichend, dass die Handelnden aus der Sicht eines objektiven Beobachters davon ausgehen können, dass ihr Verhalten unter den gegebenen Umständen von den Betroffenen nicht erwünscht ist oder auch nicht akzeptiert wird. Belästigendes Verhalten kann sowohl verbaler als auch nonverbaler Art sein. Hierunter können z. B. Verleumdungen, Beleidigungen und abwertende Äußerungen, Anfeindungen, Drohungen und körperliche Übergriffe fallen, die im Zusammenhang mit einem der in § 1 genannten Gründe stehen.

Im Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots (§§ 19 ff.) wird es eines Rückgriffs auf Absatz 3 selten bedürfen: Wer im Rahmen eines Vertrags eine Person wegen der in § 1 genannten Merkmale belästigt, lässt die nach § 241 Abs. 2 BGB gebotene Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei außer Acht und verletzt damit seine vertraglichen Pflichten. Dies gilt nach § 311 Abs. 2 BGB auch bereits in der vorvertraglichen Phase, also bei der Aufnahme von Vertragsverhandlungen, der Anbahnung eines Vertrags oder bei ähnlichen geschäftlichen Kontakten.

Daneben können Handlungen, die das Persönlichkeitsrecht, die Gesundheit oder die sexuelle Selbstbestimmung verletzen, Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche auslösen. In Betracht kommen insbesondere § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB. Auch können entsprechende Handlungen strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Zu Absatz 4

Die Definition der eine Benachteiligung darstellenden sexuellen Belästigung baut auf der Struktur der Belästigungsdefinition in Absatz 3 auf. Gegenüber der Formulierung in § 2 Abs. 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes ist an die Stelle der Beschreibung als eines „vorsätzlichen“ und „erkennbar abgelehnten“ Verhaltens entsprechend der Änderung in Artikel 2 Abs. 2 der Richtlinie 76/207/EWG die Formulierung „unerwünscht“ getreten. Das unerwünschte Verhalten muss zusätzlich sexuell bestimmt sein. Die beispielhafte Aufzählung möglicher sexuell bestimmter Verhaltensweisen erfasst typische Fälle und entspricht weitgehend den in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes aufgezählten unerwünschten Verhaltensweisen wie sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmten körperlichen Berührungen. Darüber hinaus zählen wie bisher erst recht sexuelle Handlungen und Verhaltensweisen, die nach strafgesetzlichen Vorschriften unter Strafe gestellt sind, zu den erfassten Verhaltensweisen.

Zu Absatz 5

Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 2 Abs. 4 der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 76/207/EWG sowie von Artikel 4 Abs. 4 der Richtlinie 2004/113/EG, wonach auch eine Anweisung zu einer Benachteiligung eine Benachteiligung darstellt. Die Weisung muss vorsätzlich erfolgen. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass der Anweisende sich der Verbotswidrigkeit der Handlung bewusst ist, denn das gesetzliche Benachteiligungsverbot erfasst alle Benachteiligungen, ohne dass ein Verschulden erforderlich ist. Für das Vorliegen einer Anweisung kommt es nicht darauf an, ob die angewiesene Person die Benachteiligung tatsächlich ausführt. Im Bereich des allgemeinen Zivilrechts sind die in Absatz 5 geregelten Sachverhalte regelmäßig über die zivilrechtlichen Zurechnungsnormen zu erfassen (§§ 31, 278, 831 BGB).


B. Stellungnahme des Bundesrates - BT-Drucksache 16/1852


Zu § 3 erfolgte keine Stellungnahme.


C. Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)- BT-Drucksache 16/2022


Der 6. Ausschuss beschloß den § 3 nicht zu ändern.


D. Fortgang


Der Bundestag verhandelte hierzu am 29.06.2006. Es gab eine würzige Abschlußdiskussion (Protokoll vom 29.06.2006). Letztlich wure das Gesetz so wie vom Rechtsausschuß vorgechlagen, beschlossen.

Der Bundesrat hat am 07.07.2006 beschlossen, keinen Einspruch einzulegen.

Der Bundespräsident unterschrieb sodann (erst) am 14.08.2006, weil noch einige redaktionelle Änderungen durchgeführt wurden.

Folglich erging das Gesetz und auch dieser § inhaltlich so, wie vom Bundestag am 29.06.2006 beschlossen.
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 21.08.2006, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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