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GG
Grundgesetz
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art. 16 (Regelung seit 02.12.2000)
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden. Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.

(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden. Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Gesetz zur Änderung des Artikels 16 des Grundgesetzes vom 29.11.2000
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Entwurf der Bundesregierung, 27.12.1999, Drucksache 715/99:


1. Vorschlag


Artikel 1

Änderung des Grundgesetzes

Dem Artikel 16 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch das Gesetz vom .,. geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

"Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden."

Artikel 2

Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.



2. Begründung zur Änderung des GG:


A. Allgemeiner Teil

1. Artikel 16 Abs. 2 GG verbietet die Auslieferung von Deutschen an das Ausland ausnahmslos; damit ist auch eine Auslieferung an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union unzulässig.

Eine Überstellung Deutscher an einen internationalen Gerichtshof fällt ebenfalls unter das Verbot des Artikels 16 Abs. 2 GG. Denn dieses Verbot verpflichtet alle staatlichen Stellen, sich jeder Mitwirkung zu enthalten, wenn Deutsche aus dem Bereich deutscher Hoheitsgewalt zwangsweise entfernt und in den Bereich einer nichtdeutschen Hoheitsgewalt übergeführt werden (vgl. BVerfGE 10, 136, 139).

2. Mit Resolution 827 (1993) hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 25. Mai 1993 beschlossen, einen internationalen Gerichtshof zur strafrechtlichen Verfolgung von Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien zu schaffen. Zugleich hat er das Statut des "Internationalen Gerichtshofes zur Verfolgung von Personen, die für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, welche seit 1991 im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien begangen wurden" verabschiedet, nach dessen Maßgabe der Gerichtshof seine Aufgaben wahrnimmt.

Gemäß Artikel 9 Abs, 2 des Statuts hat der Gerichtshof im Bereich seiner Zuständigkeit

Vorrang vor der Strafverfolgung durch nationale Gerichte. Nach Artikel 29 Abs. 2 des Statuts kommen die Staaten allen Rechtshilfeersuchen und allen von den Strafkammern erlassenen Anordnungen unverzüglich nach; diese umfassen u.a. (Artikel 29 Abs. 2 Buchst, e) des Statuts) die Übergabe oder Überstellung des Angeklagten an den Gerichtshof.

Die Staaten sind verpflichtet, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien - so die vom Gericht benutzte Bezeichnung - auf sein Ersuchen auch eigene Staatsangehörige zu überstellen (so auch Regel 58 der am 11. Februar 1994 vom Gerichtshof angenommenen Verfahrens- und Beweisordnung).
Es ist - angesichts des Auftretens einzelner deutscher Söldner sowie von Doppelstaatsangehörigen.

Im ehemaligen Jugoslawien - nicht auszuschließen, dass der Internationale Strafgerichtshof auch Taten Deutscher verfolgen und die Bundesrepublik Deutschland um deren Uberstellung ersuchen wird. Hierzu wäre die Bundesrepublik Deutschland ebenso verpflichtet wie zur Durchsetzung eines vom Internationalen Strafgerichtshof verlangten persönlichen Erscheinens deutscher Zeugen.

Der Errichtung des Internationalen Strafgerlchtshofs für das ehemalige Jugoslawien hat der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit Resolution 955 (1994) vom 8. November 1994 die Errichtung eines weiteren internationalen Strafgerichtshofs - zuständig für Völkermord und andere schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, begangen 1994 auf dem Territorium von Ruanda - folgen lassen.

Auch gegenüber diesem Strafgerichtshof, wie möglicherweise gegenüber noch folgenden, nach Kapitel VII der VN-Charta errichteten Gerichtshöfen, trifft Deutschland die völkerrechtliche Pflicht zur Zusammenarbeit einschließlich der Überstellung eigener Staatsangehöriger.

Die Notwendigkeit, vor der Überstellung Deutscher an einen der beiden Internationalen Strafgerichtshöfe Artikel 16 Abs. 2 GG zu ändern, haben im Gesetzgebungsverfahren zu dem Jugoslawien- und zu dem Ruanda-Strafgerichtshof- Gesetz Bundesregierung (s. BT-Drucksache 13/57, S. 8; BT-Drucksache 13/7953, S, 8, 10), Bundesrat (s. BR-Drucksache 143/95 (Beschluss); BR-Drucksache 74/97 (Beschluss)) und Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages (s. BT-Drucksache 13/716, S. 5; BT-Drucksache 13/9734, S. 4) hervorgehoben. Am 17. Juli 1998 wurde durch die Diplomatische Bevoilmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs verabschiedet. Das Statut, das von Deutschland am 10. Dezember 1998 gezeichnet worden ist, sieht die Pflicht der Vertragsstaaten vor, ggf. auch eigene Staatsangehörige dem Gerichtshof zu überstellen.

Würde die Öffnung des Artikels 16 Abs. 2 GG sich auf die (bestehenden und zukünftigen) Gerichtshöfe der Vereinten Nationen beschränken - denen auch Deutsche zu überstellen die Bundesrepublik Deutschland bereits verpflichtet ist -, bliebe die Überstellung Deutscher an den neuen Internationalen Strafgerichtshof unzulässig, da dieser nicht als Einrichtung der Vereinten Nationen, sondern vielmehr als Gerichtshof auf der Grundlage einer völkerrechtlichen Vereinbarung der Vertragsstaaten errichtet wird. Eine Ratifizierung des Statuts, an dessen Zustandekommen die Bundesrepublik Deutschland maßgeblich beteiligt war, erfordert deshalb eine weitergehende Öffnung des Artikels 16 Abs. 2 GG. Sie wird durch die Anfügung eines neuen Satzes 2 vorgenommen, der Auslieferungen an einen internationalen Gerichtshof - nicht notwendig der Vereinten Nationen - ermöglicht,

4. Darüber hinaus wird das verfassungsrechtliche Auslieferungsverbot auch im Hinblick auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgehoben. Damit wird der Impuls, der von der Sondertagung des Europäischen Rates in Tampere am 15. und 16. Oktober 1999 über die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union ausgegangen ist, zügig aufgenommen. Die Verfassungsänderung ist insofern ein wichtiger und konkreter Schritt zur Verwirklichung des in Tampere formulierten Ziels, die Rechtsgemeinschaft in Europa weiter auszubauen.

5. Unmittelbar durch die Änderung des Artikels 16 Abs. 2 GG, entstehen keine Kosten
für die öffentlichen Haushalte. Den Kosten einer Auslieferung auf Grund des einfachen Gesetzes dürften Einsparungen durch den Verzicht eines Verfahrens vor der deutschen Justiz gegenüberstehen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1

1. Der Gesetzentwurf lässt den bisher, einzigen Satz des Artikels 16 Abs. 2 GG- "Kein Deutscher darf an dg$..Ausland ausgeliefert werden." - unangetastet und macht damit deutlich, dass auch nach der Verfassungsänderung an dem Verbot
der Auslieferung Deutscher grundsätzlich festgehalten wird. Ein neuer Satz 2 sieht künftig Ausnahmen von dem Auslieferungsverbot vor, Satz 2 enthält zum einen die verfassungsrechtliche Grundlage für eine Auslieferung Deutscher an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union. Er trägt damit sowohl dem rechtsstaatlichen Standard in den Staaten der EU als auch der bereits erreichten wie der noch angestrebten europäischen Integration Rechnung. Nach Artikel 7 Abs. 1 des ÜbereinRommens vom 27. September 1996 über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union darf eine Auslieferung nicht mit der Begründung abgelehnt werden, däss die Person, um deren Auslieferung ersucht wird, Staatsangehöriger des ersuchten Mitgliedstaats ist. u.a, im Hinblick auf die gegenwärtige deutsche Verfassungsrechtslage sieht zwar Artikel 7 Abs. 2 dieses Übereinkommens vor, dass jeder Mitgliedstaat im Rahmen der Notifizierung erklären kann, dass er die Auslieferung eigener Staatsangehöriger nicht bewilligt oder nur unter bestimmten Bedingungen zulässt. Gleichwohl wird deutlich, dass auf der Ebene der Europäischen Union eine Auslieferung auch eigener Staatsangehöriger als der Normalfall angesehen wird.

Für die Auslieferung bedarf es nach dem neuen Satz 2 eines Bundesgesetzes. Aus dem Gesetz muss sich ergeben, dass und unter welchen Bedingungen Deutsche an einen EU-Mitgliedstaat ausgeliefert werden dürfen. Durch dieses Gesetz würde Artikel 1 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 27. September 1996 über die Auslieferung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (BGBl. 1998 II S. 2253) verdrängt, nach dem die Zustimmung zu dem Übereinkommen mit der Maßgabe erfolgt, dass die Auslieferung Deutscher ausgeschlossen wird. Möglich wäre es dabei, gesetzlich zu bestimmen, dass die Auslieferung nur zum Zwecke der Strafverfolgung zulässig ist und eine etwa verhängte Freiheitsstrafe fh Deutschland zu vollstrecken wäre. Für eine Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung besteht insofern kein Bedürfnis, als geltende Übereinkommen bereits jetzt die Vollstreckung ausländischer Verurteilungen gegen Deutsche im Inland ermöglichen.

Satz 2 enthält zum anderen die zur Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur Überstellung Deutscheren einen internationalen Gerichtshof notwendige Ausnahme vom Verbot des Artikels 16 Abs. 2 Satz 1 GG.

Auch die Überstellung Deutscher an einen solchen internationalen Gerichtshof kann nur auf Grund eines Gesetzes erfolgen. Der Gesetzgeber ist dabei schon wegen seiner Schutzpflicht den eigenen Staatsbürgern gegenüber gehalten, die Möglichkeit einer Auslieferung nur vorzusehen, wenn die Sicherung rechtsstaatlicher Gebote und insbesondere ein im wesentlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährleistet sind. Dieser Pflicht entspricht es, dass die Entscheidung zugunsten der Möglichkeit, Deutsche zu überstellen/konkret für jeden einzelnen internationalen Gerichtshof getroffen wird.

Die Verfassungsänderung ermöglicht die Überstellung Deutscher an die bestehenden internationalen Gerichtshöfe der Vereinten Nationen. So sind der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien und der Internationale Strafgerichtshof für Ruanda durch Beschiuss des Sicherheitsrates nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen errichtet worden. Das Jugoslawien- Strafgerichtshof-Gesetz vom 10. April 1995 (BGBl. I S. 485) und das Ruanda- Strafgerichtshof-Gesetz vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 843) enthalten bereits eine allgemeine Regelung zur Überstellung von Personen an den jeweiligen Gerichtshof. Deutsche sind nicht ausdrücklich ausgenommen. Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Artikels 16 Abs. 2 GG ist diese Regelung bisher allerdings einschränkend so auszulegen, dass Deutsche nicht an den Gerichtshof überstellt werden dürfen. Sobald die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgeschlagene Verfassungsänderung wirksam geworden ist, entfällt jedoch der Grund für diese einschränkende Auslegung; die Übersteilung Deutscher wird zulässig.

Die Verfassungsänderung beschränkt die Öffnung des Artikels 16 Abs. 2 Satz 2 GG aber nicht auf Gerichtshöfe der Vereinten Nationen, sondern erstreckt sie auf alle internationalen Gerichtshöfe. Nach Sinn und Zweck der Regelung kommt allerdings nur ein internationaler Gerichtshof in Betracht, der durch oder auf Grund eines völkerrechtlichen Vertrages errichtet worden ist, der auch für die Bundesrepublik Deutschland bindend ist oder werden soll. Insbesondere soll damit die Beteiligung Deutschlands an dem (Ständigen) Internationalen Strafgerichtshof ermöglicht
werden. Artikel 89 Abs. 1 des Römischen Statuts dieses Strafgerichtshofs. vom 17. Juli 1998.sieht die aligemeine. Verpflichtung der Staaten vor, im Rahmen der sachlichen, gegenüber den nationalen Strafgerichten nachrangigen Zuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofs jemanden auf einen Haftbefehl des Strafgerichtshofs hin zu verhaften und zu überstellen; ein Verweigerungsgrund für den Fall, dass eigene Staatsangehörige betroffen sind, ist nicht vorgesehen.

Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten. Die Verfassungsänderung soll im Hinblick darauf, dass die internationalen Sträfgerichtshöfe der Vereintenjslatiqnen ihre Tätigkeit,schon aufgenommen haben, bereits am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft treten.


B. Stellungnahme des Bundesrates - am 04.02.2000, Drucksache 715/99 (Beschluss)


Der Bundesrat hat in seiner 747. Sitzung am 4. Februar 2000 beschlossen, gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.


C. Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss)-


Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzentwurf – Drucksache 14/2668 – mit folgender Maßgabe, im Übrigen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 (Änderung des Grundgesetzes) wird wie folgt geändert:

Am Ende werden nach dem Wort „werden“ der Punkt durch ein Komma ersetzt und folgender Satzteil angefügt: „soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.“


D. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 16) wurde im Bundesgesetzblatt Teil I 2000 Nr.52 01.12.2000 S.1633. veröffentlicht
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 28.03.2007, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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