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InsO (Stand 31.12.2012)
Insolvenzordnung
§ 129 Grundsatz (Regelung seit 01.01.1999)
(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.
Kommentar zur Grundfassung (1994)
(Etwaige Ergänzungen zum Originaltext sind blau!)


A. Gesetzentwurf der Bundesregierung, Drucksache 1/92, 03.01.1992:


1. Vorschlag


§129

Beschlußveriahren zum Kündigungsschutz

(1) Hat der Betrieb keinen Betriebsrat oder kommt aus anderen Gründen ein Interessenausgleich nach § 128 nicht zustande, so kann der Insolvenzverwalter beim Arbeitsgericht beantragen festzustellen, daß die Kündigung der Arbeitsverhältnisse bestimmter, im Antrag bezeichneter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und sozial gerechtfertigt ist. Die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren gelten entsprechend; Beteiligte sind der Insolvenzverwalter, der Betriebsrat und diejenigen der bezeichneten Arbeitnehmer, die nicht die Kündigung als berechtigt anerkennen. Der Antrag ist nach Maßgabe des § 61 a Abs. 3 bis 6 des Arbeitsgerichtsgesetzes vorrangig zu erledigen.

(2) Gegen den Beschluß des Gerichts findet die Beschwerde an das Landesarbeitsgericht nicht statt. Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht findet statt, wenn sie in dem Beschluß des Arbeitsgerichts zugelassen wird; § 72 Abs. 2 und 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes gilt entsprechend. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung des Arbeitsgerichts beim Bundesarbeitsgericht einzulegen und zu begründen.

(3) Für die Kosten, die den Beteiligten im Verfahren des ersten Rechtszugs entstehen, gilt § 12 a Abs. 1 Satz 1 und 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entsprechend. Im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Erstattung der Kosten des Rechtsstreits entsprechend.


2. Begründung zur Einführung des § 129 InsO:


Die Vorschrift ergänzt die Regelung des § 128 des Entwurfs. Ist eine umfassende Klärung der Rechtmäßigkeit von Kündigungen durch einen Interessenausgleich nicht möglich - sei es, weil kein Betriebsrat vorhanden ist, sei es, weil keine Einigung zwischen Betriebsrat und Insolvenzverwalter erzielt wird -, so kann der Verwalter die soziale Rechtfertigung der geplanten Entlassungen in einem besonderen Beschlußverfahren vor dem Arbeitsgericht feststeilen lassen.

Für das Verfahren gelten im Grundsatz die Regelungen des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlußverfahren, z.B. §82 Arbeitsgerichtsgesetz über die örtliche Zuständigkeit. Diese Regelungen werden ergänzt und abgeändert durch einzelne Vorschriften, die der besonderen Eilbedürftigkeit des neuen Verfahrens Rechnung tragen. Nach Absatz 1 Satz 3 ist das Verfahren vom Gericht mit Vorrang vor anderen Verfahren zu behandeln und auch von den Beteiligten zügig voranzutreiben. Von den im Antrag bezeichneten Arbeitnehmern sind diejenigen nicht am Verfahren beteiligt, die - vor oder während des Verfahrens - die Kündigung als berechtigt anerkennen (Absatz 1 Satz 2). Einziges Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht, die nur bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder bei Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung zugelassen werden darf. Das Rechtsmittel ist binnen eines Monats nicht nur einzulegen, sondern auch zu begründen (Absatz 2).

Gerichtskosten sollen für das Verfahren nicht erhoben werden (vgl. § 12 Abs. 5 Arbeitsgerichtsgesetz).

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten ist in Absatz 3 nicht für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Arbeitsgericht, wohl aber für das Verfahren über die Rechtsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht vorgesehen. Dadurch wird insbesondere gewährleistet, daß ein Arbeitnehmer, der im Rechtsbeschwerdeverfahren obsiegt, die Kosten seines Prozeßvertreters ersetzt bekommt, ebenso wie dies in dem Fall geschieht, daß der Arbeitnehmer in einem Kündigungsschutzprozeß erfolgreich Revision einlegt. Für die Berechnung der Gebühren des Prozeßvertreters wird § 12 Abs. 7 des Arbeitsgerichtsgesetzes, der den Streitwert von Kündigungsschutzprozessen auf den Vierteljahresbetrag des Arbeitsentgelts beschränkt, entsprechend anzuwenden sein.


B. Empfehlungen der Ausschüsse Bundesrat-Drucksache 1/1/92, 04.02.1992


Der federführende Rechtsausschuß (R),
der Ausschuß für Arbeit und Sozialpolitik (AS),
der Finanzausschuß (Fz) und
der Wirtschaftsausschuß (Wi)
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:


1. Vorschlag - 28. Zu §§ 128 bis 131


Die 128 bis 131 sind zu streichen.

Begründung - 28. Zu §§ 128 bis 131


Diese Vorschriften heben den Kündigungsschutz der Arbeitnehmer im Insolvenzfall praktisch vollständig auf. Die Interessen der Arbeitnehmer am Erhalt des Arbeitsplatzers werden zugunsten der Interessen der sonstigen Insolvenzgläubiger geopfert. Von einer gleichmäßigen Verteilung der Belastungen im Insolvenzfall zwischen den reinen Kapitalgläubigern und den Arbeitnehmern kann nicht mehr gesprochen werden.

Es kann dem Betriebsrat nicht zugemutet werden, Einzelarbeitnehmer auszusondern, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Darüber hinaus ist es auch verfassungsrechtlich bedenklich, Betriebsrat- und Insolvenzverwalter die Kompetenz zu geben, die Individualinteressen der Arbeitnehmer zu schmälern Betriebsrat und Insolvenzverwalter wurden faktisch Verträge zu Lasten Dritter, (der einzelnen Arbeitnehmer), abschließen.

Der zivilrechtliche Rechtsschutz des einzelnen Arbeitnehmers würde durch das vorgesehene System der Kündigung im Insolvenzfall aufgelöst.

Ein Nachweis betriebsbedingter Gründe durch den Arbeitgeber bzw. den Insolvenzverwalter ist bei der Stillegung eines Betriebes oder bei wesentlichen Betriebseinschränkungen, wie die Praxis zeigt, problemlos. Auch nach bisherigem Recht sind diese Handlunhgen des Insolvenzverwalters unternehmersiche Entscheidungen und unterligen daher nicht der Kontrolle der Gerichte.

Warum die Sozialauswahl der Arbeitnehmer nur beschränkt überprüft werden darf, ist nicht ersichtlich. AUch in diesem Punkt besteht eine nicht gerechtfertigte Benachteilung der Arbeitnehmerinteressen.

Die entsprechende Bedenken gelten für den § 129 und in Verbindung mit § 130 InsO. Insbesondere kann es nicht Aufgabe der Arbeitsgerichte sein, vorweg Rechtsgutachten zu Individual-Prozessen abzugeben. Darauf liefe der Antrag an ein Arbeitsgericht auf Feststellung der Betriebsbedingtheit bestimmter Kündigungen jedoch hinaus. Das System des arbeitsrechtlichen Rechtsschutzes kann nicht für einen Soezialfall umgedreht werden. Das Risiko der falschen Auswahl von Arbeitsverhältnissen, die zur Kündigung anstehen, kann dem Insolvenzverwalter nicht erlassen werden.

Insobesondere könnten die Anträge auch nicht im Beschlußverfahren abgewickelt werden. Dies wäre rechtssystematisch paradox, da Individualverfahren dem Beschlußverfahren nicht unterliegen (vgl. §2a Arbeitsgerichtsgesetz).

Die vorgesehene Regelung ist darüber hinaus auch kontraproduktiv zur Intention des Gesetzentwurfes. Bereits bei einem Individualarbeitsrechgtsstreit in dem der Beibringungsgrundsatz (Urteilsverfahren) gilt, ist unter Umständen eine Verfahrensverzögerung dankbar, z.B. durch eine Beweiserhebung. Dies gilt umsomehr im Beschlußverfahren, in dm der Beibringungsgrundsatz nicht gilt. Hier waren die Arbeitsgerichte gehalten, von sich aus alle notwendiger Umstände zu ermitteln. Mit einer erheblichen Verzögerung wäre zu rechnen, da diese Umstände für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen gleichzeitig ermittelt werden müßten. Die Regelung erschein bereits aus diesem Grund vollständig verfehlt.

Nicht akzeptabel ist weiterhin, daß faktisch ein Rechtsmittel gegen den Beschluß des Arbeitsgerichtes ausgeschlossen ist (§ 12x?Paragraph nicht wiedergebbar wegen nicht erkennbarendem Text Abs. 2). Eine sachliche Rechtfertigung für eine Reduzierung des Rechtsschutzes auf einen Rechtszug und damit eine Verweigerung der Berufsmöglichkeiten ist auch unter Berücksichtigung von Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz bedenklich. Allein das Beschleunigungsinteresse zugunsten von Kapitalgläubigern kann diese Einschränkung nicht rechtfertigen.


C. Weiterer Fortgang des Verfahrens


Folglich erging das Gesetz ohne weitere Änderungen zu diesem Paragraphen.


Detailierter Gang der Gesetzgebung

Bundesrat - Gesetzentwurf Bundesregierung 03.01.1992 Drucksache 1/92
Zuweisung: RechtsA (fdf), AfArbSoz, FinanzA, WirtschA

Bundesrat - Empfehlungen RechtsA (federführend); AfArbSoz; FinanzA; WirtschA 04.02.1992 Drucksache 1/1/92

Bundesrat - Antrag BAY 12.02.1992 Drucksache 1/2/92

Bundesrat - Antrag NW 13.02.1992 Drucksache 1/3/92

1. Durchgang

Bundesrat - Plenarprotokoll 639 14.02.1992 S. 50A-51A, 81C-84C/Anl

Beschluß: S. 51A - Stellungnahme: u.a. Änderungsvorschläge

Bundesrat - Stellungnahme Bundesrat 14.02.1992 Drucksache 1/92 (Beschluß)

Bundestag - Gesetzentwurf Bundesregierung 15.04.1992 Drucksache 12/2443
Anlage: Stellungnahme Bundesrat und Gegenäußerung Bundesregierung

1. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 12/94 03.06.1992 S. 7769D-7777D
Beschluß: S. 7777D - Überweisung: RechtsA (federführend), FinanzA, WirtschA, AfArbSoz

Bundestag - Beschlußempfehlung und Bericht RechtsA 19.04.1994 Drucksache 12/7302

Bundestag - Berichtigung RechtsA 21.09.1994 Drucksache 12/8506

Bundestag - Änderungsantrag SPD 20.04.1994 Drucksache 12/7329

2. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 12/222 21.04.1994 S. 19114A-19132B

Beschluß: S. 19132B - Annahme Drucksache 12/2443 idF Drucksache 12/7302; Ablehnung Drucksache 12/7329

3. Beratung

Bundestag - Plenarprotokoll 12/222 21.04.1994 S. 19132B

Beschluß: S. 19132B - Annahme Drucksache 12/2443 idF Drucksache 12/7302

Bundesrat - Gesetzesbeschluß Deutscher Bundestag 29.04.1994 Drucksache 336/94
Zuweisung: RechtsA (fdf), AfArbSoz, FinanzA

Bundesrat - Empfehlungen RechtsA (federführend); AfArbSoz; FinanzA 10.05.1994 Drucksache 336/1/94

2. Durchgang

Bundesrat - Plenarprotokoll 669 20.05.1994 S. 206B-207A, 250A-253B/Anl

Beschluß: S. 206D - Anrufung des Vermittlungsausschusses

Bundesrat - Anrufung des Vermittlungsausschusses Bundesrat 20.05.1994 Drucksache 336/94 (Beschluß)

Bundestag - Unterrichtung Bundesrat 24.05.1994 Drucksache 12/7666

Bundestag - Unterrichtung Bundesrat 24.06.1994 Drucksache 12/8120

Bundesrat - Einigungsvorschlag VermA 24.06.1994 Drucksache 643/94

Bundesrat - Antrag NW 07.07.1994 Drucksache 643/1/94

Bundesrat - Antrag NW 07.07.1994 Drucksache 643/2/94

Vermittlungsverfahren

Bundesrat - Plenarprotokoll 672 08.07.1994 S. 371D-373A, 417A-418A/Anl

Beschluß: S. 372D - kein Einspruch; Entschließung

Bundesrat - Beschluß Bundesrat 08.07.1994 Drucksache 643/94 (Beschluß)

Bundesregierung - Gesetz vom 05.10.1994 - Bundesgesetzblatt Teil I 1994 Nr.70 18.10.1994 S.2866

Inkrafttreten:
01.01.1999
19.10.1994 § 2 Abs. 2, § 7 Abs. 3, § 305 Abs. 1 Nr. 1, § 65
In dieser Kommentarsreihe werden insbesondere folgende Abkürzungen und Quellen verwendet:
a.A. = Anderer Ansicht
AG = Arbeitgeber (evtl. auch einmal "Aktiengesellschaft")
AGBs, AGB´s = Allgemeine Geschäftsbedingungen
AG = Amtsgericht
ArbG = Arbeitsgericht (gelegentlich auch für Arbeitgeber!)
ArbGG = Arbeitsgerichtsgesetz
AT = Austria, Österreich
BAG = Bundesarbeitsgericht (BRD)
BGB = Bürgerliches Gesetzbuch (BRD)
BGH = Bundesgerichtshof (BRD)
BRD = Bundesrepublik Deutschland
BVerwG = Bundesverwaltungsgericht
CH = Schweiz
Dornb./W.- ... Dornbusch/Wolff-(Bearbeiter), KSchG, arbeitsrechtliche Kurzkommentare, Luchterhand-Verlag
EuGH = Europäischer Gerichtshof
EU = Europäische Union
h.M. = Herrschende Meinung
KSchG = Kündigungsschutzgesetz
LAG = Landesarbeitsgericht
OGH = Oberster Gerichtshof (Österreich)
OLG = Oberlandesgericht (BRD)
OVG = Oberverwaltungsgericht (BRD)
Pal.- ... = Palandt-(Bearbeitername), Kurzkommentar zum BGB, C.H. Beck-Verlag
PM = Pressemitteilung
m.M. = Mindermeinung
Staudinger-... = Staudinger-(Bearbeiter, Kommentar zum BGB
str. = strittig, streitig
u.a. = unter anderem
u.U. = Unter Umständen
ZPO = Zivilprozeßordnung
Urteile nach 23.04.2007, also nach Abschluss dieser Kommentierung
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