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Pressemitteilung
C-558/14;
Verkündet am: 
 21.04.2016
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-558/14
Leitsatz des Gerichts:
Diese Prognose darf auf die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden in den letzten sechs Monaten vor dem Tag der Antragstellung gestützt werden
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Die Familienzusammenführungsrichtlinie1 soll die Zusammenführung von Familienangehörigen fördern, die keine EU-Bürger sind. Nach der Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten u. a. dem Ehegatten des Zusammenführenden die Einreise und den Aufenthalt gestatten, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind (So muss der Zusammenführende nachweisen, dass er über Wohnraum, über eine Krankenversicherung und über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen). Die Mitgliedstaaten dürfen einen Antrag auf Familienzusammenführung ablehnen oder gegebenenfalls den Aufenthaltstitel eines Familienangehörigen entziehen oder seine Verlängerung verweigern, wenn die in der Richtlinie festgelegten Bedingungen nicht oder nicht mehr erfüllt sind.

Nach spanischem Recht darf eine Aufenthaltserlaubnis zur Familienzusammenführung nicht erteilt werden, wenn zweifelsfrei festgestellt wird, dass keine Aussicht auf eine Beibehaltung der finanziellen Mittel des Zusammenführenden im Laufe des ersten Jahres nach dem Tag der Antragstellung besteht. Bei der Beurteilung, ob eine solche Aussicht besteht oder nicht, sind die finanziellen Mittel des Zusammenführenden in den letzten sechs Monaten vor dem Tag der Antragstellung zu berücksichtigen.

Einem Angehörigen eines Nicht-EU-Staates, der in Spanien wohnt und dort eine Erlaubnis zum langfristigen Aufenthalt besitzt, wurde im März 2012 der Nachzug seiner Ehegattin zwecks Familienzusammenführung mit der Begründung verweigert, dass er nicht nachgewiesen habe, über ausreichende Einkünfte zu verfügen, um nach erfolgter Familienzusammenführung den Lebensunterhalt seiner Familie zu decken. Der Widerspruch und die Klage gegen die Ablehnungsentscheidung wurden u. a. mit der Begründung abgewiesen, es deute nichts darauf hin, dass der Antragsteller während des Jahres nach Stellung des Antrags auf Familienzusammenführung über ausreichende Einkünfte verfügen werde.

Das Tribunal Superior de Justicia del País Vasco (Obergericht für das Baskenland), bei dem der Zusammenführende Berufung eingelegt hat, hat Zweifel, ob die spanische Regelung mit der Richtlinie vereinbar ist. Es fragt sich, ob es für einen Anspruch auf Familienzusammenführung ausreichen muss, dass der Zusammenführende zum Zeitpunkt der Antragstellung über feste, regelmäßige und ausreichende Einkünfte verfügt, oder ob auch die Frage berücksichtigt werden darf, ob er über diese Einkünfte noch während des Jahres nach diesem Zeitpunkt verfügen wird.

Mit seinem Urteil von heute erklärt der Gerichtshof die spanischen Rechtsvorschriften für mit der Richtlinie vereinbar.

Der Gerichtshof weist zunächst darauf hin, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten erlaubt, den Nachweis zu verlangen, dass der Zusammenführende über feste und regelmäßige Einkünfte verfügt, die ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats für seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen ausreichen.

Auch wenn die Richtlinie den Mitgliedstaaten nicht ausdrücklich die Befugnis einräumt, zu prüfen, ob die Voraussetzung fester, regelmäßiger und ausreichender Einkünfte des Zusammenführenden über den Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Familienzusammenführung hinaus fortbestehen wird, kann sie nicht dahin ausgelegt werden, dass sie einer solchen Befugnis entgegensteht. Die Richtlinie sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten die Regelmäßigkeit der Einkünfte prüfen müssen, was eine periodische Prüfung ihrer Entwicklung einschließt. Der Zusammenführende muss nicht nur nachweisen, dass er zum Zeitpunkt der Prüfung seines Antrags auf Familienzusammenführung über ausreichende Einkünfte verfügt, sondern diese Einkünfte müssen auch fest und regelmäßig sein, was eine prognostische Prüfung dieser Einkünfte durch die zuständige nationale Behörde voraussetzt.

Der Gerichtshof hebt hervor, dass diese Auslegung dadurch gestützt wird, dass der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie auf Zusammenführende beschränkt ist, die im Besitz eines Aufenthaltstitels für mindestens ein Jahr sind und begründete Aussicht darauf haben, ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu erlangen. Die Beurteilung, ob eine solche Aussicht vorliegt, erfordert aber zwangsläufig eine Prüfung der künftigen Entwicklung der Situation des Zusammenführenden im Hinblick auf die Erlangung eines dauerhaften Aufenthaltsrechts. Im Übrigen impliziert die Möglichkeit, einem Familienmitglied den Aufenthaltstitel zu entziehen oder nicht zu verlängern, wenn die in der Richtlinie festgelegten Bedingungen nicht mehr erfüllt sind, dass die Mitgliedstaaten verlangen dürfen, dass der Zusammenführende über den Zeitpunkt seiner Antragstellung hinaus über feste, regelmäßige und ausreichende Einkünfte verfügt. Diese Auslegung wird schließlich auch durch einen der Normzwecke der Richtlinie bestätigt. Denn der Nachweis, dass die Einkünfte fest, regelmäßig und ausreichend sind, ermöglicht es dem Mitgliedstaat, sicherzustellen, dass weder der Zusammenführende noch seine Familienangehörigen nach der Familienzusammenführung Gefahr laufen, während ihres Aufenthalts die Sozialhilfe des Mitgliedstaats in Anspruch nehmen zu müssen.

Nach Auffassung der Gerichtshofs ist der Zeitraum von einem Jahr, während dessen der Zusammenführende über ausreichende Einkünfte verfügen muss, angemessen und verhältnismäßig, da dieser Zeitraum der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels entspricht, über den der Zusammenführende zumindest verfügen muss, um die Familienzusammenführung beantragen zu können.

Zu der spanischen Regelung, nach der die Prognose über die künftigen Einkünfte auf der Grundlage der Einkünfte des Zusammenführenden in den letzten sechs Monaten vor dem Tag der Antragstellung erfolgen muss, stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie insoweit keine genaue Vorgabe enthält und ein solcher Zeitraum jedenfalls nicht geeignet ist, das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu beeinträchtigen.

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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl.L 251, S. 12).
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