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Pressemitteilung
C-312/14;
Verkündet am: 
 03.12.2015
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Devisengeschäfte, die Bestandteil bestimmter Arten von Darlehen in Fremdwährung sind, stellen keine Wertpapierdienstleistung dar
Leitsatz des Gerichts:
Sie unterliegen daher nicht den Unionsregelungen zum Anlegerschutz
Zum Urteilstext (Englisch!)
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Die Eheleute Lantos unterzeichneten bei der Banif Plus Bank einen Kredit zur Finanzierung eines Autokaufs. Um einen günstigeren Zinssatz zu erhalten als den, der für Darlehen in ungarischen Forint angeboten wurde, entschieden sie sich für einen Kredit in Fremdwährung und setzten sich damit während der Tilgungszeit dem Risiko der Bewertung dieser Devisen im Verhältnis zum Forint aus.

Im Rahmen einer von der Banif Plus Bank beim Ráckevei járásbíróság (Bezirksgericht Ráckeve, Ungarn) erhobenen Klage beantragt das Ehepaar bei diesem Gericht die Feststellung, dass Kreditverträge in Fremdwährung unter die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente1 fallen, so dass die Bank als Kreditinstitut u. a. verpflichtet gewesen wäre, die Angemessenheit oder die Eignung der zu erbringenden Dienstleistung zu bewerten.

Das Ráckevei járásbíróság stellt dem Gerichtshof die Frage, ob die Gewährung eines Darlehens in Fremdwährung wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden als Erbringung einer Wertpapierdienstleistung angesehen werden kann, auf die die fraglichen Bestimmungen der Richtlinie Anwendung finden. Ferner möchte das ungarische Gericht wissen, ob die Nichtbeachtung dieser Vorschriften zur Nichtigkeit des Darlehensvertrags führt.

In seinem Urteil vom heutigen Tag weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass in einer Rechtssache wie der in Rede stehenden bestimmte Rechtsakte der Union zum Verbraucherschutz von Bedeutung sein können. Dies gilt für die Richtlinie 93/132, die im Übrigen bereits Gegenstand eines Urteils des Gerichtshofs3 in dem besonderen Zusammenhang von auf Devisen lautenden Darlehensverträgen war, sowie die Richtlinien 87/1024 und 2008/485, die eine Reihe von Schutzvorschriften enthalten, die dem Darlehensgeber bestimmte Verpflichtungen u. a. zur Information des Verbrauchers auferlegen.

Der Gerichtshof stellt sodann fest, dass die Devisengeschäfte, die im Rahmen der Gewährung eines Darlehens in Fremdwährung wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden durchgeführt werden, Tätigkeiten sind, die sich zur Bereitstellung und Rückzahlung des Darlehens rein akzessorisch verhalten. Diese Geschäfte haben allein den Zweck, die Durchführung dieser beiden Hauptpflichten des Darlehensvertrags zu ermöglichen.

Da der Kreditnehmer ausschließlich die Mittel erlangen möchte, um ein Konsumgut zu kaufen oder eine Dienstleistung zu erhalten, und nicht ein Wechselkursrisiko steuern oder auf den Wechselkurs von Devisen spekulieren will, ist der Zweck der in Rede stehenden Geschäfte nicht die Vornahme einer Wertpapierdienstleistung. Ferner stellen diese Geschäfte nach der Richtlinie nicht selbst solche Dienstleistungen dar.

Die in Rede stehenden Devisengeschäfte sind darüber hinaus mit einem Instrument, dem Darlehensvertrag, verbunden, das selbst kein Finanzinstrument im Sinne der Richtlinie ist. Hierzu stellt der Gerichtshof fest, dass sich diese Geschäfte nicht auf einen Terminkontrakt beziehen, da sie nicht den Verkauf eines finanziellen Aktivums zu einem bei Vertragsschluss festgelegten Preis zum Gegenstand haben. Im vorliegenden Fall ist der für die Berechnung der Rückzahlungen zu berücksichtigende Wert der Devisen nicht im Voraus festgelegt, er wird vielmehr auf der Grundlage des Verkaufskurses dieser Devisen zum Fälligkeitszeitpunkt jeder Rate bestimmt.

Unter diesen Umständen kommt der Gerichtshof zu dem Ergebnis, dass – vorbehaltlich einer Nachprüfung durch das vorlegende Gericht – Devisengeschäfte, die Bestandteil von Darlehen in Fremdwährung wie des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden sind, keine Wertpapierdienstleistungen darstellen, so dass die Gewährung eines solchen Darlehens nicht den Bestimmungen der Richtlinie zum Anlegerschutz unterliegt.

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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145, S. 1)
2Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).
3Urteil des Gerichtshofs vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai (C-26/13), vgl. auch Pressemitteilung Nr. 66/14.
4Richtlinie 87/102/EWG des Rates vom 22. Dezember 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit (ABl. L 42, S. 49).
5 Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66, und Berichtigungen ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).
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