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Text des Beschlusses
VII ZB 24/09;
Verkündet am: 
 08.09.2011
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
4 W 9/09
Oberlandesgericht
Karlsruhe in Freiburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Durch unselbst. Nebenintervention entstandenen Kosten sind nach dem Maßstab zu verteilen, den die Parteien in einem ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich für die Verteilung der übrigen Kosten des Rechtsstreits festgelegt haben
Leitsatz des Gerichts:
ZPO §§ 101 Abs. 1, 98

Die durch eine unselbständige Nebenintervention entstandenen Kosten sind nach dem Maßstab zu verteilen, den die Parteien in einem ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossenen Vergleich für die Verteilung der übrigen Kosten des Rechtsstreits festgelegt haben. Für den sich daraus ergebenden Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten kommt es nicht darauf an, inwieweit die von ihm unterstützte Hauptpartei dem Prozessgegner außergerichtliche Kosten erstatten muss.
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. September 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kniffka, den Richter Dr. Kuffer, den Richter Bauner, die Richterin Safari Chabestari und den Richter Prof. Leupertz beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe in Freiburg vom 10. Februar 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.


Gründe:


I.
1
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Zahlung von Werklohn in Anspruch.

Die Streithelferin trat dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin bei. Am 27. November 2008 schlossen die Parteien ohne Beteiligung der Streithelferin einen Vergleich, wonach die Kosten des Rechtsstreits zu 40 % von der Klägerin und zu 60 % von dem Beklagten zu tragen waren.

2
Die Streithelferin hat auf eine Kostengrundentscheidung über ihre außergerichtlichen Kosten angetragen.

Das Landgericht hat daraufhin die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten zu 60 % dem Beklagten und zu 40 % der Streithelferin auferlegt. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er begehrt hat, von den Kosten der Nebenintervention lediglich 20 % tragen zu müssen, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen.


II.
3
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, aus der Regelung des § 101 Abs. 1 ZPO ergebe sich, dass die in einem Vergleich zwischen den Parteien vereinbarte Kostenquote unmittelbar den Anteil der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers bestimme, die der Gegner der Hauptpartei erstatten müsse.

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Nebenintervenient keinen Anspruch auf Kostenerstattung habe, wenn nach dem Vergleich die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben seien (BGH, Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351), folge nichts anderes. Der Grundsatz der Kostenparallelität gebiete es entgegen anderer Auffassung (OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. November 2005 - 3 U 42/05, juris) nicht, dem Streithelfer bei von einer Kostenaufhebung abweichenden Kostenregelung die Erstattung seiner Kosten nur mit einer Quote zuzubilligen, welche die Verpflichtung der von ihm unterstützten Partei berücksichtige, dem Prozessgegner seine außergerichtlichen Kosten erstatten zu müssen.

4
2. Dagegen wendet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beklagten ohne Erfolg.

5
a) Die durch eine unselbständige (nicht streitgenössische) Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der §§ 91 bis 98 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen, § 101 Abs. 1 ZPO.

Der sich hieraus ergebende Grundsatz der Kostenparallelität führt dazu, dass der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten inhaltlich dem Kostenerstattungsanspruch entspricht, den die von ihm unterstützte Hauptpartei gegen den Gegner hat (BGH, Beschluss vom 18. Juni 2007 - II ZB 23/06, NJW-RR 2007, 1577 Rn. 6; Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351, 354). Das gilt nicht nur für richterliche Kostenentscheidungen nach Maßgabe der §§ 91 bis 97 ZPO, sondern, wie sich aus der Bezugnahme des § 101 Abs. 1 ZPO auf § 98 ZPO ergibt, auch bei Vereinbarungen der Parteien (nur) über die Verteilung der sie betreffenden Prozesskosten in einem Vergleich, den sie ohne Beteiligung des Nebenintervenienten geschlossen haben. Eine solche Vereinbarung ist demnach gemäß § 101 Abs. 1, § 98 ZPO maßgeblich auch für die Verteilung der durch die Nebenintervention verursachten Kosten (BGH, Beschluss vom 10. März 2005 - VII ZB 32/04, BauR 2005, 1057, 1058 = ZfBR 2005, 465; Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351, 353 f.).

6
Die Regelung des § 101 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 98 ZPO ist zwingend. Sie lässt nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine anderweitige Verteilung der Interventionskosten nach billigem Ermessen gemäß § 91a ZPO (vgl. Schwarz, MDR 1993, 1052, 1054 m.w.N.) nicht zu (BGH, Beschluss vom 10. März 2005 - VII ZB 32/04, BauR 2005, 1057, 1058 = ZfBR 2005, 465; Beschluss vom 3. April 2003 - V ZB 44/02, BGHZ 154, 351, 353). Die Interventionskosten sind vielmehr nach dem Maßstab zu verteilen, den die Parteien im Vergleich für die Verteilung der (übrigen) Kosten des Rechtsstreits festgelegt haben. Hat der Gegner der vom Nebenintervenienten unterstützen Hauptpartei im Vergleich die gesamten Kosten des Rechtsstreits übernommen, muss er auch die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten tragen (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1967 - III ZR 15/64, NJW 1967, 983). Hier haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin 40 % und der Beklagte 60 % der Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Dass führt dazu, dass der Beklagte auch 60 % der Interventionskosten tragen muss.

7
b) Ohne Erfolg bringt der Beklagte unter Heranziehung einer Entscheidung des OLG Stuttgart (Beschluss vom 25. November 2005 - 3 U 42/05, juris) hiergegen vor, dass der Nebenintervenient nach den Maßstäben des § 92 ZPO seine Kosten nur mit der Quote erstattet erhalten dürfe, um die er nach der Kostenregelung im Vergleich unter Berücksichtigung der sich danach für die Hauptpartei ergebenden Pflicht zur (anteiligen) Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Gegners besser stehe, weil er sich an diesen Kosten nicht beteiligen müsse.

Diese Sichtweise ist mit dem Grundsatz der Kostenparallelität nicht in Einklang zu bringen und geht schon im rechtlichen Ausgangspunkt fehl. Sie lässt unberücksichtigt, dass § 101 Abs. 1 ZPO ausschließlich die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten betrifft und eine Teilhabe des Nebenintervenienten an den übrigen Kosten des Rechtsstreits unabhängig davon nicht vorsieht, ob die Verteilung dieser Kosten kraft richterlicher Entscheidung oder nach Maßgabe einer Vereinbarung der Parteien in einem Vergleich zu erfolgen hat.

8
Soweit es um die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten geht, muss sich der Nebenintervenient im Übrigen an den Kosten des Gegners der von ihm unterstützten Partei beteiligen. § 101 Abs. 1 ZPO besagt, dass der Nebenintervenient die Kosten der Nebenintervention in dem Umfang zu tragen hat, in dem die Kosten des Rechtsstreits der unterstützten Partei zur Last fallen. Hiervon werden, wie Schwarz zutreffend aufzeigt (MDR 1993, 1052, 1053), nicht nur seine eigenen außergerichtlichen Kosten erfasst, sondern auch die des Gegners, soweit sie, wie in besonders gelagerten Einzelfällen denkbar (vgl. Schwarz aaO), durch die Nebenintervention entstanden sind. In diesem, auf die Interventionskosten beschränkten Umfang ist der Streithelfer demnach kosten-rechtlich in gleicher Weise am Misserfolg der Klage beteiligt wie die von ihm unterstützte Partei. Der Umstand, dass der Gegenpartei durch die Nebenintervention in der Regel keine zusätzlichen Kosten entstehen, rechtfertigt es nicht, den Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten unter Aufgabe des Grundsatzes der Kostenparallelität quotal um den Anteil zu kürzen, der sich aus der Belastung der unterstützten Hauptpartei mit außergerichtlichen Kosten des Gegners ergibt, an deren Entstehung der Streithelfer, der nicht Partei des Rechtsstreits ist, nicht beteiligt ist und mit denen er folglich nicht belastet werden darf.

9
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 3. April 2003 (V ZB 44/02, BGHZ 154, 351) rechtfertigt entgegen der Auffassung des Beklagten und des OLG Stuttgart (aaO) keine andere Beurteilung. Dass der Nebenintervenient nach dieser Rechtsprechung (ebenso: BGH, Beschluss vom 14. Juli 2003 - II ZB 15/02, NJW 2003, 3354; Beschluss vom 10. März 2005 VII ZB 32/04, BauR 2005, 1057 = ZfBR 2005, 465) ebenso wie die von ihm unterstützte Hauptpartei keine Kosten erstattet erhält, wenn die Parteien im Vergleich vereinbart haben, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben, folgt aus dem Grundsatz der Kostenparallelität. Diesen zu durchbrechen, hat der Bundesgerichtshof keinen Anlass gesehen, weil der Nebenintervenient in Ansehung seiner Kosten nicht besser stehen dürfe als die von ihm unterstützte Hauptpartei hinsichtlich ihrer außergerichtlichen Kosten. Dass er bei vereinbarter Kostenaufhebung seine außergerichtlichen Kosten nicht erstattet bekomme, sei nicht ungerecht, weil er ebenso wie die Hauptpartei davon profitiere, dem Gegner keine Kosten erstatten zu müssen.

10
Aus diesen Erwägungen folgt nicht, dass der Kostenerstattungsanspruch des Nebenintervenienten davon abhängen soll, inwieweit dem Kostenerstattungsanspruch der Hauptpartei ihre Verpflichtung gegenübersteht, dem Gegner außergerichtliche Kosten erstatten zu müssen. Sie heben vielmehr hervor, dass der Nebenintervenient nach dem Grundsatz der Kostenparallelität unabhängig vom Kostenerstattungsanspruch des Gegners seine Kosten nur in dem Umfang ersetzt verlangen kann, in dem der unterstützten Partei ein Anspruch auf Kostenerstattung zusteht. Nur insoweit darf er nicht besser stehen als diese.

Kniffka Kuffer Bauner Safari Chabestari Leupertz
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