Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
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Text des Beschlusses
4 W 362/11;
Verkündet am: 
 28.07.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
8 O 383/09
Landgericht
Erfurt;
Rechtskräftig: unbekannt!
Bei Bewilligung von PKH ist die Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen als besondere Belastung zulässig, wenn nicht wegen Prozeßbeginn absichtlich begründet
Leitsatz des Gerichts:
§ 115 ZPO

Bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist die Berücksichtigung von Schuldverpflichtungen als besondere Belastung im Rahmen des § 115 ZPO (nur) dann angemessen, wenn diese Schulden nicht in Kenntnis des bevorstehenden oder schon begonnenen Prozesses eingegangen sind, m.a.W. eingegangene Schuldverpflichtungen sind nur dann Einkommens mindernd zu berücksichtigen, wenn sie vor Prozessbeginn erfolgt sind.
In dem Verfahren
L. S. L.
- Beklagter und Beschwerdeführer -
Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt

gegen
S. E.
- Klägerin und Beschwerdegegnerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte

hat der 4. Zivilsenat des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Müller als Einzelrichter (gem. § 568 ZPO) auf die Beschwerde des Beklagten vom 30.06.2011 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Landgerichts Erfurt vom 24.05.2011/Nichtabhilfe vom 25.07.2011 ohne mündliche Verhandlung am 28.07.2011 beschlossen:

Die Beschwerde wird aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses und der Nichtabhilfeentscheidung zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.



Gründe:

Mit dem Ausgangsbeschluss vom 24.05.2011 hat der Rechtspfleger des Landgerichts nach den von dem Beklagten abgegebenen Erklärungen über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hinsichtlich der seit Januar 2010 bewilligten (ratenfreien) Prozesskostenhilfe monatliche Raten in Höhe von 75,- € festgesetzt; dabei ist er von einem einzusetzenden Einkommen von 221,00 € (nach der Ratentabelle zu § 115 ZPO) ausgegangen
(vgl. Verfügung des Rechtspflegers vom 05.05.2011, Bl. 32 PKH-Heft Bekl.).

Dieser Ratenzahlungsbeschluss ist laut PZU (Bl. 35 a PKH-Heft) dem Beklagten am 30.05.2011 zugestellt worden. Mit seiner (zulässigen) Beschwerde vom 30.06.2011 – Eingang bei Gericht am gleichen Tag – rügt der Beschwerdeführer mit dem Ziel der Beibehaltung der Ratenfreiheit, der Rechtspfleger habe die Zahlungsverpflichtungen aus dem gerichtlichen Vergleich vom 26.01.2010 zu Unrecht nicht in seine Berechnung nach ‚§ 115 ZPO einbezogen.

Der Rechtspfleger des Landgerichts hat zur Beschwerde Stellung genommen und in seiner Nichtabhilfeentscheidung unter Hinweis auf seine Verfügung vom 04.07.2011 ausgeführt, Zahlungsverpflichtungen, welche in Kenntnis bereits entstandener oder bevorstehender Kosten des Rechtsstreits eingegangen werden, seien nicht berücksichtigungsfähig.

Diese Auffassung (des Rechtspflegers) ist nicht zu beanstanden; sie entspricht ständiger Rechtsprechung. Bei der Bewilligung von (ratenfreier) Prozesskostenhilfe ist die Berücksichtigung von Schuldenverpflichtungen als besondere Belastung in aller Regel (nur) dann angemessen, wenn diese Schulden nicht in Kenntnis des bevorstehenden oder schon begonnenen Prozesses eingegangen sind und wenn die Partei zu ihrer Tilgung laufend Beträge vom (verfügbaren) Einkommen abzweigen muss, das verfügbare Einkommen also tatsächlich und dauerhaft vermindert wird; dabei kommt es auf den Anlass der Schuldenaufnahme nicht an (so OLG Hamm, Beschl. vom 01.06.1987 – 11 W 55/87, zit. nach juris). Auch andere Obergerichte haben sich ähnlich positioniert, wonach Schuldverpflichtungen oder Darlehenstilgungen nur dann Einkommens mindernd berücksichtigt werden dürfen, wenn die ihnen zugrundeliegende Kreditaufnahme vor Prozessbeginn erfolgt ist (vgl. z.B. OLG Köln, Beschl. vom 08.02.1994 – 25 WF 10/94, zit. nach juris).

Danach ist es nicht angemessen, finanzielle Belastungen, die eine Partei bewusst und in Kenntnis bereits entstandener oder bevorstehender Verfahrenskosten eingegangen ist, als besondere und damit im Rahmen des § 115 ZPO abzugsfähige Belastungen anzuerkennen (vgl. Zöller-Geimer, ZPO-Komm., 28. Aufl., § 115 Rz 38, 40 mit weiteren Nachw. zur Rechtsprechung der Obergerichte). Das entspricht auch der Rechtsauffassung des erkennenden Senats.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO); dem Beschwerdeführer fällt als unterliegendem Antragsteller die Gebühr nach GKG-KV 1812 zur Last; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).

(Müller)
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