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Text des Urteils
1 AZR 764/09;
VerkĂŒndet am: 
 12.04.2011
BAG Bundesarbeitsgericht
 

Vorinstanzen:
3 Sa 640/08
Landesarbeitsgericht
Sachsen;
RechtskrÀftig: unbekannt!
Sozialplan - Altersgruppen
Zur kĂŒrzeren Pressemitteilung

Tenor

1. Die Revision der KlĂ€gerin gegen das Urteil des SĂ€chsischen Landesarbeitsgerichts vom 18. September 2009 - 3 Sa 640/08 - wird zurĂŒckgewiesen.

2. Die KlÀgerin hat die Kosten der Revision zu tragen.



Tatbestand
1
Die Parteien streiten ĂŒber die Höhe einer Sozialplanabfindung.
2
Die 1969 geborene KlÀgerin war bei der Beklagten bzw. deren RechtsvorgÀngerin vom 1. Januar 1997 bis zum 31. MÀrz 2008 als Kundenberaterin in L beschÀftigt. Ihr Bruttomonatsverdienst belief sich zuletzt auf 3.167,75 Euro.

3
Die Beklagte vermietet ArbeitsbĂŒhnen. Sie betrieb zunĂ€chst eine Hauptverwaltung in F sowie sechs Regionaldirektionen und beschĂ€ftigte bundesweit ĂŒber 250 Arbeitnehmer. Am 5. Oktober 2007 vereinbarte die RechtsvorgĂ€ngerin der Beklagten mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich und Sozialplan. Danach sollte ua. die Regionaldirektion L geschlossen werden. In dem Sozialplan sind fĂŒr den Verlust der ArbeitsplĂ€tze Abfindungszahlungen vereinbart. Die Höhe der Abfindung bestimmt sich nach einem Faktor, der mit dem Produkt aus Betriebszugehörigkeit und Bruttomonatsverdienst errechnet wird. Der Faktor betrĂ€gt nach Nr. 2.1.1 des Sozialplans bis zum 29. Lebensjahr des Mitarbeiters 80 %, ab dem 30. bis zum 39. Lebensjahr des Mitarbeiters 90 % und ab dem 40. Lebensjahr des Mitarbeiters 100 %.

4
Das ArbeitsverhĂ€ltnis der Parteien endete durch eine betriebsbedingte KĂŒndigung der RechtsvorgĂ€ngerin der Beklagten zum 31. MĂ€rz 2008. Diese zahlte der KlĂ€gerin eine mit dem Faktor von 90 % errechnete Abfindung in Höhe von 31.199,02 Euro.

5
Mit ihrer Klage hat die KlĂ€gerin geltend gemacht, ihr stehe eine ungekĂŒrzte Abfindung zu. Die AbschlĂ€ge fĂŒr jĂŒngere BeschĂ€ftigte verstießen gegen das Verbot der Altersdiskriminierung.

6
Die KlÀgerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die KlĂ€gerin aus dem Sozialplan vom 5. Oktober 2007 weitere 3.466,56 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fĂŒnf Prozentpunkten ĂŒber dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 1. April 2008 zu zahlen.

7
Die Beklagte hat zur BegrĂŒndung ihres Klageabweisungsantrags ausgefĂŒhrt, die unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer sei gemĂ€ĂŸ § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG zulĂ€ssig. Die Differenzierung berĂŒcksichtige die sich mit zunehmendem Alter der Arbeitnehmer typischerweise verringernden Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

8
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Revision verfolgt die KlÀgerin ihr Klagebegehren weiter.


EntscheidungsgrĂŒnde
9
Die Revision ist unbegrĂŒndet.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die KlÀgerin hat keinen Anspruch auf eine weitere Abfindungsleistung in Höhe von 3.466,56 Euro aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG).

10
I. SozialplĂ€ne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen RechtmĂ€ĂŸigkeitskontrolle.

Sie sind daraufhin zu ĂŒberprĂŒfen, ob sie mit höherrangigem Recht, wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, vereinbar sind.

11
1. Arbeitgeber und Betriebsrat haben nach § 75 Abs. 1 BetrVG darĂŒber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in dieser Vorschrift genannten GrĂŒnden unterbleibt.

§ 75 Abs. 1 BetrVG enthĂ€lt nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgefĂŒhrten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat darin die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote ĂŒbernommen. Eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG kann dabei unter den in § 10 AGG genannten Voraussetzungen zulĂ€ssig sein. In diesem Fall ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt (BAG 23. MĂ€rz 2010 - 1 AZR 832/08 - Rn. 14 f., AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 35). Nach § 10 Satz 1 und 2 AGG ist die unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulĂ€ssig, wenn diese objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels mĂŒssen ihrerseits angemessen und erforderlich sein. GemĂ€ĂŸ § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG kann eine unterschiedliche Behandlung auch durch eine nach Alter gestaffelte Abfindungsregelung erfolgen, in der die wesentlich vom Alter abhĂ€ngenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berĂŒcksichtigt werden.

12
2. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verstĂ¶ĂŸt nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung im Recht der EuropĂ€ischen Union.

Die zur Beurteilung der Wirksamkeit von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG heranzuziehenden GrundsĂ€tze zum VerstĂ€ndnis und zur Anwendung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens fĂŒr die Verwirklichung der Gleichbehandlung in BeschĂ€ftigung und Beruf sind durch die jĂŒngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der EuropĂ€ischen Union geklĂ€rt, so dass ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht geboten ist.

13
a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs haben die Mitgliedstaaten sowie ggf. die Sozialpartner auf nationaler Ebene sowohl bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, als auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung einen weiten Ermessensspielraum (22. November 2005 - C-144/04 - [Mangold] Rn. 63, Slg. 2005, I-9981; 16. Oktober 2007 - C-411/05 - [Palacios de la Villa] Rn. 68, Slg. 2007, I-8531).

Dabei darf jedoch nicht der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus GrĂŒnden des Alters ausgehöhlt werden (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, EzA Richtlinie 2000/78 EG-Vertrag 1999 Nr. 17). Die PrĂŒfung, ob die nationale Regelung einem rechtmĂ€ĂŸigen Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Richtlinie 2000/78/EG dient, obliegt den Gerichten der Mitgliedstaaten. Gleiches gilt fĂŒr die Frage, ob der nationale Gesetz- und Verordnungsgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durfte, dass die gewĂ€hlten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren (EuGH 5. MĂ€rz 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 49 ff., Slg. 2009, I-1569).

14
b) Hiernach ist § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG durch ein im Allgemeininteresse liegendes sozialpolitisches Ziel des deutschen Gesetzgebers iSd. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt.

15
aa) Dieser hat berĂŒcksichtigt, dass die den Arbeitnehmern durch den Verlust ihres Arbeitsplatzes drohenden Nachteile maßgeblich durch die Aussichten, alsbald einen neuen vergleichbaren Arbeitsplatz zu finden, bestimmt werden.

Mit der Regelung in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass Ă€ltere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise grĂ¶ĂŸere Schwierigkeiten haben als jĂŒngere (BT-Drucks. 16/1780 S. 36). Dies liegt im allgemeinen sozialpolitischen Interesse und nicht nur im rein individuellen Interesse der Arbeitgeber an einer Kostenreduzierung oder der Erhöhung der WettbewerbsfĂ€higkeit (BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 43, BAGE 131, 61). Ob Letztere allein ausreichend wĂ€ren, eine Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer aus GrĂŒnden des Alters zu rechtfertigen, kann deshalb dahinstehen (dazu EuGH 5. MĂ€rz 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569).

16
bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber keine weitergehenden Vorgaben fĂŒr die Ausgestaltung von SozialplĂ€nen gemacht hat, sondern insoweit den Betriebsparteien erhebliche GestaltungsspielrĂ€ume einrĂ€umt.

Dies ist wegen der im Einzelfall erforderlichen FlexibilitĂ€t geboten (BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 44, BAGE 131, 61). Am Maßstab des VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeitsgrundsatzes ist allerdings stets zu prĂŒfen, ob die konkret getroffene Regelung den gesetzlichen und unionsrechtlichen Anforderungen entspricht. Danach muss die Sozialplangestaltung geeignet sein, das mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verfolgte Ziel, Ă€lteren Arbeitnehmern wegen deren schlechteren Arbeitsmarktchancen einen höheren Nachteilsausgleich zu gewĂ€hren, tatsĂ€chlich zu fördern. Die Interessen der benachteiligten Altersgruppen dĂŒrfen dabei nicht unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig stark vernachlĂ€ssigt werden (BAG 23. MĂ€rz 2010 - 1 AZR 832/08 - Rn. 20, AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 35).

17
II. Nach diesen GrundsÀtzen ist die Regelung des altersbezogenen Faktors in dem Sozialplan nicht zu beanstanden.

18
1. Die Betriebsparteien haben in Nr. 2.1.1 des Sozialplans eine Gruppenbildung vorgenommen, die eine unmittelbare Benachteiligung der Arbeitnehmer wegen des Alters bewirkt.

Erst ab dem 40. Lebensjahr erhalten BeschÀftigte die volle Abfindung, ab dem 30. bis zum 39. Lebensjahr dagegen nur 90 % und bis zum 29. Lebensjahr nur 80 %.

19
2. Diese Ungleichbehandlung steht jedoch im Einklang mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG und ist in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht unverhĂ€ltnismĂ€ĂŸig.

20
a) Der mit dem Altersfaktor verfolgte Regelungszweck ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang des Sozialplans.

Die Sozialplanabfindung errechnet sich zunĂ€chst nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit in Jahren multipliziert mit dem Bruttomonatsverdienst. Der sich hieraus ergebende Betrag soll die nach Ansicht der Betriebsparteien bei einem Arbeitsplatzverlust entstehenden wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen. Durch die Verwendung des Altersfaktors haben sie die ihrer Auffassung nach unterschiedlichen Arbeitsmarktchancen der Arbeitnehmer nach Altersgruppen gewichtet. Dies entspricht auch dem ĂŒblichen VerstĂ€ndnis solcher Regelungen. Anhaltspunkte fĂŒr eine hiervon abweichende Zweckbestimmung sind dem Sozialplan nicht zu entnehmen.

21
b) Die Altersgruppenbildung ist geeignet, das Regelungsziel - Ausgleich der erhöhten wirtschaftlichen Nachteile Àlterer Arbeitnehmer infolge des Arbeitsplatzverlustes - zu fördern.

22
aa) Nach der Senatsrechtsprechung haben die Betriebsparteien bei der Bestimmung der ihrer Meinung nach ausgleichsbedĂŒrftigen Nachteile einen Beurteilungsspielraum.

Dieser betrifft zum einen die tatsĂ€chliche EinschĂ€tzung der mit der BetriebsĂ€nderung fĂŒr die betroffenen Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen, die sich regelmĂ€ĂŸig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen lassen, sondern nur Gegenstand einer Prognose sein können. Bei der Beendigung von ArbeitsverhĂ€ltnissen hĂ€ngen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer, ĂŒberhaupt oder in absehbarer Zeit eine gleichwertige neue Arbeitsstelle zu finden, von einer Vielzahl nicht genau feststellbarer subjektiver und objektiver UmstĂ€nde ab. Eine pauschalierende und typisierende Bewertung der wirtschaftlichen Nachteile ist daher zumeist unumgĂ€nglich (BAG 11. November 2008 - 1 AZR 475/07 - Rn. 21, BAGE 128, 275). DarĂŒber hinaus haben die Betriebsparteien einen Gestaltungsspielraum in Bezug auf die Frage, ob, in welchem Umfang und wie sie die prognostizierten wirtschaftlichen Nachteile ausgleichen oder abmildern wollen. Im Rahmen ihres Ermessens können sie nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschĂ€digen (BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25, BAGE 125, 366). Der Spielraum schließt typisierende Gestaltungen ein.

23
bb) Die Betriebsparteien durften im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums davon ausgehen, dass sich die Arbeitsmarktchancen der von der BetriebsÀnderung betroffenen Arbeitnehmer fortschreitend verschlechtern.

Diese dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zugrunde liegende EinschĂ€tzung des Gesetzgebers wird durch veröffentlichte Arbeitsmarktzahlen bestĂ€tigt. Nach Angaben der Bundesagentur fĂŒr Arbeit betrug im Jahre 2007 der Arbeitslosenbestand in den Altersgruppen 25 bis unter 30 Jahre 11,4 %, 30 bis unter 35 Jahre 10,7 %, 35 bis unter 40 Jahre 12,7 %, 40 bis unter 45 Jahre 14,2 %, 45 bis unter 50 Jahre 13,9 % und 50 bis unter 55 Jahre 13,6 % (Amtliche Nachrichten der Bundesagentur fĂŒr Arbeit - Arbeitsmarkt 2007 S. 194). Darin zeigt sich - abgehen von dem geringfĂŒgigen RĂŒckgang in der Gruppe 30 bis unter 35 Jahre - mit zunehmendem Alter ein stetiger Anstieg am Anteil des Arbeitslosenbestandes. Dieses Ergebnis wird durch die Statistik der Bundesagentur fĂŒr Arbeit zur durchschnittlichen Dauer der Arbeitslosigkeit nach Altersgruppen untermauert. Im Jahre 2007 belief sich die Durchschnittsdauer der Arbeitslosigkeit in der Gruppe der 25- bis 29-JĂ€hrigen auf 200 Tage, in der Gruppe der 30- bis 34-JĂ€hrigen auf 267 Tage, in der Gruppe der 35- bis 39-JĂ€hrigen auf 303 Tage, in der Gruppe der 40- bis 44-JĂ€hrigen auf 330 Tage, in der Gruppe der 45- bis 49-JĂ€hrigen auf 362 Tage und in der Gruppe der 50- bis 54-JĂ€hrigen auf 415 Tage (Statistik der Bundesagentur fĂŒr Arbeit - Durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit nach Altersgruppen 2007). Dies macht deutlich, dass das Risiko des Verbleibs in der Arbeitslosigkeit bereits nach Vollendung des 25. Lebensjahrs in 5-Jahres-Stufen stetig ansteigt.

24
cc) Die Betriebsparteien waren entgegen der Auffassung der KlÀgerin nicht verpflichtet, die Arbeitsmarktchancen der vom Arbeitsplatzabbau betroffenen Arbeitnehmer in den einzelnen Regionen konkret zu ermitteln.

Im Hinblick darauf, dass bei der Beendigung von ArbeitsverhĂ€ltnissen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer, ĂŒberhaupt oder in absehbarer Zeit eine gleichwertige neue Arbeitsstelle zu finden, von einer Vielzahl nicht genau feststellbarer subjektiver und objektiver UmstĂ€nde abhĂ€ngen, war vielmehr eine pauschalierende und typisierende Bewertung der wirtschaftlichen Nachteile zulĂ€ssig. Die KlĂ€gerin hat im Übrigen nicht nĂ€her dargelegt, dass die regionalen Unterschiede von solchem Gewicht sind, dass die erfolgte Pauschalierung unvertretbar erscheint.

25
c) Die aus der Altersgruppenbildung resultierenden Unterschiede bei der Bemessung der Abfindung sind angemessen und erforderlich iSd. § 10 Satz 2 AGG.

Die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung ist erforderlich, um die sich mit zunehmendem Alter verschlechternden Chancen auf dem Arbeitsmarkt und die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder zu mildern. Mit den gewĂ€hlten Altersgruppen haben sie den ihnen zustehenden Gestaltungsspielraum nicht ĂŒberschritten, sondern das zunehmende Risiko lĂ€ngerer Erwerbslosigkeit in vertretbarer Weise berĂŒcksichtigt. Die Gruppe der 30- bis 39-JĂ€hrigen, zu welcher auch die KlĂ€gerin gehörte, hatte ausweislich der Statistik der Bundesagentur fĂŒr Arbeit betreffend die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit im Jahre 2007 bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt als die Gruppe der BeschĂ€ftigten ab dem 40. Lebensjahr. Dies belegen die oben genannten Zahlen. Andererseits hat die Gruppe der 30- bis 39-JĂ€hrigen schlechtere Arbeitsmarktchancen als die Gruppe der bis zu 29-jĂ€hrigen Arbeitnehmer, so dass diesen gegenĂŒber ein höherer Faktor gerechtfertigt ist. Die Abstufung um jeweils zehn Prozentpunkte berĂŒcksichtigt das ansteigende Risiko der Arbeitslosigkeit in angemessener Weise. Dass der Sozialplan innerhalb der Personengruppe, die Ă€lter als 40 Jahre alt ist, nicht weiter differenziert, stellt angesichts eines Sozialplanvolumens, das nach der gesetzlichen Konzeption des § 112 BetrVG RĂŒcksicht auf die wirtschaftliche LeistungsfĂ€higkeit der Arbeitgeberin zu nehmen hat, die Angemessenheit der Stufung nicht in Frage.

Schmidt Koch Linck Rath Olaf Kunz
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