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Text des Beschlusses
5 W 28/11;
Verkündet am: 
 21.03.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
3 O 53/11
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Zu den Voraussetzungen, unter denen einem Insolvenzverwalter gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist
Leitsatz des Gerichts:
1. Zu den Voraussetzungen, unter denen einem Insolvenzverwalter gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.

2. Im Falle der Erhöhung ihrer Quote um 24 v. H. ist es den Insolvenzgläubigern zuzumuten, die Kosten der Prozessführung des Insolvenzverwalters aufzubringen, wobei sich die Frage der Zumutbarkeit erst dann stellt, wenn sich der Verwalter vergeblich um eine Kostenbeteiligung der Gläubiger bemüht hat.
In der Prozeßkostenhilfesache
…

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 21. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Braun als Einzelrichter beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß der 3. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 18. Februar 2011 wird zurückgewiesen.


Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Halle vom 18. Februar 2011, über die gemäß § 568 Satz 1 ZPO der Einzelrichter zu befinden hat, weil die angefochtene Entscheidung von einer Einzelrichterin erlassen wurde, ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 Sätze 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO), aber unbegründet.

Das Landgericht hat dem Antragsteller die erbetene Prozeßkostenhilfe im Ergebnis zu Recht versagt, denn die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, unter denen einem Insolvenzverwalter Prozeßkosten bewilligt werden darf, sind nicht dargetan. Auf die Frage der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Klage kommt es deshalb nicht an.

Die Prozeßkostenhilfebewilligung für einen Insolvenzverwalter setzt stets voraus, daß die liquide Masse, bestehend aus den vorhandenen Barmitteln und Bankguthaben sowie den kurzfristig zu liquidierenden sonstigen Massegegenständen, nicht zur Bezahlung der für das beabsichtigte Verfahren zu bevorschussenden Kosten ausreicht. Soweit liquide Masse vorhanden ist, muß sie allerdings nur insoweit für die Bezahlung der Verfahrenskosten eingesetzt werden, als sie nicht zur Deckung der bisher schon begründeten und der unausweichlich noch entstehenden Masseverbindlichkeiten (§§ 54 f. InsO) benötigt wird (Zöller-Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 116 Rn. 4 m. w. Nachw.). Hierfür kommt es nicht allein darauf an, ob die derzeit vorhandene liquide Masse hinter den voraussichtlichen Masseverbindlichkeiten zurückbleibt. Auch wenn dies der Fall ist, müssen die liquiden Mittel zur Bezahlung der Prozeßkosten verwandt werden, sofern die Masseverbindlichkeiten nach dem vom Insolvenzverwalter aufzustellenden Finanzplan aus künftigen Massezuflüssen bedient werden können. Insbesondere darf der Insolvenzverwalter von der liquiden Masse nicht ohne weiteres den Kostenbetrag (§ 54 InsO) zurückbehalten, der sich ergeben wird, wenn die gesamte Masse mit dem geschätzten Endergebnis verwertet werden sollte. Die vorhandenen liquiden Mittel müssen lediglich die Kosten decken, die auf der bisher erwirtschafteten Berechnungsgrundlage (§§ 58 Abs. 1 GKG, 1 Abs. 1 InsVV) bereits angefallen sind. Soweit der Insolvenzverwalter künftige Massezuflüsse und damit einhergehende Erhöhungen der Berechnungsgrundlage erwartet, sind für die sich daraus ergebenden Mehrkosten keine Rücklagen zu bilden, denn diese zusätzlichen Kosten können stets aus dem Massezuwachs bezahlt werden, durch den sie verursacht wurden.

Bei unzureichender liquider Masse obliegt die Bezahlung der Prozeßkosten in erster Linie den Insolvenzgläubigern (§ 38 InsO), denen das Prozeßergebnis wirtschaftlich zugute kommt, deren Befriedigungsaussichten sich also durch ein Obsiegen des Insolvenzverwalters verbessern würden. Ihnen ist die Kostentragung allerdings nicht in jedem Fall, sondern nur dann zumutbar, wenn Aufwand und Ertrag in einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis stehen. Deshalb müssen für die Kostenaufbringung solche Insolvenzgläubiger außer Betracht bleiben, deren Befriedigungsaussichten mit dem Prozeßerfolg nur unwesentlich steigen würden (Zöller-Philippi, a. a. O., § 116 Rn. 6 f. m. w. Nachw.). Für letzteres kommt es nicht allein auf den Vom-Hundert-Satz der Befriedigungsquote, sondern zumal bei hohen Forderungen auch auf die Höhe des zu erwartenden Betrages an. Indes gibt es keinen Grundsatz, daß die Bezahlung der Kosten für Prozesse mit verhältnismäßig geringen Streitwerten stets für die Gläubiger unzumutbar ist. Im Vordergrund steht nämlich das Verhältnis der von den Gläubigern zu bevorschussenden Kosten zu der ihnen bei einem Prozeßerfolg zufließenden Summe (OLG Nürnberg InVo 2005, 144). Ob die Insolvenzgläubiger, denen die Kostenbeteiligung zuzumuten und möglich ist, bereit sind die Kosten aufzubringen, hat für die Frage der Bewilligung der Prozeßkostenhilfe keine Bedeutung. Wollen sie den in ihrem Interesse zu betreibenden Prozeß nicht bezahlen, so hat er ggfls. zu unterbleiben (BGH MDR 1998, 737; OLG Köln MDR 2000, 51; Senat OLG Report 2002, 241).

Nicht nur zur Darlegung der Bedürftigkeit der Masse, sondern auch im Hinblick auf die mögliche Kostenbeteiligung der Insolvenzgläubiger muß der Insolvenzverwalter zum einen - wie jede andere Partei, die um Prozeßkostenhilfe bittet - eine vollständige Übersicht über das gegenwärtige von ihm verwaltete Vermögen vorlegen. Ferner hat er eine genaue und nachvollziehbare Aufstellung der Masseverbindlichkeiten (§§ 54 f. InsO), etwaiger Aus- oder Absonderungsrechte sowie der angemeldeten und von ihm anerkannten Insolvenzforderungen (§ 38 InsO) beizubringen (Senat a. a. O.).

Das Vorbringen des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nicht. Zum Bestand der Masse hat er lediglich mitgeteilt, daß er neben der Klageforderung 7.911,88 Euro Barmittel verwalte. Eine nachvollziehbare Darstellung der Massekosten (§ 54 InsO) fehlt. Seine unzulänglichen Ausführungen lassen allerdings erkennen, daß die Insolvenzgläubiger die Kosten aufbringen müssen, sofern die Masse überhaupt bedürftig sein sollte. Ihre Forderungen sind in Höhe von 164.093,65 Euro festgestellt. Ohne den Prozeß bekämen sie offenbar nichts. Im Falle eines Prozeßerfolges würden der Masse einschließlich der Zinsen mehr als 60.000 Euro zufließen. Ausgehend von einer Berechnungsgrundlage in Höhe von 68.000 Euro lägen die Gerichtskosten für das Insolvenzverfahren dann bei 1.968 Euro (§§ 54 Nr. 1 InsO, 34 Abs. 1, 58 Abs. 1 und 2 GKG, Nr. 2310 und 2320 KV GKG) und die Insolvenzverwaltervergütung einschließlich der Auslagen (§§ 54 Nr. 2 InsO, 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 2, 8 Abs. 3 InsVV) bei 22.763 Euro. Nach Abzug dieser Beträge würden für die Insolvenzgläubiger selbst unter Berücksichtigung der weiteren, vom Antragsteller nur unzureichend dargelegten Masseverbindlichkeiten (§ 53 InsO) knapp 39.000 Euro verbleiben. Damit ergäbe sich eine Quote von rund 24 v.H. Bei einer so hohen Quotenverbesserungsaussicht ist den Insolvenzgläubigern ohne weiteres die Zahlung des Kostenvorschusses zuzumuten. Zudem erscheint das Verhältnis zwischen der Höhe der zu bevorschussenden Kosten und dem auf die Insolvenzgläubiger entfallenden Teil des Prozeßertrages sehr günstig. Die Kosten machen nur 4.495,50 Euro (§ 34 Abs. 1 GKG, Nr. 1210 KV GKG, §§ 13 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, Nr. 3100, 3104 und 7002 VV RVG) und damit weniger als ein Achtel der zu erwartenden Prozeßdividende aus. Umsatzsteuerbeträge von den Kosten des Prozeßbevollmächtigten (Nr. 7008 VV RVG) und des Insolvenzverwalters (§ 7 InsVV) belasten die Masse wegen der Vorsteuerabzugsmöglichkeit (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG) der Insolvenzschuldnerin nicht.

Davon abgesehen stellt sich die Frage nach der Zumutbarkeit der Kostenbeteiligung der Insolvenzgläubiger regelmäßig erst dann, wenn der Insolvenzverwalter vergeblich versucht hat, sie zur Übernahme der Kosten zu bewegen (KG InVo 2000, 202). Anders mag es sich nur verhalten, wenn die Bereitschaft der Insolvenzgläubiger zur Bevorschussung der Kosten von vornherein ausgeschlossen erscheint, weil sie wirtschaftlich offensichtlich ganz sinnlos ist, so daß die Anfrage des Verwalters lediglich als Einhaltung einer nutzlosen Förmlichkeit erschiene. Dies ist hier nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat derartige Versuche bislang offenbar nicht unternommen, so daß ihm die erbetene Prozeßkostenhilfe auch deshalb versagt werden muß.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlaßt.

gez. Braun
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