Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
5 W 32/11;
Verkündet am: 
 18.03.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
11 O 2212/10
Landgericht
Magdeburg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Zur Ermittlung der Vermögensmasse, aus der der Insolvenzverwalter gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO die Kosten seiner Prozessführung aufzubringen hat
Leitsatz des Gerichts:
Zur Ermittlung der Vermögensmasse, aus der der Insolvenzverwalter gem. § 116 S. 1 Nr. 1 ZPO die Kosten seiner Prozessführung aufzubringen hat.
In der Prozeßkostenhilfesache
…

hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 18. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Braun, die Richterin am Oberlandesgericht Ewald und den Richter am Landgericht Dr. Fichtner beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß der 11. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2011 wird zurückgewiesen.


Gründe:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Magdeburg vom 31. Januar 2011 ist zulässig (§§ 127 Abs. 2 Sätze 2 und 3, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO), aber unbegründet.

Das Landgericht hat dem Antragsteller die erbetene Prozeßkostenhilfe im Ergebnis zu Recht versagt, weil die Voraussetzungen des § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO, unter denen einem Insolvenzverwalter Prozeßkosten bewilligt werden darf, nicht erfüllt sind.

Die Prozeßkostenhilfebewilligung für einen Insolvenzverwalter setzt stets voraus, daß die liquide Masse, bestehend aus den vorhandenen Barmitteln und Bankguthaben sowie den kurzfristig zu liquidierenden sonstigen Massegegenständen, nicht zur Bezahlung der für das beabsichtigte Verfahren zu bevorschussenden Kosten ausreicht. Soweit liquide Masse vorhanden ist, muß sie allerdings nur insoweit für die Bezahlung der Verfahrenskosten eingesetzt werden, als sie nicht zur Deckung der bisher schon begründeten und der unausweichlich noch entstehenden Masseverbindlichkeiten (§§ 54 f. InsO) benötigt wird (Zöller-Philippi, ZPO, 28. Aufl., § 116 Rn. 4 m. w. Nachw.). Hierfür kommt es nicht allein darauf an, ob die derzeit vorhandene liquide Masse hinter dem Gesamtbetrag der voraussichtlichen Masseverbindlichkeiten zurückbleibt. Auch wenn dies der Fall ist, müssen die liquiden Mittel zur Bezahlung der Prozeßkosten verwandt werden, sofern die Masseverbindlichkeiten nach dem vom Insolvenzverwalter aufzustellenden Finanzplan aus künftigen Massezuflüssen bedient werden können. Insbesondere darf der Insolvenzverwalter von der liquiden Masse nicht ohne weiteres den Kostenbetrag (§ 54 InsO) zurückbehalten, der sich ergeben wird, wenn die gesamte Masse mit dem geschätzten künftigen Endergebnis verwertet werden sollte. Die vorhandenen liquiden Mittel müssen lediglich die Kosten decken, die auf der bisher erwirtschafteten Berechnungsgrundlage (§§ 58 Abs. 1 GKG, 1 Abs. 1 InsVV) bereits angefallen und vorrangig vor den Prozeßkosten zu bezahlen sind. Soweit der Insolvenzverwalter künftige Massezuflüsse und damit einhergehende Erhöhungen der Berechnungsgrundlage erwartet, sind für die sich daraus ergebenden Mehrkosten keine Rückstellungen zu bilden, denn diese zusätzlichen Kosten können stets aus dem Massezuwachs bezahlt werden, durch den sie verursacht wurden.

Nach dem Vortrag des Antragstellers ist die Masse danach nicht bedürftig. Er verfügt über Barmittel in Höhe von 22.577,26 Euro. Die bisher entstandenen, vorab aus dem vorhandenen Barbestand zu bezahlenden Massekosten (§§ 53 f. InsO) belaufen sich auf 17.128,33 Euro. Die Berechnungsgrundlage für die Massekosten (§§ 1 Abs. 1 InsVV, 58 Abs. 1 und 2 GKG) liegt derzeit bei 34.296,41 Euro, nämlich den vom Antragsteller genannten 55.409,38 Euro abzüglich der in dieser Summe enthaltenen künftig erwarteten Zuflüsse. Somit ergeben sich Gerichtskosten von 1.107 Euro (§ 34 Abs. 1 GKG, Nr. 2310 und 2320 KV GKG) und eine Insolvenzverwaltervergütung einschließlich der Auslagen (§§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2, 8 Abs. 3 InsVV) in Höhe von insgesamt 16.021,33 Euro.

Der Kostenvorschuß für die beabsichtigte Rechtsverfolgung beträgt lediglich 1.273 Euro (§ 34 Abs. 1 GKG, Nr. 1210 KV GKG, §§ 13 Abs. 1, 23 Abs. 1 Satz 1 RVG, Nr. 3100, 3104 und 7002 VV RVG) und bleibt damit um 4.175,93 Euro hinter der nach Abzug der Massekosten verbleibenden liquiden Masse von 5.448,93 Euro zurück. Umsatzsteuerbeträge von den Kosten des Prozeßbevollmächtigten (Nr. 7008 VV RVG) und des Insolvenzverwalters (§ 7 InsVV) belasten die Masse wegen der Vorsteuerabzugsmöglichkeit (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG) des Insolvenzschuldners nicht.

Der Antragsteller hat keine 4.175,93 Euro übersteigenden sonstigen Masseverbindlichkeiten, die gegenüber den Prozeßkosten vorrangig zu bezahlen wären, nachvollziehbar dargetan und belegt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, daß die offenbar nur geschätzten Steuerberatungskosten anfallen werden. Die voraussichtlich zur Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners durch den Insolvenzverwalter (§ 34 Abs. 1 und 3 AO) aufzuwendenden Steuerberaterkosten können zwar bei der Ermittlung der Bedürftigkeit der Masse und der Zumutbarkeit der Kostenaufbringung durch die Insolvenzgläubiger zu berücksichtigen sein. Es entspricht sachgerechter Amtsführung eines Insolvenzverwalters, sich für steuerliche Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern, der Hilfe eines Steuerberaters zu bedienen (BGH ZIP 2004, 1717 m. w. Nachw.). Dies gilt insbesondere für die Gewinnermittlung eines Gewerbetreibenden als Grundlage der Einkommen- (§§ 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, 4 ff. EStG) oder Körperschaftsteuererklärung (§§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 KStG), jedenfalls soweit die wirtschaftlichen Verhältnisse des Insolvenzschuldners nicht leicht zu überschauen sind. Allerdings obliegt es dem Insolvenzverwalter auch zu versuchen, auf § 34 Abs. 3 AO gestützte Anordnungen abzuwenden, etwa indem er sich mit der Finanzverwaltung auf eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen verständigt. Soweit nicht erkennbar ist, daß die Finanzverwaltung ihn zur Vorlage einer aufwendigen Gewinnermittlung heranziehen wird, dürfen bei der Berechnung der Bedürftigkeit der Masse keine Rückstellungen für die dazu nötigen Aufwendungen gebildet werden. Zudem deutet nichts darauf hin, daß die Jahresabschlüsse und die Steuererklärungen der Insolvenzschuldners angesichts des bescheidenen Umfangs seiner Geschäfte so schwer zu erstellen sind, daß der Antragsteller dazu auf Kosten der Masse einen Steuerberater beschäftigen muß. Wer geeignet ist das Amt des Insolvenzverwalters auszuüben, kann einfache steuerliche Pflichten auch selbst erfüllen.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 127 Abs. 4 ZPO nicht veranlaßt.

gez. Braun gez. Ewald gez. Dr. Fichtner
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM