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Text des Urteils
9 AZR 3/09;
VerkĂŒndet am: 
 23.02.2010
BAG Bundesarbeitsgericht
 

Vorinstanzen:
22 Sa 2174/07
Landesarbeitsgericht
Berlin-Brandenburg;
RechtskrÀftig: unbekannt!
Redakteurin - Versetzung - (begrenztes) Direktionsrecht hinsichtlich Versetzungen
Leitsatz des Gerichts:
Die Klausel im Arbeitsvertrag einer Redakteurin, ihr andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben zuweisen zu dĂŒrfen, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Versetzung in eine Service- und Entwicklungsredaktion, sofern sie dort fĂŒr neue Verlagsprodukte ausschließlich TestbeitrĂ€ge erarbeiten muss. EntwicklungstĂ€tigkeit ist nach allgemeinem VerstĂ€ndnis keine redaktionelle oder journalistische Aufgabe.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 4. Juli 2008 - 22 Sa 2174/07 - wird zurĂŒckgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.



Tatbestand
1
Die Parteien streiten ĂŒber die Wirksamkeit einer Versetzung sowie die Verpflichtung der Beklagten, die KlĂ€gerin am bisherigen Arbeitsplatz zu beschĂ€ftigen.

2
Die Beklagte gibt ua. die Tageszeitung „DIE WELT“ heraus.

Die KlÀgerin ist bei ihr seit dem 1. November 1994 als Redakteurin beschÀftigt.

Im „Redakteurvertrag“ vom 31. Oktober 1994 heißt es wie folgt:

㤠1 Arbeitsgebiet

1. Frau S

wird als Redakteurin angestellt

und in der Redaktion DIE WELT tÀtig sein.

2. Der Verlag behĂ€lt sich vor, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten zu ĂŒbertragen, wenn es dem Verlag erforderlich erscheint und fĂŒr den Redakteur zumutbar ist.

§ 2 GrundsÀtzliche Haltung der Zeitung

DIE WELT

hat folgende grundsÀtzliche Haltung:

- das unbedingte Eintreten fĂŒr den freiheitlichen Rechtsstaat Deutschland als Mitglied der westlichen Staatengemeinschaft und die Förderung der EinigungsbemĂŒhungen der Völker Europas;

- das HerbeifĂŒhren einer Aussöhnung zwischen Juden und Deutschen; hierzu gehört auch die UnterstĂŒtzung der Lebensrechte des israelischen Volkes;

- die Ablehnung jeglicher Art von politischem Totalitarismus;

- die Verteidigung der freien sozialen Marktwirtschaft.

Der Redakteur ist zur Einhaltung dieser Richtlinien verpflichtet.

§ 3 BezĂŒge

1. Der Redakteur wird in die Tarifgruppe III a des Gehaltstarifvertrages fĂŒr Redakteure an Tageszeitungen eingestuft.

...

§ 6 Versicherung

Der Redakteur wird nach den Bestimmungen des Tarifvertrages ĂŒber die Altersversorgung fĂŒr Redakteure an Tageszeitungen beim Versorgungswerk der Presse GmbH und bei der Versorgungskasse der Deutschen Presse versichert.

...“


3
Die KlĂ€gerin war als Redakteurin ab 1999 im Ressort Reise der Redaktion „DIE WELT“ und ab 1. Februar 2006 im Ressort Stil der „WELT am SONNTAG“ eingesetzt. Nach Bildung der Gemeinschaftsredaktion fĂŒr die Zeitungen „BERLINER MORGENPOST“, „DIE WELT“, „WELT KOMPAKT“, „WELT am SONNTAG“ und „WELT ONLINE“ (Zeitungsgruppe Berlin) wurde die KlĂ€gerin ab 1. Januar 2007 der Redaktion Reise/Stil zugeordnet. Mit Schreiben vom 19. April 2007 teilte die KlĂ€gerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1. Juli 2007 fĂŒr zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehme und wĂ€hrend dieser Zeit eine TeilzeitbeschĂ€ftigung mit 30 Stunden wöchentlich ausĂŒben wolle. Mit Schreiben vom 26. April 2007 informierte die Beklagte die KlĂ€gerin darĂŒber, dass beabsichtigt sei, sie in die neue Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen. Zuvor hatte im Dezember 2006 der Vorstand der Beklagten beschlossen, am Standort eine neue Redaktionseinheit in Form einer Service- und Entwicklungsredaktion zu grĂŒnden. Diese Redaktion wurde von der Beklagten gemeinsam mit der U GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten, gebildet. In einem Schreiben der Personalabteilung der Beklagten an den Betriebsrat heißt es hierzu ua.:

„Das Arbeitsprofil der fĂŒr die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion vorgesehenen Redakteurinnen und Redakteure entspricht den in der Protokollnotiz zu § 1 des Manteltarifvertrages fĂŒr Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen beschriebenen TĂ€tigkeiten. Da es sich um neue Units handelt, die auch neue Produkte entwickeln werden, liegt es in der Natur der Sache, dass sich eine weitere Konkretisierung erst im Laufe der Entwicklungsarbeit ergeben wird.

...

2. Entwicklungsphase:

- am 2. Mai erfolgt eine erneute Vollversammlung der S+E-Redaktion; die Leitung informiert ĂŒber die Teambildung und die vorlĂ€ufigen Teamstrukturen

...

- nach einer ersten Entwicklungsphase folgen die Produktion von Dummies, Gruppendiskussionen etc.

...

- das erste neu entwickelte Produkt sollte im Herbst in die Realisationsphase gelangen“


4
In dem ab 1. November 1989 gĂŒltigen Manteltarifvertrag fĂŒr Redakteure und Redakteurinnen an Tageszeitungen vom 28. Mai 1990 (MTV) heißt es auszugsweise:
„Protokollnotiz zu § 1 (persönlicher Geltungsbereich):

Als Redakteur/Redakteurin gilt, wer - nicht nur zum Zweck der Vorbereitung auf diesen Beruf (gleichgĂŒltig in welchem RechtsverhĂ€ltnis) - kreativ an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmĂ€ĂŸig in der Weise mitwirkt, dass er/sie

1. Wort- und Bildmaterial sammelt, sichtet, ordnet, dieses auswÀhlt und veröffentlichungsreif bearbeitet, und/oder

2. mit eigenen Wort- und/oder BildbeitrÀgen zur Berichterstattung und Kommentierung in der Zeitung beitrÀgt, und/oder

3. die redaktionell-technische Ausgestaltung (insbesondere Anordnung und Umbruch) des Textteils besorgt und/oder

4. diese TĂ€tigkeiten koordiniert.“


5
Am 10. Mai 2007 erklĂ€rte sich die Beklagte mit einer TeilzeittĂ€tigkeit der KlĂ€gerin im Umfang von 30 Stunden je Woche wĂ€hrend der Elternzeit einverstanden. Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 unterrichtete die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat ĂŒber die beabsichtigte Versetzung der KlĂ€gerin mit Wirkung ab 19. Juni 2007. Der Betriebsrat Ă€ußerte hiergegen schriftlich am 25. Mai 2007 Bedenken. Mit Schreiben vom 30. Mai 2007 versetzte die Beklagte die KlĂ€gerin mit Wirkung vom 19. Juni 2007 in die Service- und Entwicklungsredaktion „fĂŒr alle dort produzierten Objekte“.

6
Bereits Ende MĂ€rz 2007 war der Betriebsrat ĂŒber die geplante Versetzung von 51 Mitarbeitern in die Service- und Entwicklungsredaktion informiert worden. Die KlĂ€gerin wurde nach mehreren GesprĂ€chen dem Team Entwicklung zugeteilt. Dort sollte sie mit zwei weiteren Redakteurinnen und einem Teamleiter eine Gesundheitsbeilage entwickeln. Zuletzt waren in der Service- und Entwicklungsredaktion noch maximal 37 Mitarbeiter beschĂ€ftigt.

7
Mit ihrer Klage wendet sich die KlÀgerin gegen die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion und verlangt ihre BeschÀftigung als Redakteurin in der Redaktion Reise/Stil.

8
Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung sei unwirksam. Sie sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst. Seit dem 25. Februar 2007 sei kein von ihr verfasster Text mehr veröffentlicht worden. Die Weisung, „Dummies“ herzustellen, sei unbillig. Im Übrigen gehe es der Beklagten um Personalabbau. UrsprĂŒnglich habe die Beklagte die Absicht gehabt, bis zu 99 Redakteurinnen und Redakteure aus ihren jeweiligen Redaktionen herauszuziehen und in die Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen. Von den betroffenen 57 Redakteuren habe sie zehn Redakteure mit AufhebungsvertrĂ€gen ausscheiden lassen. Es hĂ€tten dann 47 Redakteure ihre Versetzung erhalten. Inzwischen hĂ€tten weitere fĂŒnf Redakteure AufhebungsvertrĂ€ge geschlossen. Ein Mitarbeiter sei im Rahmen der Altersteilzeit seit MĂ€rz 2008 nicht mehr tĂ€tig. Vier weitere Mitarbeiter wĂŒrden an andere Ressorts der Berliner Zeitungsgruppe ausgeliehen. Es seien deshalb nur noch 36 Redakteure in der Service- und Entwicklungsredaktion tĂ€tig. Eine ernsthafte redaktionelle TĂ€tigkeit habe es in der Service- und Entwicklungsredaktion jedenfalls im Bereich der Entwicklung der Gesundheitsbeilage nicht gegeben.

9
Die KlÀgerin hat beantragt

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2007 angeordnete Versetzung unwirksam ist;

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unverÀnderten Arbeitsbedingungen als Redakteurin im Ressort Stil/Kunstmarkt/Reise der Redaktion WELT/WELT KOMPAKT/ WELT am SONNTAG/BERLINER MORGENPOST (Berliner Zeitungsgruppe) zu beschÀftigen.

10
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei der TĂ€tigkeit der KlĂ€gerin in der Service- und Entwicklungsredaktion handele es sich auch um eine RedakteurstĂ€tigkeit im Sinne des Arbeitsvertrags. GemĂ€ĂŸ der Protokollnotiz zu § 1 MTV reiche es aus, wenn der Redakteur seine Arbeit zur Veröffentlichungsreife bringe. Es sei nicht erforderlich, dass der Beitrag auch veröffentlicht werde. Die Beklagte verspreche sich mit der Service- und Entwicklungsredaktion den Eintritt in bestimmte Marktsegmente. Sie wolle sich im Markt mit neuen Objekten positionieren, in denen Wettbewerber bereits lĂ€nger aktiv seien. Die Service- und Entwicklungsredaktion sei deshalb nicht nur zum Schein zum Zweck des Personalabbaus gegrĂŒndet worden. Die KlĂ€gerin sei auch nicht deswegen versetzt worden, weil sie einen Antrag auf Elternzeit gestellt habe. Bei der Auswahl der zu versetzenden Redakteure hĂ€tten weder Alters- oder Leistungs- noch SchwerbehinderungsgrĂŒnde eine Rolle gespielt. Alle Redakteure seien grundsĂ€tzlich gleich geeignet fĂŒr kreative EntwicklungstĂ€tigkeit. Sie habe bei der Auswahl die jeweiligen Ressortleiter befragt, welche Mitarbeiter fĂŒr den Aufbau der Service- und Entwicklungsredaktion zur VerfĂŒgung gestellt werden könnten, ohne dass die Berichterstattung in dem Ressort leide. Die Service- und Entwicklungsredaktion produziere,


- den Veranstaltungsteil „Berlin Live“, der in der BERLINER MORGENPOST erscheine,

- die Reportageseite der BERLINER WOCHE,

- die etwa zweimonatig erscheinenden Bezirksjournale,

- die Beilage „Gesund“, die Anfang September 2008 erscheinen werde,

- das Magazin „Berliner Wirtschaft“ und

- sei zustĂ€ndig fĂŒr die Produktion von Bezirksbeilagen.

11
Von den 49 in die Service- und Entwicklungsredaktion versetzten Mitarbeitern seien noch 37 Mitarbeiter dort beschÀftigt.

12
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf die Berufung der KlÀgerin stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.


EntscheidungsgrĂŒnde
13
A. Die Revision ist unbegrĂŒndet.

Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begrĂŒndet.

14
I. Die Versetzung der KlĂ€gerin von der Redaktion Reise/Stil in die Service- und Entwicklungsredaktion fĂŒr alle dort produzierten Objekte mit Wirkung vom 19. Juni 2007 ist unwirksam.

15
1. Die Beklagte war nicht kraft Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO iVm. § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt, die KlÀgerin in die Service- und Entwicklungsredaktion zu versetzen.

16
a) Das Direktionsrecht der Beklagten zur Änderung der Arbeitsaufgabe folgt aus § 106 Satz 1 GewO.

Danach kann der Arbeitgeber den Inhalt der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen nÀher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

17
b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Zuweisung der TĂ€tigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion sei nicht vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst.

Die TĂ€tigkeit der Entwicklung einer Beilage entspreche nicht der TĂ€tigkeit eines Redakteurs in einem Ressort einer Tageszeitung.

Das hĂ€lt im Ergebnis einer revisionsrechtlichen PrĂŒfung stand.

Die Beklagte durfte der KlÀgerin nur RedakteurstÀtigkeiten in einem anderen Ressort einer Tageszeitung zuweisen.

18
c) Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags schuldet die KlÀgerin die TÀtigkeit einer Tageszeitungsredakteurin.

Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die TĂ€tigkeit in der Redaktion einer Tageszeitung sei dort nicht ausdrĂŒcklich genannt. Die BeschrĂ€nkung auf redaktionelle oder journalistische Aufgaben in der Redaktion einer Tageszeitung folgt aus der Auslegung des Arbeitsvertrags.

19
aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Arbeitsvertrag nicht ausgelegt.

Das ist fehlerhaft; denn § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags bedarf der Auslegung unter Beachtung der GrundsĂ€tze, die fĂŒr die Auslegung allgemeiner Vertragsbedingungen gelten.

20
Der Inhalt des Arbeitsvertrags ist von der Arbeitgeberin vorformuliert. Das ergibt sich schon aus dem Erscheinungsbild. Der Vertrag enthĂ€lt ĂŒber die persönlichen Daten der KlĂ€gerin hinaus keine individuellen Besonderheiten. Er ist auf die Verwendung fĂŒr eine unbestimmte Vielzahl angelegt. Den Inhalt solcher MustervertrĂ€ge darf das Revisionsgericht uneingeschrĂ€nkt nach §§ 133, 157 BGB auslegen (fĂŒr die st. Rspr. Senat 19. Mai 2009 - 9 AZR 145/08 - Rn. 42, AP ATG § 6 Nr. 5).

21
bb) VertrĂ€ge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit RĂŒcksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Dabei ist nach § 133 BGB ausgehend vom objektiven Wortlaut der wirkliche Wille des ErklĂ€renden zu erforschen und nicht am buchstĂ€blichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Bei der Auslegung sind alle tatsĂ€chlichen BegleitumstĂ€nde der ErklĂ€rung zu berĂŒcksichtigen, die fĂŒr die Frage von Bedeutung sein können, welchen Willen der ErklĂ€rende bei seiner ErklĂ€rung gehabt hat und wie die ErklĂ€rung von ihrem EmpfĂ€nger zu verstehen war (Senat 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 43, EzA GewO § 106 Nr. 4; 3. April 2007 - 9 AZR 283/06 - Rn. 48, BAGE 122, 33).

22
cc) Aus der Gesamtheit der arbeitsvertraglichen Regelungen wird deutlich, dass die KlÀgerin als Tageszeitungsredakteurin tÀtig werden sollte.

23
Nach § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags soll die KlĂ€gerin in der Redaktion „DIE WELT“ tĂ€tig sein. Dabei handelt es sich um eine Tageszeitung. Nach § 3 des Arbeitsvertrags erfolgte die Einstufung der KlĂ€gerin in die Tarifgruppe III a des Gehaltstarifvertrags fĂŒr Redakteure an Tageszeitungen. GemĂ€ĂŸ § 8 Ziff. 3 des Arbeitsvertrags soll § 18 MTV (Urheberrechtsregelung) Anwendung finden.

Nach § 2 des Arbeitsvertrags verpflichtete sich die KlĂ€gerin, die fĂŒr die Tageszeitung „DIE WELT“ geltenden Richtlinien („grundsĂ€tzliche Haltung“) einzuhalten.

Dazu sind regelmĂ€ĂŸig nur Redakteure verpflichtet.

24
d) Die Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion unterliegt auch unter BerĂŒcksichtigung der Klausel in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags nicht dem Direktionsrecht der Beklagten nach § 106 Satz 1 GewO.

Es kommt deshalb nicht darauf an, ob diese Klausel einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB standhĂ€lt.

25
aa) Die Beklagte hat sich die Zuweisung anderer „redaktioneller oder journalistischer Aufgaben, auch an anderen Orten und bei anderen Objekten“ in § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vorbehalten. Die Zuweisung der TĂ€tigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion ist keine andere redaktionelle Aufgabe eines Redakteurs bei anderen Objekten im Sinne dieser arbeitsvertraglichen Regelung.

26
(1) Nach allgemeinem VerstĂ€ndnis ist es die Aufgabe des Redakteurs, aus der FĂŒlle von Informationen, die fĂŒr die Leser, Zuhörer oder Zuschauer bedeutsamen BeitrĂ€ge fĂŒr die nĂ€chste Ausgabe/Sendung aufzubereiten (vgl. Berufenet der Bundesagentur fĂŒr Arbeit - Redakteur). Er erstellt somit BeitrĂ€ge, die zur Veröffentlichung bestimmt sind. Dieses VerstĂ€ndnis der Aufgaben eines Redakteurs wird durch die Protokollnotiz zu § 1 MTV bestĂ€tigt. Danach ist Redakteur, wer an der Erstellung des redaktionellen Teils von Tageszeitungen regelmĂ€ĂŸig mitwirkt. Der MTV findet zwar nicht insgesamt auf das ArbeitsverhĂ€ltnis der Parteien Anwendung. Aus der im Arbeitsvertrag vereinbarten Eingruppierung der KlĂ€gerin in die Gehaltsgruppe III a des Gehaltstarifvertrags fĂŒr Redakteure an Tageszeitungen folgt aber, dass die KlĂ€gerin als Redakteurin iSd. der Definition des MTV tĂ€tig werden sollte. Zudem berief sich die Beklagte im Rahmen der Beteiligung des Betriebsrats gemĂ€ĂŸ § 99 BetrVG darauf, die neue TĂ€tigkeit entspreche der TĂ€tigkeit einer Redakteurin gemĂ€ĂŸ der Protokollnotiz zum MTV.

27
(2) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die KlĂ€gerin als Entwicklungsredakteurin nicht die Aufgabe, zu veröffentlichende BeitrĂ€ge redaktionell zu bearbeiten. Sie sollte vielmehr im Team ein neues „Objekt“ konzipieren. Die hierfĂŒr zu erstellenden BeitrĂ€ge (TestbeitrĂ€ge, „Dummies“) sollten nicht veröffentlicht werden. Es wurden ĂŒberwiegend Blindtexte verwendet, um zunĂ€chst Format und Layout zu entwickeln. Soweit die Revision rĂŒgt, das Landesarbeitsgericht habe ĂŒbersehen, dass in der Entwicklungsphase ein vollstĂ€ndig ausgearbeitetes Objekt erstellt werden mĂŒsse, bestĂ€tigt dies die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. WĂ€hrend der Entwicklungsphase werden nur TestbeitrĂ€ge verfasst, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt waren. Dass am Ende der Entwicklung möglicherweise veröffentlichungsreife Objekte erarbeitet wurden, Ă€ndert nichts an der fehlenden Bestimmung zur Veröffentlichung wĂ€hrend der auf unbestimmte Zeitdauer angelegten Entwicklungsphase. Zudem ist nach Abschluss der Entwicklung nicht gewĂ€hrleistet, dass das neue Objekt ĂŒberhaupt vermarktet wird.

28
Die zugewiesene TĂ€tigkeit in der Service- und Entwicklungsredaktion ist deshalb keine TĂ€tigkeit als Redakteurin iSd. Direktionsrechtsklausel gemĂ€ĂŸ § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags. Die Klausel nach § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags berechtigt die Beklagte nur, dem Redakteur andere redaktionelle oder journalistische Aufgaben zu ĂŒbertragen.

Dazu reicht es entgegen der Auffassung der Revision nicht aus, dass die neue Aufgabe redaktioneller Natur ist, also eigene oder BeitrĂ€ge Dritter bearbeitet werden. Die BeitrĂ€ge mĂŒssen zumindest zur Veröffentlichung bestimmt sein. Ob sie dann tatsĂ€chlich veröffentlicht werden, bleibt der Entscheidung der Redaktion oder der Redaktionsleitung ĂŒberlassen. Diese Bestimmung zur Veröffentlichung fehlt fĂŒr die BeitrĂ€ge aus der Entwicklungsredaktion. Sie dienten nur Test- und Entwicklungszwecken.

Die KlÀgerin wurde damit rechtswidrig auf unabsehbare Zeit aus der aktuellen Berichterstattung herausgenommen.

Der Senat muss nicht entscheiden, ob eine zeitlich befristete Übertragung von Entwicklungsaufgaben vom Direktionsrecht der Beklagten umfasst sein kann. Die streitige Versetzung erfolgte ohne zeitliche BeschrĂ€nkung der Entwicklungsaufgabe. Es war auch nicht zeitlich absehbar, wann und ob ĂŒberhaupt ein entwickeltes Objekt auf dem Markt erscheinen wĂŒrde.

29
bb) Die in der Service- und Entwicklungsredaktion zu bearbeitenden „Objekte“ sind auch keine „anderen Objekte“ iSd. arbeitsvertraglichen Direktionsrechtsklausel.

30
Objekt ist das zur Veröffentlichung bestimmte Werk, fĂŒr das der Redakteur BeitrĂ€ge zu liefern hat. Das ergibt die Auslegung des Arbeitsvertrags.

Soweit § 1 Ziff. 2 des Arbeitsvertrags das Direktionsrecht des Verlags auf Aufgaben auch an anderen Objekten erweitert, wird deutlich, dass die vereinbarte Aufgabe in der Redaktion „DIE WELT“ ein Objekt bezeichnet. Objekte sind deshalb die verschiedenen veröffentlichten Verlagsprodukte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klausel damit das Direktionsrecht auf dem Objekt „DIE WELT“ vergleichbare Produkte und damit auf Tageszeitungen beschrĂ€nkt, wie das Landesarbeitsgericht annimmt. Objekte in diesem Sinne sind jedenfalls ausschließlich veröffentlichte Produkte, wie Tageszeitungen. Produkte, die noch entwickelt werden, sind lediglich mögliche kĂŒnftige Objekte. Sie haben das Stadium eines Objekts noch nicht erreicht. Daher hat die Beklagte der KlĂ€gerin mit der Versetzung in die Service- und Entwicklungsredaktion auch keine TĂ€tigkeit bei einem anderen Objekt ĂŒbertragen.

31
2. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Versetzung der KlÀgerin in die Service- und Entwicklungsredaktion billigem Ermessen nach § 106 Satz 1 GewO entsprach.

32
II. Da die Versetzung unwirksam ist, muss die Beklagte die KlÀgerin wieder auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz vorbehaltlich einer wirksamen Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz beschÀftigen.

Die Beklagte hat auch nicht geltend gemacht, der bisherige Arbeitsplatz sei nicht mehr vorhanden.

33
B. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

DĂŒwell Gallner Krasshöfer Furche Pielenz
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