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Text des Beschlusses
II ZR 98/08;
VerkĂŒndet am: 
 19.01.2009
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
6 U 530/07
Oberlandesgericht
Jena;
RechtskrÀftig: unbekannt!
Zu den Voraussetzungen einer Universalversammlung iSv. § 51 III GmbHG, bei deren Einberufung die Ladungsvorschriften nicht beachtet wurden
Leitsatz des Gerichts:
GmbHG § 51 Abs. 3

Zu den Voraussetzungen einer Universalversammlung im Sinne von § 51 Abs. 3 GmbHG, bei deren Einberufung die Ladungsvorschriften nicht beachtet worden sind, gehört nicht nur, dass alle Gesellschafter anwesend sind, sondern dass sie mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung einverstanden sind; das EinverstÀndnis kann auch konkludent erteilt werden.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 19. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart gemĂ€ĂŸ § 544 Abs. 7 ZPO

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des ThĂŒringer Oberlandesgerichts in Jena vom 10. MĂ€rz 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch ĂŒber die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurĂŒckverwiesen.

Streitwert fĂŒr das Beschwerdeverfahren: 50.000,00 €


GrĂŒnde:


Die Beschwerde ist begrĂŒndet und fĂŒhrt gemĂ€ĂŸ § 544 Abs. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur ZurĂŒckverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.

Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die - grundsĂ€tzlich zur Nichtigkeit der gefassten BeschlĂŒsse fĂŒhrenden - MĂ€ngel der Einberufung der Gesellschafterversammlung vom 29. August 2006 seien nicht geheilt worden, weil keine Vollversammlung "zur Beschlussfassung" mit EinverstĂ€ndnis des KlĂ€gers stattgefunden habe, den Anspruch der Beklagten auf GewĂ€hrung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

1. Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die hier unstreitig vorliegenden, an sich zur Nichtigkeit der auf der Gesellschafterversammlung gefassten BeschlĂŒsse fĂŒhrenden EinberufungsmĂ€ngel gemĂ€ĂŸ § 51 Abs. 3 GmbHG durch eine Vollversammlung (Universalversammlung) geheilt werden können, wobei Voraussetzung einer solchen Vollversammlung ist, dass nicht nur sĂ€mtliche Gesellschafter anwesend sind, sondern auch das Einvernehmen aller Anwesenden mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung besteht (BGHZ 100, 264, 269 f.; Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/97, DStR 1998, 348; v. 11. Februar 2008 - II ZR 187/06, ZIP 2008, 757 Tz. 18; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 18. Aufl. § 51 Rdn. 31 m.w.Nachw.; Scholz/K. Schmidt/Seibt, GmbHG 10. Aufl. § 51 Rdn. 32 f. m.w.Nachw.).

2. Das Berufungsgericht hat jedoch bei seiner Beurteilung, das Gesamtverhalten des KlĂ€gers in der Gesellschafterversammlung vom 29. August 2006 lasse die Annahme nicht zu, der KlĂ€ger sei mit der Abhaltung der Versammlung zur Beschlussfassung einverstanden gewesen, den Vortrag der Beklagten nur unvollstĂ€ndig zur Kenntnis genommen und die fĂŒr die Richtigkeit dieser Darstellung angetretenen Beweise durch Vernehmung der Zeugen nicht erhoben.

Dieser Verstoß gegen den Anspruch der Beklagten auf GewĂ€hrung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich, denn es ist nicht ausgeschlossen, dass das Berufungsgericht nach der gebotenen Befragung der Zeugen zur Annahme des EinverstĂ€ndnisses des KlĂ€gers mit der Abhaltung der Gesellschafterversammlung zum Zwecke der Beschlussfassung gelangt wĂ€re.

a) Das Berufungsgericht hat lediglich darauf abgestellt, dass die ĂŒbrigen Gesellschafter aus der Tatsache, dass der KlĂ€ger sich an den Verhandlungstisch gesetzt und ihnen gegenĂŒber eine "einladende Handbewegung" gemacht habe, nicht auf ein EinverstĂ€ndnis des KlĂ€gers – auch – mit der Beschlussfassung hĂ€tten schließen dĂŒrfen.

b) Die Beklagte hat jedoch darĂŒber hinaus mehrfach vorgetragen und durch Zeugen unter Beweis gestellt, dass dem KlĂ€ger zunĂ€chst vor Beginn der Versammlung die Tagesordnungspunkte bekannt gegeben worden seien.

Auf die "ausdrĂŒckliche" Frage, ob er mit den Tagesordnungspunkten und der DurchfĂŒhrung der Gesellschafterversammlung hierzu unter Verzicht auf jedwede Formen und Fristen einverstanden sei, habe er seine Zustimmung erteilt. Er habe sich erst nach Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte an den Verhandlungstisch gesetzt und eine Handbewegung gemacht, dass sich die ĂŒbrigen Gesellschafter ebenfalls setzen sollten, was diese - erst - daraufhin getan hĂ€tten. Der KlĂ€ger habe sodann an den Abstimmungen zu den einzelnen Tagesordnungspunkten durch Stimmenthaltung mitgewirkt und sich lediglich geweigert, das ĂŒber die Gesellschafterversammlung gefertigte Protokoll zu unterzeichnen.

c) Zwar entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass die Tatsache allein, dass ein Gesellschafter bei einer Vollversammlung anwesend ist und sich an der Abstimmung beteiligt, nicht zwingend bedeuten muss, dass von einer die EinladungsmÀngeln heilenden Vollversammlung auszugehen ist (siehe nur Sen.Urt. v. 8. Dezember 1997 - II ZR 216/97 aaO).

Es ist daher fĂŒr die Feststellung, ob der KlĂ€ger durch seine Anwesenheit und Mitwirkung an der Gesellschafterversammlung deren Abhaltung einschließlich der Beschlussfassung konkludent zugestimmt hat, von entscheidender Bedeutung, wie er sich nach Bekanntgabe der Tagesordnungspunkte, wĂ€hrend des Verlaufs der Versammlung und bei den Abstimmungen verhalten hat.

3. Die danach erforderliche tatrichterliche KlĂ€rung wird das Berufungsgericht in dem wiedereröffneten Berufungsverfahren durch WĂŒrdigung des gesamten Sachvortrags der Beklagten und durch Befragung der von der Beklagten benannten Zeugen herbeizufĂŒhren haben.

Sollte die Beweisaufnahme ergeben, dass der KlĂ€ger, wie er behauptet, nur wie paralysiert am Tisch gesessen, geschwiegen und sich nicht etwa ausdrĂŒcklich der Stimme enthalten, sondern auch insoweit nur geschwiegen habe, sprĂ€che dies eher gegen eine konkludente Zustimmung. Sollte er hingegen, wie die Beklagten behaupten, in Kenntnis der Tagesordnungspunkte und auch auf Nachfrage ausdrĂŒcklich mit der Abhaltung einer Gesellschafterversammlung zu den Tagesordnungspunkten einverstanden gewesen sein, sich zu diesen in irgendeiner Form geĂ€ußert und z.B. auf die entsprechende Frage des Versammlungsleiters ausdrĂŒcklich erklĂ€rt haben, dass er sich der Stimme zu den jeweiligen BeschlĂŒssen enthalte, wĂŒrde ein solches Verhalten auf eine konkludente Zustimmung - auch - zur Beschlussfassung hindeuten.

Goette Kraemer Strohn Caliebe Reichart
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