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Text des Urteils
XI ZR 269/06;
Verkündet am: 
 11.11.2008
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
24 U 9/06
Kammergericht (OLG Berlin)
Berlin;
Rechtskräftig: unbekannt!
Der in einer Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz enthaltene Zusatz, dass im Falle des Widerrufs des Kreditvertrages auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kommen, ist zulässig
Leitsatz des Gerichts:
HWiG § 2 Abs. 1 Satz 3 (in der Fassung vom 16. Januar 1986)

Der in einer Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz enthaltene Zusatz, dass im Falle des Widerrufs des Kreditvertrages auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kommen, ist zulässig. Auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an.
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Nobbe und den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und Maihold

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 28. Juni 2006 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen



Tatbestand:


Die klagende Bank verlangt vom Beklagten die Rückzahlung eines gekündigten Darlehens.

Der Beklagte wurde im Juni 1999 von einem Vermittler anlässlich eines Hausbesuchs geworben, mit einer Einlage von 60.000 DM der „G. …fonds GbR“ (nachfolgend: Fonds) beizutreten. Zur Finanzierung schloss er mit der Klägerin am 17. August/8. Dezember 1999 einen Vertrag über ein tilgungsfreies Darlehen in Höhe von 70.000 DM zu einem bis zum 30. August 2006 festgeschriebenen effektiven Jahreszins von 7,58%. Die Gesamtlaufzeit des Darlehens ist mit maximal 20 Jahren, der Gesamtbetrag aller Zahlungen bis zum Ende der Zinsbindung mit 27.369,72 DM angegeben. Als Kreditsicherheiten sieht der Darlehensvertrag u.a. die Verpfändung des Fondsanteils und die Abtretung einer Kapitallebensversicherung vor. Außerdem enthält der Darlehensvertrag eine vom Beklagten gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz mit folgendem Zusatz:

"Im Falle des Widerrufs kommen auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande."

Unter dem 16. August 2004 widerrief der Beklagte den Darlehensvertrag unter Berufung auf § 1 Abs. 1 HWiG (Vorschriften des HWiG jeweils in der Fassung vom 16. Januar 1986) mit der Behauptung, zur Abgabe der Darlehensvertragserklärung aufgrund einer Haustürsituation bestimmt worden zu sein. Außer der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages macht er geltend, er sei durch Angaben im Fondsprospekt über die wirtschaftliche Situation des Fonds und die erzielbaren Einnahmen arglistig getäuscht worden. Die Klägerin habe insoweit einen Wissensvorsprung gehabt. Überdies fehle im Darlehensvertrag die nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG erforderliche Gesamtbetragsangabe, so dass er selbst dann, wenn dieser Formmangel durch Auszahlung der Valuta geheilt worden sei, nach § 6 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG (§§ 4 und 6 VerbrKrG jeweils in der Fassung vom 27. April 1993) lediglich den gesetzlichen Zinssatz von 4% schulde.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 36.510,62 € zuzüglich Zinsen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.


Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung - soweit für das Revisionsverfahren von Belang - im Wesentlichen ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Darlehensrückzahlungsanspruch nicht zu, weil der Beklagte seine Darlehensvertragserklärung nach § 1 Abs. 1 HWiG wirksam widerrufen habe. Der Darlehensvertragsabschluss beruhe auf einem Hausbesuch des Vermittlers. Das Widerrufsrecht des Beklagten sei nicht eine Woche nach Aushändigung der Widerrufsbeleh-rung erloschen, weil er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei. Die Widerrufsbelehrung enthalte den nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG unzulässigen Zusatz, dass im Falle des Widerrufs auch die finanzierten verbundenen Geschäfte nicht wirksam zustande kämen. Wegen dieses Zusatzes sei die gesamte Widerrufsbelehrung unwirksam.
Deshalb habe der Beklagte noch am 16. August 2004 seine Darlehensvertragserklärung widerrufen können. Die Klägerin habe auch keinen Rückforderungsanspruch nach § 3 HWiG. Bei dem Darlehensvertrag und dem Fondsbeitritt handele es sich um ein verbundenes Geschäft i.S. von § 9 VerbrKrG (in der Fassung vom 17. Dezember 1991), so dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rückabwicklung unmittelbar zwischen Kreditgeber und dem Partner des finanzierten Geschäfts zu erfolgen habe.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht einen wirksamen Widerruf der Darlehensvertragserklärung durch den Beklagten bejaht. Das Widerrufsrecht des Beklagten war zum Zeitpunkt des Widerrufs bereits erloschen.

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die dem Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG wegen eines unzulässigen Zusatzes unwirksam.

Nach Erlass des Berufungsurteils hat der erkennende Senat bereits mehrfach entschieden, dass der Zusatz, im Falle des Widerrufs einer Darlehensvertragserklärung komme auch der "Beitritt in eine Fondsgesellschaft" bzw. der "verbundene Kaufvertrag" nicht wirksam zustande, keine unzulässige andere Erklärung i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG ist, wenn - was nach den nicht angegriffenen, fehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts auch hier der Fall ist - der Fondsbeitritt mit dem seiner Finanzierung dienenden Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft i.S. des § 9 Abs. 1 VerbrKrG bildet (Senat BGHZ 172, 157, 161 ff. Tz. 11 ff. und Senatsurteile vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 Tz. 12 ff., XI ZR 68/07, Tz. 13 ff., XI ZR 215/07, Tz. 13 ff. und XI ZR 381/07, Tz. 13 ff.). Wie der Senat dort näher ausgeführt hat, bedarf das Zusatzverbot des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG der teleologischen Reduktion. Der genannte inhaltlich zutreffende Zusatz ist bei einem verbundenen Geschäft eine sinnvolle Ergänzung der Widerrufsbelehrung, weil er den rechtsunkundigen Verbraucher auf die weiteren Rechtsfolgen seines Widerrufs nach § 1 Abs. 1 HWiG hinweist und somit dessen besondere Tragweite und Bedeutung verdeutlicht. Die Neuregelung des § 358 Abs. 5 BGB schreibt deshalb einen entsprechenden Hinweis nunmehr sogar für alle Widerrufsbelehrungen vor (BGHZ 172, 157, 163 Tz. 16). An diesen Ausführungen, die auch vom Beklagten nicht angegriffen werden, ist festzuhalten.

Dass der mit dem Darlehensvertrag verbundene Fondsbeitritt in dem Zusatz zur Widerrufsbelehrung nicht konkret benannt, sondern nur als finanziertes verbundenes Geschäft bezeichnet worden ist, ist unschädlich. Auf die genaue rechtliche Qualifikation und Bezeichnung des verbundenen Anlagegeschäfts kommt es nicht entscheidend an (Senatsurteil vom 11. März 2008 - XI ZR 317/06, WM 2008, 828, 829 f. Tz. 17). Da die Darlehensvaluta ausweislich des Darlehensvertrages zur Finanzierung der "Gesellschaftsanteile … GbR" Verwendung finden sollte, war auch für den Beklagten klar, dass mit dem verbundenen Geschäft nur der Fondsbeitritt gemeint sein konnte.

2. Die einwöchige Widerrufsfrist begann danach mit Aushändigung der Widerrufsbelehrung und war bei Erklärung des Widerrufs durch den Beklagten am 16. August 2004 bereits abgelaufen.

III.


Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Entscheidung reif ist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Das Berufungsgericht wird sich unter dem Gesichtspunkt eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten wegen eines eigenen vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens der Klägerin, insbesondere auch mit der Behauptung des Beklagten befassen müssen, er sei durch unrichtige Angaben im Fondsprospekt über die wirtschaftliche Situation des Fonds, insbesondere bereits eingetretene Verluste und die erzielbaren jährlichen Einnahmen des Fonds arglistig getäuscht worden, die Klägerin habe insoweit einen Wissensvorsprung gehabt. Die Beweislast auch für den Wissensvorsprung der Klägerin trifft den Beklagten, es sei denn, die Kenntnis der Klägerin von einer evidenten arglistigen Täuschung des Beklagten durch den Fondsprospekt wird wegen eines institutionellen Zusammenwirkens der Klägerin mit den Prospektverantwortlichen nach den Grundsätzen des Senatsurteils vom 16. Mai 2006 (BGHZ 168, 1, 22 ff. Tz. 51 ff.) vermutet.

Wenn sich die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs des Beklagten nicht feststellen lassen, wird das Berufungsgericht auch noch der Frage nachzugehen haben, ob der Darlehensvertrag die nach § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG erforderliche Gesamtbetragsangabe enthält. Auf die Senatsurteile vom 8. Juni 2003 (BGHZ 159, 270 ff.), vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 252, 262 ff. Tz. 24 ff. und BGHZ 167, 239, 243 ff. Tz. 12 ff.), vom 9. Mai 2006 (XI ZR 119/05, WM 2006, 1243, 1245 f. Tz. 25 ff.) und vom 19. Februar 2008 (XI ZR 23/07, WM 2008, 681, 682 Tz. 12 ff.) wird besonders hingewiesen.

Nobbe Joeres Mayen Ellenberger Maihold
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