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Text des Beschlusses
6 Ta 157/2000;
Verkündet am: 
 05.02.2001
LAG Landesarbeitsgericht
 

Erfurt
Vorinstanzen:
5 Ca 985/00
Arbeitsgericht
Suhl;
Rechtskräftig: unbekannt!
Der Verweis in Anlage 1 zu § 12 ArbGG Nr. 9301 auf die nicht (mehr) existente Nr. 1905 der Anlage 1 zum GKG ist als Verweisung auf Nr. 1952 der Anl. 1 zum GKG zu verstehen
Leitsatz des Gerichts:
1. Der Verweis in Anlage 1 zu § 12 ArbGG Nr. 9301 auf die nicht (mehr) existente Nr. 1905 der Anlage 1 zum GKG ist als Verweisung auf Nr. 1952 der Anl. 1 zum GKG zu verstehen.

2. Die bisher vom Gesetzgeber in der Anlage 1 zu § 12 ArbGG nicht nachvollzogene Änderung der Numerierung der Gebührentatbestände der Anlage 1 zum GKG durch das zweite Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und anderer Gesetze vom 16. Juli 1998 (BGBl. 1 S. 1827, 1837 ff) Art. 18 Ziff. 6 Buchstabe d führt nicht zum Wegfall der Gebühr bei Zurückweisung einer Beschwerde im PKH-Verfahren.
Entscheidungstenor


G r ü n d e


I


Mit der am 19. Juni 2000 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger Vergütungsansprüche für die Monate April und Mai 2000 geltend gemacht.

Mit Schriftsatz vom 01. August 2000 bestellten sich seine Prozessbevollmächtigten, die im Gütetermin vom 03. August 2000 einen Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung stellten mit dem Versprechen, eine Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse nachzureichen.

Am 15. August 2000 reichten sie eine solche Erklärung ein. Am 17. August 2000 hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Erklärung unzureichend sei und eine Nachfrist bis zum 30. September 2000 für die Einreichung einer nunmehr ordnungsgemäßen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt.

Am 08. September 2000 ging eine solche Erklärung ein, woraufhin das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 18. September 2000 die beantragte Prozesskostenhilfe versagt hat mit der Begründung, vier der vom Kläger aufzubringenden Monatsraten überstiegen die Kosten des Verfahrens.

Gegen diesen Beschluss hat die Klägervertreterin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag,

1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Suhl vom 18.09.2000, Az.: 5 Ca 985/00, wird abgeändert.

2. Dem Antragsteller wird für die erste Instanz Prozesskostenhilfe bewilligt und die Unterzeichnende zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte als Rechtsanwältin beigeordnet.

Zur Begründung trägt der Beschwerdeführer zunächst vor, die Einkommensverhältnisse hätten sich nach Erlass des Beschlusses des Arbeitsgerichtes zu seinen Ungunsten geändert.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen sondern sie dem Beschwerdegericht vorgelegt.

Auf die Hinweise und Auflagen aus der gerichtlichen Verfügung vom 05. Januar 2001 hin trägt der Beschwerdeführer nunmehr vor, die Einkommensverhältnisse hätten sich nur zum Teil zu seinen Lasten verändert, weil erst nach dem Gütetermin die Lohnsteuerkarte beim neuen Arbeitgeber eingereicht werden konnte, was im Ergebnis zu höheren Lohnsteuerabzügen geführt habe. Aus diesem Grunde hätten die tatsächlichen Vermögensverhältnisse auch nicht zum Gütetermin dargelegt werden können. Im Übrigen handele es sich um Ausgaben, die auf Grund bereits länger zurückliegender Vertragsabschlüsse (Lebensversicherungen) getätigt werden müssten.

II


Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte Beschwerde gegen den Beschluss über die PKH-Bewilligung ist als unbegründet zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde im Ergebnis zu Recht nicht abgeholfen.

Die Rückwirkung eines PKH-Bewilligungsbeschlusses ist doppelt begrenzt, nämlich durch die Einreichung und durch die Begründung des Antrages. Für die Zeit nach Antragstellung kann PKH rückwirkend auf den Zeitpunkt bewilligt werden, in dem der Antragsteller einen formgerechten Antrag gestellt hat, die Erklärung über seine wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse vollständig und entsprechend den Vorgaben des Formulars ordnungsgemäß ausgefüllt vorgelegt und die nach § 117 ZPO notwendigen Belege beigefügt hat (vgl. statt vieler Thüringer Landesarbeitsgericht Beschluss vom 10. September 1996 - 8 Ta 125/96 - m. w. N.). Bevor nicht sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung der Prozesskostenhilfe vorliegen, kann das Gericht den Antrag nicht positiv bescheiden. Eine weitergehende Rückwirkung widerspräche dem Antragsprinzip, das dem Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zugrunde liegt.

Liegen diese Voraussetzungen allerdings bis zum Abschluss der Instanz nicht vor, kommt in der Regel eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr in Betracht. Zwar ist grundsätzlich eine auf den Zeitpunkt der Antragstellung rückwirkende Bewilligung auch möglich, wenn inzwischen ein Vergleich abgeschlossen worden ist; Voraussetzung ist allerdings, dass die Bewilligungsunterlagen bereits vorlagen (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 119 Rz. 39 und 39 a; Thüringer Landesarbeitsgericht Beschluss vom 10. September 1996 - 8 Ta 125/96). Ausnahmen werden gemacht, wenn das Gericht die Nachreichung der Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist gestattet und diese Frist gewahrt wird (vgl. Zöller/Philippi a. a. O.).

Hier liegen die Voraussetzungen für eine Prozesskostenhilfebewilligung im oben genannten Sinne nicht vor. Der Beschwerdeführer hat im Gütetermin vom 03.08.2000 den Prozesskostenhilfebewilligungsantrag gestellt. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er nicht mit eingereicht. Am selben Tag endete die Instanz durch Abschluss eines unwiderruflichen Vergleiches. Das Gericht hatte vorab keine Nachfrist zum Einreichen der Bewilligungsunterlagen gesetzt. Damit lag zum Abschluss der Instanz Bewilligungsreife nicht vor, weshalb das Arbeitsgericht schon aus diesem Grunde die Bewilligung von Prozesskostenhilfe hätte ablehnen können.

Das widerspricht auch nicht den Grundsätzen des fairen Verfahrens (vgl. dazu Beschluss Thüringer Landesarbeitsgericht vom 09. März 1999 - 6 Ta 24/99 -).

Ausweislich der Äußerung des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers im Gütetermin war diesem bewusst, dass noch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fehlt. Er hat auch im Beschwerdeverfahren nicht dargelegt, weshalb es ihm nicht möglich gewesen sein soll, diese Erklärung rechtzeitig bis zum Gütetermin abzugeben. Trotz des hierauf abzielenden Hinweises des Gerichtes vom 05. Januar 2001 unter Ziff. 1 sind gehaltvolle Ausführungen des Beschwerdeführers hierzu nicht gekommen. Er begründet allein, weshalb er die sich nach dem Gütetermin ergebenden Veränderungen seines Lohnsteuerabzuges nicht bis zum 03. August 2000 habe angeben können. Das überzeugt das Gericht nicht davon, dass er nicht bis zu diesem Termin eine den seinerzeitigen Verhältnissen entsprechenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätte abgeben können. Nur das ist verlangt. Es ist überhaupt nicht verlangt, dass der Kläger zukünftig sich ergebende Veränderungen seiner Vermögensverhältnisse in der Erklärung berücksichtigt. Dies kann ggf. im Verfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO erfolgen. Deshalb ist es völlig unerheblich, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen ist, später eintretende Einkommensveränderungen im Gütetermin zu präsentieren, sondern es kommt darauf an, dass er grundsätzlich in der Lage gewesen ist, überhaupt eine den damaligen Verhältnissen entsprechende Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzugeben. Dazu, dass er hierzu nicht in der Lage gewesen ist, hat er nichts vorgebracht.

Deshalb ist hier auch keine Ausnahme von den Grundsätzen über die Rückwirkung der PKH-Bewilligung unter dem Gesichtspunkt zu machen, dass den Antragsteller an der verzögerten Einreichung der vollständig ausgefüllten Erklärung und der Belege kein Verschulden trifft, denn auch hierzu hat der Beschwerdeführer nichts vorgebracht.

Auch ist keine Ausnahme zu machen aus Überlegungen heraus, dass das Gericht fehlerhaft und den Grundsätzen des fairen Verfahrens widersprechend gehandelt hätte. Das Gericht hat in einer solchen Situation wie im Gütetermin vom 03. August 2000 die Möglichkeit nicht aber die Pflicht, eine Nachfrist zur Einreichung der Unterlagen zu gewähren.

Im Übrigen könnte sich der Kläger auch hierauf nicht berufen, weil die von ihm nachgereichte Erklärung nicht ausreichend wahr und eine weitere Fristsetzung ohnehin nicht geboten war. Aus dem Gesichtspunkt heraus, dass das Arbeitsgericht dennoch, ob schon Entscheidungsreife im Sinne einer Ablehnung des Prozesskostenhilfebewilligungsantrages vorlag, eine Nachfrist zur Einreichung einer weiteren Erklärung bis zum 30. September 2000 gewährt hat, kann der Beschwerdeführer auch keine Rechte für sich herleiten, denn nunmehr steht fest, dass nach seinem eigenen Vorbringen auch diese Erklärung inhaltlich unzutreffend gewesen ist. Hinsichtlich der nunmehr reklamierten Vermögensverhältnisse (Zahlungen auf Lebensversicherungsverträge) trägt der Beschwerdeführer im Beschwerderechtszug vor, dass es sich dabei schon um 1999 abgeschlossene Verträge handelt, die schon in der Erklärung bis zum 30.09.2000 hätten angegeben werden können.

Der Beschwerdeführer hat gem. Nr. 9301 der Anlage 1 § 12 ArbGG i. V. mit Nr. 1952 der Anlage 1 zum GKG eine Festgebühr von DM 50,00 zu zahlen. Zwar verweist die Nr. 9301 der Anlage 1 zu § 12 ArbGG nicht ausdrücklich auf die Nr. 1952 der Anlage 1 zum GKG, sondern auf deren Nr. 1905. Gemeint ist mit dieser insofern als Falschbezeichnung anzusehenden Nr. 1905 jedoch die Nr. 1952. Das gibt die Auslegung der Vorschrift. Zum Zeitpunkt der aktuellen Fassung der Anlage 1 zu § 12 ArbGG Nr. 9301 war der Gebührentatbestand der Festgebühr in Höhe von 50,00 DM für die Verwerfung oder Zurückweisung einer Beschwerde gegen eine Entscheidung im Verfahren über die Prozesskostenhilfe in der Anlage 1 zum GKG mit der Nr. 1905 bezeichnet. Aufgrund nachfolgender Änderungen des GKG wurde dieser identisch gebliebene Gebührentatbestand zunächst zur Nr. 1907 und durch die Änderung durch das zweite Gesetz zur Änderung des Patentgesetzes und andere Gesetze vom 16. Juli 1998 (BGBl. I S. 1827, 1837 ff) Art. 18 Ziff. 6 Buchstabe d wurde der gesamte Hauptabschnitt der Anlage 1 zum GKG, in welchem dieser Gebührentatbestand aufgeführt ist, neu gefasst. Dadurch enthielt der weiterhin identisch gebliebene Gebührentatbestand in der Anlage 1 zum GKG die Nr. 1952. Der Gesetzgeber hat diese Änderung der Normen, auf die durch die Anlage 1 zu § 12 ArbGG verwiesen wird, bei der Verweisungsnorm noch nicht nachvollzogen. Erkennbar ist jedoch dies nicht Ausdruck des Willens, im Arbeitsgerichtsverfahren den Gebührentatbestand zu streichen, sondern es handelt sich hierbei lediglich um ein Versehen oder auch um eine Nachlässigkeit des Gesetzgebers. Der Verweisung in der Anlage 1 zu § 12 ArbGG Nr. 9301 auf die Anlage 1 zum GKG unter der Benennung der dortigen Nr. 1905 macht hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber im Arbeitsgerichtsverfahren bei Verwerfung oder Zurückweisung einer Beschwerde in die Prozesskostenhilfesachen die Gebühr anfallen und entstehen lassen wollte, die hierfür auch im Verfahren bei der ordentlichen Justiz gem. der Anlage 1 zum GKG entsteht. Dem Gesetzgeber kam es nicht auf eine bestimmte Nummerierung, sondern auf die Verweisung auf den entsprechenden Gebührentatbestand an. Dadurch, dass die Nummerierung dieses identisch gebliebenen Gebührentatbestandes sich geändert hat, ändert sich an der Rechtslage nichts. Die Bezeichnung "1905" in der Nr. 9301 der Anlage 1 § 12 ArbGG ist demgemäß zu verstehen als "1952".

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).
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