Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Text des Beschlusses
III ZB 22/08;
VerkĂŒndet am: 
 17.09.2008
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
8 S 94/07
Landgericht
Hannover;
RechtskrÀftig: unbekannt!
Kurz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Herrmann und Wöstmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt sowie den Richter Hucke

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 18. Februar 2008 - 8 S 94/07 - wird als unzulÀssig verworfen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
Streitwert: 4.173 €


GrĂŒnde:

I.


Das Amtsgericht Hannover verurteilte den Beklagten zur Zahlung von 4.173 € an die KlĂ€gerin. Die Entscheidung wurde seinem ProzessbevollmĂ€chtigten am 22. November 2007 zugestellt. Dieser legte mit an das Landgericht Hannover - Berufungskammer - gerichtetem Schriftsatz von Samstag, dem 22. Dezember 2007, im Auftrag des Beklagten Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil ein. Infolge eines Eingabefehlers wurde der Schriftsatz jedoch per Telefax nicht an das Land-, sondern an das Amtsgericht Hannover versandt, wo er am 22. Dezember 2007 einging. Montag, der 24. Dezember 2007 war beim Amtsgericht dienstfrei. Deshalb blieb der Schriftsatz dort liegen und wurde erst nach den Weihnachtsfeiertagen am 27. Dezember 2007 an das Landgericht Hannover weitergeleitet, wo er am selben Tage einging.

Nachdem der Vorsitzende der Berufungskammer den ProzessbevollmĂ€chtigten des Beklagten mit VerfĂŒgung vom 8. Januar 2008 auf die VersĂ€umung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels hingewiesen hatte, hat dieser am 18. Januar 2008 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt, die Berufung erneut eingelegt und zugleich begrĂŒndet.

Mit Beschluss vom 18. Februar 2008 hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zurĂŒckgewiesen und seine Berufung gegen das angefochtene Urteil verworfen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beklagten.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Allerdings ist das Rechtsmittel im Übrigen nicht zulĂ€ssig. Die Rechtssache hat weder grundsĂ€tzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Insbesondere ist dem Beklagten durch die ZurĂŒckweisung des Wiedereinsetzungsantrags und die Verwerfung seiner Berufung nicht der Zugang zu dem von der Zivilprozessordnung eingerĂ€umten Instanzenzug in unzumutbarer, aus SachgrĂŒnden nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert worden (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 29. April 2004 - III ZB 72/03 - BGH-Report 2004, 1102, 1103; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - NJW 2004, 367, 368 m.w.N.).

1. Der Beklagte hat, wie er nicht in Abrede stellt, die einmonatige Frist zur Einlegung der Berufung (§ 517 ZPO) versĂ€umt, da die Berufungsschrift auch unter BerĂŒcksichtigung von § 222 Abs. 2 ZPO erst nach Ablauf dieses Zeitraums beim Berufungsgericht einging.

2. Entgegen der Auffassung des Beklagten war ihm auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der VersÀumung der Berufungsfrist zu gewÀhren. Eine Partei kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verlangen, wenn sie ohne Verschulden verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO).

a) Wie die Beschwerde selbst nicht in Zweifel zieht, beruht die versehentliche Übersendung des Berufungsschriftsatzes an das Amtsstatt an das Landgericht auf einem dem Beklagten gemĂ€ĂŸ § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seines ProzessbevollmĂ€chtigten.

b) Der zur VersĂ€umung der Berufungsfrist fĂŒhrende Kausalverlauf ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht durch einen Fehler der Justizbehörden unterbrochen worden (vgl. hierzu z.B. BVerfGE 93, 99, 115 f; BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 - VI ZB 75/03 - NJW-RR 2004, 1655, 1656). Zwar ist das vorbefasste Gericht aufgrund der einem Verfahren nachwirkenden FĂŒrsorgepflicht gehalten, einen vor Fristablauf bei ihm eingehenden, aber ersichtlich fĂŒr das Rechtsmittelgericht bestimmten Schriftsatz an dieses weiterzuleiten. Wird eine Rechtsmittelfrist versĂ€umt, obwohl der Schriftsatz so zeitig bei dem vorbefassten unzustĂ€ndigen Gericht einging, dass die rechtzeitige Weiterleitung an das Rechtsmittelgericht noch ohne weiteres erwartet werden konnte, hat dieses auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewĂ€hren (BVerf-GE aaO, S. 114 ff; BVerfG NJW 2005, 2137, 2138; BGH aaO). Jedoch darf sich die Abgrenzung dessen, was im Rahmen einer fairen Verfahrensgestaltung bei gerichtlicher FĂŒrsorge von Verfassungs wegen geboten ist, nicht nur an dem Interesse der Rechtsuchenden an einer möglichst weitgehenden Verfahrenserleichterung orientieren, sondern muss auch berĂŒcksichtigen, dass die Justiz im Interesse ihrer FunktionsfĂ€higkeit vor zusĂ€tzlicher Belastung geschĂŒtzt werden muss (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2004 aaO und Beschluss vom 5. Oktober 2005 - VIII ZB 125/04 - NJW 2005, 3776, 3777). Aus diesem Grunde ist das unzustĂ€ndige Gericht, bei dem fehlerhaft ein Rechtsmittelschriftsatz eingegangen ist, nur gehalten, den Schriftsatz im ordentlichen GeschĂ€ftsgang an das zustĂ€ndige Gericht weiterzuleiten (BVerfG NJW 2005 aaO; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2005 aaO und Beschluss vom 15. Juni 2004 aaO).

Hiernach war das Amtsgericht Hannover nicht verpflichtet, die Berufungsschrift noch am 24. Dezember 2007 an das Landgericht weiterzuleiten, und der ProzessbevollmĂ€chtigte des Beklagten durfte hierauf nicht vertrauen. Eine solche Maßnahme hĂ€tte außerhalb des ordentlichen GeschĂ€ftsgangs gelegen, da der 24. Dezember 2007 ein arbeitsfreier Tag war. Auch wenn der 24. Dezember kein gesetzlicher Feiertag ist, ist er nach § 2 Abs. 3 der NiedersĂ€chsischen Verordnung ĂŒber die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten vom 6. Dezember 1996 (Arbeitszeitverordnung - GVBl. S. 476) und gemĂ€ĂŸ § 6 Abs. 3 Tv-L dienst- beziehungsweise arbeitsfrei. Auf diese Regelungen musste das Amtsgericht seine GeschĂ€ftsorganisation einrichten. Auch der ProzessbevollmĂ€chtigte des Beklagten konnte und musste sich hierauf einstellen.

Schlick Herrmann Wöstmann Harsdorf-Gebhardt Hucke
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß AbsĂ€tze eingefĂŒgt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natĂŒrlich den Sinn verĂ€ndern.Wenn Sie vorsichtshalber zusĂ€tzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur QuelleLink zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor FrĂŒhjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM