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Text des Beschlusses
2 BvR 1093/07;
Verkündet am: 
 07.01.2008
BVerfG Bundesverfassungsgericht
 

Vorinstanzen:
2 WDB 7.06
Bundesverwaltungsgericht
;
Rechtskräftig: unbekannt!
Zu § 14 Abs. 1 Satz 2 SG, Informationsweitergabe (hier: An Sohn)
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde



des Herrn R...

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Thomas Giesen, Clemensstraße 22-24, 56068 Koblenz -

gegen

a) den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. April 2007 - BVerwG 2 WDB 7.06 -,

b) die Einstellungsverfügung des Bundesministers der Verteidigung vom 11. Mai 2006 - PSZ I 7 - 25-01-24 911/05 -


hat die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

den Richter Broß, die Richterin Osterloh und den Richter Mellinghoff


gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 7. Januar 2008 einstimmig

beschlossen:


Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.


Gründe:


1

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht gegeben ist (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, sie dient auch nicht der Durchsetzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers; denn sie hat keine Aussicht auf Erfolg.
2

1. Die Gestaltung des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen; nur bei der Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht durch die Gerichte kann das Bundesverfassungsgericht auf Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung, am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist; der Fehler muss gerade in der Nichtbeachtung von Grundrechten liegen (vgl.BVerfGE 18, 85 <92 f.>).
3

2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen umfasst das Recht, grundsätzlich selbst darüber befinden zu dürfen, wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit darstellen will (vgl.BVerfGE 35, 202 <220>; 54, 148 <155>; 63, 131 <142> ). Insbesondere soll er vor verfälschenden oder entstellenden Darstellungen seiner Person in der Öffentlichkeit geschützt werden, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch den Schutz der persönlichen Ehre (vgl.BVerfGE 54, 208 <217>; 93, 266 <290>).
4

3. Die angegriffene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt gemessen an diesem Maßstab keinen Verfassungsverstoß erkennen.

Die Bedeutung dieses Grundrechts wurde vom Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung der Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung nicht verkannt. Die Entscheidung des Gerichts bezog sich allein auf die Feststellung des Bundesministers der Verteidigung, dass der Beschwerdeführer ein Dienstvergehen begangen habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Anwendung der hier einschlägigen §§ 14, 23 des Soldatengesetzes (SG) sorgfältig den Sachverhalt dargestellt, sich mit den entsprechenden Darstellungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt und eine verhältnismäßige Rechtsfolge gewählt.
5

4. § 14 Abs. 1 Satz 1 SG verpflichtet jeden Soldaten, über die ihm bei seiner dienstlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Dabei soll diese Norm sowohl dem Schutz der betroffenen Soldaten als auch dem Schutz dienstlicher Interessen dienen (vgl. Walz, in: Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, Kommentar, 2006, § 14 Rn. 11). Diese Schutzgüter sind bei der Auslegung und Anwendung dieser Norm ebenso zu berücksichtigen wie die Grundrechte des Beschwerdeführers.
6

a) Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Tatbestand des § 14 Abs. 1 Satz 1 SG erfüllt sei, da der Beschwerdeführer bei der Kenntniserlangung und Weitergabe der Informationen über dessen Sohn und andere Soldaten in seiner dienstlichen Eigenschaft gehandelt habe. Die Verschwiegenheitspflicht des § 14 Abs. 1 Satz 1 SG habe auch gegenüber dem Sohn, an den die Informationen weitergegeben wurden, bestanden.

Gegen diese Auslegung ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

Zwar besteht im vorliegenden Fall eine enge Verbindung zwischen den privaten und beruflichen Aspekten des verfahrensgegenständlichen Vorgangs. Gleichwohl war zu berücksichtigen, dass die Informationen einerseits im Bundesministerium der Verteidigung und andererseits während einer dienstlichen Tagung ausgetauscht wurden. Auf den Inhalt der Informationen, die auch den Sohn des Beschwerdeführers betrafen, kommt es bereits ausweislich des Wortlauts des § 14 Abs. 1 Satz 1 SG nicht an.
7

b) Auch die Verneinung des Vorliegens einzelner Ausnahmetatbestände des § 14 Abs. 1 Satz 2 SG hält einer verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.

Das Bundesverwaltungsgericht bewertet den Sachverhalt so, dass es sich bei den Informationen weder um offenkundige Tatsachen, noch um solche handelt, die ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen, und begründet dies unter anderem mit den von § 14 SG geschützten Rechtsgütern Dritter und des Staates. Der diesbezügliche Vortrag des Beschwerdeführers, dass erst sein Verhalten dazu geführt habe, dass dessen Sohn seine Grundrechte hätte wahrnehmen können, vermag die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht in Frage zu stellen. Denn er kann eine mögliche Grundrechtsbetroffenheit seines Sohnes nicht zu seinen Gunsten vorbringen. Zudem ist es nicht Aufgabe des Beschwerdeführers, möglicherweise aufgetretene Verfahrensfehler eigenmächtig zu heilen. Insofern ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht weitere Erörterungen hinsichtlich einer diesbezüglichen Zuständigkeit des Beschwerdeführers unterlassen hat.
8

c) Inwiefern bei der Erörterung möglicher Rechtfertigungs- und Entschuldigungsgründe durch das Bundesverwaltungsgericht verfassungsrechtlich relevante Mängel aufgetreten sind, wird vom Beschwerdeführer bereits nicht hinreichend dargelegt. Seine diesbezügliche Rüge, dass das Bundesverwaltungsgericht in unverständlicher Weise bei der Begründung des Beschlusses von anderen Prämissen hinsichtlich der Kenntnis des ermittelnden Wehrdisziplinaranwalts als in der Tatsachendarstellung des Beschlusses ausgehe, greift nicht durch. Denn sofern dies der Fall ist, was hier offen bleiben kann, so stellt dies zwar zweifelsohne einen Mangel des Beschlusses dar. Dass dies einen Verstoß gegen Verfassungsrecht begründet, ist aber nicht erkennbar.
9

5. Es ist auch nicht erkennbar, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Überprüfung der Entscheidung die besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) unberücksichtigt gelassen hat. Sofern es einen Grundsatz gibt, dass der Dienstherr seinen Soldaten vor öffentlichen Vorwürfen zu schützen habe, ist dieser – wie sich aus den vorstehenden Erörterungen ergibt – jedenfalls vom Bundesverwaltungsgericht hinreichend berücksichtigt worden. Dass über die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung in der den Medien eigenen Art und Weise berichtet wird, ist eine nicht mit der angegriffenen Entscheidung intendierte Folge. Sollte der Beschwerdeführer hierdurch in seinen Rechten betroffen sein, steht es ihm frei, gegen die Berichterstattung in den Medien den Rechtsweg zu beschreiten.
10

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Broß Osterloh Mellinghoff
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