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Text des Beschlusses
1 StR 18/07;
VerkĂŒndet am: 
 13.02.2007
BGH Bundesgerichtshof
 

RechtskrÀftig: unbekannt!
Beschluss - Kurz
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Februar 2007

beschlossen:

Der Beschluss des Landgerichts MĂŒnchen II vom 10. November 2006, mit dem die Revision des Angeklagten gemĂ€ĂŸ § 346 Abs. 1 StPO als unzulĂ€ssig verworfen worden ist, wird aufgehoben.

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts MĂŒnchen II vom 12. Juni 2006 wird gemĂ€ĂŸ § 349 Abs. 1 StPO als unzulĂ€ssig verworfen.


GrĂŒnde:


Der Generalbundesanwalt hat zum Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts und zur Revision des Angeklagten wie folgt Stellung genommen:

"Das Landgericht hat den Angeklagten am 12. Juni 2006 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Im Anschluss an die UrteilsverkĂŒndung und nach qualifizierter Rechtsmittelbelehrung haben der Angeklagte und seine beiden Verteidiger auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet. Gleichwohl hat der Angeklagte am 19. Juni 2006 Revision eingelegt. Das Landgericht hat diese Revision mit Beschluss vom 10. November 2006 als unzulĂ€ssig verworfen, da das Rechtsmittel nicht innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO begrĂŒndet worden sei. Mit Schreiben vom 20. November 2006, eingegangen bei dem Landgericht am 22. November 2006, hat sich der Angeklagte gegen den seinen Verteidigern am 15. November beziehungsweise 17. November 2006 zugestellten Beschluss gewandt und die Entscheidung des Revisionsgerichts sowie Wiedereinsetzung nach VersĂ€umung der RevisionsbegrĂŒndungsfrist beantragt.

Der Antrag hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Die Revision des Angeklagten ist unzulÀssig, weil er wirksam auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 12. Juni 2006 haben der Angeklagte und seine Verteidiger im Anschluss an die UrteilsverkĂŒndung und nach qualifizierter Rechtsmittelbelehrung durch ausdrĂŒckliche ErklĂ€rung auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet (Bd. V Bl. 2078f. d.A.). Diese ErklĂ€rung nimmt an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil, weil sie gemĂ€ĂŸ § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt wurde. Der Rechtsmittelverzicht ist damit wirksam zustande gekommen. Er ist als Prozesshandlung grundsĂ€tzlich auch unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. nur BGHSt 45, 51, 53; BGH NStR-RR 2002, 114; BGH NJW 2002, 1436; KK-Ruß, StPO 5. Auflage 2003, § 302 Rn. 15).

Die höchstrichterliche Rechtsprechung erkennt hierzu zwar Ausnahmen an (BGHSt 45, 51, 53). So können in besonderen FĂ€llen schwer wiegende WillensmĂ€ngel aus GrĂŒnden der Gerechtigkeit dazu fĂŒhren, dass eine VerzichtserklĂ€rung von Anfang an unwirksam ist. Auch kann die Wirksamkeit des Rechtsmittelverzichts durch die Art seines Zustandekommens in Frage gestellt werden, etwa durch unzulĂ€ssige Einwirkung auf den ErklĂ€renden. Anhaltspunkte fĂŒr eine der genannten Konstellationen sind aber im vorliegenden Fall nicht erkennbar. An der VerhandlungsfĂ€higkeit des Angeklagten und damit seiner FĂ€higkeit, wirksam Prozesshandlungen vorzunehmen, bestehen keine Zweifel. Dies ist insbesondere den Feststellungen der psychiatrischen SachverstĂ€ndigen Dr. K. - zur Frage der SchuldfĂ€higkeit zu entnehmen (Bd. V Bl. 2044ff. und 2075f. d.A.; UA S. 17). Die ErklĂ€rung des qualifiziert belehrten Betroffenen ist wirksam und unwiderruflich, weil sie in voller Kenntnis von Bedeutung und Tragweite des Verzichts abgegeben worden ist (BGH Großer Senat fĂŒr Strafsachen, NJW 2005, 1440, 1446). Tatsachen, die auf eine unzulĂ€ssige Beeinflussung des Angeklagten durch andere Verfahrensbeteiligte im Zusammenhang mit der qualifizierten Belehrung schließen ließen, werden nicht substantiiert vorgetragen und werden auch aus den Akten nicht ersichtlich.

Die am 19. Juni 2006 eingelegte Revision des BeschwerdefĂŒhrers richtet sich deshalb gegen ein rechtskrĂ€ftiges Urteil und ist gemĂ€ĂŸ § 349 Abs. 1 StPO unzulĂ€ssig.

2. Diese Entscheidung zu treffen ist Sache des Revisionsgerichts, nicht die des Tatrichters. Seine Befugnis zur Verwerfung der Revision ist auf diejenigen FĂ€lle beschrĂ€nkt, in denen ein BeschwerdefĂŒhrer die fĂŒr die Einlegung und BegrĂŒndung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen nicht beachtet oder die hierfĂŒr geltenden Fristen nicht gewahrt hat (§ 346 Abs. 1 StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulĂ€ssig zu verwerfen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit MĂ€ngeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft, also etwa - wie hier - die Revision nach wirksamem Rechtsmittelverzicht zwar fristgemĂ€ĂŸ eingelegt, aber nicht begrĂŒndet worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 49. Auflage, § 346 Rdn. 2 m.w.N.).

Der Beschluss des Landgerichts vom 10. November 2006, mit dem die Revision gemĂ€ĂŸ § 346 Abs. 1 StPO als unzulĂ€ssig verworfen worden ist, ist daher aufzuheben und durch eine Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 349 Abs. 1 StPO zu ersetzen.

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die VersĂ€umung der RevisionsbegrĂŒndungsfrist ist gegenstandslos. Schon die Einlegung der Revision war unzulĂ€ssig, so dass es auf ZulĂ€ssigkeitsfragen bei der RevisionsbegrĂŒndung nicht mehr ankommt."

Dem schließt sich der Senat an.

Wahl Kolz Hebenstreit Elf Graf
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