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Text des Beschlusses
IX ZB 291/05;
VerkĂŒndet am: 
 23.11.2006
BGH Bundesgerichtshof
 

RechtskrÀftig: unbekannt!
Beschluss - Kurz
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Gero Fischer, die Richter Dr. Ganter und Vill, die Richterin Lohmann und den Richter Dr. Detlev Fischer am 23. November 2006

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 15. November 2005 wird auf Kosten des Beklagten als unzulÀssig verworfen.

Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 122.023,98 Euro festgesetzt.


GrĂŒnde:


I.

Der beklagte Rechtsanwalt, der sich in erster Instanz selbst vertreten hatte, wurde durch Urteil des Landgerichts Göttingen vom 4. August 2005 zur Zahlung von 122.023,98 Euro nebst Zinsen verurteilt. Das Urteil wurde ihm am 5. August 2005 zugestellt. Am 29. September 2005 ging eine Berufungsschrift der RechtsanwĂ€lte Dr. A. und Partner beim Oberlandesgericht Celle ein. Der Beklagte hat mit folgender BegrĂŒndung Wiedereinsetzung in die vesĂ€umte Berufungsfrist beantragt: Er habe die RechtsanwĂ€lte Dr. A. und Partner mit Schreiben vom 25. August 2005 beauftragt, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Sein Mitarbeiter habe dieses Schreiben am Abend des 25. August 2005 in den Briefkasten der Hauptpost in Göttingen eingeworfen. Dass das Auftragschreiben nicht bei den RechtsanwĂ€lten Dr. A. und Partner eingegangen sei, habe er erst bei einer telefonischen Nachfrage am 15. September 2005 erfahren.

Das Oberlandesgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurĂŒckgewiesen und die Berufung als unzulĂ€ssig verworfen, weil der Beklagte nicht dargelegt habe, dass ihn an der FristversĂ€umung kein Verschulden treffe. Er sei nĂ€mlich verpflichtet gewesen, rechtzeitig vor Ablauf der Berufungsfrist RĂŒcksprache bei den RechtsanwĂ€lten Dr. A. und Partner zu nehmen. Eine allgemeine Absprache zwischen ihm und diesen AnwĂ€lten hinsichtlich der Übernahme von Rechtsmittelmandaten habe nicht bestanden. Dass die RechtsanwĂ€lte in einer Parallelsache fĂŒr ihn Berufung eingelegt hĂ€tten, reiche insoweit nicht aus.

Mit seiner Rechtsbeschwerde rĂŒgt der Beklagte die Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Weil die RechtsanwĂ€lte Dr. A. und Partner bereits in einer Parallelsache fĂŒr ihn Berufung eingelegt hĂ€tten, sei eine Kontrolle, ob der Auftrag ĂŒbernommen werde, nicht erforderlich gewesen. Er habe sich vielmehr darauf verlassen dĂŒrfen, dass ihm eine - nicht zu erwartende - Ablehnung des Auftrags unverzĂŒglich mitgeteilt worden wĂ€re.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulÀssig. Die Rechtssache hat keine grundsÀtzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO). Verfahrensgrundrechte des KlÀgers sind nicht verletzt.

1. Ein Rechtsanwalt, der einen anderen Rechtsanwalt mit der Einlegung eines Rechtsmittels beauftragen will, hat das Auftragsschreiben rechtzeitig abzusenden und dafĂŒr Sorge zu tragen, dass der Rechtsmittelanwalt den Auftrag innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist bestĂ€tigt. Der Eingang des BestĂ€tigungsschreibens ist zu ĂŒberwachen. Bleibt die MandatsbestĂ€tigung des Rechtsmittelanwalts aus, muss der Anwalt rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist RĂŒckfrage halten. DafĂŒr hat er das mit der FĂŒhrung des Fristenkalenders betraute Personal entweder allgemein oder im jeweiligen Einzelfall anzuweisen, den Ablauf der Rechtsmittelfrist als selbststĂ€ndige Frist festzuhalten und damit dafĂŒr zu sorgen, dass die Sache ihm noch einmal vorgelegt wird, wenn sich nicht zuverlĂ€ssig feststellen lĂ€sst, dass der Rechtsmittelanwalt sich zur rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels bereit gefunden hat. Nur wenn zwischen den RechtsanwĂ€lten im Einzelfall oder allgemein abgesprochen worden ist, dass der zweitinstanzliche Anwalt einen Rechtsmittelauftrag annehmen, prĂŒfen und ausfĂŒhren wird, kann sich der erstinstanzliche Anwalt bei ordnungsmĂ€ĂŸiger BĂŒroorganisation grundsĂ€tzlich darauf verlassen, dass der Auftrag den Rechtsmittelanwalt rechtzeitig erreicht. In einem solchen Fall besteht eine Pflicht des erstinstanzlichen Anwalts zu Nachforschungen allenfalls dann, wenn sich ihm nach den konkreten UmstĂ€nden die BefĂŒrchtung aufdrĂ€ngen muss, dass mit dem Auftrag etwas nicht in Ordnung ist (BGHZ 105, 116, 119 f; BGH, Beschl. v. 25. Januar 2001 - IX ZB 120/00, NJW 2001, 1576).

2. Im vorliegenden Fall war zwischen dem beklagten Anwalt und den RechtsanwĂ€lten Dr. A. und Kollegen weder allgemein noch im konkreten Einzelfall besprochen worden, dass RechtsmittelauftrĂ€ge angenommen werden wĂŒrden. Der Auftrag in einem Parallelverfahren vermag die notwendige Absprache nicht zu ersetzen.

3. Von einer weiteren BegrĂŒndung wird gemĂ€ĂŸ § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.

Dr. Gero Fischer Dr. Ganter Vill Lohmann Dr. Detlev Fischer
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