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Text des Urteils
II ZR 230/99;
Verkündet am: 
 04.12.2000
BGH Bundesgerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
A - Urteil - Mittellang - Leitsatz
Leitsatz des Gerichts:
BGB § 666

Besteht der begründete Verdacht, daß der Verwalter des gemeinsamen Grundeigentums seinen Miteigentümern größere Beträge vorenthalten hat, so kann er sich gegenüber der auf Auskunft und Zahlung gerichteten Stufenklage nicht darauf berufen, die Miteigentümer hätten ihm in der Vergangenheit vertraut und aus Gründen familiärer Verbundenheit stillschweigend auf laufende Rechnungslegung verzichtet.
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juni 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden ist.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 19. Februar 1998 weiter abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 120.300,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18. September 1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Von Rechts wegen



Tatbestand:


Die Parteien sind Schwestern. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Auszahlung von Überschüssen aus der Verwaltung des Grundstücks F. Straße 57 in O. in Anspruch, das in der Zeit vom 1. Januar 1991 bis 26. Februar 1997 im Miteigentum beider Parteien stand und von der Beklagten verwaltet wurde.

Die Beklagte zahlte der Klägerin, deren Miteigentumsanteil ein Viertel betrug, für die Jahre 1991 bis 1995 von 1992 bis 1996 jährlich "pauschale" Beträge in unterschiedlicher Höhe, insgesamt 140.000,-- DM. Detaillierte Abrechnungen erteilte die Beklagte nicht, sie wurden von der Klägerin auch nicht verlangt. Erstmals im Januar 1996 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Rechenschaft über ihre Verwaltungstätigkeit zu legen.

Im Wege der Stufenklage hat die Klägerin Einsicht in sämtliche Verwalterunterlagen verlangt und, nachdem die Beklagte ihr diese gewährt hat, einen Zahlungsanspruch über 120.300,-- DM geltend gemacht. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 36.800,-- DM stattgegeben, das Berufungsgericht der Klägerin weitere 13.500,-- DM zuerkannt. Wegen der restlichen Forderung von 70.000,-- DM für die Jahre 1991 bis 1995 ist die Klage in beiden Instanzen erfolglos geblieben mit der Begründung, der stillschweigende Verzicht der Klägerin auf ins Einzelne gehende Abrechnungen schließe für diesen Zeitraum auch Nachforderungen aus. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 70.000,-- DM nebst Zinsen an die Klägerin.

I. Das Berufungsgericht hat auf die nach seiner Ansicht zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen, wonach in der jahrelangen Entgegennahme "runder" Beträge ohne Abrechnung ein konkludenter Verzicht auf Rechnungslegung und auf die Auszahlung konkret ermittelter Beträge liege. Ergänzend hat es auf das nahe Verwandtschaftsverhältnis der Parteien hingewiesen, das es nicht ungewöhnlich erscheinen lasse, daß "man sich bei der "Gewinnverteilung" gegenseitig weitgehend vertraut hat und nicht darauf bestehen wollte, eine mit nicht geringen Mühen verbundene Abrechnung aller einzelnen Ausgaben und Einnahmen zu erhalten". Es sei auch zu berücksichtigen, daß die Beklagte die Grundstücksverwaltung nicht gewerbsmäßig betrieben habe und offenbar darin auch nicht ausgebildet gewesen sei. Die Klägerin könne nicht damit gehört werden, daß die Beklagte im Nachhinein für die fraglichen Jahre Auskunft habe erteilen können. Denn die Klägerin gelange zu der von ihr aufgrund der nachträglichen Auskünfte der Beklagten errechneten Nachforderung nur, weil die Beklagte zu einer Vielzahl der behaupteten Ausgaben keine nachvollziehbaren Angaben mehr habe machen können. Die Beklagte habe, da sie jahrelang nicht zu detaillierten Abrechnungen aufgefordert worden sei, darauf vertrauen dürfen, daß die übrigen Miteigentümer in familiärer Eintracht auf eine derartige Abrechnungsweise verzichteten.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsgericht nimmt rechtsfehlerhaft an, daß ein stillschweigender Verzicht der Klägerin auf genaue Abrechnungen für die Jahre 1991 bis 1995 auch jegliche Nachforderung für diese Zeit ausschließt.

II. Es kann dahinstehen, ob in der mehrjährigen Entgegennahme "runder" Beträge, über die eine Abrechnung nicht erteilt und von der Klägerin auch nicht verlangt wurde, mit Rücksicht auf die enge Verwandtschaft der Parteien und die Unentgeltlichkeit der Grundstücksverwaltung durch die Beklagte ein Verzicht der Klägerin auf Auskunft und Rechenschaft, wie sie die Beklagte nach § 666 BGB schuldete, gesehen werden kann. Dieser Verzicht hätte, wie die Revision mit Recht rügt, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts jedoch nicht sämtliche Zahlungsansprüche der Klägerin umfaßt, die sich bei genauer Abrechnung ergeben hätten. Das Berufungsgericht gibt - ebenso wie bereits das Landgericht - für seine gegenteilige Annahme keine nähere Begründung. Seine sonstigen Feststellungen tragen diese Auffassung nicht. Das Verwandtschafts- und Vertrauensverhältnis der Parteien sowie die übrigen Umstände, die unentgeltliche, nicht gewerbsmäßige Tätigkeit der nicht zur Grundstücksverwalterin ausgebildeten Beklagten und die mit der exakten Abrechnung aller Einnahmen und Ausgaben verbundene Mühe, konnten allenfalls den Schluß rechtfertigen, die Klägerin habe mit dem Verzicht auf Rechenschaft stillschweigend auch auf verhältnismäßig unwesentliche Spitzen von Zahlungsansprüchen verzichtet, sei also etwa mit der Abrundung einer Summe auf einen glatten Betrag oder der Nichtberücksichtigung von Kleinbeträgen einverstanden. Für die Annahme eines weiterreichenden Verzichts der hier in Rede stehenden Größenordnung fehlt dagegen jeder Anhaltspunkt. Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben.

III. Die Beklagte schuldet der Klägerin die streitigen 70.000,-- DM. Das ergibt sich aus den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt.

Danach hat die Klägerin vorgetragen, in der Zeit von 1991 bis 1995 sei aus dem Grundstück ein Überschuß von 760.000,-- DM erwirtschaftet worden, von dem auf ihren Anteil 190.000,-- DM entfielen. Nettomieteinnahmen von insgesamt 1.086.400,-- DM stünden von ihr anerkannte Ausgaben in Höhe von 326.400,-- DM gegenüber. Von diesen Zahlen ist auszugehen, da die Beklagte der Darstellung der Klägerin nicht in erheblicher Weise entgegengetreten ist.

Die Beklagte geht bei den Nettomieten von einem um 28.800,-- DM niedrigeren Betrag aus, weil sie behauptet, insoweit habe es sich bei den Zahlungen der Mieterin M. GmbH um Nebenkostenvorauszahlungen gehandelt. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Klägerin hat eine von der Beklagten für die Grundstücksgemeinschaft mit der M. GmbH, diese ebenfalls vertreten durch die Beklagte, getroffene Vereinbarung vom 20. Januar 1993 vorgelegt, derzufolge in dem von der M. GmbH ab 1. März 1988 monatlich zu zahlenden Mietzinsbetrag von 7.800,-- DM keine Nebenkosten enthalten waren. Zu dem Widerspruch, der sich aus dieser Vereinbarung zu ihrem Vorbringen betreffend die Summe der Nettomieten ergibt, hat die Beklagte keine Erklärung vorgebracht.

Höhere als von der Klägerin zugestandene Ausgaben können nicht berücksichtigt werden, weil die Beklagte das von ihr vorgelegte Zahlenwerk nicht in der erforderlichen Weise erläutert hat. Sie hat, soweit die Klägerin die Berechtigung von Ausgabepositionen bestritten hat, nicht im Einzelnen dargelegt, daß es sich um berücksichtigungsfähige Ausgaben für das Grundstück gehandelt hat. Nachdem das Landgericht sie durch Beschluß vom 13. November 1997 auf ihre sich aus § 667 BGB ergebende Darlegungs- und Beweislast insoweit hingewiesen hatte, hat sie lediglich Zeugenbeweis angetreten dafür, daß die Positionen tatsächlich angefallen seien und sämtliche in die Abrechnung eingestellten Rechnungen Arbeiten an dem gemeinsamen Grundstück betroffen hätten. Die hierfür benannte Zeugin habe die einzelnen Abrechnungen erstellt und könne dazu auch anhand der in ihrem Besitz befindlichen Unterlagen Auskünfte erteilen. Damit ist die Beklagte ihrer Darlegungspflicht nicht hinreichend nachgekommen, wie das Landgericht in seinem Urteil vom 19. Februar 1998 zutreffend, wenngleich in bezug auf die von der Klägerin für die Jahre 1996 und 1997 erhobenen Forderungen, ausgeführt hat.

Von den der Klägerin demnach zustehenden 190.000,-- DM ist nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Parteien im Berufungsverfahren noch ein Betrag von 70.000,-- DM offen, nachdem das Landgericht die 1996 erfolgte, aber das Jahr 1995 betreffende Zahlung von 20.000,-- DM von der der Klägerin für 1996 und 1997 zustehenden Forderung abgesetzt hat.

IV. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat gemäß § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Urteils und teilweiser Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung der Berufung der Klägerin vollen Umfangs stattzugeben.

Röhricht Hesselberger Prof. Dr. Henze ist wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung gehindert Röhricht Kraemer Münke
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