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Text des Beschlusses
BVerwG 1 B 102.05;
Verkündet am: 
 09.06.2006
BVerwG Bundesverwaltungsgericht
 

Vorinstanzen:
OVG 11 A 2307/03.A
Oberverwaltungsgericht
Nordrhein-Westfalen;
Rechtskräftig: unbekannt!
Die sinngemäß auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
In der Verwaltungsstreitsache


hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 9. Juni 2006 durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts Eckertz-Höfer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Mallmann und Richter

beschlossen:

Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juli 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beigeladenen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:


1Die sinngemäß auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt voraus, dass eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgeworfen wird. Eine solche lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen.

3Die Beschwerde hält zunächst die Frage für rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig,

„ob im Falle einer staatlichen Verfolgung nach dem neuen Flüchtlingsbegriff des § 60 Abs. 1 AufenthG überhaupt eine inländische Fluchtalternative zu prüfen ist“ (Beschwerdebegründung S. 2).

4Diese Frage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt. Das Oberverwaltungsgericht verkenne die Bedeutung, die der neue Flüchtlingsbegriff in § 60 Abs. 1 AufenthG durch die Anlehnung an die Genfer Flüchtlingskonvention erhalten habe. Deren Flüchtlingsbegriff und die Auslegung dieses Begriffs durch die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Qualifikationsrichtlinie seien allein Prüfungs- und Auslegungsmaßstab hinsichtlich des § 60 Abs. 1 AufenthG. Auch sei „sicher nicht bedeutungslos“, wenn der Wortlaut dieser Vorschrift die Prüfung einer inländischen Fluchtalternative nur im Zusammenhang mit der Verfolgung durch innerstaatliche Akteure verlange.

5Damit und mit ihren weiteren Ausführungen zeigt die Beschwerde nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise auf, dass die aufgeworfene Frage der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Namentlich setzt sie sich nicht wie erforderlich mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinander. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 1 AufenthG ebenso wie früher nach § 51 Abs. 1 AuslG unabhängig davon ausschließt, ob es sich um staatliche Verfolgung oder Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure handelt (vgl. Urteile vom 8. Februar 2005 BVerwG 1 C 29.02 BVerwGE 122, 376 ; vom 12. April 2005 BVerwG 1 C 3.04 Buchholz 402.242 § 60 Abs. 1 AufenthG Nr. 2 S. 16 und vom 1. November 2005 BVerwG 1 C 21.04 DVBl 2006, 511 sowie Beschluss vom 1. März 2006 BVerwG 1 B 85.05 juris Rn. 11). Auch mit der die gleiche Auffassung vertretenden obergerichtlichen Rechtsprechung befasst sich die Beschwerde nicht (vgl. z.B. OVG Bremen, Urteil vom 23. März 2005 2 A 116/03.A juris Rn. 30; VGH München, Urteil vom 31. Januar 2005 11 B 02.31597 juris Rn. 17 ff.).

6Im Übrigen rechtfertigt der Umstand, dass in § 60 Abs. 1 AufenthG die inländische Fluchtalternative nur bezogen auf eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (Satz 4 Buchst. c) ausdrücklich als Ausschlussgrund erwähnt wird, nicht die Annahme, eine solche inländische Fluchtalternative sei im Falle staatlicher Verfolgung nicht mehr zu prüfen. Der amtlichen Begründung zufolge entspricht nämlich § 60 Abs. 1 AufenthG bis auf die ausdrücklich bezeichneten Änderungen der Vorgängerbestimmung des § 51 Abs. 1 AuslG (vgl. BTDrucks 15/420, S. 91; vgl. auch BU S. 12); insoweit war eine inländische Fluchtalternative nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu berücksichtigen. Zudem sieht Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG vor, dass bei der Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz die Mitgliedstaaten feststellen können, dass ein Antragsteller keinen internationalen Schutz benötigt, sofern in einem Teil des Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung bzw. keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht, und von dem Antragsteller vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in diesem Landesteil aufhält. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Richtlinie insoweit nur eingeschränkt für eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure umsetzen wollte. Hätte der Gesetzgeber eine solche Einschränkung beabsichtigt, so hätte er dies eindeutig zum Ausdruck gebracht. Daran fehlt es indessen. Im Übrigen schließt auch der UNHCR die Berücksichtigung einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Fällen staatlicher Verfolgung entgegen der Darstellung in der Beschwerdebegründung (S. 4, anders S. 3) nicht generell aus (vgl. Nr. 91 des Handbuchs des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gemäß dem Abkommen von 1951 und dem Protokoll von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Genf 1979; vgl. ferner Nr. 13 der UNHCR-Richtlinie zum internationalen Schutz vom 23. Juli 2003: „Interne Flucht- oder Neuansiedlungsalternative“ im Zusammenhang mit Art. 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

7Grundsätzlich klärungsbedürftig ist der Beschwerde zufolge weiter die Frage,

„ob die Russische Föderation außerhalb Tschetscheniens für tschetschenische Volkszugehörige eine hinreichend sichere Fluchtalternative bietet“ (Beschwerdebegründung S. 4).

8Wenn man davon ausgehe, dass auch nach dem neuen Flüchtlingsbegriff die Frage der inländischen Fluchtalternative zu prüfen sei, komme es entscheidend darauf an, ob die Lebensbedingungen außerhalb Tschetscheniens den Schluss auf eine hinreichende Verfolgungssicherheit dort zuließen und auch die sonstigen Anforderungen, die an eine inländische Fluchtalternative zu stellen seien, erfüllt seien.

9Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Sie zielt nämlich nicht auf eine Rechtsfrage, sondern betrifft in erster Linie die den Tatsachengerichten vorbehaltene Klärung der Verhältnisse in der Russischen Föderation. Die Beschwerde wendet sich insoweit wie auch ihre weiteren Ausführungen zeigen in der Art einer Berufungsbegründung gegen die ihrer Ansicht nach unzutreffende tatsächliche und rechtliche Würdigung in dem Urteil des Berufungsgerichts. Damit kann sie die Zulassung der Revision nicht erreichen.

10Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO).

11Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG.

Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Richter
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