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Text des Beschlusses
5 StR 540/00;
Verkündet am: 
 13.12.2000
BGH Bundesgerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
A - Beschluss - Kurz
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 13. Dezember 2000

beschlossen:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 25. Mai 2000 nach § 349 Abs. 4 StPO

a) dahin ergänzt, daß der Angeklagte im übrigen – auf die Kosten der Staatskasse, die auch seine insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen hat – freigesprochen wird,

b) soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.


G r ü n d e


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Die Revision des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Ergänzung eines gebotenen Teilfreispruchs und zur Aufhebung der Verurteilung.

1. Der Angeklagte war wegen einer Höchstzahl serienmäßig begangener gleichgelagerter Taten des sexuellen Mißbrauchs der Tochter seiner Lebensgefährtin angeklagt (vgl. BGHSt 40, 44). Der Tatrichter hat ihn – ohne insoweit von § 154 Abs. 2 StPO Gebrauch gemacht zu haben – wegen einer die angeklagte Höchtszahl unterschreitenden Anzahl von Taten verurteilt. Konsequent mußte er den Angeklagten im übrigen freisprechen (vgl. BGHSt 40, 44, 48; BGHR StPO § 260 Abs. 1 – Teilfreispruch 10 und 11). Das holt der Senat nach.

2. Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Feststellungen beruhen auf einer zwischen den Einzelfällen ungewöhnlich wenig differenzierenden, eher detailarmen Darstellung der im wesentlichen gleich gelagerten Taten durch die Nebenklägerin. Dies gestattete nicht eine die Richtigkeit ihrer Aussage stützende Wertung des Landgerichts, sie habe sich „schon im Hinblick auf ihr Alter“ – die Nebenklägerin war bei Tatbegehung 14, zur Zeit der Hauptverhandlung 15 Jahre alt – „die geschilderten Details nicht ausdenken und vor allem über eine so lange Zeit auch konstant beibehalten“ können, „wenn diese Schilderungen nicht auf realem Erleben beruhten“ (UA S. 10). Das Landgericht durfte sich danach auch in anderem Zusammenhang nicht ergänzend auf eine „detailreiche“ Schilderung der Taten stützen (UA S. 12 f.).

b) Für den Tatrichter war ein weiterer „entscheidender Gesichtspunkt“ für seine Überzeugungsbildung zur Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage der Nebenklägerin der Umstand, daß „kein plausibles Motiv für die Offenbarung der Geschehnisse erkennbar“ sei, „wenn nicht die sexuellen Verfehlungen des Angeklagten an der Geschädigten tatsächlich stattgefunden“ hätten (UA S. 10). Diese Erwägung bleibt ohne tatsächlichen Beleg, da es im Urteil an jeglichen näheren Feststellungen zu Anlaß und Umständen der Tatoffenbarung fehlt. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe erschließt sich insoweit nichts.

Offen bleibt auch, weshalb die Geschädigte nach Beginn einer Serie von Vergewaltigungen nicht versucht hat, ihre Mutter oder ihre Brüder zu alarmieren, und warum sie sich der Mutter offenbar erst nach Auszug aus der Wohnung des Angeklagten anvertraut hat.

3. Der Senat merkt folgendes an:

a) Jedenfalls bei Fehlen detaillierterer Angaben der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren oder einer markanten und unverdächtigten Offenbarungssituation – das Urteil enthält zu beiden Punkten keine Hinweise – erschiene die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens hier naheliegend. Mangels vollständiger Mitteilung der in diesem Zusammenhang relevanten Verfahrenstatsachen ist die deshalb erhobene, auf den Vortrag entsprechender Anträge und ihrer Ablehnung durch das Landgericht beschränkte Verfahrensrüge allerdings nicht zulässig begründet worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).

b) Sämtliche Anträge, deren Ablehnung als Beweisanträge mit der Revision beanstandet werden, erfüllten in Ermangelung hinreichend konkreter Beweisbehauptungen nicht die Voraussetzungen von Beweisanträgen (vgl. nur die Rechtsprechungsnachweise bei Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 46). Wäre indes die behauptete Äußerung der Nebenklägerin gegenüber einem Frauenarzt im Tatzeitraum erfolgt – was nicht explizit behauptet worden ist –, so hätte dies nach einer Wahrunterstellung jedenfalls näherer Erklärung im Urteil bedurft (vgl. BGH, Urteil vom 7. November 2000 – 1 StR 303/00 –).

c) Nach dem nachgeholten Teilfreispruch darf der neue Tatrichter den Angeklagten auch für den Fall entsprechender weitergehender Feststellungen nicht wegen mehr als fünf Taten zum Nachteil der Nebenklägerin im Tatzeitraum verurteilen. Sollte er entsprechende sexuelle Handlungen feststellen, sich indes bei manchen oder auch allen Taten nicht vom bewußten Einsatz eines Nötigungsmittels im Sinne des § 177 Abs. 1 StGB durch den Angeklagten überzeugen können und erneut nicht zur Feststellung eines Verhältnisses im Sinne des § 174 Abs. 1 Nr. 1 StGB gelangen, wird er die Taten auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 182 Abs. 2 Nr. 1 StGB zu prüfen haben.

Harms Basdorf Tepperwien Gerhardt Brause
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