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Text des Beschlusses
X ARZ 367/05;
Verkündet am: 
 10.01.2006
BGH Bundesgerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Bestimmung gemeinschaftlichen Gerichts nach § 36 I Nr. 3 ZPO nicht mehr möglich, wenn Klagen gegen Parteien mit unterschiedlichem Gerichtsstand auf Klägerantrag an unterschiedliche Gerichte bindend verwiesen
Leitsatz des Gerichts:
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 3

Die Bestimmung eines gemeinschaftlichen zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist nicht mehr möglich, wenn Klagen gegen Parteien mit unterschiedlichem Gerichtsstand bereits auf Antrag des Klägers hin an unterschiedliche Gerichte bindend verwiesen worden sind.
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, den Richter Scharen, die Richterin Mühlens und die Richter Prof. Dr. Meier-Beck und Dr. Kirchhoff

beschlossen:

Der Antrag des Antragstellers, das zuständige Gericht zu bestim-men, wird zurückgewiesen.


Gründe:


I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegner wegen fehlerhafter Beratung beim Abschluss von Anlagegeschäften auf Schadensersatz in Anspruch. Die Antragsgegnerin zu 2 bietet bundesweit Finanzprodukte an. Sie hat ihren Sitz in G. . Der Antragsgegner zu 1, der im Bezirk des Landgerichts B. wohnt, leitete in den 90er Jahren ein Institut für Finanzdienstleistungen in Ot. . Er bot im Rahmen dieser Tätigkeiten Finanzgutachten an. Nachdem der Antragsteller ein solches in Auftrag gegeben hatte, empfahl der Antragsgegner zu 1 den Abschluss von Verträgen mit der Antragsgegnerin zu 2. Am 19. Juli 1993 kam es zum Abschluss dreier Verträge, mit denen sich der Antragsteller als atypischer stiller Gesellschafter am Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft beteiligte, die mittlerweile in die Antragsgegnerin zu 2 umgewandelt wurde.

Der Antragsteller behauptet, der Antragsgegner zu 1 habe bei mehreren Gesprächen nach der Präsentation seines Finanzgutachtens erklärt, dass eine Beteiligung an der Antragsgegnerin zu 2 eine "todsichere" Kapitalanlage darstelle, die als Altersvorsorge tauglich sei; über Risiken habe der Antragsgegner zu 1 nicht aufgeklärt.

In seiner an das Landgericht O. gerichteten Klageschrift hat der Antragsteller die Auffassung vertreten, das Landgericht O. sei für die Klage gegen beide Antragsgegner örtlich zuständig, und sich zur Begründung auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Antragsgegnerin zu 2 berufen. Nach § 25 dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen sei für den Gerichtsstand der Wohnsitz des stillen Gesellschafters maßgeblich.

Mit Verfügung vom 8. Juni 2005 hat das Landgericht O. auf Bedenken gegen seine örtliche Zuständigkeit hingewiesen und einen Verweisungsantrag angeregt. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 22. Juni 2005 an seiner Rechtsauffassung hinsichtlich der Zuständigkeit des Landgerichts O. festgehalten, jedoch gleichzeitig hilfsweise die Verweisung des gesamten Rechtsstreits an das Landgericht B. , höchst hilfsweise die Verweisung des Verfahrens gegen die Antragsgegnerin zu 2 an das Landgericht G. beantragt. Mit Beschluss vom 28. Juni 2005 hat sich das Landgericht O. für örtlich unzuständig erklärt und die Sache hinsichtlich des Antragsgegners zu 1 an das Landgericht B. verwiesen. Die Klage gegen die Antragsgegnerin zu 2 hat das Landgericht O. an das Landgericht G. verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2005 an das Oberlandesgericht K. hat der Antragsteller um Bestimmung eines gemeinsamen zuständigen Gerichts für die beim Landgericht B. und Landgericht G. anhängigen Verfahren gebeten.

Das Oberlandesgericht K. hat den Antrag dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts K. ist der Antrag zurückzuweisen, weil eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die bindenden Verweisungsbeschlüsse des Landgerichts O. vom 28. Juni 2005 entgegenstünden.

II. Gemäß § 36 Abs. 3 ZPO hat ein Oberlandesgericht, das nach § 36 Abs. 2 ZPO anstelle des Bundesgerichtshofs mit der Zuständigkeitsbestimmung befasst ist, die Sache dem Bundesgerichtshof vorzulegen, wenn es in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Das vorlegende Oberlandesgericht will seiner Entscheidung die Auffassung zugrunde legen, dass die Verweisungsbeschlüsse des Landgerichts O. bindend und eine davon abweichende Zuständigkeitsbestimmung ausgeschlossen ist. Damit würde es von einer Rechtsauffassung abweichen, die das Oberlandesgericht Köln (Beschl. v. 30.04.1987, MDR 1987, 851) eingenommen hat. Das Oberlandesgericht Köln hat in dieser Entscheidung die Bestimmung des zuständigen gemeinschaftlichen Gerichts auch dann noch für zulässig gehalten, wenn nach Klage gegen mehrere Beklagte beim örtlich unzuständigen Gericht der Rechtsstreit gemäß § 281 ZPO an die Wohnsitzgerichte der Beklagten verwiesen worden ist.

III. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Die Bestimmung eines gemeinschaftlich zuständigen Gerichts ist nicht mehr möglich, wenn Klagen gegen Parteien mit unterschiedlichem Gerichtsstand bereits auf Antrag des Klägers hin an unterschiedliche Gerichte bindend verwiesen worden sind. Sinn und Zweck des § 281 Abs. 2 ZPO und der dort angeordneten Bindungswirkung ist es, zur Vermeidung unnötiger Zuständigkeitsstreitigkeiten selbst sachlich unrichtige Verweisungsbeschlüsse hinzunehmen (BGHR ZPO § 281 Abs. 2 - Begründungszwang 1; BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ARZ 8/92, NJW-RR 1992, 902; Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273; Sen.Beschl. v. 10.09.2002 - X ARZ 217/02, MDR 2002, 1446).

Das Oberlandesgericht Köln hat seinen abweichenden Standpunkt darauf gestützt, dass es Sinn und Zweck des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sei, Doppelarbeit der Gerichte und widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden. Dies rechtfertige eine praxisnahe Weiterauslegung des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Auch bei einer weiten Auslegung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ändert sich jedoch nichts an der grundsätzlich bestehenden Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 ZPO.

Von dieser sind Ausnahmen nur zu machen, wenn die Entscheidung des verweisenden Gerichts jeder Rechtsgrundlage entbehrt und deshalb objektiv willkürlich ist (Senat, NJW 1993, 1273). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Melullis Scharen Mühlens Meier-Beck Kirchhoff
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