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Text des Urteils
IX ZR 193/01;
VerkĂŒndet am: 
 21.07.2005
BGH Bundesgerichtshof
 

RechtskrÀftig: unbekannt!
RA-Pflichten, wenn Mandant nicht sicher sagen kann, wer sein Auftraggeber war (aber den Vertreter) - Beweislast zu § 179 BGB
Leitsatz des Gerichts:
BGB § 675

Zu den Pflichten eines Rechtsanwalts, der den Auftrag erhÀlt, den Anspruch eines Mandanten durchzusetzen, welcher nicht sicher benennen kann, wer von mehreren in Betracht kommenden Personen sein Vertragspartner ist.
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mĂŒndliche Verhandlung vom 23. Juni 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

fĂŒr Recht erkannt:

Auf die Revision des KlĂ€gers wird - unter Verwerfung des Rechtsmittels in Höhe von 1.249,71 DM nebst Zinsen - das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts MĂŒnchen vom 31. Mai 2001 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil des KlĂ€gers erkannt hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch ĂŒber die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurĂŒckverwiesen.

Von Rechts wegen


Tatbestand:


Der KlÀger verlangt von den beklagten RechtsanwÀlten Schadensersatz, weil es ihnen nicht gelungen sei, einen ihm zustehenden Honoraranspruch durchzusetzen.

Seiner Darstellung nach hatte er am 7. Juli 1993 mĂŒndlich den Auftrag erhalten, eine "Management-Analyse" in den neuen BundeslĂ€ndern durchzufĂŒhren, die leitende Mitarbeiter zu privatisierender Gesellschaften betraf. Den Auftrag hatte der Zeuge G. erteilt, der Mitarbeiter der damaligen Treuhandanstalt war, ein BĂŒro in den KanzleirĂ€umen der RechtsanwĂ€lte S. unterhielt und einer mit der Privatisierung befaßten "Steuerungsgruppe" der Treuhandanstalt angehörte. Der KlĂ€ger fĂŒhrte Befragungen durch und hielt Seminare ab. Das ihm seiner Ansicht nach zustehende Honorar stellte er zunĂ€chst der "Treuhandanstalt Steuerungsgruppe", zu HĂ€nden von G. , in Rechnung, dann den RechtsanwĂ€lten S. mit dem Zusatz "Steuerungsgruppe der Treuhand". Alle in Betracht kommenden Auftraggeber - insbesondere die RechtsanwĂ€lte S. , die damalige Treuhandanstalt und die P. mbH - lehnten es ab, die Rechnungen des KlĂ€gers zu begleichen.

Noch im Jahr 1993 beauftragte der KlÀger die beklagten RechtsanwÀlte mit der Durchsetzung seines Honoraranspruchs, den er mit insgesamt netto 70.752,30 DM bezifferte.

Die Beklagten erhoben Klage gegen die RechtsanwĂ€lte S. als vermeintliche Mitglieder der "Steuerungsgruppe" und verkĂŒndeten G. den Streit. Die Klage wurde mit Urteil vom 3. Februar 1995 abgewiesen, weil G. fĂŒr die Treuhandanstalt gehandelt habe und die RechtsanwĂ€lte S. nicht einmal Mitglieder der "Steuerungsgruppe" gewesen seien. Eine am 25. Juli 1996 gegen G. als Vertreter ohne Vertretungsmacht eingereichte Klage wurde wegen VerjĂ€hrung abgewiesen.

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der KlÀger zunÀchst insgesamt 144.621,60 DM verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 104.530,91 DM verurteilt. In Höhe von 7.798,50 DM haben die Beklagten das Urteil hingenommen.

Auf ihre die weitergehende Verurteilung betreffende Berufung hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen bis auf einen Betrag von (weiteren) 24.730,40 DM, der die Kosten des Prozesses gegen die RechtsanwĂ€lte S. betraf; die Anschlußberufung des KlĂ€gers hat es zurĂŒckgewiesen.

Mit seiner Revision begehrt der KlÀger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils sowie die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 25.090,69 DM als Zinsschaden.


EntscheidungsgrĂŒnde:


Die Revision ist wegen eines Betrages von 1.249,71 DM nebst Zinsen unzulĂ€ssig, welcher die auf die Anwaltskosten des Vorprozesses entfallende Umsatzsteuer betrifft. Insoweit ist die Revision nicht begrĂŒndet worden (§ 554a Abs. 1 ZPO a.F.).

Die weitergehende Revision hat Erfolg. Sie fĂŒhrt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur ZurĂŒckverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat einen Anspruch des KlĂ€gers auf Schadensersatz wegen des nicht durchgesetzten Honorars und des Zinsschadens verneint, weil es nicht Aufgabe der Beklagten gewesen sei, den Vertragspartner des KlĂ€gers zu ermitteln. Wer im Rechtssinne Auftraggeber gewesen sei, habe sich nicht klĂ€ren lassen. Der KlĂ€ger habe selbst nicht gewußt, wen er als Auftraggeber habe ansehen sollen; die Rollen der "Steuerungsgruppe" und von G. seien unklar geblieben. Auch eine StreitverkĂŒndung gegenĂŒber allen in Betracht kommenden Auftraggebern hĂ€tte nicht zur Feststellung des richtigen Anspruchsgegners gefĂŒhrt. Ersetzt verlangen könne der KlĂ€ger daher nur die vergeblich aufgewandten Kosten des Prozesses gegen die RechtsanwĂ€lte S. abzĂŒglich der auf das Anwaltshonorar entfallenden Umsatzsteuer von 1.249,71 DM.

II.

Diese AusfĂŒhrungen halten einer rechtlichen ÜberprĂŒfung nicht stand.

1. Auf der Grundlage des vom Berufungsgericht angenommenen Sachverhalts hĂ€tte der KlĂ€ger von G. ErfĂŒllung des am 7. Juli 1993 geschlossenen Vertrages oder Schadensersatz wegen NichterfĂŒllung verlangen können (§ 179 Abs. 1 BGB).

Die Vorschrift des § 179 Abs. 1 BGB gilt entsprechend, wenn der Vertreter einen Vertrag namens einer nicht, noch nicht oder nicht mehr existenten Person geschlossen hat (BGHZ 63, 45, 48 f; 105, 283, 285; Staudinger/Schilken, BGB (2004) § 179 Rn. 22 ff; Soergel/Leptien, BGB 13. Aufl. § 179 Rn. 9; MĂŒnchKomm-BGB/Schramm, 4. Aufl. § 179 Rn. 11 f; Erman/ Palm, BGB 11. Aufl. § 179 Rn. 19) oder namens einer noch zu benennenden Person, deren Namen er spĂ€ter nicht angibt (BGHZ 129, 136, 149 f).

G. hat einen Auftrag erteilt, ohne daß ĂŒber den Auftraggeber gesprochen worden ist. Nach den GrundsĂ€tzen des unternehmensbezogenen Handelns war dieser Auftrag dem GeschĂ€ftsherrn zuzurechnen (vgl. RGZ 67, 148, 149; BGHZ 91, 148, 152; 92, 259, 268; BGH, Urt. v. 13. Oktober 1994 - IX ZR 25/94, NJW 1995, 43, 44). Wer "GeschĂ€ftsherr" war, wer also die Befragungen und Seminare veranstalten und vor allem bezahlen sollte, war und blieb ungeklĂ€rt, weil G. die dazu notwendigen Angaben schuldig geblieben ist.

2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, im Wege der StreitverkĂŒndung lasse sich der richtige Anspruchsgegner nicht feststellen, trifft nur dann zu, wenn der Anspruchsteller im VerhĂ€ltnis zu jedem in Betracht kommenden Anspruchsgegner beweispflichtig ist.

Im Falle des § 179 Abs. 1 BGB trifft die Beweislast jedoch den Vertreter, nicht den Anspruchsteller. Der KlĂ€ger hĂ€tte also G. verklagen und den als Auftraggeber in Betracht kommenden natĂŒrlichen und juristischen Personen - der Treuhandanstalt, den RechtsanwĂ€lten S. , der P. mbH - den Streit verkĂŒnden können. Dann wĂ€re ihm ein Anspruchsgegner sicher gewesen.

Entweder hĂ€tte G. den im Rahmen des § 179 Abs. 1 BGB ihm obliegenden Beweis gefĂŒhrt, namens und in Vollmacht der Treuhandanstalt oder eines anderen Auftraggebers gehandelt zu haben.

Dann hĂ€tte dies auch im Folgeprozeß des KlĂ€gers gegen die Treuhandanstalt oder den sonstigen Auftraggeber festgestanden (§§ 74, 68 ZPO). Die Treuhandanstalt oder der sonstige Auftraggeber hĂ€tte auch die Kosten des erfolglosen Rechtsstreits gegen G. erstatten mĂŒssen, weil das wahrheitswidrige Leugnen, der Auftraggeber gewesen zu sein, Nebenpflichten aus dem Vertrag mit dem KlĂ€ger schuldhaft verletzt hĂ€tte. Eine StreitverkĂŒndung gegen bis dahin nicht bekannte Auftraggeber hĂ€tte noch wĂ€hrend des Prozesses erfolgen können.

Oder G. hĂ€tte den Beweis nicht fĂŒhren können.

Dann wĂ€re er gemĂ€ĂŸ § 179 Abs. 1 BGB dem KlĂ€ger nach dessen Wahl zur ErfĂŒllung oder zum Schadensersatz verpflichtet gewesen. Das hĂ€tte sogar dann gegolten, wenn G. eine Einlassung dazu verweigert hĂ€tte, in wessen Namen er gehandelt hat, oder sich dazu mit Nichtwissen erklĂ€rt hĂ€tte. GrundsĂ€tzlich ist zwar der Anspruchsteller im Rahmen des § 179 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtig fĂŒr das Tatbestandsmerkmal "Handeln in fremden Namen" (Staudinger/Schilken, aaO Rn. 26; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 179 Rn. 10). FĂŒr die Vertretungsmacht trifft jedoch den Vertreter die Beweislast (vgl. auch BGHZ 99, 50, 52). Bei entsprechender Anwendung des § 179 Abs. 1 BGB auf ein Handeln fĂŒr eine nicht bestimmte oder nicht existente Person gilt gleiches fĂŒr die Frage, ob die angeblich vertretene Person bestimmt wurde oder existent ist.

3. Aufgabe der Beklagten wĂ€re es gewesen, dem KlĂ€ger diese ZusammenhĂ€nge zu erlĂ€utern, ihm eine Klage gegen G. aus § 179 Abs. 1 BGB zu empfehlen und ihm zu raten, den als Auftraggeber in Betracht kommenden natĂŒrlichen und juristischen Personen den Streit zu verkĂŒnden.

Das haben sie auch ihrem eigenen Vorbringen nach nicht getan.

Nach der Vermutung beratungsgerechten Verhaltens (vgl. BGHZ 123, 311, 314 ff) hĂ€tte der KlĂ€ger diese RatschlĂ€ge befolgt und entsprechenden Klageauftrag erteilt. Dann hĂ€tte er seinen Honoraranspruch nicht verloren. Entweder wĂ€re der wirkliche Auftraggeber - fĂŒr diesen bindend - ermittelt worden (§§ 74, 68 ZPO), oder G. wĂ€re nach Wahl des KlĂ€gers zur ErfĂŒllung oder zum Schadensersatz verurteilt worden.

III.

Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das Berufungsgericht wird zu prĂŒfen haben, ob und in welcher Höhe dem KlĂ€ger ein Honoraranspruch zustand. Die Beklagten haben den Umfang des von G. erteilten Auftrags bestritten und MĂ€ngel der vom KlĂ€ger erbrachten Leistungen eingewandt. Hinsichtlich des zusĂ€tzlich geltend gemachten Zinsschadens wird zu prĂŒfen sein, ob dieser auch bei rechtzeitiger Klage gegen G. oder den "wirklichen" Auftraggeber eingetreten und gegebenenfalls von diesem als Verzugsschaden zu ersetzen gewesen wĂ€re.

Fischer Raebel Vill Cierniak Lohmann
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