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Text des Urteils
5 StR 256/03;
Verkündet am: 
 30.10.2003
BGH Bundesgerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Mittellanges - Urteil
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. Oktober 2003, an der teilgenommen haben:

Vorsitzende Richterin Harms, Richter Häger, Richter Dr. Raum, Richter Dr. Brause, Richter Schaal als beisitzende Richter, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 29. August 2002 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten N betrifft. Davon ausgenommen bleiben die Feststellungen zur Todesursache.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.

– Von Rechts wegen –

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten N von dem Vorwurf freigesprochen, am 8. Oktober 2001 zwischen 10.00 und 11.00 Uhr den schwer verletzten L in dessen Wohnung in Leipzig getötet zu haben, indem er mit der Spitze einer Gardinenstange kraftvoll gegen dessen linke Halsseite drückte.

Die Jugendkammer hat eine Verursachung des Todes durch eine solche Handlung wegen fehlender Verletzungsanzeichen ausgeschlossen (UA 69). Sie hat sich – sachverständig beraten – davon überzeugt, daß der Tod durch Ersticken zwischen 8.00 und 9.30 Uhr eingetreten war (UA 61,
68 f.), nachdem die Gardinenstange von unbekannten Tätern mit Gewalt quer gegen den Hals des Opfers gedrückt worden war.

Gegen diese Feststellungen wendet sich die Staatsanwaltschaft nicht; sie rügt – ungeachtet des unbeschränkten Aufhebungsantrags – ausschließlich, daß das Landgericht den Angeklagten belastende Indizien nicht im Hinblick auf das Vorliegen eines (untauglichen) versuchten Totschlags gewürdigt habe (Revisionsbegründung S. 19, 21).

Das dadurch schlüssig beschränkte Rechtsmittel (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3), das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Das Landgericht hat die Möglichkeit eines (untauglichen) versuchten Totschlags nicht in den Blick genommen. Dafür hätte aber Anlaß bestanden, weil es für die Feststellung eines Tötungsvorsatzes geeignete Indizien anführt, die zur weiteren Prüfung in eine Gesamtwürdigung hätten einbezogen werden müssen (vgl. BGH NJW 2002, 2188, 2189 und 1811, 1812). Im einzelnen handelt es sich um folgende Feststellungen:

Der vom Vorwurf des Totschlags durch Unterlassen bereits rechtskräftig freigesprochene U und N fanden das Opfer L schwer verletzt vor. Der Angeklagte ergriff eine Gardinenstange und drückte diese mit soviel Kraft gegen den Hals des Opfers, daß DNA-Spuren des Angeklagten N an der Gardinenstange zurückblieben (UA 71). U , der alles beobachtet hatte, hielt dieses Vorgehen für todesursächlich und berichtete dem Zeugen S unmittelbar nach Verlassen der Wohnung vom Tod des L (UA 59, 65). Auch der Angeklagte N selbst glaubte, sein Verhalten sei todesursächlich gewesen und äußerte sich anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung dahin, seine Handlung sei eine Erlösung für den schwer verletzten L (UA 60 f.) gewesen; zudem erklärte er, er habe das Opfer mit einem Bettinlett, einer Tür und einer Spanplatte bedeckt, um ihm eine Art Begräbnis zuteil werden zu lassen (UA 60 f.). Diese belastenden Umstände hätten mit dem Verteidigungsvorbringen des Angeklagten in der Hauptverhandlung in Beziehung gesetzt werden müssen. Der Angeklagte hatte sich dahin eingelassen, er habe lediglich prüfen wollen, ob L
noch lebe (UA 62).

2. Die Sache bedarf demnach erneuter Verhandlung und Entscheidung über die Frage, ob die Tatbestände eines versuchten Totschlags und gegebenenfalls – worauf die Revision ebenfalls zurecht hinweist – einer versuchten gefährlichen Körperverletzung erfüllt sind. Die für den Angeklagten günstigen Feststellungen zur Todesursache, die vom Revisionsangriff nicht erfaßt sind, können bestehen bleiben (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Freisprechung 2; BGH NStZ 1999, 206, 207; Kuckein in KK 5. Aufl. § 353 Rdn. 24).

Da sich das Verfahren nur noch gegen einen Erwachsenen richtet, ist es an eine Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückzuverweisen (vgl. BGHSt 35, 267; Meyer-Goßner, StPO 46. Aufl. § 355 Rdn. 8 m. w. N.).

Harms Häger Raum Brause Schaal
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