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Text des Beschlusses
2 BvR 348/99;
Verkündet am: 
 15.03.1999
BVerfG Bundesverfassungsgericht
 

Vorinstanzen:
1 Qs 14/99
Landgericht
Weiden i.d. Opf.;
Rechtskräftig: unbekannt!
Archiv - Kurzer Beschluß (IC)
In dem Verfahren über die Verfassungsbeschwerde

des Herrn L...

- Bevollmächtigter: Rechtsanwalt B... -

gegen

a) den Beschluß des Landgerichts Weiden i.d.Opf. vom 19. Januar 1999 - 1 Qs 14/99 -,

b) den Beschluß des Amtsgerichts Weiden i.d.Opf. vom 5. Januar 1999 - 2 Cs 6 Js 11547/98 -

und Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

hat die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch die Richterin

Präsidentin Limbach und die Richter Winter, Hassemer

gemäß § 93b in Verbindung mit § 93a BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473) am 15. März 1999 einstimmig beschlossen:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Dem Beschwerdeführer wird eine Mißbrauchsgebühr in Höhe von 300,- DM (in Worten: dreihundert Deutsche Mark) auferlegt.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.

Gründe:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine strafgerichtliche Verurteilung.
1

I.

1. Der Beschwerdeführer wurde im Strafbefehlsverfahren vom Amtsgericht wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 500 DM verurteilt. Die Zustellung des Strafbefehls erfolgte durch Niederlegung an die vom Beschwerdeführer in seiner polizeilichen Beschuldigtenvernehmung angegebene Wohnanschrift in N. Daneben hatte der Beschwerdeführer als Adresse der sonstigen Erreichbarkeit eine Anschrift in B. angegeben. Wegen Versäumung der Frist des § 410 Abs. 1 Satz 1 StPO verwarf das Amtsgericht den Einspruch des Beschwerdeführers als unzulässig. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wies das Landgericht als unbegründet zurück.
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2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4, 103 Abs. 1 GG und trägt zur Begründung vor, der Strafbefehl sei nicht wirksam zugestellt worden. Dem Gericht sei bekannt gewesen, daß der Beschwerdeführer Student in B. sei, deshalb hätte die Zustellung an die B. Adresse erfolgen müssen. Daneben hat der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gestellt.
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II.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Rügevortrag des - anwaltlich vertretenen - Beschwerdeführers entspricht nicht den Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG; der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht überdies die mangelnde Rechtswegerschöpfung und damit der in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommende allgemeine Grundsatz der Subsidiarität entgegen.
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1. Allerdings setzt eine wirksame Ersatzzustellung durch Niederlegung gemäß §§ 37 StPO, 182 ZPO (vgl. dazu BVerfGE 25, 158 <165>; 26, 315 <318>) voraus, daß der Zustellungsempfänger unter der Zustellungsanschrift tatsächlich wohnt (vgl. Maul in: Karlsruher Kommentar, StPO, 4. Aufl., § 37 Rn. 11). Dazu verhält sich der Beschwerdeführer indes nicht. Der Begründung der Verfassungsbeschwerde kann nur entnommen werden, daß sich der Beschwerdeführer überwiegend in B. aufhält, nicht jedoch, daß er in N. nicht (auch) wohnt. Der Beschwerdeführer hat damit bereits nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, daß es an einer wirksamen Zustellung des Strafbefehls fehle.
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2. Daneben hat der Beschwerdeführer nicht alle ihm nach dem Strafverfahrensrecht zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergriffen, sein Ziel, eine Sachentscheidung über den von ihm eingelegten Einspruch, zu erreichen (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Der Beschwerdeführer hat es unterlassen, einen den Anforderungen des § 45 StPO entsprechenden Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Einspruchsfrist des § 410 Abs. 1 Satz 1 StPO zu stellen. Dieser Rechtsbehelf gehört zum Rechtsweg im Sinne des § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG und dient in besonderer Weise der Durchsetzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Gericht (vgl. BVerfGE 42, 252 <255 ff.>). Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war dem Beschwerdeführer auch zuzumuten (vgl. BVerfGE 41, 332 <340>); bereits das Amtsgericht hatte ihn auf diese Möglichkeit hingewiesen. Im Wiedereinsetzungsverfahren hätte geprüft werden können, inwieweit möglicherweise ein Verschulden des Beschwerdeführers an der verspäteten Einlegung seines Einspruchs - etwa weil er selbst seine N. Wohnung als Anschrift angegeben und keine Vorkehrungen dafür getroffen hat, daß er im Hinblick auf seine ausbildungsbedingte Abwesenheit rechtzeitig Kenntnis von Zustellungen erlangen konnte - eine Rolle spielte. Im übrigen wäre es - in den Grenzen des verfassungsrechtlichen Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG) - Sache der Fachgerichte zu entscheiden, ob sie die "schlichte Erklärung" des Beschwerdeführers zur Glaubhaftmachung ausreichen lassen würden (vgl. BVerfGE 41, 332 <338 ff.>).
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Mit der Nichtannahme erledigt sich der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung.
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III.

Die Auferlegung einer Mißbrauchsgebühr in Höhe von 300 DM beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG. Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist es, grundsätzliche Verfassungsfragen zu entscheiden, die für das Staatsleben, die Allgemeinheit und insbesondere die Grundrechtsverwirklichung des Einzelnen von Bedeutung sind, und - wo nötig - die Grundrechte des Einzelnen durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht muß es nicht hinnehmen, daß es in der Erfüllung dieser Aufgaben durch substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dadurch anderen Bürgern nur mit erheblicher Verzögerung in deren Angelegenheiten Grundrechtsschutz gewähren kann (stRspr; vgl. z.B. Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 1991 - 2 BvR 1608/91 -, NJW 1992, S. 1952; vom 5. Dezember 1994 - 2 BvR 2434/94 -, NJW 1995, S. 1418 und vom 19. März 1998 - 2 BvR 291/98 -, NStZ 1998, S. 363). Dem Beschwerdeführer war zuzumuten, wenigstens durch seinen Rechtsanwalt als Prozeßvertreter vor Einlegung der Verfassungsbeschwerde die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde zu ermitteln und die Erfolgsaussichten seines Rechtsbehelfs zu prüfen (vgl. Beschluß der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Dezember 1996 - 2 BvR 673/96 -, NJW 1997, S. 1433, 1434). Eine Sorgfaltspflichtverletzung seines Verfahrensbevollmächtigten muß sich der Beschwerdeführer zurechnen lassen (§ 93 Abs. 2 Satz 6 BVerfGG).
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Sollte die Einlegung der Verfassungsbeschwerde auf einer unzulänglichen anwaltlichen Beratung beruhen, bleibt dem Beschwerdeführer die Geltendmachung eines entsprechenden Regreßanspruchs unbenommen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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Limbach Winter Hassemer
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