Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Pressemitteilung
C-211/15 P;
Verkündet am: 
 26.10.2016
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Der Gerichtshof weist das Rechtsmittel von France Télécom in der Rechtssache zurück, die die Reform der Finanzierung der Ruhegehälter der bei diesem Unternehmen beschäftigten Beamten zum Gegenstand hat
Leitsatz des Gerichts:
Der Beschluss der Kommission, nach dem diese Reform eine staatliche Beihilfe darstellt, die unter den von ihr festgelegten Bedingungen mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, ist demzufolge rechtsgültig
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Ein französisches Gesetz von 1996 wandelte France Télécom in eine Aktiengesellschaft um, um ihre Börsennotierung, die Öffnung eines Teils ihres Gesellschaftskapitals und ihre vollständige Wettbewerbsöffnung vorzubereiten. Bei dieser Gelegenheit wurde das Finanzierungssystem für die Ruhegehälter der bei France Télécom beschäftigten Beamten geändert. Der von France Télécom zur Finanzierung der Ruhegehälter der Beamten an den französischen Staat zu zahlende Arbeitgeberbeitrag wurde so auf die gleiche Höhe festgesetzt wie die Sozialabgaben und Steuern für die im Telekommunikationssektor tätigen Mitbewerber. Diese Angleichung in Form eines „Satzes zur Sicherung gleicher Wettbewerbsbedingungen“ berücksichtigte jedoch lediglich die gemeinsamen Risiken von privatrechtlich Beschäftigten und Beamten, nicht aber die nur in Bezug auf eine Beschäftigtengruppe geltenden Risiken (wie u. a. Arbeitslosigkeit und Arbeitnehmeransprüche im Fall einer Liquidation1). Des Weiteren leistete France Télécom an den französischen Staat einen pauschalen außerordentlichen Beitrag von 37,5 Mrd. Francs (5,7 Mrd. Euro) zur Bewältigung der Belastung durch zukünftige Ruhegehälter.

2011 erklärte die Kommission diese Finanzierungsmaßnahme für mit dem Binnenmarkt vereinbar, allerdings nur unter bestimmten Bedingungen2. Sie stellte zunächst fest, dass es sich bei der fraglichen Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handle, da sie die Gegenleistung verringere, die France Télécom bis dahin zur Finanzierung der Ruhegehälter der Beamten gegenüber dem französischen Staat erbracht habe. Im Übrigen war die Kommission der Ansicht, dass diese staatliche Beihilfe gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoße, da die von France Télécom an den französischen Staat gezahlte finanzielle Gegenleistung nicht vollständig den von den Mitbewerbern von France Télécom geschuldeten Sozialabgaben gleichkomme. Die Kommission forderte Frankreich daher auf, das Gesetz von 1996 zu ändern, um die nicht gemeinsamen Risiken von privatrechtlich Beschäftigten und Beamten zu berücksichtigen.

2012 begehrten die Französische Republik und France Télécom (nunmehr Orange) beim Gericht der Europäischen Union die Nichtigerklärung des Beschlusses der Kommission mit der Begründung, dass die fragliche Finanzierungsreform keine staatliche Beihilfe darstelle. 2015 wies das Gericht die Klage ab und bestätigte damit den Beschluss der Kommission, nach dem die Reform der Finanzierung der Ruhegehälter der bei France Télécom beschäftigten Beamten eine staatliche Beihilfe darstellt, die unter den von der Kommission festgelegten Bedingungen mit dem Binnenmarkt vereinbar ist3. France Télécom, die mit dem Urteil des Gerichts nicht einverstanden ist, hat beim Gerichtshof ein Rechtsmittel eingelegt, mit dem sie die Aufhebung dieses Urteils begehrt.

Mit seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof das Rechtsmittel von France Télécom gegen das Urteil des Gerichts zurück.

Er stellt fest, dass sich die Ruhestandsregelung für die Beamten von France Télécom rechtlich von der Regelung für die privatrechtlich Beschäftigten der Mitbewerber von France Télécom (allgemeine Rentenbeitragsregelung) unterscheidet und klar davon getrennt ist. Somit durfte das Gericht die Schlussfolgerung ziehen, dass die letztgenannte Regelung nicht die normalerweise auf die Beamten von France Télécom anwendbare Regelung sei, so dass mit dem Gesetz von 1996, anders als von France Télécom geltend gemacht, keine außergewöhnliche Belastung für die Bilanz dieses Unternehmens beseitigt worden sei, wie im Übrigen auch keine Ausnahmeregelung eingeführt worden sei (da die Beiträge für die Ruhegehälter der Beamten zuvor nicht der allgemeinen Rentenbeitragsregelung unterlegen hätten). Der Gerichtshof weist daher das Vorbringen von France Télécom zurück, das Gericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gesetz von 1996 France Télécom einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft habe, indem es eine Verringerung der Sozialabgaben bewirkt habe.

Außerdem hat das Gericht nach Ansicht des Gerichtshofs ebenfalls zutreffend befunden, dass der France Télécom gewährte wirtschaftliche Vorteil selektiv sei, da das Gesetz von 1996 nur ein einziges Unternehmen betreffe und darauf abziele, bestimmte diesem Unternehmen eigene Wettbewerbszwänge zu verändern.

Der Gerichtshof stellt ferner fest, dass das Gericht die Beurteilung der Kommission, dass der von ihr festgestellte wirtschaftliche Vorteil den Wettbewerb verfälschen könne, zu Recht bestätigen konnte. Dafür ist ausreichend, dass France Télécom aufgrund des Gesetzes von 1996 höhere finanzielle Mittel für die Tätigkeit auf den Telekommunikationsmärkten zur Verfügung standen, dass die Märkte für die betreffenden Dienste schrittweise für den Wettbewerb geöffnet wurden und dass diese beiden Aspekte es ihr ermöglichten, sich auf Märkten anderer Mitgliedstaaten, die neu für den Wettbewerb geöffnet wurden, leichter zu entwickeln.

Schließlich befindet der Gerichtshof, dass das Gericht weder den Beschluss der Kommission noch das Gesetz von 1996 verfälscht hat, indem es zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der pauschale außerordentliche Beitrag nicht darauf abziele, die Beiträge von France Télécom und die von ihren Mitbewerbern entrichteten Sozialabgaben einander anzugleichen.

------------
HINWEIS: Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das Rechtsmittel hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist das Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.
-------------
1 Die französische Regierung erklärte dies damit, dass Beamte aufgrund ihrer Stellung nicht gekündigt und daher nicht arbeitslos werden könnten und dass bei öffentlichen Einrichtungen davon auszugehen sei, dass sie nicht Gegenstand eines gerichtlichen Liquidationsverfahrens sein könnten.
2Beschluss 2012/540/EU über die staatliche Beihilfe C-25/08 (ex NN 23/08) der Französischen Republik zugunsten von France Télécom – Reform der Finanzierung der Ruhegehälter der bei France Télécom beschäftigten Beamten (ABl. 2012, L 279, S. 1).
3Urteile des Gerichts vom 26. Februar 2015, Frankreich/Kommission und Orange/Kommission (T-135/12 und T-385/12, siehe Pressemitteilung Nr. 25/15).
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM