Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Pressemitteilung
T-242/12;
Verkündet am: 
 17.12.2015
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Das Gericht der EU bestätigt, dass die von Frankreich gewährte und von der Kommission in einer früheren Entscheidung unter Bedingungen genehmigte staatliche Beihilfe für Sernam in Höhe von 503 Millionen Euro missbräuchlich verwendet worden ist
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung

Im Jahr 2001 genehmigte die Kommission erstmals1 unter Bedingungen eine Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 503 Mio. Euro zugunsten von Sernam, einem auf dem Gebiet der Kurierdienste und der Paket- und Palettenexpressbeförderung tätigen Unternehmen, das zu 100 % SNCF gehörte (Entscheidung Sernam 1). Nachdem sie festgestellt hatte, dass die Bedingungen dieser Entscheidung nicht eingehalten worden waren und eine neue, nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfe über 41 Mio. Euro gewährt worden war, erließ die Kommission im Jahr 2004 eine zweite Entscheidung (Entscheidung Sernam 2)2. In der Entscheidung Sernam 2 ordnete die Kommission die Einziehung der für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfe in Höhe von 41 Mio. Euro an und bestätigte, indem sie neue Bedingungen für die Vereinbarkeit auferlegte, dass die mit der Entscheidung Sernam 1 genehmigte Beihilfe in Höhe von 503 Mio. Euro mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar war.

Die Entscheidung Sernam 2 sah insbesondere eine Wahlmöglichkeit zwischen den beiden folgenden Bedingungen vor:

- Sernam sollte sich innerhalb einer bestimmten Frist aus dem Markt des Straßentransports zurückziehen;

- anderenfalls, „[s]ollte Sernam bis zum 30. Juni 2005 seine Aktiva ‚en bloc‘ im Rahmen eines transparenten und offenen Verfahrens zum Marktpreis an ein Unternehmen verkaufen, das keine rechtliche Verbindung mit der SNCF hat, [gelte die Bedingung des Rückzugs aus dem Markt für Straßentransporte] nicht“.

Frankreich teilte der Kommission mit, die Option des en bloc-Verkaufs der Aktiva von Sernam gewählt zu haben. Erwerber sei die Financière Sernam, eine von der ehemaligen Unternehmensleitung von Sernam gegründete Gesellschaft.

Die mit mehreren Beschwerden befasste Kommission stellte in der Folge fest, dass die Bedingung in Bezug auf den en bloc-Verkauf der Aktiva von Sernam nicht eingehalten worden und dass die unvereinbare Beihilfe in Höhe von 41 Mio. Euro nicht eingezogen worden sei. Sie zog hieraus den, dass die im Jahr 2004 unter Auflagen genehmigte Umstrukturierungsbeihilfe in Höhe von 503 Mio. Euro missbräuchlich verwendet worden und mit dem Binnenmarkt unvereinbar sei. Die Kommission erklärte ferner, dass die von SNCF für die Zwecke der Durchführung des „Verkaufs der Aktiva en bloc“ gewährten Maßnahmen, d. h. die Aufstockung des Kapitals von Sernam durch SNCF in Höhe von 57 Mio. Euro netto, der Forderungsverzicht von SNCF gegenüber Sernam in Höhe von 38,5 Mio. Euro und einige von SNCF bei der Übertragung der Aktiva von Sernam auf die Financière Sernam gegebene Bürgschaften neue staatliche Beihilfen darstellten, die mit dem Binnenmarkt unvereinbar seien. Mit Beschluss vom 9. März 20123gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass sämtliche Sernam zugutegekommenen Beihilfen, d. h. ein Gesamtbetrag von mehr als 642 Mio. Euro (ohne Zinsen), von der Financière Sernam und ihren Tochtergesellschaften wegen der wirtschaftlichen Kontinuität zwischen ihnen und Sernam zurückzuzahlen sei.

SNCF hat Klage beim Gericht der Europäischen Union erhoben, um den Beschluss vom 9. März 2012 für nichtig erklären zu lassen. Sie macht insbesondere geltend, dass sie die Bedingung in Bezug auf den en bloc-Verkauf der Aktiva von Sernam korrekt angewandt habe, dass die Verbuchung der Beihilfe von 41 Mio. Euro auf der Passivseite bei der Abwicklung von Sernam ausreichend sei, um die mit der Gewährung dieser Beihilfe verbundene Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen und dass diese Beihilfe somit nicht an die Financière Sernam weitergegeben worden sei. Außerdem stellten die von ihr für die Zwecke der Durchführung des „Verkaufs der Aktiva en bloc“ von Sernam gewährten Maßnahmen (d. h. die vorausgegangene Aufstockung des Kapitals von Sernam, der Verzicht auf Forderungen gegenüber Sernam und die Bürgschaften) keine neuen staatlichen Beihilfen dar, da das Kriterium des privaten Kapitalgebers4, das sie für im vorliegenden Fall anwendbar erachtet, im Fall eines Verkaufs mit negativem Preis erfüllt sei.

Mit seinem heutigen Urteil weist das Gericht die von SNCF erhobene Klage ab.

Es stellt fest, dass die Bedingung für die Vereinbarkeit der Umstrukturierungsbeihilfe in Bezug auf den en bloc-Verkauf der Aktiva von Sernam nicht erfüllt worden ist. Insbesondere erfasste die erfolgte Übertragung nicht nur die Aktiva von Sernam, sondern auch fast alle ihre Passiva, obwohl diese gemäß der Entscheidung Sernam 2 vom Verkauf der Aktiva en bloc hätten ausgeschlossen werden müssen. Außerdem wurde die mit dem en bloc-Verkauf der Aktiva von Sernam im vorliegenden Fall verbundene Zielsetzung, nämlich die wirtschaftliche Tätigkeit von Sernam abzubrechen, nicht eingehalten.

Nach Auffassung des Gerichts ist ferner im vorliegenden Fall die Verbuchung der mit der Entscheidung Sernam 2 für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfe von 41 Mio. Euro auf der Passivseite bei der Abwicklung von Sernam nicht ausreichend, um die Wettbewerbsverzerrung zu beseitigen. Es bestätigt die Feststellung der durch Sernam Xpress (eine 100 %ige Tochtergesellschaft von Sernam) vermittelten wirtschaftlichen Kontinuität zwischen Sernam und der Financière Sernam. Dementsprechend bestätigt das Gericht, dass die Verpflichtung zur Rückzahlung der staatlichen Beihilfe in Höhe von 41 Mio. Euro auf die Financière Sernam übertragen wurde.

Schließlich bestätigt das Gericht, dass unter den speziellen Umständen des vorliegenden Falles das Kriterium des privaten Kapitalgebers bei einem Verkauf mit negativem Preis nicht anwendbar war. Es bestätigt darüber hinaus, dass die von SNCF für die Zwecke der Durchführung des „Verkaufs der Aktiva en bloc“ gewährten Maßnahmen, d. h. die vorausgegangene Aufstockung des Kapitals von Sernam in Höhe von 57 Mio. Euro netto, der Verzicht auf Forderungen gegenüber Sernam in Höhe von 38,5 Mio. Euro und die Bürgschaften, staatliche Beihilfen darstellen.

Das Gericht bestätigt somit, dass die Financière Sernam und ihre Tochtergesellschaften mit dem Binnenmarkt unvereinbare staatliche Beihilfen in einer Gesamthöhe von mehr als 642 Mio. Euro (ohne Zinsen) zurückzahlen müssen5.

-------------
HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.

HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.
---------------
1Entscheidung NN 122/00 (ex N 140/00) der Kommission vom 23. Mai 2001.
2Entscheidung 2006/367/EG der Kommission vom 20. Oktober 2004 über die staatliche Beihilfe, die Frankreich dem Unternehmen Sernam bereits zum Teil zur Verfügung gestellt hat (ABl. 2006, L 140, S. 1).
3Beschluss 2012/398/EU der Kommission vom 9. März 2012 über die Staatliche Beihilfe SA.12522 (C 37/08) – Frankreich – Anwendung der Entscheidung „Sernam 2“ [vom 20. Oktober 2004] (ABl. L 195, S. 19).
4Das Kriterium des privaten Kapitalgebers besteht darin, zu prüfen, ob ein privates Unternehmen unter denselben Bedingungen in derselben Weise gehandelt hätte, so dass das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe ausgeschlossen werden kann.
5Und dies unbeschadet des späteren Beschlusses der Kommission vom 4. April 2012 über die Staatliche Beihilfe SA. 34547 (2012/N) – Frankreich – Erwerb der Vermögenswerte des Sernam-Konzerns im Rahmen seines Insolvenzverfahrens.
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM