Gegen Italien werden finanzielle Sanktionen verhängt, weil es ein Urteil des Gerichtshofs aus dem Jahr 2007 nicht durchgeführt hat, mit dem ein Verstoß gegen die Richtlinien über Abfälle festgestellt worden war
Zusätzlich zu einem Pauschalbetrag in Höhe von 40 Millionen Euro verhängt der Gerichtshof gegen Italien für jedes Halbjahr, um das sich die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen verzögert, bis zur vollständigen Durchführung des Urteils von 2007 ein Zwangsgeld in Höhe von 42 800 000 Euro
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Mit einem ersten Urteil hat der Gerichtshof im Jahr 2007
1 festgestellt, dass Italien generell und fortgesetzt gegen die in den Richtlinien über Abfälle
2, über gefährliche Abfälle
3 und über Abfalldeponien
4 festgelegten Verpflichtungen hinsichtlich der Abfallbewirtschaftung verstoßen hatte.
Im Jahr 2013 gelangte die Kommission zu der Auffassung, dass
Italien noch nicht alle Maßnahmen zur Durchführung des Urteils von 2007 ergriffen habe. Insbesondere hätten 218 Anlagen in 18 der 20 Regionen Italiens nicht mit der Abfallrichtlinie im Einklang gestanden (was den Schluss zulasse, dass es Anlagen geben müsse, die ohne Genehmigung in Betrieb seien); ferner hätten entgegen der Richtlinie über gefährliche Abfälle 16 der 218 Anlagen gefährliche Abfälle enthalten; schließlich habe Italien nicht nachgewiesen, dass fünf Deponien gemäß der Richtlinie über Abfalldeponien nachgerüstet oder stillgelegt worden seien.
Im vorliegenden Verfahren hat die Kommission dargelegt, dass nach den jüngsten Informationen 198 Anlagen noch immer nicht mit der Abfallrichtlinie im Einklang stünden und dass 14 von ihnen auch nicht der Richtlinie über gefährliche Abfälle entsprächen. Im Übrigen befänden sich nur noch zwei Deponien nicht im Einklang mit der Richtlinie über Abfalldeponien.
In seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass der Umstand allein, dass eine Deponie geschlossen wird oder Abfälle mit Erde und Schutt abgedeckt werden, nicht ausreicht, um den Anforderungen der Richtlinie über Abfälle zu genügen. Ebenso wenig reicht die Schließung oder Sicherung von Anlagen aus, um der Richtlinie nachzukommen. Darüber hinaus haben die Mitgliedstaaten auch zu prüfen, ob eine Sanierung der ehemaligen illegalen Anlagen erforderlich ist, und müssen diese gegebenenfalls vornehmen. Die Beschlagnahme der Deponie und die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Betreiber sind keine ausreichenden Maßnahmen.
Sodann führt der Gerichtshof aus, dass bei Ablauf der festgesetzten Frist
5 Sanierungsmaßnahmen noch im Gang waren oder in bestimmten Anlagen noch nicht begonnen hatten; hinsichtlich anderer Anlagen ist nach seinen Feststellungen nichts vorgelegt worden, dem sich entnehmen ließe, wann solche Arbeiten durchgeführt werden.
Es wurde daher fortgesetzt gegen die Verpflichtung zu einer für den Menschen und die Umwelt unbedenklichen Abfallverwertung oder -beseitigung sowie gegen die Verpflichtung des Besitzers von Abfällen verstoßen, diese einem Sammelunternehmen, das die Abfallbeseitigung oder - verwertung vornimmt, zu übergeben oder diese Tätigkeiten selbst vorzunehmen.
Italien hat sich nicht vergewissert, dass die eingeführte Genehmigungsregelung tatsächlich angewandt und eingehalten wird. Dieser Mitgliedstaat hat nicht sichergestellt, dass ohne Genehmigung ausgeübte Tätigkeiten tatsächlich eingestellt werden. Er hat auch keine umfassende Registrierung und Identifizierung aller auf den Deponien abgelagerten gefährlichen Abfälle vorgenommen. Schließlich verstößt Italien weiterhin gegen die Verpflichtung, für bestimmte Deponien ein Nachrüstprogramm oder ihre endgültige Schließung zu gewährleisten.
Der Gerichtshof gelangt zu dem Schluss, dass
Italien nicht alle zur Durchführung des Urteils von 2007 erforderlichen Maßnahmen ergriffen und daher gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat.
Der Gerichtshof verurteilt Italien folglich zur Zahlung
eines Pauschalbetrags in Höhe von 40 Millionen Euro.
Er weist sodann darauf hin, dass die Vertragsverletzung seit mehr als sieben Jahren fortdauert und dass seit dem Ende der gesetzten Frist die Maßnahmen äußerst schleppend umgesetzt wurden; es gibt noch immer in fast allen Regionen Italiens eine beträchtliche Zahl illegaler Anlagen. Er hält es daher für angebracht, ein abnehmendes
Zwangsgeld festzusetzen, dessen Höhe schrittweise im Verhältnis zur Zahl der Anlagen abnimmt, die mit dem Urteil in Einklang gebracht werden, wobei die Anlagen, die gefährliche Abfälle enthalten, doppelt zählen. Die halbjährliche Festsetzung ermöglicht es, Fortschritten Italiens bei der Erfüllung seiner Verpflichtungen Rechnung zu tragen. Vor Ende des jeweiligen Zeitraums ist gegenüber der Kommission nachzuweisen, dass zur Durchführung des Urteils von 2007 erforderliche Maßnahmen getroffen worden sind.
Der Gerichtshof verurteilt Italien daher im Ãœbrigen zur Zahlung eines
halbjährlichen Zwangsgelds von diesem Tag an bis zur Durchführung des Urteils von 2007. Das Zwangsgeld wird für das erste Halbjahr auf der Grundlage eines
ursprünglichen Betrags von 42 800 000 Euro berechnet. Dieser Betrag wird herabgesetzt, und zwar um 400 000 Euro für jede Anlage mit gefährlichen Abfällen, die mit dem Urteil in Einklang gebracht wird, und um 200 000 Euro für jede andere mit dem Urteil in Einklang gebrachte Anlage. Für alle folgenden Halbjahre wird das Zwangsgeld auf der Grundlage des für das vorhergehende Halbjahr festgesetzten Betrags berechnet, wobei nach Maßgabe der im fraglichen Halbjahr mit dem Urteil in Einklang gebrachten Anlagen die gleichen Abzüge vorgenommen werden.
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HINWEIS: Eine Vertragsverletzungsklage, die sich gegen einen Mitgliedstaat richtet, der gegen seine Verpflichtungen aus dem Unionsrecht verstoßen hat, kann von der Kommission oder einem anderen Mitgliedstaat erhoben werden. Stellt der Gerichtshof die Vertragsverletzung fest, hat der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil unverzüglich nachzukommen.
Ist die Kommission der Auffassung, dass der Mitgliedstaat dem Urteil nicht nachgekommen ist, kann sie erneut klagen und finanzielle Sanktionen beantragen. Hat ein Mitgliedstaat der Kommission die Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie nicht mitgeteilt, kann der Gerichtshof auf Vorschlag der Kommission jedoch bereits mit dem ersten Urteil Sanktionen verhängen.
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1Urteil des Gerichtshofs vom 26. April 2007, Kommission/Italien (Rechtssache C-135/05).
2Richtlinie 75/442/EWG des Rates vom 15. Juli 1975 über Abfälle (ABl. L 194, S. 39) in der durch die Richtlinie 91/156/EWG des Rates vom 18. März 1991 (ABl. L 78, S. 32) geänderten Fassung.
3Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. L 377, S. 20).
4Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182, S. 1).
5Im vorliegenden Fall der 30. September 2009. Der Vertrag von Lissabon hat in dem Verfahren über eine „doppelte Vertragsverletzung“ (Art. 260 Abs. 2 AEUV) den Verfahrensschritt der Abgabe einer mit Gründen versehenen Stellungnahme abgeschafft, so dass der für die Beurteilung des Vorliegens einer Vertragsverletzung maßgebende Zeitpunkt derjenige des Endes der in dem Aufforderungsschreiben festgesetzten Frist ist. Das vorliegende Verfahren wurde jedoch auf der Grundlage des EG-Vertrags (Art. 228 Abs. 2) eingeleitet, und eine mit Gründen versehene Stellungnahme wurde vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon abgegeben.