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Pressemitteilung
C-67/13 P;
Verkündet am: 
 11.09.2014
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Nach Auffassung des Gerichtshofs ist das Gericht zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vom französischen Groupement des cartes bancaires erlassenen Tarifmaßnahmen eine Beschränkung des Wettbewerbs "bezweckten"
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Das Unionsrecht1 verbietet Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts „bezwecken“ oder „bewirken“. Solche Maßnahmen stellen eine „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung dar, wenn sie – wie z. B. die horizontale Preisfestsetzung durch Kartelle – als solche den Wettbewerb hinreichend beeinträchtigen. Maßnahmen, die den Wettbewerb wegen ihres Zwecks beschränken, können durch das Wettbewerbsrecht der Union verboten werden, ohne dass die konkreten Auswirkungen, die diese Maßnahmen auf den Markt haben können, geprüft zu werden brauchen.

Das „Groupement des cartes bancaires“ wurde 1984 in Frankreich gegründet, damit die Inhaber einer von einem Mitglied des Groupement ausgegebenen CB-Karte Zahlungen bei angeschlossenen Händlern und/oder Geld an Geldautomaten der Mitglieder des Groupement abheben können. Im Jahr 2002 erließ das Groupement drei Tarifmaßnahmen: 1) den MERFA („Mechanismus zur Regulierung der Acquiring-Funktion“) genannten Beitrag, der von den Mitgliedern des Groupement zu zahlen ist, die mehr CB-Karten ausgeben, als sie neue Händler werben, die dem System beitreten, 2) eine Reform des Mitgliedsbeitrags für die neuen Mitglieder, der einen Festbetrag sowie einen Zusatzmitgliedsbeitrag für die Mitglieder umfasst, deren Zahl vorrätiger CB-Karten eine bestimmte Schwelle zu einem gegebenen Zeitpunkt überstieg, und 3) einen Beitrag pro ausgegebener CB-Karte, der von den „schlafenden“ Mitgliedern zu zahlen ist, d. h. den vor dem Inkrafttreten der neuen Tarifmaßnahmen inaktiven oder wenig aktiven Mitgliedern des Groupement.

Mit Entscheidung vom 17. Oktober 20072 kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass die vom Groupement erlassenen Tarifmaßnahmen sowohl wegen ihres Zwecks als auch ihrer wettbewerbswidrigen Wirkungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union verstießen, und verlangte vom Groupement, diese Zuwiderhandlung unverzüglich einzustellen und von jeder ähnlichen Maßnahme zukünftig abzusehen. Das Groupement reichte Klage auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung beim Gericht ein. Das Gericht wies die Klage3 mit der Begründung ab, die Kommission habe zutreffend zu dem Ergebnis kommen können, dass die fraglichen Tarifmaßnahmen wegen ihres wettbewerbswidrigen Zwecks den Wettbewerb beschränkten und einen rechtswidrigen Beschluss einer Unternehmensvereinigung darstellten. Daher vertrat das Gericht die Auffassung, dass die Wirkungen der Maßnahmen auf den Markt nicht zu prüfen seien. Das Groupement legte beim Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts ein. Vor dem Gerichtshof machte das Groupement u. a. geltend, das Gericht habe bei der Anwendung des Begriffs der bezweckten Wettbewerbsbeschränkung einen Rechtsfehler begangen.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht das Vorliegen einer „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung nicht ordnungsgemäß geprüft hat. Nach Ansicht des Gerichtshofs hat das Gericht verkannt, dass das wesentliche rechtliche Kriterium bei der Ermittlung, ob eine Koordinierung zwischen Unternehmen eine solche „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung enthält, in der Feststellung liegt, dass eine solche Koordinierung in sich selbst eine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen lässt. In seinem Urteil war das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Zweck der streitigen Maßnahmen darin bestand, den Wettbewerb der neuen Teilnehmer auf dem Markt für die Ausgabe von Zahlungskarten in Frankreich zu beschränken, da sie von den ihnen unterliegenden Banken verlangen, entweder eine Gebühr zu zahlen oder ihre Ausgabetätigkeiten einzuschränken. Der Gerichtshof ist der Ansicht, dass das Gericht dadurch die Gründe dargestellt hat, weshalb die fraglichen Maßnahmen in Anbetracht ihrer Formeln den Wettbewerb beschränken können, aber nicht begründet hat, inwiefern diese Wettbewerbsbeschränkung schädlich genug ist, um als „bezweckte“ Wettbewerbsbeschränkung eingestuft zu werden.

Nach Ansicht des Gerichtshofs konnte das Gericht höchstens schließen, dass die betreffenden Maßnahmen zum Zweck hatten, von denjenigen Mitgliedern des Groupement eine finanzielle Beteiligung zu verlangen, die sich damit begnügten, von den von anderen Mitgliedern gemachten Anstrengungen im Bereich des Acquiring zu profitieren. Ein solcher Zweck kann jedoch nicht schon seiner Natur nach als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden, zumal das Gericht die Auffassung vertreten hat, dass die Bekämpfung von Trittbrettfahrern des CB-Systems ein legitimes Ziel darstelle.

Außerdem stellt der Gerichtshof fest, dass das Gericht unter dem Deckmantel einer Prüfung der den Mitgliedern des Groupement durch die fraglichen Maßnahmen eröffneten „Optionen“ (nämlich der Zahlung einer Gebühr oder der Beschränkung der Ausgabe von CB-Karten) in Wirklichkeit die potenziellen Wirkungen dieser Maßnahmen und nicht ihren Zweck beurteilt hat. Das Gericht hat dadurch selbst zu erkennen gegeben, dass die fraglichen Maßnahmen nicht „schon ihrer Natur nach“ als schädlich für das gute Funktionieren des normalen Wettbewerbs angesehen werden können.

Angesichts dieser Fehler hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf und weist die Rechtssache an dieses für die Prüfung zurück, ob die fraglichen Maßnahmen wegen ihrer wettbewerbswidrigen „Wirkungen“ verboten werden durften.

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HINWEIS: Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das Rechtsmittel hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist das Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.
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1Art. 101 Abs. 1 AEUV.
2Entscheidung K(2007) 5060 endg. der Europäischen Kommission vom 17. Oktober 2007 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] (Sache COMP/D1/38.606 – Groupement des cartes bancaires „CB“).
3 Urteil des Gerichts vom 29. November 2012, CB/Kommission (Rechtssache T-491/07).
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