Zahlungsempfängern kann unabhängig vom gewählten Zahlungsinstrument generell untersagt werden, vom Zahler ein Entgelt zu verlangen
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T-Mobile Austria, ein Mobilfunkanbieter in Österreich, sah in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen
1 vor, dass sie ihren Kunden bei Zahlung im Onlinebanking oder mit Zahlschein ein Bearbeitungsentgelt verrechnet. Den im Tarif
„Call Europe“ angemeldeten Verbrauchern, die diese Zahlungsarten gewählt hatten, wurde somit ein zusätzliches Entgelt von 3 Euro pro Monat verrechnet
2. Der Verein für Konsumenteninformation, ein österreichischer Verbraucherverein, ist der Auffassung, dass diese Praxis gegen das österreichische Zahlungsdienstegesetz verstoße. Dieses Gesetz untersage nämlich Zahlungsempfängern unabhängig vom gewählten Zahlungsinstrument, ein Entgelt zu verlangen. T-Mobile Austria vertritt dagegen die Ansicht, dass weder das österreichische Gesetz noch die Unionsrichtlinie, die es umsetze (Richtlinie über Zahlungsdienste
3), auf sie anwendbar seien, da sie kein Zahlungsdienstleister, sondern ein Mobilfunkbetreiber sei. Darüber hinaus habe der Gesetzgeber das in Rede stehende Verbot unter Verstoß gegen die Richtlinie nicht begründet, und ein Zahlschein sei auch kein Zahlungsinstrument im Sinne der Richtlinie.
Auf Antrag des Verbrauchervereins wurde T-Mobile von den österreichischen Gerichten erster und zweiter Instanz untersagt, die streitige Klausel in neue Verträge aufzunehmen und im Rahmen bestehender Verträge geltend zu machen. Der in letzter Instanz mit dem Rechtsstreit befasste Oberste Gerichtshof (Österreich) ersucht den Gerichtshof, die Richtlinie in diesem Kontext auszulegen.
In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass die Richtlinie den Mitgliedstaaten ausdrücklich die Befugnis einräumt, das Recht des Zahlungsempfängers, vom Zahler ein Entgelt für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments zu erheben, zu untersagen oder zu begrenzen, um der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern. Diese Befugnis findet auf die Nutzung von Zahlungsinstrumenten im Rahmen des Vertragsverhältnisses zwischen einem Mobilfunkbetreiber (Zahlungsempfänger) und seinem Kunden (Zahler) Anwendung. Der Gerichtshof vertritt nämlich die Ansicht, dass diese Befugnis der Mitgliedstaaten das Verhältnis zwischen einem
„Zahlungsempfänger“ und einem
„Zahler“ betrifft und dass ein Mobilfunkbetreiber und sein Kunde als
„Zahlungsempfänger“ bzw. als
„Zahler“ eingestuft werden können, wenn sie eine Zahlung erhalten oder vornehmen.
Darüber hinaus ist der Gerichtshof der Auffassung, dass die Befugnis der Mitgliedstaaten nicht auf das Verbot beschränkt ist, für
die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments ein Entgelt zu verlangen. Sie gibt den Mitgliedstaaten vielmehr die Möglichkeit, Zahlungsempfängern unabhängig vom gewählten Zahlungsinstrument generell zu untersagen, vom Zahler ein Entgelt zu verlangen, sofern die nationale Regelung insgesamt der Notwendigkeit Rechnung trägt, den Wettbewerb und die Nutzung effizienter Zahlungsinstrumente zu fördern. Die Ausübung dieser Befugnis setzt zwar voraus, dass die nationale Regelung insgesamt dieser Notwendigkeit Rechnung trägt, doch verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Ermessensspielraum bei ihrer Umsetzung. Es ist Sache des Obersten Gerichtshofs, zu prüfen, ob die österreichische Regelung diese Voraussetzung erfüllt.
Der Gerichtshof stellt ferner klar, dass es sich sowohl bei Überweisungsaufträgen in Papierform als auch bei Überweisungsaufträgen im Onlinebanking um Zahlungsinstrumente im Sinne der Richtlinie handelt. Was die Auslegung des Begriffs der Zahlungsinstrumente betrifft, konstatiert er, dass zwischen den verschiedenen Sprachfassungen dieser Richtlinie Divergenzen bestehen. Da es solche nicht personalisierten Zahlungsinstrumente gibt, stellt der Gerichtshof fest, dass der Begriff des Zahlungsinstruments im Sinne der Richtlinie einen nicht personalisierten Verfahrensablauf erfassen kann, der zwischen dem Nutzer und dem Zahlungsdienstleister vereinbart wurde und der vom Nutzer eingesetzt werden kann, um einen Zahlungsauftrag zu erteilen.
T-Mobile hat die zeitliche Begrenzung der Wirkungen des Urteils beantragt
4. Der Gerichtshof kann eine solche Begrenzung nur ausnahmsweise vornehmen. Hierfür müssen die Einzelnen und die nationalen Behörden zu einem mit dem Unionsrecht unvereinbaren Verhalten veranlasst worden sein, weil eine erhebliche objektive Unsicherheit hinsichtlich der Tragweite der Bestimmungen des Unionsrechts bestand. Der Gerichtshof stellt fest, dass diese Voraussetzung in der vorliegenden Rechtssache nicht erfüllt ist, da die einschlägigen Vorschriften der Richtlinie durch das österreichische Zahlungsdienstegesetz ordnungsgemäß umgesetzt worden sind. Darüber hinaus konstatiert er, dass T-Mobile vor ihm nicht dargetan hat, dass eine Gefahr schwerwiegender wirtschaftlicher Auswirkungen besteht. Infolgedessen lehnt es der Gerichtshof ab, die Wirkungen des Urteils in zeitlicher Hinsicht zu begrenzen.
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HINWEIS: Im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens können die Gerichte der Mitgliedstaaten in einem bei ihnen anhängigen Rechtsstreit dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts oder nach der Gültigkeit einer Handlung der Union vorlegen. Der Gerichtshof entscheidet nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.
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1In der im November 2009 geltenden Fassung.
2Dies galt hingegen nicht für angemeldete Kunden, die Bankeinzug oder Kreditkartenzahlung gewählt hatten.
3Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. L 319, S. 1).
4Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts, die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vornimmt, erläutert und verdeutlicht, in welchem Sinne und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, dass die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlass des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift betreffenden Streit vorliegen.