Der Gerichtshof setzt die gegen Ballast Nedam wegen ihrer Teilnahme am Kartell auf dem Straßenbaubitumenmarkt in den Niederlanden verhängte Geldbuße von 4,65 Mio. Euro auf 3,45 Mio. Euro herab
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Die Ballast Nedam NV und ihre Tochtergesellschaften sind im Baugewerbe in den Niederlanden tätig. Ab 1995 wurden die Straßenbautätigkeiten des Konzerns in der Ballast Nedam Grond en Wegen BV (im Folgenden: BNGW), einer 100%igen Tochtergesellschaft der Ballast Nedam Infra BV (im Folgenden: BN Infra), die ihrerseits zu 100 % im Eigentum der Ballast Nedam NV steht, zusammengefasst. Ab dem 1. Oktober 2000 wurden die Straßenbautätigkeiten des Ballas-Nedam-Konzerns unmittelbar von BN Infra ausgeübt.
Im Jahr 2006 setzte die Kommission gegen 14 Unternehmen wegen deren Teilnahme an Preisabsprachen für Straßenbaubitumen in den Niederlanden Geldbußen in Höhe von insgesamt
266,71 Mio. Euro fest1.
Es wurde festgestellt, dass die Ballast Nedam NV für diese Zuwiderhandlung vom 21. Juni 1996 bis zum 15. April 2002 zusammen mit ihrer Tochtergesellschaft BN Infra mitverantwortlich gewesen sei.
Im Hinblick zum einen auf die unmittelbare Beteiligung von BN Infra an der Zuwiderhandlung in der Zeit vom 1. Oktober 2000 bis zum 15. April 2002 und ihre 100%ige Kapitalbeteiligung an BNGW in der Zeit vom 21. Juli 1996 bis zum 30. September 2000 und zum anderen auf die unmittelbare und mittelbare 100%ige Kapitalbeteiligung der Ballast Nedam NV an BN Infra und BNGW wurde gegen die Ballast Nedam NV und BN Infra eine Geldbuße in Höhe von 4,65 Mio. Euro festgesetzt, für die sie gesamtschuldnerisch haften.
Die Ballast Nedam NV hat Nichtigkeitsklage erhoben, die vom Gericht mit Urteil vom 27. September 2012
abgewiesen worden ist2.
Daraufhin hat die Ballast Nedam NV Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt.
Die Ballast Nedam NV begründet ihr Rechtsmittel u. a. mit einer Verletzung der Verteidigungsrechte durch das Gericht und macht geltend, dieses habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass der Ballast Nedam NV auf der Grundlage der Angaben in der Mitteilung der Beschwerdepunkte nicht habe verborgen bleiben können, dass sie in ihrer Eigenschaft als Muttergesellschaft von BNGW möglicherweise Adressatin einer abschließenden Entscheidung der Kommission werden würde. Sie trägt insoweit vor, die Kommission hätte in ihrer Mitteilung der Beschwerdepunkte BNGW als die Einheit, die die Zuwiderhandlung begangen habe, angeben und die Ballast Nedam NV darüber informieren müssen, dass sie Gefahr laufe, als Gesamtschuldnerin für die Zahlung der gegen BNGW verhängten Geldbuße haftbar gemacht zu werden.
Der Gerichtshof führt aus, dass nach den Feststellungen des Gerichts die Kommission in der Mitteilung der Beschwerdepunkte kein zusätzliches Beweismittel hinsichtlich des Vorliegens eines einheitlichen Unternehmens bestehend aus der Ballast Nedam NV und BNGW angeführt habe und dass die Mitteilung der Beschwerdepunkte insoweit klarer hätte ausfallen können. Weiter stellt er fest, dass dies nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht für den Schluss ausreichte, dass die Kommission nicht eindeutig ihre Absicht zum Ausdruck gebracht habe, auf die Vermutung bezüglich der tatsächlichen Ausübung eines bestimmenden Einflusses der Ballast Nedam NV auf das geschäftliche Verhalten von BN Infra und BNGW zurückzugreifen.
Das Gericht hat jedoch nach Auffassung des Gerichtshofs mit der Annahme, dass die Verteidigungsrechte der Ballast Nedam NV nicht verletzt worden seien, einen Rechtsfehler begangen. Die Kommission muss nämlich in der Mitteilung der Beschwerdepunkte angeben, in welcher Eigenschaft dem Unternehmen die behaupteten Tatsachen zur Last gelegt werden. Im Übrigen wird die Zweideutigkeit der Mitteilung der Beschwerdepunkte durch die Tatsache verstärkt, dass an BNGW keine Mitteilung der Beschwerdepunkte gerichtet worden ist.
Daher erklärt der Gerichtshof die Entscheidung der Kommission für nichtig, soweit sie die Zurechnung des Verhaltens von BNGW an die Ballast Nedam NV für den Zeitraum vom 21. Juni 1996 bis zum 30. September 2000 betrifft.
Was die gegen die Ballast Nedam NV als Gesamtschuldnerin verhängte Geldbuße betrifft, stellt der Gerichtshof fest, dass
das Gericht in Bezug auf BN Infra, für die die streitige Entscheidung der Ballast Nedam NV ebenfalls die Verantwortung zurechnet, die verhängte Geldbuße endgültig auf einen Betrag von 3,45 Mio. Euro herabgesetzt und festgestellt hat, dass BN Infra nicht in abgeleiteter Verantwortlichkeit für das Verhalten von BNGW im Zeitraum vom 21. Juni 1996 bis zum 1. Oktober 2000 verantwortlich gemacht werden dürfe.
Unter diesen Umständen wird die gegen die Ballast Nedam NV als Gesamtschuldnerin
verhängte Geldbuße vom Gerichtshof auf 3,45 Mio. Euro festgesetzt.
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HINWEIS: Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das Rechtsmittel hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist das Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.
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1Entscheidung K(2006) 4090 endg. der Kommission vom 13. September 2006 in einem Verfahren gemäß Artikel 81 [EG], Sache COMP/F/38.456 – Bitumen (Niederlande), vgl. auch Pressemitteilung der Europäischen Kommission, IP 06/1179.
2Urteil des Gerichts vom 27. September 2012, Ballast Nedam NV/Kommission (Rechtssache T-361/06). Im Urteil vom selben Tag, Ballast Nedam Infra BV/Kommission (Rechtssache T-362/06), hat das Gericht die Geldbuße von 4,65 Mio. Euro auf 3,45 Mio. Euro herabgesetzt.