Der Gerichtshof bestätigt die Gültigkeit der Rechtsakte des Rates der EU, mit denen die Gelder von Kala Naft im Zusammenhang mit den restriktiven Maßnahmen gegen Iran zur Verhinderung der nuklearen Proliferation eingefroren wurden
Dagegen weist er das Rechtsmittel des Rates gegen das Urteil zurück, mit dem das Gericht die Aufnahme von Fulmen und Herrn Mahmoudian in die Liste der Personen und Einrichtungen, deren Gelder eingefroren werden, für nichtig erklärt hat
Zum Urteilstext (Englisch!)
Zur englischen Version der Presserklärung
Um Druck auf Iran auszuüben, damit er seine proliferationsrelevanten nuklearen Tätigkeiten und die Entwicklung von Trägersystemen für Kernwaffen einstellt, hat der Rat der Europäischen Union Beschlüsse und Verordnungen erlassen, mit denen die Gelder von Personen und Einrichtungen eingefroren wurden, deren Beteiligung an der nuklearen Proliferation der Rat festgestellt hat. Die betreffenden Personen und Einrichtungen sind mit einer Begründung des Rates für die Aufnahme der jeweiligen Person oder Einrichtung in einer Liste im Anhang dieser Verordnungen aufgeführt.
Manufacturing Support & Procurement Kala Naft Co. (im Folgenden: Kala Naft) und Fulmen sind iranische Gesellschaften. Fereydoun Mahmoudian ist Mehrheitsaktionär und Präsident des Verwaltungsrats von Fulmen. Die beiden Gesellschaften und Herr Mahmoudian wurden in Beschlüssen des Rates als Beteiligte am Nuklearprogramm von Iran bezeichnet und folglich in die Listen in den Anhängen der Verordnungen aufgenommen, mit denen die Gelder solcher Personen und Einrichtungen eingefroren werden.
Kala Naft, Fulmen und Herr Mahmoudian erhoben beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Beschlüsse und Verordnungen, mit denen die restriktiven Maßnahmen gegen sie erlassen oder aufrechterhalten wurden.
Mit Urteil vom 25. April 2012
1 hat das Gericht festgestellt, dass der Rat mehrere Verstöße, u. a. einen Rechtsfehler in Bezug auf den Begriff der Beteiligung an der nuklearen Proliferation und eine fehlerhafte Tatsachenwürdigung, begangen habe, da er seine gegen Kala Naft erhobenen Vorwürfe nicht bewiesen habe. Folglich hat das Gericht die Rechtsakte des Rates für nichtig erklärt, soweit sie Kala Naft betrafen.
Mit Urteil vom 21. März 2012
2 hat das Gericht die Beschlüsse und Verordnungen für nichtig erklärt, soweit sie die Aufnahme von Fulmen und ihres Präsidenten Herrn Mahmoudian in die entsprechenden Listen betrafen, da der Rat den Beweis für ihre Beteiligung an der nuklearen Proliferation nicht erbracht habe.
Der Rat hat beim Gerichtshof Rechtsmittel gegen diese Urteile eingelegt und deren Aufhebung beantragt.
In Bezug auf das Urteil Kala Naft prüft der Gerichtshof zunächst die vom Gericht vorgenommene Auslegung der allgemeinen Bestimmungen bezüglich der auf dem Gebiet restriktiver Maßnahmen geltenden Rechtsakte. Er stellt fest, dass das
Gericht die Entwicklung der Unionsregelung auf dem Gebiet der restriktiven Maßnahmen insbesondere seit der Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats der UNO
3 nicht berücksichtigt hat. Das Gericht hatte einen direkten Zusammenhang zwischen den Tätigkeiten von Kala Naft und der nuklearen Proliferation gesucht.
Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass die allgemeinen Bestimmungen der nach 2010 datierenden europäischen Regelung einen solchen Zusammenhang bei der einfachen Beschaffung verbotener Güter und Technologien hergestellt haben. In dieser Regelung wird nämlich ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die restriktiven Maßnahmen für diejenigen gelten, die an den nuklearen Tätigkeiten von Iran beteiligt sind,
direkt damit in Verbindung stehen oder Unterstützung dafür bereitstellen, auch durch die Beteiligung an der Beschaffung verbotener Güter und Technologien.
Die Resolution des Sicherheitsrats, die den Anwendungsbereich der restriktiven Maßnahmen gegen Iran erweitert, betrifft die großen Sektoren der Erdgas- und Ölindustrie, die eine wichtige Einnahmequelle für den iranischen Staat darstellen. Der Rat hat daher beschlossen, dass sich die zu erlassenden neuen Maßnahmen insbesondere auf das Verbot neuer Investitionen, technischer Hilfe und des Transfers einschlägiger Technologien, Ausrüstung und Dienstleistungen beziehen sollten.
Angesichts der europäischen Regelung und der Resolution des Sicherheitsrats stellt der Gerichtshof fest, dass
der bloße Handel mit Schlüsselausrüstung und -technologie für die Erdöl- und Erdgasindustrie als Unterstützung der nuklearen Tätigkeiten von Iran betrachtet werden kann. Das Gericht hat dadurch, dass es die fraglichen Regelungen anders ausgelegt hat, einen Rechtsfehler begangen.
Weiter erinnert der Gerichtshof daran, dass, wenn einer der vom Rat für die Aufnahme einer Person oder Einrichtung in die Listen angegebenen Gründe untermauert ist und für sich genommen eine ausreichende Grundlage für einen Beschluss bildet, mit dem restriktive Maßnahmen erlassen werden, der Umstand, dass dies auf andere dieser Gründe nicht zutrifft, die Nichtigerklärung der Entscheidung nicht rechtfertigen kann. Nach Ansicht des Gerichtshofs durfte der Rat annehmen, dass Kala Naft aufgrund ihrer Rolle als Beschaffungsstelle der National Iranian Oil Company am Erwerb verbotener Güter und Technologien beteiligt war. Der Gerichtshof stellt daher fest, dass dieser Grund angesichts der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen für sich genommen ausreichte, um diese Gesellschaft in die Liste der Personen und Einrichtungen aufzunehmen, deren Gelder eingefroren werden.
Folglich
hebt der Gerichtshof das Urteil des Gerichts auf und erhält die Eintragung von Kala Naft in den Listen aufrecht.
In Bezug auf das Urteil Fulmen und Mahmoudian weist der Gerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung hin, wonach zwingende Erwägungen der Sicherheit der Union oder ihrer Mitgliedstaaten der Mitteilung bestimmter Informationen oder Beweise an die betroffene Person entgegenstehen können. Der Rat muss jedoch die konkreten Gründe, aus denen eine solche Mitteilung abgelehnt werden kann, genau angeben oder dem Unionsrichter zumindest eine Zusammenfassung des Inhalts der vertraulichen Informationen übermitteln.
Da der Rat dem Unionsrichter im vorliegenden Fall weder Beweise noch eine Zusammenfassung der vertraulichen Informationen übermittelt hatte, musste der Unionsrichter sich auf den einzigen ihm mitgeteilten Anhaltspunkt, nämlich die in der Begründung der betreffenden Rechtsakte enthaltene Behauptung, stützen. Der Gerichtshof stellt daher fest, dass das Gericht zu Recht entschieden hat, dass der Rat die angebliche Beteiligung von Fulmen und Herrn Mahmoudian an der nuklearen Proliferation nicht bewiesen hat.
Folglich weist der Gerichtshof das Rechtsmittel des Rates zurück.
----------------
HINWEIS: Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen ein Urteil oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das Rechtsmittel hat grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Ist das Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif, kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.
-----------------
1Urteil des Gerichts vom 25. April 2012, Manufacturing Support & Procurement Kala Naft/Rat, T-509/10.
2Urteil des Gerichts vom 21. März 2012, Fulmen und Mahmoudian/Rat, verbundene Rechtssachen T-439/10 und T-440/10.
3Resolution 1929 (2010) des Sicherheitsrats vom 9. Juni 2010.