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Pressemitteilung
T-99/09, T-308/09;
Verkündet am: 
 19.04.2013
EuGH Europäischer Gerichtshof
 

Rechtskräftig: unbekannt!
Urteil des Gerichts in den verbundenen Rechtssachen T-99/09, T-308/09
Leitsatz des Gerichts:
Als Rechtfertigung für die Versagung von Zwischenzahlungen reicht es aus, wenn die Kommission nachweist, dass zwischen dem Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens und dem der Finanzierung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht
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Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) hat die Aufgabe, zusammen mit den anderen Strukturfonds durch den Ausgleich der wichtigsten regionalen Ungleichgewichte und die Beteiligung an der Entwicklung der Regionen den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt in der Union zu fördern. Er trägt u. a. zur Erreichung eines hohen Maßes an Umweltschutz bei.

Im Rahmen der Unterstützung von Strukturinterventionen der Union in Italien genehmigte die Kommission im Jahr 2000 das operationelle Programm „Kampanien“ (OP Kampanien) für Ausgaben, die in der Zeit vom 5. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 2008 getätigt wurden. Die in diesem Programm enthaltene Maßnahme1 umfasste mehrere Operationen, die das regionale System der Abfallbewirtschaftung und -beseitigung betrafen (Bau von Kompostierungsanlagen, Anlage von Deponien zur Beseitigung von Restmüll nach der getrennten Sammlung, Einrichtung optimaler Bezirke und Erstellung von Abfallbewirtschaftungs- und Entsorgungsplänen, Unterstützung der Gemeinden, die sich zum Zweck der Verwaltung des Systems der getrennten Sammlung der Siedlungsabfälle zusammengeschlossen haben, Unterstützung von Unternehmen bei der Anpassung von Anlagen zur stofflichen Verwertung von Abfällen, Tätigkeit der Koordination, der Logistik und der Unterstützung von Unternehmen, die aus besonderen Produktivkategorien stammende Abfälle sammeln und verwerten, Einrichtung eines Beobachtungsregisters zur Überwachung der Qualität und Quantität der Abfälle). Die Interventionen der Region zur Verbesserung und Förderung des Systems der Abfallsammlung und -beseitigung führten zu Ausgaben in Höhe von 93 268 731,59 Euro, von denen 50 % – also 46 634 365,80 Euro – von den Strukturfonds kofinanziert wurden.

Im Jahr 2007 warf die Kommission Italien im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens vor, in Kampanien nicht sichergestellt zu haben, dass die Abfälle beseitigt würden, ohne die menschliche Gesundheit zu gefährden und ohne die Umwelt zu schädigen, und es – unter Verstoß gegen die Richtlinie über Abfälle2 – unterlassen zu haben, zu diesem Zweck ein integriertes und angemessenes Netz von Beseitigungsanlagen zu errichten. Im Jahr 2010 stellte der Gerichtshof dann fest3, dass Italien eine Vertragsverletzung begangen hat, weil es nicht alle für die Abfallbeseitigung in der Region Kampanien erforderlichen Maßnahmen ergriffen und dadurch die menschliche Gesundheit gefährdet und die Umwelt geschädigt hat.

In der Zwischenzeit, im Jahr 2008, hatte die Kommission den italienischen Behörden mitgeteilt, welche Konsequenzen sie aus dem laufenden Vertragsverletzungsverfahren für die Finanzierung des OP Kampanien zu ziehen beabsichtige, nämlich, die Erstattung der Ausgaben des OP Kampanien, die das regionale System der Abfallbewirtschaftung und -beseitigung betrafen, das auch Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens war, vorläufig abzulehnen. Auszahlungsanträge, die sich auf Ausgaben im Zusammenhang mit dem OP bezögen und eingereicht worden seien, nachdem Italien gegen seine Verpflichtungen aus der (am 17. Mai 2006 in Kraft getretenen) Richtlinie über Abfälle verstoßen habe, würden mithin abgelehnt4.

Italien hat zwei Klagen auf Nichtigerklärung der ablehnenden Entscheidungen der Kommission erhoben und geltend gemacht, eine solche Ablehnung sei nur gerechtfertigt, wenn der spezifische Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens genau mit den „Operationen“ übereinstimme, auf die sich der Auszahlungsantrag beziehe.

In seinem heutigen Urteil kommt das Gericht nach einer Analyse des Wortlauts und der Systematik der Verordnung zu dem Ergebnis, dass es als Rechtfertigung für die Versagung von Zwischenzahlungen des EFRE ausreicht, wenn die Kommission nachweist, dass zwischen dem Gegenstand eines laufenden Vertragsverletzungsverfahrens und der „Maßnahme“, zu der die finanzierten Operationen gehören, ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, wobei der Begriff „Maßnahme“ weiter ist als der Begriff „Operation“.

Folglich war die Kommission befugt, die angefochtenen Rechtsakte auf die Verordnung über die Strukturfonds5 zu stützen.

Das Gericht stellt fest, dass die Vertragsverletzungsklage das gesamte System der Abfallbewirtschaftung und -beseitigung in Kampanien betraf, einschließlich der mangelnden Effizienz des Wiedereinsatzes oder der Verwertung und der getrennten Sammlung. In seinem Urteil von 2010 hat der Gerichtshof nämlich festgestellt, dass der Anteil an getrennter Sammlung in Kampanien gemessen am nationalen und unionsweiten Durchschnitt sehr gering war und dass die in der Region vorhandenen und betriebsbereiten Anlagen den dort tatsächlich bestehenden Bedarf bei Weitem nicht decken konnten.

Daraus folgt, dass entgegen dem Vorbringen Italiens auch die Unzulänglichkeit der getrennten Sammlung als Gesichtspunkt, der im Vorfeld die Mängel des Systems der Abfallbewirtschaftung als Ganzes verschärfte, Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens war. Zudem zählten zu den in der Maßnahme 1.7 des OP Kampanien beschriebenen Interventionen solche für die Einrichtung eines Systems der getrennten Sammlung von Siedlungsabfällen und für die Anlage von Deponien zur anschließenden Beseitigung der Abfälle, so dass der erforderliche Zusammenhang zwischen dem Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens und der genannten Maßnahme im vorliegenden Fall bestand.

Daher weist das Gericht die Klagen Italiens ab.

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HINWEIS: Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt werden.

HINWEIS: Eine Nichtigkeitsklage dient dazu, unionsrechtswidrige Handlungen der Unionsorgane für nichtig erklären zu lassen. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen von Mitgliedstaaten, Organen der Union oder Einzelnen beim Gerichtshof oder beim Gericht erhoben werden. Ist die Klage begründet, wird die Handlung für nichtig erklärt. Das betreffende Organ hat eine durch die Nichtigerklärung der Handlung etwa entstehende Regelungslücke zu schließen.
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1Maßnahme 1.7.
2Richtlinie 2006/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 (ABl. L 114, S. 9).
3Urteil des Gerichtshofs vom 4. März 2010, Kommission/Italien (C-297/08); vgl. auch Pressemitteilung Nr. 20/10.
4Nach Art. 32 Abs. 3 Unterabs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 1260/99 sind die Zahlungen an die Bedingung geknüpft, dass kein Beschluss der Kommission über die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens vorliegt.
5Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. L 161, S. 1).

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