Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Achtung! Die Seite wird derzeit nicht aktualisiert. Die Inhalte sind im wesentlichen auf dem Stand 31.12.2011
Pressemitteilung
II ZR 48/11;
Verkündet am: 
 11.07.2012
BGH Bundesgerichtshof
 

Vorinstanzen:
5 U 30/10
Oberlandesgericht
Frankfurt am Main;
Rechtskräftig: unbekannt!
Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat der Fresenius SE für 2008 scheitert nicht an Zahlung von Beratungshonorar an Aufsichtsratsmitglied
Zum Volltext

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob ein Aktionär die Beschlüsse der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft über die Entlastung des Vorstands und des Aufsichtsrats anfechten kann, weil der Vorstand ein Beratungshonorar zugunsten eines Aufsichtsratsmitglieds gezahlt hat, bevor der Aufsichtsrat dem zugrundeliegenden Vertrag zugestimmt hat.

Ein Beschluss über die Entlastung der Verwaltungsmitglieder einer Aktiengesellschaft ist nach § 120 AktG unter anderem dann anfechtbar, wenn damit ein Verhalten gebilligt wird, das einen eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß darstellt.

Die Klägerin ist Aktionärin der beklagten Fresenius SE. Sie hat eine Anfechtungsklage gegen die in der Hauptversammlung der Beklagten vom 8. Mai 2009 gefassten Entlastungsbeschlüsse für das Geschäftsjahr 2008 erhoben. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Von der Beklagten und ihrer Tochtergesellschaft sind Beratungsverträge mit einer Anwaltssozietät geschlossen worden. Partner dieser Sozietät ist der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten. Die von Anfang Januar bis Ende September 2008 geschlossenen Anwaltsverträge sind in der Aufsichtsratssitzung vom 4. Dezember 2008 genehmigt worden. Der Vorstand hatte die Vergütungen schon zuvor ausgezahlt.

Die Wirksamkeit eines Beratungsvertrages mit einem Aufsichtsratsmitglied oder seiner Sozietät hängt nach § 114 AktG von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. Die Klägerin hat mit ihrer Anfechtungsklage unter anderem geltend gemacht, ein Vorstand, der Zahlungen an ein Aufsichtsratsmitglied aufgrund eines Vertrages leiste, dem der Aufsichtsrat noch nicht zugestimmt habe, verhalte sich rechtswidrig und dürfe daher nicht entlastet werden. Das Gleiche gelte für das Aufsichtsratsmitglied, das diese Zahlungen entgegennehme.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Entlastungsbeschlüsse der Hauptversammlung der Fresenius SE wegen des dem Vorstand und dem Aufsichtsrat vorgeworfenen Verhaltens nicht anfechtbar sind.

Zwar ist die Zahlung eines Anwaltshonorars an ein Mitglied des Aufsichtsrats oder dessen Sozietät vor Zustimmung des Aufsichtsrats grundsätzlich rechtswidrig. Daran ändert auch eine spätere Genehmigung des Aufsichtsrats nichts. Das führt hier aber nicht zur Anfechtbarkeit der Entlastungsbeschlüsse, weil der Gesetzverstoß nicht eindeutig und schwerwiegend war. Über die Zulässigkeit einer Zahlung von Beratungshonoraren vor Zustimmung des Aufsichtsrats herrschte im Jahr 2008 noch Unklarheit.

Die Beklagte hatte noch geltend gemacht, hier sei das Verhalten des Vorstands schon deshalb nicht rechtswidrig gewesen, weil bei der Fresenius SE die - von der Klägerin bestrittene - Übung bestehe, dass der Aufsichtsrat am Anfang des Jahres jeweils eine Obergrenze für Aufträge an Aufsichtsratsmitglieder festlege und am Ende des Jahres jeweils über die Zustimmung zu den zwischenzeitlich erteilten Mandaten entscheide. Ob ein solches Verfahren zur Zulässigkeit einer Honorarzahlung vor der Zustimmung des Aufsichtsrats führt, hat der Bundesgerichtshof offen gelassen. Denn auch insoweit fehlte es jedenfalls an einem eindeutigen und schwerwiegenden Gesetzesverstoß.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil noch weitere Anfechtungsgründe geprüft werden müssen.

§ 120 AktG lautet:

(1) Die Hauptversammlung beschließt alljährlich … über die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und … des Aufsichtsrats. …

(2) Durch die Entlastung billigt die Hauptversammlung die Verwaltung der Gesellschaft durch die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats. …

§ 114 AktG lautet:

(1) Verpflichtet sich ein Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat durch einen Dienstvertrag, durch den ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird, oder durch einen Werkvertrag gegenüber der Gesellschaft zu einer Tätigkeit höherer Art, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab. (2) Gewährt die Gesellschaft auf Grund eines solchen Vertrags dem Aufsichtsratsmitglied eine Vergütung, ohne dass der Aufsichtsrat dem Vertrag zugestimmt hat, so hat das Aufsichtsratsmitglied die Vergütung zurückzugewähren, es sei denn, dass der Aufsichtsrat den Vertrag genehmigt. …
-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).
       URTEILE GESETZE/VO KOMMENTARE VIDEOS ÜBER UNS IMPRESSUM