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Text des Beschlusses
7 TaBV 84/10;
Verkündet am: 
 14.06.2011
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
2 BV 147/10
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Unzulässige Beschwerde gegen Beschluss, in dem das Arbeitsgericht eine personelle Einzelmaßnahme nicht als Versetzung beurteilt hat
Leitsatz des Gerichts:
Unzulässige Beschwerde gegen Beschluss, in dem das Arbeitsgericht eine personelle Einzelmaßnahme nicht als Versetzung beurteilt hat. Das von der Versetzung betroffene BR-Mitglied hatte bei der Abstimmung über die Einleitung des Beschwerdeverfahrens mitgestimmt.
In dem Beschlussverfahren
mit den Beteiligten
1. A.
A-Straße, A-Stadt
- Antragsteller und Beteiligter zu 1 und Beschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte B.
B-Straße, B-Stadt
2. Firma C.
A-Straße, A-Stadt
- Beteiligte zu 2 und Beschwerdegegnerin -
Verfahrensbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte Dr. D.
D-Straße, D-Stadt

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Anhörung vom 14. Juni 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke und die ehrenamtlichen Richter Scheele und Eibl für Recht erkannt:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.10.2010 – Az.: 2 BV 147/10 – wird verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.



Gründe:


I.

1. Die Beteiligten streiten auch in der Beschwerde darüber, ob es sich bei der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs für das Betriebsratsmitglieds E. um eine gemäß § 99 BetrVG beteiligungspflichtige Versetzung handelt.

2. Die Beteiligte zu 2. hat das Betriebsratsmitglied E. als Mitarbeiter im Logistikzentrum / Wareneingang im Jahr 1997 eingestellt. Bis zum 08.02.2010 ist Herr E. im Bereich Wareneingang – Warenannahme beschäftigt und damit betraut gewesen, die durch Spediteure angelieferte Ware an der Rampe entgegenzunehmen, anhand des Speditionsscheins zu überprüfen und vorzusortieren. Seit 09.02.2010 wird er auf Anweisung der Beteiligten zu 2. im Arbeitsbereich Wareneingang – Buchen eingesetzt, d.h. er hat die vorsortierte Ware auszupacken, auf Richtigkeit mittels Lieferschein zu kontrollieren und den Wareneingang im EDV-System einzubuchen. Den Antragsteller hat die Beteiligte zu 2. bei der Zuweisung dieser neuen Tätigkeit nicht beteiligt.

3. Der Antragsteller hat vor dem Arbeitsgericht München (künftig: Arbeitsgericht) vorgetragen, in der Zuweisung des anderen Arbeitsbereichs für das Betriebsratsmitglied E. sei eine mitbestimmungspflichtige Versetzung zu sehen, die mangels seiner Beteiligung aufzuheben sei.

4. Der Antragsteller hat vor dem Arbeitsgericht beantragt:

1. Der Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Versetzung des Mitarbeiters Herr F. E. aufzuheben.

2. Der Beteiligten zu 2. wird unter Androhung eines der Höhe nach vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben, es zu unterlassen, ohne vom Antragsteller vorherige – erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte – Zustimmung Mitarbeiter vom Arbeitsbereich Wareneingang – Warenannahme in den Arbeitsbereich Wareneingang – Buchen zu versetzen, sofern nicht die Beteiligte zu 2. das Verfahren zur Feststellung der dringenden Erforderlichkeit nach Maßgabe von § 100 Abs. 2 BetrVG eingehalten hat.

5. Die Beteiligte zu 2. hat erstinstanzlich beantragt,

die Anträge abzuweisen.

6. Zur Begründung ihres Antrags hat sie vorgetragen, ihrer Ansicht nach sei die Zuweisung des anderen Aufgabenbereichs für Herrn E. in der Warenannahme keine mitbestimmungspflichtige Versetzung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG.

7. Mit Beschluss vom 14.10.2010, auf den hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Anträge zurückgewiesen und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die zulässigen Anträge seien unbegründet. Bei der Änderung des Arbeitsbereichs des Betriebsratsmitglieds E. vom Arbeitsbereich Wareneingang – Warenannahme in den Arbeitsbereich Wareneingang – Buchen handele es sich um keine Versetzung im Sinne von § 95 Abs. 3 BetrVG, so dass kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers bei der personellen Maßnahme gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG bestehe. Daher bestehe auch kein Anspruch auf Aufhebung der personellen Maßnahme gemäß § 101 BetrVG, ebenso wenig ein Unterlassungsanspruch zur Unterbindung künftiger gleichartiger personeller Einzelmaßnahmen gemäß § 23 Abs. 3 BetrVG.

8. Gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG habe der Arbeitgeber vor Versetzungen die Zustimmung des Betriebsrats einzuholen. Versetzung in diesem Sinne sei gemäß § 95 Abs. 3 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreite oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden sei, unter denen die Arbeit zu leisten sei.

9. Bei dem Begriff des Arbeitsbereichs gehe es um den konkreten Arbeitsplatz und seine Beziehung zur betrieblichen Umgebung in räumlicher, technischer und organisatorischer Hinsicht.

10. Die Veränderung müsse hierbei erheblich sein, so dass sich das Gesamtbild der Tätigkeit ändere. Es komme darauf an, ob sich die Tätigkeiten vor und nach der Zuweisung über im üblichen Schwankungsbereich liegende Veränderungen hinausgehend so von einander unterschieden, dass die neue Tätigkeit oder Aufgabe vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters eine andere werde. Dabei sei unerheblich, ob die neue Tätigkeit für den betroffenen Arbeitnehmer angenehmer oder unangenehmer, vorteilhafter oder nachteilig sei.

11. Bei Anwendung dieser Grundsätze ergebe sich, dass die Zuweisung der neuen Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds E. keine Versetzung darstelle.

12. Das Betriebsratsmitglied E. sei nach wie vor im Bereich Wareneingang beschäftigt. Eine wesentliche Änderung des Inhalts der zu erbringenden Arbeitsleistung habe nicht stattgefunden.

13. Eine Tätigkeit im Bereich Warenannahme umfasse sowohl die Annahme und Kontrolle der Ware von den Spediteuren als auch das Auspacken und Buchen der Ware. Unerheblich sei, dass der Arbeitgeber jeweils getrennte inhaltliche Tätigkeitsbeschreibungen hinsichtlich der Warenannahme beim Spediteur und dem Auspacken und Verbuchen vorgenommen habe und dass er die Mitarbeiter separat für diese Vorgänge einsetze. Denn es handele sich gleichwohl letztlich um die Annahme und Erfassung der gelieferten Ware, welche dem Tätigkeitsbild einer Beschäftigung im Wareneingangsbereich entspreche.

14. Daher liege mit der Änderung der Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds E. keine Versetzung vor, und der Betriebsrat sei hieran nicht zu beteiligen gewesen.

15. Gegen diesen ihm am 19.10.2010 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 15.11.2010 eingelegten und am 17.01.2011 innerhalb verlängerter Frist begründeten Beschwerde. Ergänzend zum Vortrag des Antragstellers in der Beschwerde wird auf dessen Schriftsätze vom 17.01.2011 (Bl. 189/194 d.A.) und 31.03.2011 (Bl. 219/222 d.A.) Bezug genommen. 16.

Der Antragsteller beantragt in der Beschwerde,

1. der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom04.10.2010, AZ: 2 BV 147/10, wird abgeändert.

2. Die Beschwerdegegnerin und Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, die Versetzung des Mitarbeiters Herr G. E. aufzuheben.

3. Der Beschwerdegegnerin und Beteiligten zu 2) wird unter Androhung eines der Höhe nach vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben, es zu unterlassen, ohne vom Betriebsrat vorherige – erteilte, als erteilt geltende oder gerichtlich ersetzte – Zustimmung Mitarbeiter vom Arbeitsbereich Wareneingang - Warenannahme in den Arbeitsbereich Wareneingang – Buchen zu versetzen, sofern nicht die Beteiligte zu 2) das Verfahren zur Feststellung der dringenden Erforderlichkeit nach Maßgabe von § 100 Abs. 2 BetrVG eingehalten hat.

17. Die Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

18. Die Beteiligte zu 2. trägt zur Begründung ihres Antrags unter Anderem vor, sie bestreite, dass der Antragsteller die Einleitung des Beschwerdeverfahrens und die Mandatierung seiner Prozessbevollmächtigten wirksam beschlossen habe (vgl. Sitzungsprotokoll vom 08.03.2011 (Bl. 213/215 d.A.).

19. Ergänzend zum Sachvortrag der Beteiligten zu 2. in der Beschwerde wird auf deren Schriftsatz vom 21.02.2011 (Bl. 207/211 d.A.) verwiesen.

20. Die Beschwerdekammer hat dem Antragsteller mit Beschluss vom 08.03.2011 (Bl. 215 d.A.) aufgegeben, dem Gericht einen Abdruck des Verfahrenseinleitungsbeschlusses oder taugliche Beweismittel für das Zustandekommen eines solchen Beschlusses zuzuleiten. Dem ist der Antragsteller mit Schriftsatz vom 31.03.2001 nachgekommen (Bl. 219/222 d.A.).

21. Der Betriebsrat hat in seiner Sitzung vom 23.09.2010 mit sechs Ja- und 3 Nein-Stimmen die Einreichung einer Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts und die Beauftragung der RA’e H. und Kollegen mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens beschlossen. Bei der abschließenden Beratung und Beschlussfassung des Antragstellers über die Einleitung des Beschwerdeverfahrens und die Beauftragung der RA’e H. und Kollegen mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens hat das Betriebsratsmitglied E. mitgewirkt (vgl. Protokoll der Betriebsratssitzung vom 23.09.2010 (221/222 d.A.).


II.

22. Die gemäß §§ 87, 64, Abs.2 lit. c), 66 ArbGG statthafte und auch in der richtigen Form und rechtzeitig (§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 S. 1, 2 und 5 ArbGG) - aber nicht wirksam im Sinne der Entstehung eines Prozessrechtsverhältnisses vor dem LAG München - eingelegte und begründete Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 04.10.2010, AZ: 2 BV 147/10, bleibt erfolglos.

23. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Antragsteller keinen wirksamen Verfahrenseinleitungsbeschluss gefasst hat, ebenso wenig einen wirksamen Mandatierungsbeschluss für seine damaligen Verfahrensbevollmächtigten. Deshalb war der Antragsteller in dem Beschwerdeverfahren bis zum Ablauf der Beschwerdeeinlegungsfrist nicht wirksam vertreten und ist ein Prozessrechtsverhältnis nicht zustande gekommen, so dass das Rechtmittel – anders als in der zitierten Entscheidung des BAG nur der Antrag (vgl. dort Leitsatz 2. und Rn. 19), da die Beschwerde fristgebunden ist, §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG - als unzulässig zurückzuweisen war.

24. Die vom BAG in seinem Beschluss vom 06.12.2006 (a.a.O.) angesprochene Möglichkeit der Heilung der nichtigen Beschlüsse über die Einleitung eines Beschlussverfahrens und die Mandatierung eines Rechtsanwalts (vgl. Rn. 20) sowie die Hinweispflicht des Gerichts auf den Verfahrensmangel und die Möglichkeit seiner Heilung (Rn. 21) besteht bei der Einlegung eines fristgebundenen Rechtsmittels nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht.

25. Im Übrigen hatte die Beteiligte zu 2. bereits erstinstanzlich auf die Problematik einer Wirksamkeit des Verfahrenseinleitungsbeschlusses für das erstinstanzliche Beschlussverfahren hingewiesen (Bl. 73 d.A.). Für die Beschwerdeinstanz hat sie dies in dem Termin zur Anhörung der Beteiligten am 08.03.2011 (Bl. 213/215 d.A.) getan.

26. Aus dem vom Antragsteller vorgelegten Protokoll der Betriebsratssitzung vom 23.09.2011 ergibt sich zwar, dass der Antragsteller bei seiner Beschlussfassung beschlussfähig im Sinne von § 33 Abs. 2 BetrVG war. Denn alle neun Betriebsratsmitglieder haben an der Beschlussfassung teilgenommen.

27. Der Beschlussantrag gemäß Tagesordnungspunkt 6. ist auch mit der erforderlichen Mehrheit der anwesenden Betriebsratsmitglieder, nämlich mit sechs Ja- gegen 3 Nein- Stimmen zustande gekommen, § 33 Abs. 1 S. 1 BetrVG.

28. Jedoch ist der Beschluss vom 23.09.2011 zu dem Tagesordnungspunkt 6. nichtig, weil das von dem Beschluss unmittelbar persönlich betroffene Betriebsratsmitglied E. bei der abschließenden Beratung und Beschlussfassung des Antragstellers über die Einleitung eines Beschwerdeverfahrens und die Bestellung von Rechtsanwälten zur Verfahrenseinleitung und –durchführung mitgewirkt hat (vgl. dazu etwa Fitting – Engels – Schmidt – Trebinger - Linsenmaier, BetrVG-Handkommentar, 25. Auflage D-Stadt 2010, § 33 Rn. 37, 56; BAG 03.08.99 – 1 ABR 30/98 - AP Nr. 7 zu § 25 BetrVG 1972; BAG 06.12.2006 – 7 ABR 62/05 AP Nr. 5 zu § 21 b BetrVG 1972; LAG Hamm 28.07.07 – 10 Sa 775/06 – Juris; LAG Düsseldorf 16.12.04 – 11 Ta BV 79/04 – LAGE § 25 BetrVG 2001 Nr. 2).

29. Für diese Entscheidung kommt es nicht darauf an, ob das betroffene Betriebsratsmitglied mit Vornamen wie im Beschluss des Arbeitsgerichts F. (Bl. 168 d.A.) oder wie im Beschwerdeverfahren G. (Bl. 184 d.A.) heißt. Denn zwischen den Beteiligten unstreitig besteht der Antragsteller aus neun Mitgliedern, unter denen sich nur ein Herr E. befindet.

30. Zwar wird in der Literatur gelegentlich die Auffassung vertreten, der Beschluss des Betriebsrats sei lediglich dann nichtig, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass durch die Mitwirkung des Nichtberechtigten das Ergebnis der Beschlussfassung beeinträchtigt werden könnte; dies sei etwa nicht anzunehmen, wenn bei einem größeren Betriebsrat der Beschluss einstimmig gefasst worden sei (Fitting a.a.O. Rn. 56). Die erkennende Beschwerdekammer folgt jedoch den Entscheidungen des BAG vom 03.08.99 und 06.12.2006 (a.a.O.).

31. Während die Entscheidung vom 03.08.1999 ohne Weiteres zu einer Nichtigkeit des Betriebsratsbeschlusses bei Teilnahme eines unmittelbar und persönlich von der Angelegenheit betroffenen Betriebsratsmitglieds kommt – dies jedenfalls dann, wenn die Beschlussfassung zu Gunsten des betroffenen Betriebsratsmitglieds ausgeht -, urteilt die Entscheidung des BAG vom 06.12.2006, dass die Nichtigkeitsfolge eintritt, wenn nicht der Fehler offensichtlich keinen Einfluss auf das Abstimmungsergebnis hatte (vgl. dort Rn. 19). Im hier zu entscheidenden Fall liegt eine derartige Offensichtlichkeit nicht vor.

32. Die Nichtigkeitsfolge bei Teilnahme des unmittelbar persönlich betroffenen Mitglieds des Betriebsrats an dessen Beschlussfassung statt eines zu ladenden Ersatzmitglieds jedenfalls dann, wenn der Beschluss zu Gunsten des betroffenen Betriebsratsmitglieds – wie hier – ausgefallen ist, ist juristisch zwingend und sachlich erforderlich, weil sich das Ausmaß der Einflussnahme des betroffenen Betriebsratsmitglieds in der Beratung und bei der Beschlussfassung des Betriebsrats im Einzelfall kaum feststellen lässt und die Unabhängigkeit des Gremiums bei der Beratung und Beschlussfassung über eine beteiligungspflichtige Angelegenheit oder eine solche, die die Interessen des Arbeitgebers berührt, ein hohes Rechtsgut und Voraussetzung für die gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG gebotene sachliche Entscheidungsfindung des Gremiums zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebs ist.

33. Nach Auffassung von Raab (vgl. Wiese – Kreutz – Oetker – Raab – Weber – Franzen, GK-BetrVG, 9. Auflage Köln 2010, § 33 Rn. 23 – 26) ist die Nichtigkeitsfolge auch dem Rechtsgedanken des Begünstigungsverbots in § 78 S. 2 BetrVG geschuldet; dem stimmt die erkennende Kammer zu.

34. Herr E. war von der Entscheidung des Betriebsrats zu Tagesordnungspunkt 6. persönlich und unmittelbar betroffen, weil bei Ablehnung der Einleitung eines Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München die vom Antragsteller angegriffene personelle Einzelmaßnahme der Beteiligten zu 2. gegenüber Herrn E. wegen eingetretener Rechtskraft des Beschlusses nicht mehr gegen den Willen der Beteiligten zu 2. aufgehoben werden könnte. Denn bei Nichteinleitung eines Beschwerdeverfahrens hätte festgestanden, dass die Zuweisung der Tätigkeit Warenannahme - Buchen gegenüber dem Betriebsratsmitglied E. keine Versetzung im Sinne der §§ 95, 99 BetrVG ist und somit kein Beteiligungsrecht des Antragstellers bestanden hat, das ihn zu einem Antrag gemäß §§ 101, 23 Abs. 3 BetrVG berechtigen könnte.

35. Diese Folge wäre bei Ablehnung des Verfahrenseinleitungsbeschlusses unmittelbar eingetreten, ohne dass weitere Handlungen der Beteiligten zu 2. oder des Antragstellers erforderlich geworden wären. Die persönliche Betroffenheit von Herrn E. ergibt sich daraus, dass er bei Ablehnung der Einleitung eines Beschwerdeverfahrens weiterhin von ihm abgelehnte Arbeiten in der Warenannahme – Buchung ausführen müsste und nur bei Einleitung eines Beschwerdeverfahrens die Hoffnung haben könnte, das Landesarbeitsgericht könnte zu einem anderen Ergebnis kommen als das Arbeitsgericht und die Zuweisung der neuen Tätigkeit als Versetzung sehen.

36. Wegen der jeweils gleichartig unmittelbaren persönlichen Betroffenheit des Betriebsratsmitglieds E. macht es zur Überzeugung der Kammer keinen Unterschied, ob ein Beschluss des Antragstellers ein Aufhebungsverlangen nach § 101 BetrVG, die Einleitung eines Beschlussverfahrens bei Weigerung des Arbeitgebers, die personelle Einzelmaßnahme aufzuheben, oder die eines Beschwerdeverfahrens bei Unterliegen mit dem Aufhebungsantrag gemäß § 103 BetrVG im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren betrifft.

37. Die Beschwerdekammer hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, weil ein Zulassungsgrund im Sinne von §§ 92, 72 Abs. 2 ArbGG nicht ersichtlich ist.

38. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird hingewiesen, § 92 a ArbGG.

Dr. Gericke Scheele Eibl
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