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Text des Beschlusses
1 Ws 398/11;
Verkündet am: 
 07.11.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
121 Js 53803 1 KLs
Landgericht
Mühlhausen;
Rechtskräftig: unbekannt!
Nachträgliche Geltendmachung von Umsatzsteuer auf das Sachverständigenhonorar
Leitsatz des Gerichts:
JVEG §§ 2, 4 Abs. 3, 12 Abs. 1

Nachträgliche Geltendmachung von Umsatzsteuer auf das Sachverständigenhonorar
In dem Sicherungsverfahren

gegen
T B,
geboren am in N,
wohnhaft: N,
ledig, deutscher Staatsangehöriger

wegen
Sachbeschädigung
hier: Sachverständigenvergütung

Antragsteller: Dr. med. B. W
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt B,

hat auf die Beschwerde des Antragstellers vom 03.08.2011 gegen den Be­schluss des Landgerichts Mühlhausen vom 07.07.2011 der des Thüringer Oberlandesgerichts durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Schwerdtfeger, Richterin am Oberlandesgericht Dr. Arend und Richter am Landgericht Dr. Reichenbach am 7. November 2011 beschlossen:

1. Die Beschwerde wird verworfen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; außergerichtliche Kos­­­ten werden nicht erstattet.



Gründe:


I.

Im Auftrag der Staatsanwaltschaft Mühlhausen erstellte der Antragsteller am 22.09.2008 im vorliegenden Sicherungsverfahren ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zur Frage der Schuldfähigkeit des Beschuldigten B. Das Gutachten ging am 26.09.2008 bei der Staatsanwaltschaft ein.

Zugleich reichte der Antragsteller eine Kostenrechnung vom 22.09.2008 über insgesamt 738,50 € bei der Staatsanwaltschaft ein, die von der Staatskasse in voller Höhe bezahlt wurde.

Am 18.04.2011 legte der Antragsteller eine berichtigte Kostenrechnung vom 22.09.2008 vor, mit der er nunmehr auch die auf den bereits erstatteten Betrag von 738,50 € entfallende 19%ige Umsatzsteuer in Höhe von 140,32 € geltend machte, und beantragte deren „gesonderte Kostenerstattung nach § 12 Abs. 1 Satz 4 JVEG“ sowie „Wiedereinsetzung in den vorhergehenden Rechtsstand“.

Mit Beschluss vom 07.07.2011 hat das Landgericht Mühlhausen nach Stellungnahme durch den Bezirksrevisor die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der dreimonatigen Frist zur Geltendmachung der vollständigen Sachverständigenvergütung und auf Erstattung eines Umsatzsteuerbetrages in Höhe von 140,32 € jeweils als unzulässig verworfen bzw. zurückgewiesen.

Gegen den dem Antragsteller und seinem Verfahrensbevollmächtigten formlos übersandten Beschluss richtet sich die am 08.08.2011 eingegangene Beschwerde des Antragstellers, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.


II.

1. Die Beschwerde ist – jedenfalls soweit sie sich gegen die Ablehnung der Festsetzung eines weiteren Umsatzsteuerbetrages von 140,32 € richtet – bereits nach § 4 Abs. 3 JVEG unstatthaft, da der Wert des Be­schwer­de­gegenstands 200,- € nicht übersteigt und das Landgericht die Beschwerde nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

2. Im Übrigen ist die Beschwerde insgesamt aus den zutreffenden Gründen des angefochte­nen Beschlusses vom 07.07.2011 auch in der Sache unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht sowohl den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 JVEG als auch die begehrte nachträgliche Festsetzung der Umsatzsteuer in Höhe von 140,32 €, auf die der Antragsteller nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG Anspruch zu haben glaubt, als unzulässig angesehen.

a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird.

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG beginnt die Frist im Fall der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat. Innerhalb der dreimonatigen Frist – die im vorliegenden Fall Ende Dezember 2008 abgelaufen war – muss der Sachverständige seinen Vergütungsanspruch nach Grund und Höhe vollständig beziffern und insbesondere auch die auf den Rechnungsbetrag entfallende Umsatzsteuer geltend machen. Mit der Kostenrechnung nicht geltend gemachte Umsatzsteuer kann er danach nur noch unter der Voraussetzung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG erhalten (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 16.09.2009, 1 Ws 472/09; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18.06.2007, L 6 BN 77/07 SF; Bayerisches Landessozialgericht, Beschlüsse vom 22. und 23.12.2009, L 15 SF 348/09 und L 15 SF 352/09). Dem schließt sich der Senat an.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG gewährt das Gericht dem Berechtigten, der ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG kann allerdings nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Diese Jahresfrist war im vorliegenden Fall – wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat – Ende Dezember 2009 abgelaufen. Das erst am 18.04.2011 angebrachte Wiedereinsetzungsgesuch war damit verspätet und schon aus diesem Grunde unzulässig. Die Jahresfrist nach § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG ist im Übrigen – wie die nach § 234 Abs. 3 ZPO – eine Ausschlussfrist, die auch bei fehlender verfahrensrechtlicher Kenntnis des Antragstellers abläuft (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., JVEG § 2 Rn. 17; Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 234 Rn. 12).

b) Soweit der Antragsteller aus § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG einen nicht fristgebundenen Anspruch auf gesonderte Festsetzung und Erstattung der nicht berechneten Umsatzsteuer herleiten will, weist der Senat darauf hin, dass diese Vorschrift nach der Systematik des JVEG lediglich die materielle Erstattungsfähigkeit bestimmter Nebenkosten des Sachverständigen regelt, zu denen auch die Umsatzsteuer gehört.

Sie gewährt keinen verfahrensrechtlichen Anspruch darauf, die – bei rechtzeitiger Geltendmachung erstattungsfähige – Umsatzsteuer unter Außerachtlassung der für den gesamten Anwendungsbereich des JVEG maßgeblichen Fristvorschrift des § 2 Abs. 1 JVEG geltend machen zu können.

c) Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen gegen die angeblich fehlende innere Logik des § 2 JVEG greifen nicht.

Der Antragsteller verkennt, dass der Vergütungsanspruch, soweit er nicht (bereits) nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erloschen ist, nach § 2 Abs. 3 JVEG verjähren kann (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl., JVEG § 2 Rn. 18; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmer­mann, GKG, FamGKG, JVEG, 2. Aufl., JVEG § 2 Rn. 7). Denkbar ist dies in Fällen, in denen der Vergütungsanspruch zwar rechtzeitig geltend gemacht, aber nicht erfüllt worden ist.

d) Unerheblich ist auch, ob – was nach Angaben des Antragstellers noch nicht abschließend geklärt ist – der Rechnungsbetrag von 738,50 € steuerrechtlich überhaupt der Umsatzsteuerpflicht unterliegt.

Diese im Verhältnis zwischen dem Antragsteller und den Finanzbehörden offenbar streitige Frage betrifft allein die Richtigkeit der vom Antragsteller abzugebenden Umsatzsteuererklärung bzw. -voranmeldungen und des hierauf erlassenen Umsatzsteuerbescheides und ist ggf. finanzgerichtlich zu klären. Die aus Sicht des Antragstellers insoweit bestehende Unsicherheit hätte ihn allerdings nicht gehindert, vorsorglich die sich aus dem Rechnungsbetrag ergebende 19%ige Umsatzsteuer rechtzeitig als Bestandteil seiner Sachverständigenvergütung gegenüber der Justizkasse geltend zu machen. Wäre er auf diese Weise vorgegangen, hätte er auch bei nachträglicher Feststellung seiner Pflicht zur Abführung von Umsatzsteuer keine finanziellen Nachteile zu befürchten; bei Nichtbestehen der Umsatzsteuerpflicht hätte er der Justizkasse den überzahlten Betrag von 140,32 € zurück erstatten können.

Dr. Schwerdtfeger Dr. Arend Dr. Reichenbach
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