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Text des Beschlusses
1 Ws 409/11;
Verkündet am: 
 07.11.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Jena
Vorinstanzen:
4 StVK 55/11
Landgericht
M;
Rechtskräftig: unbekannt!
Kein Anspruch des im Maßregelvollzug Untergebrachten auf Übersendung der Patientenakte der Maßregeleinrichtung an den Verfahrensbevollmächtigten zur Einsicht
Leitsatz des Gerichts:
StPO § 147; ThürPsychKG § 36 Abs. 4

Kein Anspruch des im Maßregelvollzug Untergebrachten auf Übersendung der Patientenakte der Maßregeleinrichtung an den Verfahrensbevollmächtigten zur Einsicht
In der Maßregelvollzugssache
des T L,
- Antragsteller und Rechtsbeschwerdeführer -
Verfahrensbevollmächtigter : Rechtsanwalt G

gegen
den Leiter des Fachkrankenhauses für Psychiatrie und Neurologie H GmbH,
H

- Antragsgegner –

Beteiligter im Rechtsbeschwerdeverfahren:
Thüringer Ministerium für Soziales,
Familie und Gesundheit,
Werner-Seelenbinder-Str. 6, 99096 Erfurt

wegen
Antrags auf gerichtliche Entscheidung

gem. §§ 109 ff.,138 Abs. 3 StVollzG

hier: Einsicht in die Patientenakte

hat auf den Antrag des Antragstellers, ihm für das Rechtsbeschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren und auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts M vom 30.5.2011 der 1. Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts durch , und am 7. November 2011 einstimmig beschlossen:

1. Die Rechtsbeschwerde wird verworfen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die den Beteiligten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Der Gebührenstreitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 300 € festgesetzt.

2. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.



Gründe:


I.

Mit Beschluss vom 30.5.2011 wies die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts M den Antrag des im Maßregelvollzug zur Entziehung untergebrachten Antragstellers vom 20.1.2011 auf Übersendung der den Antragsteller betreffenden Patientenakten zur Einsichtnahme in die Kanzleiräume des Verfahrensbevollmächtigten als unbegründet zurück.

Der Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 9.6.2011 zugestellt.

Am 7.7.2011 erhob der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers für diesen Rechtsbeschwerde und begründete diese mit der näher ausgeführten Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Er vertritt die Auffassung, der Anspruch eines im Maßregelvollzug Untergebrachten auf Übersendung der Patientenakte an seinen Verfahrensbevollmächtigten ergebe sich aus § 147 StPO.

Das am Verfahren beteiligte Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit ist der Rechtsbeschwerde entgegengetreten.


I.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, denn es ist geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).

Sie ist auch im Übrigen zulässig.

In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg.

Ein Anspruch des Antragstellers auf Übersendung der Originalpatientenakte an seinen Verfahrensbevollmächtigten besteht nicht.

Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 147 StPO. Diese Norm ist unmittelbar nur auf die Akteneinsicht des Verteidigers im Strafverfahren anwendbar. Im Maßregelvollzugsverfahren gilt sie über die §§ 120 Abs. 1, 138 Abs. 3 StVollzG entsprechend. Maßregelvollzugsverfahren ist jedoch ausschließlich das gerichtliche Verfahren betreffend einen Antrag nach §§ 109ff. StVollzG. Zudem bezieht sich, wie die entsprechende Anwendung des § 147 StPO ergibt, dass Akteneinsichtsrecht nur auf die Akten, die dem Gericht vorliegen oder von ihm bei verfahrensordnungsgemäßem Verhalten beigezogen werden müssten. Dementsprechend richtet sich der Anspruch auf Akteneinsicht gegen das Gericht und nicht gegen Dritte, etwa eine Maßregelvollzugseinrichtung.

Der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Übersendung der Originalpatientenakte an seinen Verfahrensbevollmächtigten lässt sich ferner nicht aus § 36 Abs. 4 ThürPsychKG herleiten. Nach dieser Vorschrift ist dem Patienten auf Antrag unentgeltlich Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen und, soweit dies ohne Verletzung schutzwürdiger Belange Dritter möglich ist, Einsicht in die über ihn geführten Akten zu gewähren, wenn nicht Nachteile für den Gesundheitszustand oder den Therapieverlauf des Patienten zu erwarten sind. Dies kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange eines im Maßregelvollzug Untergebrachten auch beinhalten, dass die Maßregelvollzugseinrichtung Kopien aus der Patientenakte zu fertigen und dem Untergebrachten oder einer von ihm hierzu ermächtigten Person auszuhändigen hat, wenn die bloße Einsichtnahme in die Patientenakte durch den Untergebrachten oder einen von ihm dazu ermächtigten Dritten nicht ausreicht. Eine Versendung der Originalpatientenakte kann hingegen nicht verlangt werden, weil dies schutzwürdigen Belangen der Maßregelvollzugseinrichtung und dem wohlverstandenen Interesse des Untergebrachten selbst widerspräche.

Da die Rechtsbeschwerde erfolglos ist, muss der Untergebrachte die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen (§§ 121 Abs. 4 StVollzG, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO).

2. Dem Untergebrachten kann die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht gewährt werden, weil seine Rechtsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 120 Abs. 2 StVollzG, 114 Satz 1 ZPO).
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