Pressemitteilung
T-349/08;
T-348/08;
Verkündet am:
25.10.2011
EuG-1. Inst. Europäisches Gericht erster Instanz
Rechtskräftig: unbekannt!
EuG1 erklärt Geldbuße von 9,9 Mio. Euro für nichtig, die gegen Aragonesas und Uralita wegen einer Beteiligung an einem Kartell auf dem Natriumchloratmarkt verhängt wurde
Leitsatz des Gerichts:
Das Gericht erklärt die Geldbuße von 9,9 Mio. Euro für nichtig, die gegen Aragonesas und Uralita wegen einer Beteiligung an einem Kartell auf dem Natriumchloratmarkt verhängt wurde
Die Kommission hat die Beteiligung von Aragonesas an der Zuwiderhandlung nur für ein Jahr statt für drei Jahre hinreichend nachgewiesen
Mit Entscheidung vom 11. Juni 20081 verhängte die Kommission gegen mehrere Unternehmen, darunter die spanischen Gesellschaften Aragonesas und Uralita, Muttergesellschaft von Aragonesas im maßgeblichen Zeitraum, Sanktionen wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens auf dem Markt für Natriumchlorat, das als Bleichmittel für Papier verwendet wird. Das Kartell habe u. a. Liefermengen aufgeteilt, Preise festgesetzt und sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht. Aragonesas habe vom 16. Dezember 1996 bis 9. Februar 2000 an dem Kartell mitgewirkt. Gegen die beiden Unternehmen wurde gesamtschuldnerisch eine Geldbuße von 9,9 Mio. Euro verhängt.
Aragonesas hat vor dem Gericht Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung erhoben, soweit diese sie betrifft, und wirft der Kommission u. a. vor, ihre Beteiligung an dem Kartell nicht rechtlich hinreichend nachgewiesen zu haben. Auch die Muttergesellschaft Uralita hat vor dem Gericht Klage erhoben. Sie wendet sich dagegen, dass ihr das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft Aragonesas zugerechnet wurde, hat aber die gegen diese erhobenen Anschuldigungen nicht bestritten.
Zu Aragonesas stellt das Gericht fest, dass die von der Kommission in der Entscheidung beigebrachten Beweismittel nicht verlässlich und überaus vereinzelt und lückenhaft sind. Der geführte Nachweis ist bei seiner Gesamtwürdigung nicht hinreichend genau und übereinstimmend und lässt insbesondere weder Koinzidenzen noch Indizien erkennen, um die feste Überzeugung zu begründen, dass die Klägerin an der Zuwiderhandlung während des gesamten zugrunde gelegten Zeitraums, d. h. vom 16. Dezember 1996 bis zum 9. Februar 2000, beteiligt war.
Nur das Eingeständnis von Aragonesas betreffend ihre Teilnahme an der rechtswidrigen Zusammenkunft vom 28. Januar 1998 sowie die Notizen und Erklärungen der anderen Teilnehmer an dieser Zusammenkunft stellen hinreichend verlässliche Beweise dar, die der Klägerin entgegengehalten werden können.
Das Gericht gelangt zu dem Ergebnis, dass die Kommission den Beweis für die Beteiligung von Aragonesas an dem Kartell nur für das Kalenderjahr 1998 erbracht hat. Es erklärt daher die Entscheidung teilweise für nichtig, soweit darin die Beteiligung von Aragonesas an der Zuwiderhandlung zum einen vom 16. Dezember 1996 bis 27. Januar 1998 und zum anderen vom 1. Januar 1999 bis 9. Februar 2000 festgestellt wurde.
Folglich hat die Kommission auch die Dauer der fraglichen Zuwiderhandlung fehlerhaft berechnet. Das Gericht erklärt daher die Entscheidung für nichtig, soweit darin der von Aragonesas und Uralita gesamtschuldnerisch zu zahlende Betrag der Geldbuße auf 9,9 Mio. Euro festgesetzt wird.
Zu dem Vorbringen von Uralita stellt das Gericht zunächst fest, dass das an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen in einer wirtschaftlichen Einheit bestand, die von Aragonesas und EIA, der 100 % der Anteile von Aragonesas gehörten, gebildet wurde. Uralita konnte nämlich nicht nachweisen, dass Aragonesas ihr Verhalten auf dem Natriumchloratmarkt gegenüber EIA eigenständig bestimmte. Das Gericht gelangt daher zu dem Ergebnis, dass die Kommission diese beiden juristischen Personen zu Recht für das rechtswidrige Verhalten von Aragonesas in Haftung nahm. Sodann weist das Gericht darauf hin, dass Uralita nach dem gegenüber Aragonesas zugrunde gelegten Zeitraum der Zuwiderhandlung das gesamte Vermögen von EIA übernahm und diese infolgedessen nicht mehr existierte. Das Gericht zieht daraus den Schluss, dass Uralita als Rechtsnachfolgerin von EIA für die Kontinuität von deren Rechten und Pflichten einsteht und die Verantwortung für deren rechtswidriges Verhalten bei der Begehung der fraglichen Zuwiderhandlung trägt.
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1 Entscheidung C (2008) 2626 final der Kommission vom 11. Juni 2008 in einem Verfahren nach Art. 81 [EG] und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) (Sache COMP/38.695 – Natriumchlorat).
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