Text des Urteils
7 Sa 524/10;
Verkündet am:
25.01.2011
LAG Landesarbeitsgericht
München
Vorinstanzen:
4 Ca 10932/09
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Die Klägerin besitzt einen Anspruch auf Angebot eines sogenannten Versorgungsvertrags aus betrieblicher Übung
Leitsatz des Gerichts:
Die Klägerin besitzt einen Anspruch auf Angebot eines sogenannten Versorgungsvertrags aus betrieblicher Übung.
In dem Rechtsstreit
D.
D-Straße, D-Stadt
- Klägerin, Berufungsbeklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte Dr. E.
E-Straße, B-Stadt
gegen
B.
B-Straße, B-Stadt
- Beklagte, Berufungsklägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte/r:
Rechtsanwälte C.
C-Straße, B-Stadt
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Gericke und die ehrenamtlichen Richter Lechner-Forster und Sonnleitner für Recht erkannt:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 26.04.2010 Az.: 4 Ca 10932/09, wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin mit Wirkung vom 01.06.2009 eine Versorgungszusage wie folgt anzubieten:
§ 1. Zusage.
Die Bank gewährt der Mitarbeiterin Leistungen bei Krankheit, Dienstunfähigkeit und im Alter sowie ihren Hinterbliebenen (Witwern und Waisen) Versorgungsleistungen nach Maßgabe dieses Vertrags.
§ 2. Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall.
Bei Krankheit hat die Mitarbeiterin Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der jeweils für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen.
§ 3. Langandauernde Krankheit.
Bei langandauernder Krankheit kann die Mitarbeiterin in entsprechender Anwendung des Art. 56 Abs. 1 Satz 2 BayBG in den Ruhestand versetzt werden. Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt zum Ende des Monats, in welchem die Dienstunfähigkeit festgestellt wird, frühestens jedoch mit Ablauf des 182. Kalendertages nach Krankheitsbeginn. Vom Beginn der Ruhestandsversetzung an erhält die Versorgungsberechtigte Versorgungsbezüge nach § 6 Abs. 1. Für eine erneute Berufung ins aktive Arbeitsverhältnis, finden die für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Regelungen entsprechende Anwendung.
§ 4. Eintritt in den Ruhestand.
Der Eintritt in den Ruhestand erfolgt unter Beendigung des Arbeitsverhältnisses – unabhängig vom Ausspruch einer Kündigung und unbeschadet einer Ruhestandsversetzung auf Antrag in entsprechender Anwendung des Art. 56 Abs. 5 BayBG – mit Ablauf des Monats, in dem die Mitarbeiterin das 65. Lebensjahr vollendet oder eine Erwerbsminderungs-, Erwerbsunfähigkeitsrente oder ein Altersruhegeld von der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.
§ 5. Vertragskündigung.
(1) Die Mitarbeiterin kann ihren Arbeitsvertrag mit der Bank mit 6monatiger Frist zum Monatsende kündigen. In diesem Falle erlöschen die Anwartschaften aus dieser Versorgungszusage; etwaige unverfallbare Anwartschaften der Versorgungsberechtigten und ihrer Hinterbliebenen auf Versorgungsleistungen im Alter und bei Dienstunfähigkeit nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Alterversorgung blieben unberührt. Für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gelten die gesetzlichen Vorschriften.
(2) Die Bank kann den Arbeitsvertrag mit der Folge der Vertragsbeendigung oder Ruhestandsversetzung nur aus folgenden Gründen und nur unter Beachtung folgender Regelungen kündigen:
a) Kündigung aus wichtigem Grund:
aa) Wenn der wichtige Grund in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank den Arbeitsvertrag frist- und entschädigungslos kündigen. In diesem Falle erlöschen die Ansprüche aus dieser Versorgungszusage.
bb) Wenn der wichtige Grund nicht in einem grob schuldhaften Verhalten der Mitarbeiterin liegt, kann die Bank die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende in den Ruhestand versetzen.
b) Kündigung wegen organisatorischer Veränderungen:
Bei einer Eingliederung der Bank in eine andere juristische Person, bei Zusammenschluss der Bank mit einer anderen juristische Person oder bei einer anderen wesentlichen organisatorischen Veränderung der Bank kann die Bank die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 6monatiger Frist zum Monatsende nach ihrem Ermessen entweder in den Ruhestand oder bis zu ihrer Wiederverwendung in einer gleich zu bewertenden, unter Umständen auch auswärtigen Stelle der Bank bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin, in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
c) Wegen Dienstunfähigkeit:
Die Bank kann die Mitarbeiterin durch Kündigung mit 3monatiger Frist zum Quartalsschluss in den Ruhestand versetzen, wenn sie infolge eines Gebrechens oder einer Schwäche ihrer körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten dauernd unfähig ist. Die Regelung des Art. 56 Abs. 1 Satz 3 und 4 BayBG sowie des Art. 59 BayBG gelten entsprechend.
§ 6. Höhe der Versorgungsbezüge.
(1) Die Bank verpflichtet sich, der Mitarbeiterin im Versorgungsfall (§ 3, § 4 und § 5 Abs. 2 a bb, b und c) ein Ruhegehalt zu gewähren, das entsprechend den jeweils für bayerische Staatsbeamte geltenden Vorschriften berechnet wird. Ruhegehaltfähige Dienstbezüge im Sinne des Beamtenversorgungsgesetzes sind 1/12 des ruhegehaltfähigen Jahresfestgehalts, das der Mitarbeiterin vor dem Eintritt in den Ruhestand zuletzt gezahlt wird. Laufende Zulagen sind nur dann versorgungsfähig, wenn diese ausdrücklich als versorgungsfähig bezeichnet sind.
Als ruhegehaltfähige Dienstzeiten gelten
a) die Zeit der Arbeitsleistung für die Bank, eines ihrer Vorgängerinstitute oder eine andere Bank im Sinne des Kreditwesengesetzes,
b) die Zeit der Arbeitsleistung für einen anderen Arbeitgeber, sofern die dortige Tätigkeit mit der Tätigkeit in der Bank vergleichbar ist, zur Hälfte,
c) vorher zurückgelegte Zeiten, soweit sie nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Vorschriften berücksichtigungsfähig sind.
Der Anspruch auf Beihilfe im Krankheitsfalle in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Vorschriften besteht fort. Beamtenrechtliche Vorschriften für allgemeine und strukturelle Anpassungen der Versorgungsbezüge, insbesondere § 70 Beamtenversorgungsgesetz oder eine diese Vorschriften ersetzende Regelung, finden keine Anwendung; § 11 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 dieser Versorgungszusage über die lineare Anpassung entsprechend dem Tarifvertrag bleiben unberührt.
(2) Ein Doppelanspruch auf Versorgungsbezüge und Aktivbezüge ist ausgeschlossen. Bei einer Beschäftigung über das 65. Lebensjahr hinaus ruht der Anspruch auf Versorgungsbezüge. Dienstzeiten nach Vollendung des 65. Lebensjahrs werden nicht angerechnet und führen somit nicht zu einer Erhöhung der Versorgungsbezüge.
(3) Die Hinterbliebenen der Versorgungsberechtigten erhalten Hinterbliebenenversorgung in entsprechender Anwendung der für die Hinterbliebenen von bayerischen Staatsbeamten und Ruhestandsbeamten geltenden Vorschriften.
(4) Die Versorgungsbezüge werden jährlich 12mal gewährt.
§ 7. Anrechnung.
(1) Auf das Ruhegehalt werden angerechnet:
a) Leistungen aus der Renten- oder Gruppenrentenversicherung;
b) Versorgungsbezüge aus unverfallbaren Versorgungsanwartschaften nach dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Alterversorgung sowie sonstige Renten und Versorgungsleistungen aus Zusatzversorgungseinrichtungen (z. B. des Versicherungsvereins des Bankgewerbes a. G. oder der Zusatzversorgungskasse der Bayerischen Gemeinden), wenn diese mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen früherer Arbeitgeber beruhen und auf Zeiten entfallen, die in die Berechnung der ruhegehaltsfähigen Dienstzeiten einbezogen werden;
c) Leistungen aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung oder einer befreienden Lebensversicherung, zu denen der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der Beiträge oder Zuschüsse in dieser Höhe geleistet hat;
d) Verletztenrenten in dem jeweils zur Zeit der Anrechnung höchstzulässigen Umfang.
(2) Absatz 1 gilt für die Anrechnung auf die Hinterbliebenenbezüge entsprechend.
(3) Soweit anrechenbare Renten oder Versorgungsleistungen deshalb nicht gewährt werden, weil
a) ihnen zugrundeliegende Beitragsleistungen (insbesondere Beiträge, Zuschüsse) erstattet wurden,
b) sie nicht beantragt worden sind oder auf die verzichtet wurde oder an ihrer Stelle eine Kapitalleistung oder Abfindung gezahlt wurde
so tritt an die Stelle der Rente oder Versorgungsleistung der Betrag, der vom Leistungsträger ansonsten zu zahlen wäre.
(4) Renten, Rentenerhöhungen und Rentenminderungen aufgrund eines Versorgungsausgleichs nach §§ 1587 ff. BGB bleiben unberücksichtigt.
(5) Auf die Hinterbliebenenbezüge werden die Hinterbliebenenrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch insoweit angerechnet, als sie nach den Bestimmungen des § 97 SGB VI in der jeweils geltenden Fassung ruhen.
(6) Darüber hinaus werden andere Bezüge lediglich insoweit auf die Versorgungsbezüge nach diesem Vertrag angerechnet, als sie auch nach den für bayerische Staatsbeamte jeweils geltenden Ruhens-, Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften auf die Versorgungsbezüge anzurechnen wären.
§ 8. Unfallfürsorge.
(1) Die Bank gewährt der Mitarbeiterin Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung der für die bayerischen Staatsbeamten geltenden Unfallfürsorgevorschriften.
(2) Die Mitarbeiterin verpflichtet sich, einen etwaigen gesetzlichen Schadensersatzanspruch, der ihr wegen einer Körperverletzung gegen einen Dritten zusteht, insoweit an die Bank abzutreten, als diese während einer auf Körperverletzung beruhenden Aufhebung der Arbeitsfähigkeit oder infolge der Körperverletzung zur Gewährung von Leistungen (Aktivitäts- und Versorgungsbezüge) verpflichtet ist.
(3) Steht wegen einer Körperverletzung oder Tötung der Mitarbeiterin deren Hinterbliebenen ein gesetzlicher Schadenseratzanspruch gegen einen Dritten zu, so kann die Bank die Gewährung der Hinterbliebenenbezüge insoweit von der Abtretung des Schadensersatzanspruchs abhängig machen als sie infolge der Körperverletzung oder Tötung zur Gewährung einer Versorgung oder sonstigen Leistung verpflichtet ist.
§ 9. Sozialversicherung.
Die Mitarbeiterin wird sich unbeschadet der Versorgungszusage freiwillig weiterversichern, sofern dies nach § 7 SGB VI zulässig ist und solange und soweit die Bank dies verlangt. Die Bank übernimmt in diesem Fall den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung. Die auf diesen Anteil entfallende Steuer und evtl. Sozialversicherungsbeiträge gehen zu Lasten der Mitarbeiterin.
§ 10. Unverfallbarkeit.
Die Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bleiben unberührt; die Unverfallbarkeitsfrist nach § 1 dieses Gesetzes beginnt mit dem Eintritt in die Bank, bei Unterbrechung des Dienstverhältnisses mit dem letzten Wiedereintritt in die Bank.
§ 11. Ergänzende Bestimmungen.
(1) Für die Anpassung der Versorgungsbezüge gelten die jeweils für die Bezahlung der Tarifangestellten maßgeblichen Festsetzungen des Tarifvertrages entsprechend. Die Anpassung der Versorgungsbezüge erfolgt, wenn die Gehälter des Tarifvertrages allgemein geändert werden. Im übrigen gelten zusätzlich die jeweils für die Versorgung der bayerischen Staatsbeamten maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften mit Ausnahme der Vorschriften über das Übergangsgeld und das Besoldungsdienstalter entsprechend.
(2) Wenn die in diesem Vertrag enthaltenen Bestimmungen keinen Aufschluss geben, wird der betreffende Punkt in einer zusätzlichen Vereinbarung zwischen der Versorgungsberechtigten und der Bank geregelt. Über diesen Vertrag hinausgehende Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand:
1. Die Parteien streiten auch in der Berufung darüber, ob die Klägerin und Berufungsbeklagte (künftig: Klägerin) Anspruch auf Abschluss eines ihren Arbeitsvertrag ergänzenden Vertrags über das so genannte Versorgungsrecht hat, durch den sie Anspruch auf Versorgungsleistungen, Sozialversicherungsfreiheit, Beihilfeberechtigung und besonderen Kündigungsschutz hätte.
2. Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist seit dem 01.06.1999 bei der Beklagten als Bankangestellte auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 01.01.2005 (Bl. 10/12 d.A.) beschäftigt (vgl. auch Datenspiegel vom 10.05.2005 = Bl. 13 d.A.). Die Klägerin erhält derzeit ein durchschnittliches monatliches Bruttogehalt von € 5.153,82. Sie hat am 01.06.2009 20 Jahre im Kreditgewerbe zurückgelegt, davon 10 Jahre bei der Beklagten (vgl. Datenspiegel a.a.O.).
3. Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält unter Anderem folgende Regelungen:
„ 7. Ergänzende Bestimmungen
…
(2) S. 2… Über diesen Vertrag hinausgehende Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Form.
…
§ 9. Leistungen ohne Rechtsanspruch
Auf Leistungen, die nicht in diesem Vertrag festgesetzt sind, besteht auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch.“
4. Hinsichtlich der Vergütung wird in § 4. der arbeitsvertraglichen Regelungen der jeweiligen Dienstvereinbarung der Bank mit dem Gesamtpersonalrat in Bezug genommen.
5. § 4 Abs. 2 lautet:
Ferner kann die Mitarbeiterin als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Bankbonus erhalten…Ferner kann die Mitarbeiterin als freiwillige Leistung ohne Rechtsanspruch einen Leistungsbonus erhalten….
6. In § 8. haben die Parteien die Geltung des für die Bank verbindlichen Tarifvertrags in seiner jeweiligen Fassung vereinbart, „soweit in diesem Dienstvertrag ausdrücklich auf den Tarifvertrag Bezug genommen wurde.
7. Die Beklagte ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie ist 1972 aus einer Fusion zweier öffentlich-rechtlichen Anstalten, nämlich der O.- und der P.hervorgegangen. Die fusionierenden Anstalten haben dem Fusionsvertrag vom 06.06.1972 zu § 8 Abs. 3 als Anlage eine so genannte „Personalvereinbarung“ (PV 72) angefügt (Bl. 16/21 d.A.). Darin haben sie bestimmte Grundsätze für die Behandlung der ArbeitnehmerInnen festgehalten.
8. Ziffer 3 der PV 72 lautet:
„3.1 Mitarbeiter, die nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens zehn Jahre bei den zu vereinigenden Instituten, der O. oder P. tätig waren, erhalten eine Versorgung nach den Richtlinien der Versorgungskasse der Q. (Anlage 2). In besonders gelagerten Ausnahmefällen können weitere Dienstzeiten anerkannt werden.
3.2 Mitarbeiter, die mindestens 20 Jahre im Kreditgewerbe beschäftigt waren, davon mindestens zehn Jahre bei den zu vereinigenden Instituten oder der O., können einen Rechtsanspruch auf Versorgung nach Maßgabe des beigefügten Vertragsmusters (Anlage 3) erhalten. Besonders tüchtigen und bewährten Mitarbeitern kann ein solcher Versorgungsanspruch vorzeitig gewährt werden. Die Entscheidung über die Gewährung trifft der Vorstand der Landesbank.“
9. In einer Antwort der Abteilung 1620/Sozialbetreuung und Verwaltung vom 09.09.1994 an F. auf eine Anfrage des Gesamtpersonalrats der R. an den Vorsitzenden des Gesamtpersonalrats der Beklagten Herrn F.– offenbar durch Herrn G.-(Bl. 29/31 d.A.) findet sich unter 1.:
MA mit einer Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren (Tarifangestellte, Außertarifangestellte, Vorstandsmitglieder) erhalten bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (gute Beurteilung; gesundheitliche Verfassung, die das Risiko einer vorzeitigen Pensionierung nicht erwarten lässt) das Versorgungsrecht. Grundlagen und dienstvertragliche Regelungen sind nachfolgend beschrieben. Für diese Mitarbeiter sind Pensionsrückstellungen zu bilden.
10. n einem Schreiben der Beklagten vom 24.01.2007 an alle Bereichsleiter und die Geschäftsleiter heißt es unter 1.2 Direktzusage Versorgungsrecht
Nach frühestens 20 Jahren besteht die Möglichkeit einer einzelvertraglichen Direktzusage des Versorgungsrechtes, sofern entsprechende Leistungen und Verhalten sowie gesundheitliche Eignung in der Person der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters gegeben sind und die weitere Verwendung im Unternehmen gesichert ist.
Neben dem Anspruch auf Versorgungsleistungen beinhaltet die Direktzusage während des aktiven Dienstverhältnisses die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht sowie einen Anspruch auf Beihilfe nach der zum 01.01.2007 in kraft getretenen – Bayerischen Beihilfeverordnung im Krankheitsfall.
Dieses Schreiben hat die Beklagte nicht bankintern veröffentlicht.
9. In einer Broschüre der Beklagten mit dem Titel „Informationen für unsere Mitarbeiter“ heißt es unter dem Kapitel „Unsere Altersversorgung“:
„Nach einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 10 Jahren haben sie eine Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen. Art und Umfang der Leistungen bei Ruhestand, Hinterbliebenenversorgung oder Invalidisierung sind unter anderem abhängig von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und der Höhe ihres versorgungsfähigen Aktivgehalts. Nähere Auskünfte erhalten sie vom UB Personal, Abteilung 1620 Sozialbetreuung.“
10. In einer weiteren Broschüre (Bl. 26/28 d.A.), die auch als Mitarbeiterhandbuch bezeichnet wird, heißt es in der Fassung 11/86 auf den Seiten 25/26 unter der Überschrift „Altersversorgung“:
„Alternative 1 (Versorgungskasse):
Eine Anwartschaft auf Versorgungsleistungen für sich und seine Hinterbliebenen nach den Richtlinien der Versorgungskasse hat jeder … Arbeitnehmer der O. und ihrer Rechtsvorgänger, wenn er nach Vollendung des 17. Lebensjahres mindestens 10 Jahre bei der B. tätig gewesen ist …
Alternative 2 (Versorgung durch die Bank):
Mitarbeiter, die unter den in der Alternative 1 genannten Personenkreis fallen und die auf eine Dienstzeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der B. oder einer ihrer Rechtsvorgängerinnen zurückblicken können, erhalten - bei entsprechend guter Beurteilung durch ihre Vorgesetzten - einen Versorgungsvertrag. Voraussetzung für die Verleihung des Versorgungsrechts ist ferner, dass die gesundheitliche Verfassung eine vorzeitige Pensionierung nicht erwarten lässt. Der Versorgungsvertrag räumt Mitarbeitern und ihren Hinterbliebenen im Versorgungsfall einen Rechtsanspruch auf Ruhegehalt bzw. Witwen-, Witwer- und Waisengeld ein. Für diese Versorgungsleistungen gelten die gleichen Grundsätze, wie sie bereits bei der Alternative 1 beschrieben wurden.
Der Versorgungsvertrag bringt im Übrigen noch folgende weitere Vorteile:
Mit der Verleihung der Versorgungsrechte ist grundsätzlich eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung … verbunden.
Im Krankheitsfall wird das Gehalt bis zu sechs Monaten weiter gewährt …
Sie haben die Möglichkeit … zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung zu wählen. Dabei kommt ihnen bei der Wahl des Versicherungstarifs die volle Beihilfeberechtigung im Krankheitsfall … zugute.
Sie haben außerdem einen erweiterten Kündigungsschutz. Eine Kündigung seitens der Bank hat grundsätzlich die Versetzung in den (einstweiligen) Ruhestand zur Folge. Nur bei grob schuldhaftem Verhalten kann die Bank den Vertrag frist- und entschädigungslos kündigen.“
11. Das auf der inneren Umschlagseite abgedruckte Impressum dieser Broschüre lautet wie folgt:
„Verfasser: B.- Girozentrale -
Diese Broschüre dient lediglich Informationszwecken. Der Inhalt bildet keine Anspruchsgrundlage für Leistungen; dafür sind ausschließlich die jeweils in der Broschüre zitierten Vereinbarungen, Beschlüsse und Richtlinien maßgebend …“
12. Im Intranet der Beklagten ist ein Vortrag des Herrn G. vom 28.04.1997 (Bl. 32/35 d.A.) mit der Überschrift „Information an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Anwartschaft auf eine betriebliche Altersversorgung - Neuregelungen des Beamtenversorgungsgesetzes ab 01.07.1997“ hinterlegt gewesen.
13. Unter Ziffer I. 1. Versorgungskasse, Versorgungsrecht stand dort zu lesen:
„Versorgungsleistungen aus Anwartschaften auf die betriebliche Altersversorgung über die Versorgungskasse (mindestens 10-jährige Betriebszugehörigkeit) oder die Bank (Zusage des Versorgungsrechts nach in der Regel 20 Jahre Betriebszugehörigkeit) werden auf der Grundlage beamtenrechtlicher Vorschriften bzw. Grundsätze gewährt. Bei beiden Versorgungssystemen handelt es sich demnach um eine beamtenrechtliche Gesamtversorgung, auf die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet werden.“
14. Im nachfolgenden Text werden die Auswirkungen auf beide Versorgungsvarianten geschildert.
15. In einer ebenfalls im Intranet hinterlegten Präsentation mit der Überschrift „Betriebliche Altersversorgung in der BLB-Versorgungskasse und Versorgungsrecht Stand September 2000“ (Bl. 61/62 d.A.) heißt es auf der Folie 9 unter der Überschrift „Versorgungsrecht Zusagevoraussetzungen“:
„- Wartezeit
20 Jahre Dienstzeit bei Kreditinstituten (im Sinne von § 1 KWG), davon mindestens
10 Jahre bei der B.
Beurteilung
Gute Beurteilung hinsichtlich Führung und Leistung
Gesundheitszustand
Kein medizinisch erkennbares Risiko der vorzeitigen Ruhestandsversetzung (ggf. vertrauensärztliche Untersuchung) wegen Wegfall der Voraussetzungen für eine vorzeitige Erwerbsunfähigkeitsrente“
16. Auf der Folie 10 heißt es unter der Überschrift „Versorgungsrecht Zusage-Ablauf“:
„- 1611/Personalservice bzw. 90/18 ZB Personal der LBS
- Prüfung der Zusage - Voraussetzungen
- Erstellung Vorstandsbeschluss für Neuzusagen
- Änderung Arbeitsverträge und Personalstammdaten im SAP“
17. In einer Veröffentlichung der Abteilung 1620 Beklagten von Oktober 2001 durch Herrn G. (Bl. 42 d.A.) mit der Überschrift „Versorgungsrecht – Zusammenfassung stellt diese die Vorteile und Einschränkungen dar, die den ArbeitnehmerInnen durch die Gewährung des Versorgungsrechts entstehen.
18. In einer ebenfalls im Intranet hinterlegten Präsentation mit gleicher Überschrift jedoch Stand Oktober 2008 heißt es unter „Versorgungsrecht Voraussetzungen für die Zusage“:
„- Wartezeit
20 Jahre Dienstzeit bei Kreditinstituten (i. S. v. § 1 KWG), davon mindestens
10 Jahre bei der B.
Beurteilung
Gute Beurteilung hinsichtlich Führung/Verhalten und Leistung
Gesundheitszustand
Kein medizinisch erkennbares Risiko der vorzeitigen Ruhestandsversetzung (ggf. vertrauensärztliche Untersuchung) wegen Wegfall der Voraussetzungen für eine vorzeitige Erwerbsminderungsrente
Gesicherter Arbeitsplatz im Hause“
19. Unter dem 28.10.1994 erstellte die Beklagte folgendes Dokument (Bl. 63 d.A.):
„Personal-Information
Anrechnung von Teilzeit-Beschäftigungszeiten auf die Wartezeit für die Verleihung des Versorgungsrechts
Der UB Personal freut sich, Sie über die Entscheidung des Vorstands informieren zu können, wonach mit Wirkung vom 01.01.1995 der Grundsatz gilt:
„Gleiche Wartezeit für Teil- und Vollzeitbeschäftigte“.
Die Bank leistet damit einen weiteren Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Sowohl für Teilzeit- als auch für Vollzeitbeschäftigte gelten folgende Voraussetzungen für die Verleihung des Versorgungsrechtes:
20 Jahre Dienstzeit im Bank- oder Sparkassenbereich, wovon mindestes 10 Jahre auf unsere Bank entfallen müssen.
Mindestens gute durchschnittliche Leistungen und eine einwandfreie Führung während der gesamten Wartezeit.
Ihre gesundheitliche Verfassung muss so gut sein, dass aus heutiger Sicht mit einer Frühpensionierung aus gesundheitlichen Gründen nicht zu rechnen ist.
Der UB Personal wird gemäß Beschluss des Vorstandes mit Wirkung vom 01.01.1995 allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei denen vorstehend genannte Kriterien erfüllt sind, die Zusage von Versorgungsrechten erteilen.
Um die Umsetzung des Vorstandsbeschlusses verwaltungstechnisch einwandfrei zu gewährleisten, bitten wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die heute vollzeitbeschäftigt (100 %) sind, aber in der Vergangenheit in der Bank oder einem früheren, (anrechenbaren) Arbeitgeber ggf. teilzeitbeschäftigt waren, uns schriftlich eine Berechnung der anrechenbaren Vordienstzeiten einzureichen, damit der Termin für die zeitliche Voraussetzung der Versorgungszusage richtig vorgemerkt werden kann. Für Rückfragen steht ihnen gerne Frau H., Tel.: 0000, zur Verfügung.
Unternehmensbereich Personal
I. K.
20. In einer internen Stellungnahme des Personalmanagements Inland vom 19.8.2002 (Bl. 36/37 d.A.) wurde unter der Überschrift „Versorgungsrechte“ Stellung genommen wie folgt:
„1. Grundlagen
1.1 Reguläres Versorgungsrecht
21. Grundlage für die derzeit bestehende Regelung des Versorgungsrechts ist der Fusionsvertrag vom 06.06.1972. In der Personalvereinbarung, die als Anlage zu § 8 Abs. 3 dieses Fusionsvertrages aufgenommen wurde, sind unter Ziffer 3 die Grundsätze und Voraussetzungen des Versorgungsrechts festgelegt.
Als zeitliche Voraussetzung ist eine 20-jährige Dienstzeit im Bank- und Sparkassenbereich, wovon mindestens 10 Jahre auf die Bank entfallen müssen, zu erfüllen. Daneben müssen Leistungen und Verhalten sowie die gesundheitliche Eignung die Gewährung eines regulären Versorgungsrechts rechtfertigen. Liegen diese Voraussetzungen vor, besteht ein Rechtsanspruch des Mitarbeiters auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Es wird allerdings seit Jahrzehnten so verfahren, dass die Mitarbeiter bei uneingeschränktem Vorliegen aller Voraussetzungen das Versorgungsrecht erhalten haben. Dieses Vorgehen stellt eine betriebliche Übung dar, so dass sich zumindest daraus ein Anspruch auf Verleihung des regulären Versorgungsrechts ergibt.
…
2. Stellungnahme
2.1 Grundsatz
22. Auf die Gewährung des regulären Versorgungsrechtes besteht bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch …“
23. Am 22.01.2009 hat der Vorstand der Beklagten beschlossen, keine individuellen Versorgungsrechte mehr zu erteilen. Zum 01.02.2009 wurden der Mitarbeiterin L. und Herrn M. Versorgungsrechte erteilt. Am 21.07.2009 beschloss der Verwaltungsrat die Vergabe von Versorgungsrechten endgültig einzustellen. Diese Entscheidung hat die Beklagte durch Mitteilung im Intranet vom 22.07.2009 veröffentlicht.
24. Am 01.06.2009 hat die Klägerin eine Dienstzeit von 20 Jahren im Kreditgewerbe, davon zehn Jahre bei der Beklagten zurückgelegt. Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen „gute Leistung und Führung“ und „gesundheitliche Eignung“.
25. Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe einen Anspruch auf Abschluss eines Versorgungsvertrages bzw. auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung eines Versorgungsrechts. Bereits beim Einstellungsgespräch sei ihr von Herrn N. erläutert worden, sie werde einen Versorgungsvertrag und den Unkündbarkeits- sowie Beamtenstatus nach 20 Jahren erhalten. Ihre zehnjährige Tätigkeit bei der Sparkasse werde auf diese Wartezeit angerechnet.
26. Die Beklagte sei auch aus dem Fusionsvertrag, bzw. aus der Anlage zu § 8 Abs. 3, der PV 72, als einem Vertrag zu Gunsten Dritter zur Gewährung des Versorgungsrechts verpflichtet.
27. Ein Anspruch ergebe sich auch aus einer Gesamtzusage. Die Beklagte habe sich durch die Informationsbroschüre, das Mitarbeiterhandbuch, die Personalinformation vom 28.10.1994 sowie durch den Vortrag und die Präsentation im Intranet im Wege einer Gesamtzusage zur Gewährung des Versorgungsrechts verpflichtet.
28. Auch nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung ergebe sich ein Anspruch des Klägers. Die Beklagte habe seit 1972 fast 100 % der ArbeitnehmerInnen bei Vorliegen der Voraussetzungen die Zusage für das Versorgungsrecht erteilt. Hierbei sei kein Vorbehalt erklärt worden. Ende 2008 sei das Versorgungsrecht von ca. 5.200 Mitarbeitern ca. 2.500 Mitarbeitern erteilt gewesen. Lediglich 30 ArbeitnehmerInnen hätten das Versorgungsrecht nach Erfüllung der Wartezeit wegen aus gravierenden gesundheitlichen oder anderen Gründen wie Vermögensverfall nicht erhalten. Der Fusionsvertrag und die PV 72 stünden der Entstehung einer betrieblichen Übung nicht entgegen. Der Fusionsvertrag gestatte die Gewährung des Versorgungsrechts durch die Beklagte als grundsätzlich freiwillige Leistung. Da die Zusage von der Beklagten über Jahrzehnte erteilt worden sei, komme es nicht darauf an, ob der Klägerin bekannt gewesen sei, dass der Zusage jeweils eine Vorstandsentscheidung vorausgehe. Eine betriebliche Übung scheitere auch nicht am Schriftformerfordernis. Ihr Anspruch ergebe sich auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
29. Die Beklagte habe das Versorgungsrecht bei Vorliegen der Voraussetzungen über Jahrzehnte gewährt. Ein sachlicher Differenzierungsgrund, der es rechtfertige, der Klägerin das Versorgungsrecht nicht zu erteilen, läge nicht vor. Die Beklagte könne sich nicht auf die schwierige finanzielle Situation der Bank berufen. Diese habe bereits im Jahr 2008 vorgelegen, gleichwohl seien aber noch Versorgungsrechte erteilt worden.
30. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin die weitere Voraussetzung für die Gewährung des Versorgungsrechts, eine gesicherte weitere Verwendung nicht erfülle. Die Beklagte könne dieses Kriterium nicht einseitig nachträglich einführen. Sie sei der Klägerin gegenüber vertraglich gebunden.
31. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Vereinbarung des Versorgungsrechtes, mit dem Inhalt, wie ihn die Beklagte zuletzt am 01.02.2009 vereinbart habe. Der zuletzt von der Beklagten vereinbarte Inhalt des Versorgungsrechts entspreche dem klägerischen Antrag.
32. Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht München beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin mit Wirkung vom 01.06.2009 eine Versorgungszusage gemäß Anhang zu diesem Antrag (A 1-5) anzubieten.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klagepartei eine Versorgungszusage gemäß Anhang zu diesem Antrag (A 1-5) anzubieten.
33. Die Beklagte hat beantragt:
Klageabweisung.
34. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Klage sei bereits unzulässig, da sie auf die unmögliche rückwirkende Befreiung von der Sozialversicherungspflicht gerichtet sei. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Vertrages über das Versorgungsrecht. Aus der PV 72 könne die Klägerin keine Ansprüche ableiten. Diese enthalte eine Kann-Bestimmung. Die Gewährung liege im Ermessen der Beklagten. Die Kriterien für die Ausübung des Ermessens seien gegenüber der Belegschaft nie konkretisiert worden. Zuletzt habe sie auch das Kriterium des gesicherten Arbeitsplatzes berücksichtigt. Einen Automatismus habe es nicht gegeben. Die PV 72 sei auch kein Vertrag zugunsten Dritter. Sinn und Zweck dieser Regelung sei lediglich die Regelung des Verhältnisses der fusionierenden Institute und des Freistaates zueinander gewesen. Nach der PV 72 entscheide der Vorstand über die Gewährung des Versorgungsrechts. Die Kriterien für diese Ermessensentscheidung des Vorstands seien nie konkretisiert oder kommuniziert worden. Die Kriterien seien auch mehrfach verändert worden.
35. Die Klägerin habe keinen Anspruch aus einer individuellen Zusage beim Vorstellungsgespräch. Dem stehe bereits entgegen, dass im Arbeitsvertrag der Klägerin hierzu keine Regelung enthalten sei. Darüber hinaus bestreite die Beklagte eine derartige Zusage im Vorstellungsgespräch sowie das Werben mit den Nettovorteilen in der Zeit vor dem Eintritt in den Ruhestand. Denkbar sei lediglich, dass die Klägerin auf die beamtenähnliche Versorgung durch die Versorgungskasse hingewiesen worden sei.
36. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine Gesamtzusage berufen. Über die Gewährung des Versorgungsrechts sei jedes Jahr in einem dreistufigen Verfahren entschieden worden. Ein Automatismus habe nicht bestanden. Die Kriterien für die Zusage seien mehrfach verändert worden. Seit 2003/2004 sei das Kriterium „Gesicherter Arbeitsplatz“ in jedem Einzelfall geprüft worden. Auch habe eine Gesamtabwägung unter Betrachtung der in der Vergangenheit erteilten und in der Zukunft zu erwartenden Versorgungsrechte stattgefunden. Aus den von der Klägerin angeführten Dokumenten könne nicht auf eine Gesamtzusage geschlossen werden. Die Aussage in der Informationsbroschüre beziehe sich lediglich auf die Versorgung durch die Versorgungskasse. In der von der Klägerin als Mitarbeiterhandbuch bezeichneten Broschüre werde das bei der Beklagten bestehende Versorgungssystem lediglich erläuternd dargestellt, jedoch erkennbar keine Zusagen erteilt. Dies ergebe sich bereits aus dem Impressum. Bei der Stellungnahme aus dem Bereich Personalmanagement handele es sich ersichtlich um eine interne Stellungnahme gegenüber einem einzelnen Arbeitnehmer der Beklagten. Sie gebe die Auffassung eines einzelnen Arbeitnehmers der Rechtsabteilung wieder, nicht die Auffassung der Beklagten.
37. Auch aus der Personalinformation vom 28.10.1994 ergebe sich keine Gesamtzusage. Diese informiere lediglich über eine Entscheidung des Vorstands zur Gleichstellung von Teilzeit- mit Vollzeitarbeitnehmern. Bereits aus der Betreff-Zeile ergebe sich, dass es sich hier lediglich um eine Information und nicht um die Einräumung von Rechten handele. Wer informiere, verspreche nichts. Es habe sich hierbei um die Information über eine Entscheidung des Vorstands zum Stichtag 01.01.1995 gehandelt, die ersichtlich nicht in die Zukunft gerichtet sei. Dies ergebe sich sowohl aus der Systematik, der optischen Gestaltung als auch aus dem letzten Absatz, in dem betroffene Arbeitnehmer aufgefordert worden seien, entsprechende Teilzeitzeiten mitzuteilen. Vorangegangen sei dieser Entscheidung des Vorstands eine heftige Diskussion über die Benachteiligung von Teilzeitkräften, nicht zuletzt mit der Androhung einer Musterklage. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass diese Personalinformation im BK-System veröffentlicht worden sei; sie sei auch nicht an die Mitarbeiter verteilt worden. Eine Gesamtzusage scheide auch deshalb aus, weil eine solche die Mitbestimmung des Personalrats vorausgesetzt hätte. Diese habe nicht stattgefunden.
38. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aus betrieblicher Übung. Dem stehe bereits die eingeschränkte Anwendbarkeit der betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst entgegen. Die Beklagte sei an den PV 72 als Anlage zum Fusionsvertrag gebunden. Auch sei der Vorstand bei der Ausgestaltung der Besoldung an die vom Verwaltungsrat erlassenen Grundsätze über die Besoldung und Versorgung der ArbeitnehmerInnen gebunden. Eine schleichende Umwandlung des Versorgungsrechts in einen Rechtsanspruch würde eine Ausweitung der Gewährträgerhaftung bedeuten. Es seien auch keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Beklagte mehr habe gewähren wollen, als im Fusionsvertrag vorgesehen. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass lediglich 30 ArbeitnehmerInnen das Versorgungsrecht nach Erfüllung der Wartezeit nicht erhalten hätten. Es handele sich hier um erheblich mehr ArbeitnehmerInnen. Die genaue Zahl sei jedoch nicht auf Knopfdruck abrufbar. Sie müsste hierzu tausende von Personalakten durchsehen. Dies sei ihr nicht zumutbar.
39. Das für die betriebliche Übung erforderliche schützenswerte Vertrauen der ArbeitnehmerInnen könne vorliegend nicht entstanden sein, da die PV 72 ausdrücklich eine Kann-Bestimmung enthalte, es bei Ausscheiden vor Erfüllung der Wartezeit keine ratierlichen Anwartschaften auf das Versorgungsrecht gegeben habe, die Verlautbarungen der Beklagten zum Versorgungsrecht unterschiedliche Voraussetzungen mitgeteilt hätten, und weil im Arbeitsvertrag der Klägerin vereinbart worden sei, dass auch eine wiederholte Gewährung von Leistungen keinen Rechtsanspruch begründe. Diese Regelung habe erkennbar den Zweck, das Entstehen betrieblicher Übungen auszuschließen. Darüber hinaus sei den ArbeitnehmerInnen das System der jährlichen Vorstandsentscheidungen bekannt gewesen.
40. Auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz könne sich die Klägerin nicht berufen. Dieser beziehe sich auf eine Gleichbehandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Eine Stichtagsregelung schließe er nicht aus. Die Schließung eines Versorgungswerks zu einem bestimmten Stichtag, wie sie hier erfolgt sei, sei möglich. Diese sei infolge der finanziellen Situation der Beklagten auch gerechtfertigt.
41. Keinesfalls habe die Klägerin einen Anspruch auf Abschluss genau des von ihr begehrten Vertrags. Ihr Vortrag, bei den beantragten Vertragsbedingungen handele es sich um die ab 2006 verwendeten, sei nicht einlassungsfähig und unsubstantiiert.
42. Mit Endurteil vom 26.04.2010, auf das hinsichtlich seiner tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht München der Klage stattgegeben.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe aufgrund einer Gesamtzusage in Form der Personalinformation vom 28.10.1994 einen Anspruch auf das Angebot des Versorgungsvertrags erworben. Eine Auslegung dieser Mitteilung ergebe, dass die Beklagte allen Beschäftigten eine Zusage auf einen Versorgungsvertrag gemacht habe, sofern sie die drei dort genannten Voraussetzungen erfüllt hätten. Die Entstehung des Anspruchs werde nicht dadurch gehindert, dass der Vorstand in jedem Einzelfall über die Gewährung des Versorgungsrechts entschieden habe, da in der Gesamtzusage ein Vorbehalt hinsichtlich einer Einzelfallprüfung nicht enthalten sei. Auch ein Ermessen der Beklagten ergebe sich aus der Gesamtzusage nicht.
43. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass nicht alle ArbeitnehmerInnen einen Versorgungsvertrag erhalten hätten; dies ändere nichts an der Gesamtzusage.
44. Die Beklagte könne sich auch nicht auf das Erfordernis des gesicherten Arbeitsplatzes berufen, da sie die einmal gemachte Zusage nicht mehr einseitig ändern könne. Auch das bei der Beklagten vor Erteilung der Versorgungsverträge vorgesehene Prozedere ändere nicht den Inhalt der Gesamtzusage.
45. Die Klägerin erfülle unstreitig die drei Voraussetzungen, die sich aus der Gesamtzusage ergeben. Die Annahme der Gesamtzusage erfordere keine ausdrückliche Annahmeerklärung durch die Klägerin.
46. Der Widerruf der Beklagten vom 22.07.2009 habe den Anspruch nicht beseitigt, da in der Gesamtzusage kein Widerrufsrecht enthalten gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin bereits zum 01.09.2007 alle Voraussetzungen der Gesamtzusage erfüllt gehabt.
47. Auch der Freiwilligkeitsvorbehalt im Arbeitsvertrag verhindere nicht, dass die Gesamtzusage Rechtswirkungen entfalte. Diese Klausel sei durch die spätere Gesamtzusage konkludent abbedungen worden. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Seiten 12 - 17 (Bl. 273/278 d. A.) des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
48. Gegen dieses Urteil vom 26.04.2010, der Beklagten zugestellt am 06.05.2010, richtet sich die von der Beklagten am 02.06.2010 eingelegte und mittels eines am 06.07.2010 eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung.
49. Die Beklagte trägt unter Berufung auf ihr erstinstanzliches Vorbringen und unter teilweiser Wiederholung desselben vor, das Arbeitsgericht habe rechtsirrig angenommen, die Personalinformation vom 28.10.1994 stelle eine Gesamtzusage dar. Dieses Dokument stelle lediglich eine Information des Personals über den Vorstandsbeschluss zur Gleichstellung von Zeiten der Vollzeit- und der Teilzeittätigkeit dar. Hätte der Vorstand eine Zusage mit einem Volumen von 20 Mrd. € gemacht, hätte die Beklagte dies anders herausgestellt. Dass es sich lediglich um eine Information und nicht um die Zusage von Ansprüchen handele, ergebe sich aus der Betreff-Zeile, aus der Systematik und dem systematischen Aufbau des Dokuments. Bei Lektüre des Dokuments werde auch deutlich, dass über eine Entscheidung zu einem bestimmten Stichtag, dem 01.01.1995, informiert werde und nicht eine in die Zukunft gerichtete Entscheidung vorliege. Das Arbeitsgericht habe bei der Auslegung der Personalinformation auch die Begleitumstände, wie es zu dieser Information und Entscheidung gekommen sei, völlig negiert. Darüber hinaus berücksichtige das Arbeitsgericht nicht, dass die jährlich neue Entscheidung des Vorstands über die Erteilung der Zusagen gelebte Praxis bei der Beklagten gewesen sei. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Information im BK-System veröffentlicht worden sei. Weiter bestreite sei, dass die Klägerin die Personalinformation im BK-System gelesen habe. Die Klägerin könne sich hinsichtlich der Kenntnisnahme des Dokuments auch nicht auf die Betriebsordnung berufen, da es damals das dort genannte Intranet noch nicht gegeben habe.
50. Selbst wenn man die Personalinformation als Gesamtzusage verstehen wollte, würde dies nicht zu Ansprüchen der Klägerin führen, da die beiden Verfasser der Personalinformation die erforderliche Vertretungsmacht für eine derartige Zusage nicht gehabt hätten. Die Klägerin könne sich auch nicht auf eine Anscheinsvollmacht berufen, da in der Personalmitteilung drei Mal auf den Vorstandsbeschluss Bezug genommen werde.
51. Ein Anspruch aus einer Gesamtzusage scheitere auch an der arbeitsvertraglich vereinbarten Notwendigkeit der Schriftform. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass das Schriftformerfordernis im öffentlichen Dienst eine besondere Bedeutung habe, da es sicherstellen solle, dass dienstaufsichtsrechtliche Überprüfungen möglich blieben.
52. Die Beklagte trägt weiter vor, einem Anspruch aus betrieblicher Übung stünden die Einschränkungen entgegen, die bei einer betrieblichen Übung im öffentlichen Dienst gälten. Diese Grundsätze seien auch bei der Auslegung einer Gesamtzusage von Bedeutung.
53. Der Entstehung einer betrieblichen Übung stehe auch § 9 des klägerischen Arbeitsvertrages entgegen. Diese Regelung habe den ausdrücklichen Zweck, das Entstehen einer betrieblichen Übung zu verhindern. Darüber hinaus gebe es auch bei Normvollzug bzw. vermeintlichem Normvollzug keine betriebliche Übung. Die Beklagte habe mit dem System der jährlichen Ermessensentscheidungen durch den Vorstand die PV 72 korrekt umgesetzt. Ein schützenswertes Vertrauen der ArbeitnehmerInnen könne nicht entstanden sein, da ihnen das System der jährlichen Vorstandsentscheidungen bekannt gewesen sei. Auch aus diesem Grund könne ein Anspruch auf Verleihung eines Versorgungsrechts ohne vorangegangene Ermessensentscheidung nicht entstanden sein. Auch seien an das Entstehen einer betrieblichen Übung umso höhere Anforderungen zu stellen, je höher die damit verbundene wirtschaftliche Belastung werde. Der Belegschaft sei das System der jährlichen Vorstandsentscheidungen bekannt gewesen. Ebenfalls sei bekannt gewesen, dass in der PV 72 diesbezüglich eine Kann-Bestimmung enthalten ist. Die Grundsätze für Besoldung und Versorgung würden bei der Beklagten vom Verwaltungsrat beschlossen. Dieser habe 2001 festgelegt, dass Versorgungsrechte durch Entscheidung des Vorstands verliehen werden können.
54. Ein Anspruch der Klägerin scheitere auch an einer Verletzung des Mitbestimmungsrechts. Der Personalrat sei bei der Entscheidung, Vollzeit- und Teilzeitwartezeiten gleichzusetzen, die zu der Personalinformation vom 28.10.1994 geführt habe, beteiligt gewesen. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Personalrat beteiligt gewesen sei und zugestimmt habe, müssten Arbeitgeber und Personalrat gleichermaßen davor geschützt werden, dass gemeinsam von ihnen beschlossene Maßnahmen auf kaltem Wege uminterpretiert werden würden.
55. Die Beklagte sei auch nicht gehindert, sich als Voraussetzung für die Erteilung des Versorgungsrechts auf eine gesicherte Verwendung zu berufen. Die Voraussetzung einer gesicherten künftigen Verwendung sei einer beamtenrechtsähnlichen Versorgung immanent. Es handele sich deshalb nicht um ein neues Kriterium.
56. Ein Anspruch der Klägerin scheide auch deshalb aus, weil dieser sie besser stellen würde als eine Beamtenanwärterin. Auch diese habe bei fehlendem Dienstposten keinen Anspruch auf eine Verbeamtung. Darüber hinaus gehöre die vertragliche Unkündbarkeit nicht zu den geschützten Rechtspositionen, z. B. bei einem Betriebsübergang.
57. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf ein Versorgungsrecht mit genau dem von ihr beantragten Inhalt. Es gebe kein Versorgungsrecht mit einem genau definierten Inhalt. Da die Klägerin nicht vortrage, warum ihr genau der Abschluss dieses Vertrages zustehe, sei die Klage unschlüssig. Dies gelte insbesondere, da die von der Klägerin beantragte Vertragsänderung nicht nur Elemente der Versorgung, sondern auch andere Rechte und Vergünstigungen, wie z. B. einen Beihilfeanspruch beinhaltete.
58. Die Beklagte trägt weiter vor, im Hinblick auf ihre schwierige wirtschaftliche Lage berufe sie sich gegenüber dem vermeintlichen Anspruch der Klägerin auf Abschluss des Versorgungsvertrags auch auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage. Dieses Argument sei ihr nach der Rechtsprechung des BAG nicht durch einen etwaigen Vorrang der Änderungskündigung verwehrt. Dies ergebe sich auch aus § 313 Abs. 3 S. 2 BGB.
59. Die Beklagte beantragt in der Berufung:
Das Urteil des Arbeitsgericht München vom 26.04.2010 - 4 Ca 10932/09 - wird abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
60. Die Klägerin beantragt im zweiten Rechtszug:
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Das Urteil des ArbG München vom 26.04.2010 Az.: 4 Ca 10932/09, wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, der Klägerin mit Wirkung vom 01.06.2009 eine Versorgungszugsage gem. Anhang zu diesem Antrag (A 1 – 5) anzubieten.
61. Zur Begründung ihres Antrags führt die Klägerin aus, ihre Antragsänderung sei gemäß §§ 264 Ziff. 2, 533 Ziff. 1 ZPO zulässig, denn sie habe erstinstanzlich lediglich den wegen fehlenden Bestreitens seitens der Beklagten als unstreitig aktuell gesehenen Versorgungsvertragsentwurf – von der Beklagten verwendet ab 2006 - dem Antrag an das Arbeitsgericht zu Grunde gelegt. Zwischenzeitlich habe sich herausgestellt, dass der nunmehr als Klageantrag vorgelegte – von der Beklagten ab 2008 verwendete - Vertragsentwurf der aktuelle sei.
62. Ihre Klage sei nicht unschlüssig. Die Beklagte habe ihre Versorgungsverträge zwar ständig angepasst, jedoch für stets für jede Jahrgang in einem Kalenderjahr einen Entwurf unverändert angeboten.
63. Das Urteil des Arbeitsgerichts, welches sie sich zu Eigen mache, gehe zutreffenderweise von einer Gesamtzusage durch die Personalinformation vom 28.10.1994 aus. Die Überschrift „Personalinformation“ sei ergebnisoffen. Eine Zusage ergebe sich daraus, weil es dort um die Verleihung des Versorgungsrechts gehe. Wäre nur eine Information über die Gleichstellung der Teilzeitbeschäftigten gewollt gewesen, hätten die ersten vier Absätze genügt. Soweit es in der Personalinformation heißt „mit Wirkung zum 01.01.1995“ sei damit gemeint, dass die Regelung ab dem 01.01.1995 gelte. Dass die Information auch in die Zukunft gerichtet gewesen sei, ergebe sich daraus, dass die Aufforderung Teilzeitzeiten mitzuteilen, damit der Termin richtig vorgemerkt werden kann, sich auch an ArbeitnehmerInnen richte, die diese Voraussetzungen noch nicht erfüllt hätten. Bei der Auslegung der Personalinformation komme es auf die Sicht der Empfänger an. Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen sei das festgeschrieben gewesen, was seit 1972 gelebt worden sei. Die Personalinformation sei im BK-System und in drei Schaukästen veröffentlicht worden. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass die Beklagte, die das Dokument zur Information der ArbeitnehmerInnen erstellt habe, diese Unterlagen auch mitbestimmungsgemäß verwende. Deshalb sei die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig dafür, dass eine bestimmungsgemäße Verwendung nicht erfolgt sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine fehlende Vertretungsmacht der die Personalinformation unterzeichnenden ArbeitnehmerInnen berufen. Selbst wenn diese fehlen sollte, müsse die Beklagte sich die Erklärung zurechnen lassen, weil sie deren Verbreitung nicht unterbunden habe. Die Mitarbeiter hätten jedoch ausreichende Vollmacht gehabt.
64. Eine Nichtbeteiligung des Personal- oder Gesamtpersonalrat der Beklagten stehe der Wirksamkeit der Gesamtzusage wegen der vom BAG entwickelten Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung nicht entgegen.
65. Die Schriftformklausel des Arbeitsvertrages stehe einem Anspruch nicht entgegen, Sie könne jederzeit formlos abbedungen werden.
66. Die Freiwilligkeitsklausel in § 9 des Arbeitsvertrags ziele auf wiederholt gewährte freiwillige Leistungen, nicht auf eine einmalige Leistung wie das Angebot des Versorgungsvertrags. Die Klausel sei auch im Sinne des § 307 BGB intransparent.
Schließlich sei sie konkludent abbedungen worden.
67. Auf eine fehlende Beteiligung des Personalrats bei der Begründung der Ansprüche könne sich die Beklagte nicht berufen, da es dieser Sanktion vorliegend nicht bedürfe, da es sich um eine begünstigende Maßnahme handele.
68. Die Klägerin habe einen Anspruch darauf, dass ihr das Versorgungsrecht so erteilt werde, wie die Beklagte dieses im Zusagezeitpunkt regelmäßig erteilt habe. Die Formulierung „Versorgungsrecht“ sei von der Beklagten seit 1972 so verwandt worden, dass damit nicht nur die Zusage einer Altersversorgung, sondern auch weitere Vergünstigungen wie Sozialversicherungsfreiheit und besonderer Kündigungsschutz verbunden sind.
69. Auch auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage könne sich die Beklagte nicht berufen.
70. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 06.07.2010 (Bl. 420 - 464 d. A.), 26.10.2010 (Bl. 477/547 d. A.), 28.10.2010 (Bl. 548/557 d. A.) und 17.01.2011 (Bl. 590/601 d.A.) sowie auf die Schriftsätze der Klägerin vom 03.08.2010 (Bl. 401/445 d. A.), 13.10.2010 (Bl. 453/476 d.A.) und 08.11.2010 (Bl. 564/584 d. A.) und 21.01.2011 (Bl. 602/605 d.A.) samt ihren Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 02.11.2010 (Bl. 558/560 d.A.) und vom 25.01.2011 (Bl. 606/615 d.A.) verwiesen.
71. Mit Schriftsatz vom 18.11.2010 (Bl. 586 d.A.) hat die Beklagte erklärt, sie habe aus Gründen der Prozessökonomie beschlossen, die klägerische Behauptung, die Personal-Information sei im BK und in Schaukästen an drei Standorten veröffentlicht worden, unstreitig zu stellen. Sie bitte um Aufhebung des Beweisbeschlusses vom 02.11.2010 und Entscheidung des Rechtsstreits. Daraufhin hat das Gericht den Beweisbeschluss vom 02.11.2010 mit Beschluss vom 23.11.2010 (Bl. 588 d.A.) wieder aufgehoben.
Entscheidungsgründe:
72. Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
73. Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Der Umstand, dass die Klägerin mit ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz beantragt hat, die Beklagte nunmehr zu verurteilen, ihr den Versorgungsvertragstext anzubieten, den die Beklagte seit 2008 verwendet, steht der Unbegründetheit der Berufung der Beklagten nicht entgegen. Die Antragsänderung ist gemäß §§ 264 Ziff. 3 ZPO keine Klageänderung und wäre, falls es sich um eine Klageänderung handeln sollte, gemäß § 533 Ziff. 1 und 2 ZPO auch in der Berufung zulässig, da die für die Klägerin wegen Nichtbestreitens der Beklagten nicht erkennbare Tatsache, dass der Versorgungsvertrag, den sie ihrem Klageantrag vor dem Arbeitsgericht zu Grunde gelegt hatte, veraltet war, erst nach Verkündung des Urteils des Arbeitsgerichts bekannt geworden ist, so dass die Berufungskammer – obwohl objektiv der Versorgungsvertrag in der Fassung ab 2008 bereits während der Dauer des Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht aktuell war - von einer später eingetretenen Veränderung hinsichtlich des geforderten Gegenstands ausgeht.
74. Als Klageänderung ist der Antrag zudem zulässig, weil er sachdienlich und auf Tatsachen gestützt ist, die das Berufungsgericht in seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
75. Die Klägerin besitzt einen Anspruch auf die Vereinbarung des Versorgungsrechts gegenüber der Beklagten. Die erkennende Berufungskammer schließt sich zur Begründung von Zulässigkeit und Unbegründetheit der Berufung der Beklagten uneingeschränkt der ausführlichen und in Sachverhaltserfassung, juristischer Argumentation und Formulierung überzeugenden Entscheidungsbegründung der Kammer 9 des LAG München in deren Urteil vom 21.12.2010 – Az.: 9 Sa 484/10 – an. Die Entscheidung betrifft einen mit dem vorliegenden identischen Lebenssachverhalt. Allein mit dem zusätzlichen Argument der Beklagten, sie mache hinsichtlich eines nach wie vor bestrittenen Rechtsanspruchs der Klägerin auf Angebot eines Versorgungsvertrags den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend, hatte sich die Entscheidung der Kammer 9 nicht zu befassen. Danach ist die Klage zulässig. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass sie die Abgabe eines Vertragsangebots zum Gegenstand hat, durch das ein Vertrag mit Wirkung für die Vergangenheit begründet werden soll. Spätestens seit dem In-Kraft-Treten des § 311a Abs. 1 BGB idF. des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) am 01.01.2002 steht es nämlich der Wirksamkeit eines Vertrags nicht mehr entgegen, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 BGB nF nicht zu leisten braucht, auch wenn das Leistungshindernis schon bei Vertragsschluss vorliegt. Der rückwirkende Vertragsabschluss ist nicht deshalb nichtig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist (vgl. BAG, Urteil vom 09.05.2006 - 9 AZR 278/05, Rn. 36). Auf die Frage, ob es möglich ist, die Klägerin z. B. rückwirkend von der Sozialversicherungspflicht zu befreien, kommt es deshalb nicht an.
76. Diese wirksame Festlegung des Beginnzeitpunkts für die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin einen Versorgungsvertrag anzubieten, ist auch interessengerecht, weil es sonst in einem Fall wie dem Vorliegenden der Schuldnerin möglich wäre, durch hinauszögern der Rechtskraft einer Entscheidung im Rechtsstreit den Beginn der Wirksamkeit des Versorgungsvertrags unter Umständen um Jahre zu verzögern und gegebenenfalls sogar durch Ausspruch einer Kündigung zu verhindern.
77. Die Klage ist auch begründet, jedoch im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts München nicht aufgrund einer in der Personalinformation der Beklagten vom 28.10.1994 liegende Gesamtzusage. Insoweit stimmt die erkennende Kammer mit der Beklagten überein. Bereits der Titel der Personalinformation zeigt, dass die Beklagte nicht mit diesem Papier allen ArbeitnehmerInnen eine Zusage auf Erteilung eines Versorgungsvertrags geben wollte, sofern sie die drei darin genannten Voraussetzungen erfüllten. Vielmehr richtet sich die Information der Beklagten allein darauf, dass künftig im Hinblick auf die Wartezeit für die Gewährung des Versorgungsvertrags in Teilzeit- und in Vollzeit beschäftigte ArbeitnehmerInnen gleichgestellt werden sollen. Auch der Satz
78. „Der UB Personal wird gemäß Beschluss des Vorstands mit Wirkung vom 01.01.1995 allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei denen vorstehende Kriterien erfüllt sind, die Zusage von Versorgungsrechten erteilen“
79. ist erkennbar auf die zuvor mitgeteilte Gleichstellung der teilzeit- und vollzeitbeschäftigten ArbeitnehmerInnen gemünzt, wie auch der nachstehende Satz deutlich macht, der um die Mitteilung zuvor zurückgelegter Teilzeittätigkeiten bittet. Allerdings zeigt die Personalinformation für alle Arbeitnehmerinnen erkennbar, dass die Beklagte keine weiteren Voraussetzungen an die Gewährung des Versorgungsvertrags knüpft als die drei in ihr genannten, so dass sie für die Begründung einer betrieblichen Übung wesentlich, wenn nicht gar ausschlaggebend ist. Auf die Bedeutung der Personalinformation braucht hier aber nicht ausführlicher eingegangen zu werden, denn der Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Versorgungsvertrags ist jedenfalls aus betrieblicher Übung begründet.
80. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsteht eine betriebliche Übung durch ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das den Inhalt der Arbeitsverhältnisse gestaltet und geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung zu begründen, wenn und soweit die ArbeitnehmerInnen aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde eine entsprechende Leistung auch künftig gewährt. Auf die subjektiven Vorstellungen des Arbeitgebers und damit auf die interne Entscheidungsfindung kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob die ArbeitnehmerInnen dem Verhalten des Arbeitgebers einen Verpflichtungswillen entnehmen könne (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2006 - 3 AZR 476/05, Rn. 28). Aus dem Verhalten des Arbeitgebers wird konkludent auf eine Willenserklärung geschlossen, die von den ArbeitnehmerInnen gemäß § 151 BGB konkludent angenommen werden könne. Durch die konkludente Annahme des ebenfalls konkludenten Vertragsangebots des Arbeitgebers werde ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwachse.
81. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber mit einem entsprechenden Verpflichtungswillen gehandelt habe. Die Wirkung einer Willenserklärung oder eines bestimmten Verhaltens tritt im Rechtsverkehr schon dann ein, wenn der Erklärende aus der Sicht der ErklärungsempfängerInnen einen auf eine bestimmte Rechtswirkung gerichteten und für die Erklärungsempfänger erkennbaren Erklärungswillen geäußert hat. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung auf Grund der Gewährung von Leistungen an seine ArbeitnehmerInnen entstanden ist, muss deshalb danach beurteilt werden, inwieweit die ArbeitnehmerInnen aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gem. § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen dürfen. Dabei ist es unerheblich, ob die betreffenden ArbeitnehmerInnen selbst bisher schon in die betriebliche Übung einbezogen worden sind.
82. Einer Mitteilung über die an andere ArbeitnehmerInnen erfolgten Zahlungen gegenüber den übrigen ArbeitnehmerInnen bedarf es ebenso wenig wie einer allgemeinen Veröffentlichung im Betrieb. Es ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass derartige begünstigende Leistungen allgemein bekannt werden (vgl. BAG, Urteil vom 28.06.2006 - 10 AZR 385/05 m. w. N.).
83. Auch Ansprüche auf eine betriebliche Altersversorgung können durch betriebliche Übung begründet werden. Dies hat der Gesetzgeber in § 1 b Abs. 1 S. 4 BetrAVG ausdrücklich anerkannt (vgl. BAG, Urteil vom 19.08.2008 - 3 AZR 194/07, Rn. 19; Urteil vom 16.02.2010 - 3 AZR 118/08, Rn. 10). Will der Arbeitgeber vermeiden, dass durch die Stetigkeit seines Verhaltens aufgrund betrieblicher Übung eine Bindung für die Zukunft entsteht, muss er einen einschränkenden Vorbehalt klar und deutlich zum Ausdruck bringen (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2006 - 3 AZR 476/05, Rn. 29; Urteil vom 16.02.2010 - 3 AZR 118/08, Rn. 14).
84. Das Verhalten der Beklagten hat im hier zu entscheidenden Fall Ansprüche der ArbeitnehmerInnen aus betrieblicher Übung begründet. Die Beklagte hat in der Zeit von 1972 bis 2008 mit allen ArbeitnehmerInnen bei Erfüllung der drei bezüglich des Versorgungsrechts veröffentlichen Voraussetzungen das Versorgungsrecht vereinbart. Lediglich 27 ArbeitnehmerInnen, bei denen die Erfüllung der Voraussetzungen nicht bejaht worden ist, haben diese Zusage nicht erhalten.
85. Diesen Vortrag der Klägerin hat die Beklagte nicht wirksam bestritten, so dass er unstreitig ist. Die Beklagte konnte diese Tatsachen nicht zulässig mit Nichtwissen bestreiten. Bei der Frage, wie vielen ArbeitnehmerInnen aus welchen Gründen das Versorgungsrecht in der Vergangenheit nicht gewährt worden ist, handelt es sich um eine Tatsache aus dem Geschäfts-, Verantwortungsbereich und damit Wissensbereich der Beklagten, die nicht mit Nichtwissen bestritten werden kann (vgl. Zöller, ZPO, § 138 Rn. 16).
86. Etwas anderes ergibt sich auch nicht wie von der Beklagten postuliert daraus, dass ihr das Sichten aller Personalakten unzumutbar ist. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Sichten der Personalakten überhaupt erforderlich sein soll. Das Auswerten der Personalstammblätter, in denen neben der Betriebszugehörigkeit auch vermerkt ist, ob den ArbeitnehmerInnen ein Versorgungsrecht zugesagt worden ist, aber auch das Auswerten der jährlichen Vorstandsbeschlüsse über die Zusage des Versorgungsrechts würde die Zahl der Fälle, in denen tatsächlich ein Blick in eine Personalakte geworfen werden muss, auf jeden Fall auf ein Maß reduzieren, das der Beklagten Angesichts der von ihr selbst immer wieder betonten großen Bedeutung dieser und der parallelen Rechtstreitigkeiten eine Auswertung auf jeden Fall zumutbar macht.
87. Durch ihr gleichförmiges Verhalten in Form der regelmäßigen Gewährung des Versorgungsrechts hat die Beklagte ihren ArbeitnehmerInnen das Angebot gemacht, auch ihnen, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, das Versorgungsrecht zu erteilen bzw. anzubieten.
88. Dies gilt auch für die Klägerin. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin selbst bislang nicht Empfängerin der wiederholt gewährten Leistung ist. Es ist anerkannt, dass eine betriebliche Übung auch bei Einmalleistungen wie Gratifikationen oder Versorgungszusagen entstehen kann. Dies wird mit dem Erfahrungssatz begründet, dass die Belegschaft Kenntnis von der im Betrieb üblichen Praxis der einmaligen Leistung erhält, und unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein zurechenbarer objektiver Bindungswille des Arbeitgebers deutlich wird (vgl. BAG, Urteil vom 27.06.2001 - 10 AZR 488/00, Rn. 35; Urteil vom 17.11.2009 - 8 AZR 851/08, Rn. 22).
89. Dem Entstehen der betrieblichen Übung steht auch nicht entgegen, dass über die Gewährung des Versorgungsrechts jedes Jahr der Vorstand der beklagten entschieden hat und dieser Umstand deren ArbeitnehmerInnen auch stets bekannt gewesen ist und ist. Der Vorstand ist nicht ein externer Dritter oder ein der Beklagten übergeordnetes Entscheidungsgremium, sondern das kraft Gesetzes für die Beklagte handelnde Vertretungsorgan (§ 6 BayLBG). Es ist nicht ersichtlich, warum die Tatsache, dass der Vorstand jedes Jahr selbst über die Zusage entschieden hat und nicht andere ArbeitnehmerInnen damit beauftragt hat, dazu führen soll, dass die ArbeitnehmerInnen weniger Vertrauen auf die auch zukünftige Erteilung der zusage haben sollen. Insbesondere hat der Umstand, dass über Jahrzehnte hinweg der Vorstand der Beklagten stets das Versorgungsrecht all den ArbeitnehmerInnen zuerkannt hat, die die drei Voraussetzungen der zwanzigjährigen Zugehörigkeit zum Kreditgewerbe, davon zehn Jahre bei der Beklagten, Gesundheit und eine gute Beurteilung erfüllt haben, das Vertrauen der ArbeitnehmerInnen begründet, bei Vorliegen der Voraussetzungen bestehe ein Rechtsanspruch auf dessen Gewährung. Denn vom Vorstand ist zu keinem Zeitpunkt eine Information veröffentlicht worden, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen behalte er sich jeweils vor, ob er das Versorgungsrecht gewähren wolle; im Verhältnis zu den ArbeitnehmerInnen hat der Vorstand der Beklagten sich ihnen gegenüber gebunden.
90. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, ein Vertrauen der ArbeitnehmerInnen auf eine Zusage des Versorgungsrechts habe nicht entstehen können, weil ihnen das System der Ermessensentscheidungen durch den Vorstand bekannt gewesen sei. Es ist nicht ersichtlich, dass, wann und wie den ArbeitnehmerInnen bekannt geworden sein soll, dass der Vorstand jeweils eine Ermessensentscheidung trifft. Keiner der Informationen, mit denen die Beklagte die ArbeitnehmerInnen über das Institut des Versorgungsrechts informiert hat, ist zu entnehmen, dass der Vorstand seiner Entscheidung weitere als die z. B. im Mitarbeiterhandbuch veröffentlichen Kriterien zugrunde legt. Insbesondere ist über Jahrzehnte hinweg keiner der Informationen zu entnehmen gewesen, dass der Vorstand sich ein Ermessen oder die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation der Beklagten als weitere Voraussetzung für die Gewährung des Versorgungsrechts vorbehalten wollte.
91. Soweit die Beklagte eine Vorstandsvorlage vorlegt, aus der hervorgeht, dass der Vorstand sich auch in der Vergangenheit mit der wirtschaftlichen Vertretbarkeit der Erteilung des Versorgungsrechts auseinandergesetzt hat, ergibt sich daraus nichts Anderes, da die Vorstandsvorlage keine Information an die Belegschaft (zur Bedeutungslosigkeit von Einschränkungen in Aufsichtsratsbeschlüssen vgl. BAG, Urteil vom 31.07.2007 - 3 AZR 189/06, Rn. 23) und dieser gegenüber auch sonst nicht bekannt gemacht worden ist.
92. Auch auf die PV 72 kann die Beklagte sich nicht berufen. In dieser ist zwar eine ausdrückliche „Kann-Regelung“ enthalten. Sie ist als Anlage zum Fusionsvertrag den ArbeitnehmerInnen aber weder bekannt geworden, noch begründe sie diesen gegenüber Rechte und Pflichten.
93. Es ist der betrieblichen Übung – geradezu als Voraussetzung für deren Entstehung - immanent, dass der Arbeitgeber frei und unter Abwägung aller für ihn maßgeblichen Kriterien für die Leistungsgewährung entscheiden kann, bevor er sich durch sein gleichförmiges Verhalten bindet. Dies steht dem Eintritt der Bindungswirkung nicht entgegen, wenn das Ergebnis dieser Abwägung jeweils eine vorbehaltslose gleichförmige Leistungsgewährung sei. Bei rechtlicher Bindung des Arbeitgebers durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag, die ihn zur Gewährung einer Leistung an seine ArbeitnehmerInnen verpflichtet, kann eine betriebliche Übung nicht entstehen.
94. Die im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformklausel, wonach über den Vertrag hinausgehende Vereinbarungen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen, steht dem Anspruch aus betrieblicher Übung ebenfalls nicht entgegen, da eine solche einfache Schriftformklausel ohne deren Einhaltung ausdrücklich oder konkludent abbedungen werden kann. Dies gilt auch dann, wenn die Dienstvertragsparteien nicht an die Schriftformklausel gedacht haben (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.2004 - 9 AZR 43/03, Rn. 49 m. w. N.).
95. Die betriebliche Übung ist auch nicht deshalb wie von der Beklagten vorgetragen ausgeschlossen, weil es sich bei der Beklagten um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt und dieser Umstand ein schützenswertes Vertrauen der Arbeitnehmer in das Entstehen eines Rechtsanspruchs durch ihr gleichförmiges jahrelanges Verhalten im Hinblick auf die Gewährung des Versorgungsrechts ausschließt.
96. Der Beklagten ist darin zuzustimmen, dass für Arbeitsverhältnisse des öffentlichen Dienstes die Grundsätze der betrieblichen Übung nicht uneingeschränkt gelten. Die durch Anweisungen vorgesetzter Dienststellen, Verwaltungsrichtlinien, Verordnungen und gesetzliche Regelungen, vor allem aber durch die Festlegung des jeweiligen Haushaltsplans gebundenen öffentlichen Arbeitgeber sind anders als private Arbeitgeber gehalten, die Mindestbedingungen des Tarifrechts und die Haushaltsvorgaben bei der Gestaltung von Arbeitsverhältnissen zu beachten. Im Zweifel gilt der Normvollzug. ArbeitnehmerInnen des öffentlichen Dienstes müssen grundsätzlich davon ausgehen, dass ihnen ihr Arbeitgeber nur die Leistungen gewähren will, zu denen er rechtlich verpflichtet ist. Ohne besondere Anhaltspunkte dürfen die ArbeitnehmerInnen im öffentlichen Dienst deshalb auch bei langjähriger Gewährung von Vergünstigungen, die den Rahmen rechtlicher Verpflichtungen überschreiten, nicht darauf vertrauen, die Übung sei Vertragsinhalt geworden und werde unbefristet weitergewährt. Die ArbeitnehmerInnen müssen damit rechnen, dass eine fehlerhafte Rechtsanwendung korrigiert wird (vgl. BAG, Urteil vom 14.09.2004 - 5 AZR 679/93, Rn. 20).
97. Ein Anlass, einen öffentlich - rechtlich verfassten Arbeitgeber vor der Anwendung der allgemeinen Grundsätze für die Entstehung einer betrieblichen Übung zu schützen, besteht aber dann nicht, wenn der Arbeitgeber bezüglich der bei ihm bestehenden Arbeitsverhältnisse keinen näheren staatlichen Festlegungen unterworfen ist, die Regeln für die Beschäftigung seiner ArbeitnehmerInnen autonom aufstellt und nicht an die Weisungen vorgesetzter Dienststellen und Behörden gebunden ist (vgl. BAG, Urteil vom 16.07.1996 - 3 AZR 352/95, Rn. 30). Letzteres trifft auf die Beklagte zu. Sie ist hinsichtlich der Gestaltung des Inhalts ihrer Arbeitsverhältnisse nicht an Weisungen vorgesetzter Dienststellen und Behörden gebunden. Sie stellt die Regelungen für die Beschäftigung ihrer ArbeitnehmerInnen autonom auf. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass in der Anlage zum Fusionsvertrag, in der PV 72, Grundsätze für Besoldung und Versorgung der ArbeitnehmerInnen vertraglich festgelegt worden sind. Diese Regelung besitzt keinen normativen Charakter. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Abweichung von diesem Vertrag zu Gunsten der ArbeitnehmerInnen gegen Rechtsvorschriften verstoße. Die PV ermächtigt die Beklagte sogar dazu.
98. Wegen des fehlenden normativen Charakters der PV 72 kann sich die Beklagte wie bereits oben aufgezeigt auch nicht darauf berufen, eine betriebliche Übung entstehe bei vermeintlichem Normvollzug nicht. Die Rechtsprechung dazu ist hier bereits wegen fehlender, die Beklagte verpflichtender Norm nicht einschlägig.
99. Auch aus der Tatsache, dass die Satzung dem Vorstand der Beklagten auferlegt, sich bei der Gestaltung der Besoldung und Versorgung im Rahmen der Vorgaben des Verwaltungsrats zu halten, ergibt sich nichts Anders. Gemäß § 6 B..G sind sowohl der Vorstand als auch der Verwaltungsrat Organe der Beklagten. Die Satzung regelt insoweit nur das Verhältnis zweier Organe der Beklagten zueinander. Die Tatsache, dass der Verwaltungsrat als ein Organ der Beklagten durch Erlass der „Grundsätze über die Besoldung und Versorgung der Mitarbeiter“ Regeln für die Besoldung und Versorgung der ArbeitnehmerInnen vorgibt, ist vielmehr gerade Ausdruck der autonomen Gestaltung der Beschäftigungsregelungen durch die Beklagte selbst. Eine Bindung der Beklagten hinsichtlich der Ausgestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse an einen Haushaltsplan oder sonstige konkrete gesetzliche oder tarifliche Vorgaben ergibt sich daraus gerade nicht.
100. Dass die Beklagte mit einer dem Haushaltsplan unterworfenen Behörde nicht vergleichbar ist, zeigt sich auch darin, dass sie für die im Tarifbereich beschäftigten ArbeitnehmerInnen den „Banktarif“ anwendet, diesen aber in nicht unerheblichem Umfang in der Vergangenheit durch Sonderzahlungen ergänzt hat, ferner darin, dass sie selbst autonom von Vergütungsvorschriften des öffentlichen Dienstes für übertariflich beschäftigte ArbeitnehmerInnen einen Besoldungsplan aufgestellt hat.
101. Dem Entstehen einer betrieblichen Übung stehen auch nicht die Art. 17 und 18 B..G entgegen. Auch aus Art. 17 B..G, wonach die Beklagte der Rechtsaufsicht unterworfen ist, ergibt sich nämlich nicht, dass die ArbeitnehmerInnen der Beklagten wie die Arbeitnehmer einer Behörde davon ausgehen müssen, die Beklagte werde hinsichtlich Vergütung und Versorgung immer nur das leisten, wozu sie nach Gesetz und Tarifvertrag verpflichtet sei. Nachdem diesbezügliche normative Vorgaben, insbesondere auch Vorgaben, welche einer übertariflichen Vergütung entgegenstehen, hatten die ArbeitnehmerInnen der Beklagten auch nicht von deren Normbindung auszugehen. Die Tatsache, dass die Beklagte der Rechtsaufsicht untersteht, schafft nicht etwa zusätzliche Normen.
102. Das Gleiche gilt für die sich aus Art. 18 B..G ergebende Aufsicht durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof. Weil dieser auch im Hinblick auf die Beklagte die Einhaltung der Grundsätze des sparsamen und wirtschaftlichen Handelns (Art. 90 BayHO) zu überwachen haben mag, müssen die ArbeitnehmerInnen der Beklagten nicht von deren Bindung an auch aus dem Vortrag der Beklagten selbst nicht entnehmbare normative Vorgaben ausgehen.
103. Auch die mögliche Ausweitung der Gewährträgerhaftung steht einer betrieblichen Übung nicht entgegen.
104. Nach Art. 4 B..G haften der O. und der R. für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der Beklagten. Dafür, dass sich daraus eine Beschränkung der Beklagten bezüglich des Eingehens von Verpflichtungen gegenüber ihren ArbeitnehmerInnen ergibt, gibt es keine Anhaltspunkte. Die ArbeitnehmerInnen der Beklagten müssten deshalb auch wegen des Bestehens der Gewährträgerhaftung, deren Zweck auf die Absicherung ganz anderer Risiken gerichtet ist, nicht davon ausgehen, die Beklagte dürfe sich nicht über tariflichen oder gesetzliche Verpflichtungen hinaus zu Leistungen an ihre Mitarbeiter verpflichten.
105. Eine betriebliche Übung scheitert entgegen den Ausführungen der Beklagten auch nicht daran, dass deren ArbeitnehmerInnen durch die Gewährung des Versorgungsvertrags gegebenenfalls besser gestellt werden als Beamtenanwärter. Aufgrund der grundgesetzlich geschützten Vertragsfreiheit ist es jedem Arbeitgeber unbenommen, seinen ArbeitnehmerInnen vertraglich Leistungen zu versprechen, die günstiger sind als diejenigen, die Beamte erhalten. Auf die Frage, wie treffend dieser von der Beklagten angestellte Vergleich ist, kommt es deshalb nicht an.
106. Hinzu kommt der lange zeitliche Verlauf der fast ausnahmslosen Gewährung der Versorgungsverträge an ArbeitnehmerInnen mit einer Milliarden Euro wiegenden Zukunftsverpflichtung der Beklagten ist zu keinem Zeitpunkt vom Bayerischen Rechnungshof oder gar vom Verwaltungsrat der Beklagten zum Anlass für Kritik genommen worden. Daraus darf der Schluss gezogen werden, dass beide Gremien mit der vom Vorstand der Beklagten geübten Praxis vollständig einverstanden waren. Auch erscheint es nicht ungewöhnlich, dass die Beklagte im Schutz der Gewährleistungsträger für ihre ArbeitnehmerInnen noch deutlich bessere Arbeitbedingungen vereinbart hat, als dies für Beamte möglich ist. Die Vertragsfreiheit erlaubt es der Beklagten, Derartiges zu vereinbaren, sie lässt es subjektiv wünschenswert, objektiv möglich und risikoarm erscheinen mit einer nahezu grenzenlos leistungsfähigen Haftungsgarantie im Rücken.
107. Das Entstehen einer betrieblichen Übung scheitert schließlich nicht an dem Freiwilligkeitsvorbehalt aus dem Arbeitsvertrag der Klägerin. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts allgemein anerkannt, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung ausgeschlossen ist, wenn der Arbeitgeber durch die Erklärung eines entsprechenden Vorbehalts das Fehlen eines Rechtsbindungswillens klar und deutlich zum Ausdruck bringe. (vgl. BAG, Urteil vom 12.12.2006 - 3 AZR 476/05, Rn. 29; Urteil vom 16.02.2010 - 3 AZR 118/08, Rn. 14; BAG, Urteil vom 31.07.2007 - 3 AZR 189/06, Rn. 22) Als hinreichend deutlich hat das Bundesarbeitsgericht Formulierungen anerkannt wie: Die Leistung erfolge „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht” oder „es entstehe für die Zukunft kein Rechtsanspruch“ (vgl. BAG, Urteil vom 19.05.2005 – 3 AZR 660/03, Rn. 29). Bedeutungslos ist, ob dieser Hinweis aus Beweisgründen bereits im Arbeitsvertrag festgehalten ist oder vor der jeweiligen Auszahlung erfolgt. Für Sonderzahlungen hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass ungeachtet der Schwierigkeiten, die mit der Wiederholung des Vorbehalts vor jeder Sonderzahlung für den Arbeitgeber verbunden sein können, nicht anzunehmen ist, dass ArbeitnehmerInnen einer ständigen Wiederholung des Vorbehalts vor jeder Leistung größere Bedeutung beimessen als einem klaren und verständlichen Hinweis im Arbeitsvertrag. Im Arbeitsvertrag enthaltene Hinweise und getroffene Abreden müssen zu ihrer Wirksamkeit nicht ständig wiederholt werden (vgl. BAG, Urteil vom 30.07.2008 - 10 AZR 606/07, Rn. 29 m. w. N.). Will der Arbeitgeber das Entstehen einer betrieblichen Übung bei Einmalleistungen verhindern, steht ihm die Möglichkeit gar nicht zur Verfügung, jeweils bei Leistungsgewährung einen Vorbehalt zu erklären.
108. Ein solcher Vorbehalt ist im Arbeitsvertrag der Klägerin enthalten, denn dort ist vereinbart, dass auch bei wiederholter Gewährung einer Leistung, die nicht in diesem Vertrag festgelegt ist, kein Rechtsanspruch entstehen kann.
109. Eine Auslegung dieses Vorbehalts ergibt aber, dass dieser nicht darauf gerichtet ist, einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung des Versorgungsrechts auszuschließen.
110. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind in der Weise auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen muss. Entscheidend ist im Ergebnis nicht der empirische Wille des Erklärenden, sondern der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert seines Verhaltens (vgl. Palandt, BGB, 60. Aufl., § 133, Rn. 9, m. w. N.). Bei Anwendung dieser Grundsätze, hat die Klägerin den Vorbehalt so verstehen müssen, dass dieser zwar darauf abzielt, das Entstehen jeder „normalen“ betrieblichen Übung zu verhindern, sich aber nicht auf das Versorgungsrecht bezieht.
111. Bei der Auslegung des Freiwilligkeitsvorbehalts sind folgende Umstände zu berücksichtigen:
112. Die Beklagte hat in ihrer Kommunikation an die ArbeitnehmerInnen bezüglich des Versorgungsrechts über Jahre hinweg in den verschiedensten Veröffentlichungen auf das Institut des Versorgungsrechts hingewiesen und dabei klare und abschließende Voraussetzungen kommuniziert, z.B. im Mitarbeiterhandbuch, in der Personalinformation vom 28.10.1994 oder in den ins Intranet eingestellten Präsentationen. Diese Hinweise und Informationen haben durchgängig keinerlei Hinweis auf den Freiwilligkeitsvorbehalt im Dienstvertrag der Klägerin oder auf sonstige Weise enthalten. Vielmehr ist das Versorgungsrecht stets gleichrangig neben der Versorgung durch die Unterstützungskasse, auf die unstreitig ein Rechtsanspruch besteht, präsentiert worden.
Diese Informationen sind zwar als solche nicht geeignet, einen Rechtsanspruch der Klägerin z.B. durch eine Gesamtzusage zu begründen, da sie wegen ihres eindeutigen Informationscharakters einen Rechtsbindungswillen nicht erkennen lassen, oder weil die in ihnen enthaltene rechtsgeschäftliche Erklärung, wie im Fall der Personalinformation vom 28.10.1994, sich nur an einen abgegrenzten Personenkreis, Beschäftigte mit Teilzeit während der Wartezeit, gerichtet haben. Gleichwohl sind diese von der Beklagten bewusst geäußerten und gegenüber den ArbeitnehmerInnen veröffentlichten Informationen Umstände, die bei der Auslegung des Freiwilligkeitsvorbehalts zu berücksichtigen sind. Der Arbeitgeber hat mit diesen Informationen das Versorgungsrecht als ein zwar an andere Voraussetzungen anknüpfendes, aber ansonsten gleichrangig neben der Versorgung durch die Unterstützungskasse bestehendes Institut dargestellt. In keiner der Informationen hat die Beklagte hinsichtlich der rechtlichen Bindung zwischen dem Versorgungsrecht und der Versorgung durch die Unterstützungskasse differenziert. Da bezüglich der Versorgung durch die Unterstützungskasse unstreitig ein Rechtsanspruch besteht, die Beklagte aber gleichwohl über viele Jahrzehnte hinweg darauf verzichtet hat, in den vielfältigen Informationen jeweils auf einen Unterschied hinsichtlich des Bestehens ihrer Verpflichtung hinzuweisen, diese Leistungen zu gewähren, haben die ArbeitnehmerInnen davon ausgehen können, dass auch hinsichtlich des Versorgungsrechts der Freiwilligkeitsvorbehalt nicht greifen soll; das Versorgungsrecht und die Unterstützung durch die Versorgungskasse sind von der Beklagten gleichgestellt worden.
113. Auch vor Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung des Versorgungsrechts während der Wartezeit hat die Beklagte die Möglichkeit seiner Erteilung stets als Bestandteil der arbeitsvertraglichen Bindungen behandelt. Die Beklagte hat das Versorgungsrecht stets im Hintergrund mit bedacht. So hat sie z.B. auf dem Blatt mit den Personalstammdaten von Beginn des Arbeitsverhältnisses an ausgewiesen gehabt, wann die Wartezeit für das Versorgungsrecht begonnen hat. Bei Entsendungen oder Beurlaubungen sind Regelungen über die Anrechnung auf die Wartezeit getroffen worden.
114. Die Beklagte hat durch die wiederholte und gleichbleibende Mitteilung der Voraussetzungen des Versorgungsrechts an ihre ArbeitnehmerInnen bei diesen die Erwartung geweckt, bei Erfüllung dieser Voraussetzungen werde das Versorgungsrecht erteilt. Die Mitteilung klarer Leistungsvoraussetzungen hat einen Erklärungsgehalt, der sogar über den der gleichförmigen Leistungsgewährung, der die betriebliche Übung begründet, hinausgeht. Die Beklagte hat den ArbeitnehmerInnen vermittelt, dass sie durch die Erfüllung der Voraussetzungen (hier Unterlassen anderweitiger Dispositionen über ihr Arbeitsverhältnis und Erfüllen der Qualitätsanforderungen bezüglich der Arbeitsleistungen) die Leistung durch den Arbeitgeber herbeiführen können.
115. Die Beklagte hat durch die wiederholte und bewusste Mitteilung der drei Leistungsvoraussetzungen die Möglichkeit der Erteilung des Versorgungsrechts dazu genützt, das Verhalten ihrer ArbeitnehmerInnen bereits während der Wartezeit zu steuern, insbesondere dazu, sie an sich zu binden, d.h. von anderweitigen Dispositionen über ihr Arbeitsverhältnis abzuhalten. Dies wird besonders deutlich darin, dass die Beklagte besonders verdienten oder haltenswerten ArbeitnehmerInnen das Versorgungsrecht vorzeitig erteilt hat. Die Beklagte hat mit dem Versorgungsrecht bewusst Leistungs- und Verhaltensanreize gesetzt, welche von den ArbeitnehmerInnen während der Wartezeit in Vorleistung gebracht werden mussten.
116. Diese Umstände machen deutlich, dass das Versorgungsrecht auch vor Erfüllung der Wartezeit in den Arbeitsverhältnissen der ArbeitnehmerInnen der Beklagten stets präsent gewesen und mit bedacht worden ist, wie es sich am deutlichsten in der Aufnahme des Beginns der Wartezeit in die Personalstammblätter zeigt. Unter Berücksichtigung dieser Umstände hat die Klägerin nach Treu und Glauben davon ausgehen müssen, dass der Freiwilligkeitsvorbehalt sich nicht auf die Erteilung des Versorgungsrechts bezieht. Selbst ArbeitnehmerInnen in der Rechtsabteilung der Beklagten sind davon ausgegangen, dass trotz des Freiwilligkeitsvorbehalts in den Verträgen eine betriebliche Übung bezüglich des Versorgungsrechts nicht ausgeschlossen ist.
117. Der Kläger erfüllt die durch die betriebliche Übung definierten Voraussetzungen und hat deshalb Anspruch auf die begehrte Vertragsänderung.
118. Inhalt der betrieblichen Übung ist auf der Seite der Leistungsvoraussetzungen, dass die Beklagte verpflichtet ist, denjenigen ArbeitnehmerInnen, welche die drei Voraussetzungen 20 Jahre Tätigkeit im Kreditgewerbe, davon mindestens 10 Jahre bei der Beklagten, gute Beurteilung und eine gesundheitliche Verfassung, die eine vorzeitige Pensionierung nicht erwarten lässt, das Versorgungsrecht zu erteilen. Auf die Tatsache, dass die Beklagte in den verschiedenen Mitteilungen an die Mitarbeiter unterschiedliche Formulierungen gebraucht ha, komm es vorliegend nicht an. Im Wesentlichen handelt es sich um sprachliche Änderungen. Soweit die Änderungen inhaltlicher Natur sind, kommt es vorliegend nicht auf sie an, da die Beklagte nicht bestreitet, dass die Klägerin die Voraussetzungen für das Versorgungsrecht erfüllt, wie sie bis 2008 gegenüber den ArbeitnehmerInnen kommuniziert worden sind.
119. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, die Klägerin erfülle die weitere Voraussetzung der zukünftigen Arbeitsplatzsicherheit nicht. Diese Voraussetzung ist nicht Inhalt der betrieblichen Übung geworden. Als die Beklagte 2003/2004 erstmals angefangen hat, die künftige Arbeitsplatzsicherheit bei der Erteilung des Versorgungsrechts zu prüfen, hat das Arbeitsverhältnis de Klägerin bereits einige Jahre unter der Geltung der betrieblichen Übung bereits bestanden. Die Voraussetzungen des Versorgungsrechts sind bereits in der bislang kommunizierten Form Inhalt des Arbeitsverhältnisses geworden. Diese Voraussetzungen hat die Beklagte nicht einseitig ändern und erweitern können. Auf die Frage, wann die Beklagte die Voraussetzung der Arbeitsplatzsicherheit erstmals kommuniziert hat, kommt es deshalb hier nicht an.
120. Das Kriterium der Arbeitsplatzsicherheit ist auch nicht deshalb Inhalt der betrieblichen Übung geworden, weil es einer beamtenrechtsähnlichen Versorgung immanent ist. Was Inhalt der betrieblichen Übung ist, wird dadurch bestimmt, was der Arbeitgeber den ArbeitnehmerInnen gegenüber durch sein verstetigtes Verhalten erklärt. Dem Erklärungsverhalten der Beklagten ist bis zum Jahr 2008 das Kriterium der Arbeitsplatzsicherheit als Voraussetzung für die Zusageerteilung nicht zu entnehmen gewesen. Dass die betriebliche Übung auf der Rechtsfolgenseite eine beamtenrechtsähnliche Versorgung zum Inhalt habe, führt nicht dazu, dass auf der Seite der Leistungsvoraussetzungen den ArbeitnehmerInnen nicht erkennbare Kriterien Vertragsinhalt werden.
121. Inhalt des klägerischen Anspruchs aus betrieblicher Übung auf Erteilung des Versorgungsrechts ist auf der Rechtsfolgenseite die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin ein Vertragsangebot mit dem Inhalt zu unterbreiten, wie es von der Beklagten zuletzt vergleichbaren ArbeitnehmerInnen unterbreitet worden ist.
122. Wie bereits ausgeführt, entsteht die betriebliche Übung bei Einmalleistungen dadurch, dass durch die Gewährung der Leistung an Dritte unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein zurechenbarer objektiver Bindungswille des Arbeitgebers deutlich wird (vgl. BAG, Urteil vom 27.06.2001 - 10 AZR 488/00, Rn. 35; Urteil vom 17.11.2009 - 8 AZR 851/08, Rn. 22). Der Inhalt der betrieblichen Übung ist somit unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu ermitteln. Dies kann vorliegend nur dazu führen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das Versorgungsrecht mit dem Inhalt anzubieten, wie sie es zuletzt anderen ArbeitnehmerInnen angeboten hat. Diesen Inhalt des Versorgungsrechts gibt der Klageantrag wieder, wie oben gezeigt zulässigerweise mit dem aktuellen Vertragstext der Beklagten.
123. Der Klägerin steht der durch betriebliche Übung begründete Anspruch auf Gewährung des Versorgungsvertrags auch aus dem Rechtsgrund der Gleichbehandlung unter Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ab 01.09.2007 zu. Sie hätte bereits zu einem Zeitpunkt den Versorgungsvertrag angeboten erhalten müssen, der innerhalb ihrer Elternzeit lag, nämlich am 01.09.2007, als die Beklage noch nicht entschieden hatte, diese Art von Versorgung nicht mehr anzubieten.
124. Das erst kurz vor der letzten mündlichen Verhandlung vom 25.01.2001 von der Beklagten vorgetragene Argument, die Klägerin besitze keinen Anspruch auf Gewährung des Versorgungsvertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, trägt nicht. Die von der Beklagten zur Begründung der Möglichkeit herangezogene Entscheidung des BAG (BAG 22.10.2001 – 3 AZR 496/01 unter I.1.d.dd (3) der Gründe), sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen, ist nicht aktuell. Denn das BAG hat mit Urteil vom 08.10.2009 – 2 AZR 235/08 – NZA 2010, 465 – 468 – (vgl. dazu auch BAG 12.01.2006 – 2 AZR 126/05 – NZA 2006, 587) festgehalten:
125. „Das Kündigungsrecht ist gegenüber einer Vertragsanpassung nach § 313 BGB lex specialis. Tatbestände, die eine Störung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage bewirken könnten, sind kündigungsrechtlich im Rahmen der §§ 2, 1 KSchG zu würdigen.“
126. Das Gericht schließt sich der aktuellen Rechtsprechung des BAG an. Denn Arbeitsverträge sind im Gegensatz zu vielen anderen Verträgen des Zivilrechts stets kündbar, so dass sämtliche Probleme, die eine Änderung des Arbeitsvertrags notwendig werden lassen können, über eine Änderungskündigung oder eine Beendigungskündigung angegangen werden können. Dies gilt auch für vertraglich oder tariflich unkündbare Arbeitsverträge, denn die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung kann nicht tarifvertraglich oder arbeitsvertraglich ausgeschlossen werden.
127. Als unterlegen Partei hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 s. 1 ZPO.
128. Das Gericht hat für die allein durch seine Entscheidung beschwerte Beklagte die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, weil der entschiedene Rechtsstreit eine Vielzahl von Fällen betrifft und auch wegen der erheblichen finanziellen Auswirkungen auf die Beklagte in der Zukunft grundsätzliche Bedeutung besitzt. Auf die nachstehende Rechtsmittelbelehrung wird ergänzend hingewiesen.
- für ihre Mitglieder
- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder
oder
von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,
- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.
Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/.
Dr. Gericke Lechner-Forster Sonnleitne-----------------------------------------------------
Die von uns erfassten Urteile wurden oft anders formatiert als das Original. Dies bedeutet, daß Absätze eingefügt und Hervorhebungen durch fett-/kursiv-/&farbig-machen sowie Unterstreichungen vorgenommen wurden. Dies soll verdeutlichen, aber keinesfalls natürlich den Sinn verändern.Wenn Sie vorsichtshalber zusätzlich die Originalversion sehen möchten, hier ist der Link zur Quelle (kein Link? Dann ist dieser Link nicht in unserer DB gespeichert, z.B. weil das Urteil vor Frühjahr 2009 gespeichert worden ist).