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Text des Urteils
10 Sa 1135/10;
Verkündet am: 
 06.04.2011
LAG Landesarbeitsgericht
 

München
Vorinstanzen:
20 Ca 5449/10
Arbeitsgericht
München;
Rechtskräftig: unbekannt!
Einmalbetrag gem. § 4 des Entgelttarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 14.11.2008 ist eine Tariferhöhung, die auf übertraifliche Vergütung angerechnet werden kann
Leitsatz des Gerichts:
TVG: § 4 Abs. 1; Entgelttarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 14.11.2008: §§ 2,3,4

1. Der Einmalbetrag gem. § 4 des Entgelttarifvertrages für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie vom 14.11.2008 ist eine Tariferhöhung, die auf übertraifliche Vergütung angerechnet werden kann.

2. Eine Anrechnung ist auch dann möglich, wenn sich die übertraifliche Vergütung aus einer Regelung in einer Gesamtbetriebsvereinbarung zur Verdienstsicherung ergibt und eine Anrechnung dort vorgesehen ist.
In dem Rechtsstreit
A.
A-Straße, A-Stadt
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtssekretäre B.
B-Straße, B-Stadt

gegen
Firma C.
C-Straße, B-Stadt
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigter:
Syndikus D.
D-Straße, B-Stadt

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. April 2011 durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Moeller und die ehrenamtlichen Richter Dr. Kreft und Markert für Recht erkannt:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 12.10.2010 (Az.: 20 Ca 5449/10) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.



Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Bezahlung eines Betrages von € 61,00, den der Kläger als restliche Einmalzahlung aufgrund eines Entgelttarifvertrages für den Monat September 2009 geltend macht.

Der 1965 geborene Kläger ist seit 04.11.1985 bei der Beklagten beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien finden aufgrund beiderseitiger Tarifbindung die jeweils gültigen Tarifverträge für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie Anwendung.

Am 25.09.2006 kam zwischen der Beklagten und dem bei ihr errichteten Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung (Bl. 25 bis 34 d. A.) über den Inhalt eines Unternehmenssozialplans aus Anlass von betriebsbedingten Freisetzungen und Umsetzungen zustande, die u.a. Versetzungen aus betriebsbedingten Gründen vorsah.

In diesem Zusammenhang wurde der Kläger zum 01.09.2007 versetzt und dabei von der Entgeltgruppe ERA 06 B in die Entgeltgruppe ERA 05 B umgruppiert.

Für diesen Fall sieht die Gesamtbetriebsvereinbarung eine Regelung zur Verdienstsicherung vor, in der u.a. folgendes bestimmt ist:

5. Verdienstsicherung

5.1 Wird ein Mitarbeiter auf einen geringerwertigen Arbeitsplatz versetzt, so erhält er einen Verdienstausgleich in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem bisherigen (=alten) Durchschnittsverdienst und dem neuen Durchschnittsverdienst, jeweils bezogen auf die tarifliche regelmäßige Arbeitszeit, bei Kurzarbeit bezogen auf die gekürzte Arbeitszeit. . . .

. . .

5.2 Der Verdienstausgleich erhöht sich bei Tariferhöhungen innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Versetzung entsprechend. Spätere Tariferhöhungen werden auf den Verdienstausgleich zur Hälfte angerechnet. Abweichende Tarifregelungen bleiben unberührt.

. . .


Am 14.11.2008 kam zwischen den Tarifvertragsparteien ein Entgelttarifvertrag für die Bayerische Metall- und Elektroindustrie – gültig ab 01.11.2008 – zustande, in dem es u.a. wie folgt heißt:


§ 2 Entgelt

2. Für die Monate November bis Januar 2009 gilt die seit 1. Juni 2008 geltende ERA-Entgelttabelle weiter.

3. Die tariflichen Monatsgrundentgelte erhöhen sich um insgesamt 4,2 %, und zwar

2.1 mit Wirkung ab 1. Februar 2009 im Rahmen einer Vorweganhebung um 2,1 % und
2.2 mit Wirkung ab 1. Mai 2009 um weitere 2,1 % auf Basis der ERA-Entgelttabellen vom 1. Juni 2008.

3. Die jeweiligen tariflichen Monatsgrundentgelte, bezogen auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden, ergeben sich aus den anliegenden Entgelttabellen. Diese sind Bestandteil dieses Tarifvertrages.

3 Erhöhungsbetrag

3. Für die Monate November 2008 bis Januar 2009 erhalten die Arbeitnehmer einen Erhöhungsbetrag von insgesamt € 510,00 brutto nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

Dieser Erhöhungsbetrag ist keine Tariferhöhung i.S.v. § 5 Ziff. 3 ERA-ETV, d.h. er wird nicht mit der Ausgleichszulage verrechnet.

. . .

. . .

§ 4 Einmalbetrag

2. Für die Zeit vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2009 erhalten die Arbeitnehmer mit der September-Abrechnung 2009 einen Einmalbetrag i.H.v. € 122,00.

Der Einmalbetrag ist keine Tariferhöhung i.S.v. § 5 Ziff. 3 ERA-ETV, d.h. er wird nicht mit der Ausgleichszulage verrechnet.

. . .

3. Die Arbeitnehmer erhalten den Einmalbetrag in voller Höhe, wenn sie

im Zeitraum vom 1. Mai 2009 bis 31. Dezember 2009 Vollzeitbeschäftigte sind und einen vollen Anspruch auf Entgelt, auf Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes, auf Urlaubsentgelt oder auf Kurzarbeitergeld hatten.

4. Teilzeitbeschäftigte erhalten den Einmalbetrag nach Maßgabe ihrer für die Monate Mai 2009 bis einschließlich Dezember 2009 jeweils einzelvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

. . .

5. Soweit kein voller Anspruch auf Zahlung des Entgelts, auf Fortzahlung des regelmäßigen Arbeitsverdienstes, auf Urlaubsentgelt oder auf Kurzarbeitergeld für die Monate Mai 2009 bis einschließlich Dezember 2009 besteht, ist der Einmalbetrag zeitanteilig zu kürzen. Mutterschutzzeiten führen nicht zu einer Kürzung.

6. Arbeitnehmer, die nach dem 1. Mai 2009 während der Monate Mai bis Dezember 2009 eintreten bzw. ausscheiden, erhalten den Einmalbetrag anteilig entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in diesem Zeitraum.

4. Der Einmalbetrag geht nicht in Durchschnittsberechnungen jedweder Art ein.

. . .


Im Monat September 2009 bezahlte die Beklagte dem Kläger eine Einmalzahlung i.H.v. € 61,00 brutto.

Mit Schreiben vom 19.11.2009 (Bl. 4 d. A.) machte der Kläger einen weiteren Betrag i.H.v. € 61,00 geltend.

Er hat vorgetragen, ihm stehe die Einmalzahlung von € 122,00 gemäß dem Entgelttarifvertrag in voller Höhe zu. Die Beklagte sei nicht berechtigt, eine Zahlung zur Hälfte auf den Verdienstausgleich anzurechnen. Denn bei der Zahlung handle es sich nicht um eine Tariferhöhung. Vielmehr liege eine Sonderzahlung vor, die nicht anrechenbar sei.

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, € 61,00 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 01.10.2009 an den Kläger zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, dem Kläger stehe der Einmalbetrag nur zur Hälfte zu. Der Rest sei gemäß Ziff. 5.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25.09.2006 anzurechnen. Die Einmalzahlung stelle eine Tariflohnerhöhung dar.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Die Beklagte habe zulässigerweise die Hälfte des Einmalbetrags auf eine Verdienstsicherung des Klägers angerechnet. Dies entspreche der wirksamen Gesamtbetriebsvereinbarung, die nicht einer Regelungssperre gem. § 77 Abs. 3 BetrVG unterliege. Bei der Einmalzahlung handle es sich um eine anrechenbare Tariferhöhung. Dies ergebe sich aus der Auslegung des Entgelttarifvertrags. Für die Annahme der Vereinbarung der Einmalzahlung als eine Sonderzahlung gebe es keinerlei Hinweis.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Sachvortrags der Parteien sowie den Ausführungen des Arbeitsgerichts wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Ersturteils Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 21.10.20010 zugestellte Urteil hat dieser mit einem am 18.11.2010 bei dem Landesarbeitsgericht München eingegangenen Schriftsatz Berufung einlegen lassen und sein Rechtsmittel durch einen am 20.01.2011 innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt vor, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts handle es sich bei der Einmalzahlung nicht umeine Tariferhöhung. Dies folge schon aus den zwei unterschiedlichen Überschriften in § 3 und § 4 des Tarifvertrages. Der Hinweis auf § 5 Ziff. 3 ERA-TV spreche nicht dagegen. Bei dieser Bestimmung handle es sich nur um eine Klarstellung. Tatsächlich sei der Einmalbetrag eine Sonderzahlung. Dabei schade es nicht, dass diese einem bestimmten Zeitraum zugeordnet ist.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 12.10.2010 (Az.: 20 Ca 5449/10 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, € 61,00 brutto nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit 01.10.2009 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, bei der Einmalzahlung handle es sich um eine anrechenbare Tariferhöhung. Wortlaut und Inhalt der tariflichen Regelung befassten sich ausschließlich mit der Anhebung von Löhnen und Gehältern. Auch aus dem Wortlaut der Regelung der Einmalzahlung folge klar eine Tariflohnerhöhung. Dies ergebe sich zudem aus deren Zeitbezogenheit und erst recht wenn kein anderer Zweck der Zahlung erkennbar sei.

Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Sachvortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19.01.2011 (Bl. 86 bis 89 d. A.), der Beklagten vom 24.02.2011 (Bl. 94 bis 96 d. A.) sowie die Sitzungsniederschrift vom 06.04.2011 (Bl. 105 bis 107 d. A.) Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:


I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist in der rechten Form und Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO) und daher zulässig.

Das Arbeitsgericht hat die Berufung im Urteil ausdrücklich zugelassen (§ 64 Abs. 3 a ArbGG). Daran ist das Berufungsgericht gem. § 64 Abs. 4 ArbGG gebunden, so dass es auf den Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2 b ArbGG nicht ankommt


II.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von € 61,00 restlicher Einmalzahlung gemäß Entgelttarifvertrag vom 14.11.2008 nicht zu, da die Beklagte zu Recht die Hälfte der Einmalzahlung auf den Anspruch des Klägers auf Verdienstsicherung gemäß der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25.09.2006 angerechnet hat. Dies hat das Arbeitsgericht ausführlich begründet. Das Berufungsgericht verweist auf diese Darstellung des Arbeitsgerichts und sieht insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind lediglich folgende Ausführungen veranlasst:

1. Es bestehen schon Zweifel, ob dem Kläger unabhängig von einer Regelung in der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25.09.2006 überhaupt ein tariflicher Anspruch auf Zahlung des Einmalbetrages von € 122,00 nach § 4 des Entgelttarifvertrags zusteht.

Zwar findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Parteien der Entgelttarifvertrag vom 14.11.2008 Anwendung (§§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG). Die Tarifvertragsparteien haben aber in dem Entgelttarifvertrag – wie sich aus § 2 Abs. 2 und Abs. 3 des Tarifvertrags ergibt – das tarifliche Monatsgrundentgelt erhöht. Sowohl die prozentuale Erhöhung in § 2 des Entgelttarifvertrages wie auch der in § 3 bestimmte Erhöhungsbetrag beziehen sich daher auf das Monatsgrundentgelt. Das dem Kläger zustehende Monatsgrundentgelt ergibt sich nach der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit aus der Entgeltgruppe ERA 05 B. Tatsächlich bezieht der Kläger aber Entgelt gemäß der Entgeltgruppe ERA 06 B und damit ein übertarifliches Gehalt. Hier ist schon die Zahlung der Vergütung als einheitlicher Betrag regelmäßig ein deutliches Anzeichen dafür, dass ein anrechenbaren übertariflicher Gehaltsbestandteil vorliegt (vgl. BAG vom 27.01.2004 – 1 AZR 105/03, BAG vom 22.09.1992 – AP Nr. 55 zu § 87 BetrVG 1972 „Lohngestaltung“), durch den der übertarifliche Bestandteil daher bei einer Tariflohnerhöhung aufgesogen wird (vgl. BAG vom 25.06.2002 – AP Nr. 36 zu § 4 TVG „Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung“). Dies entspricht auch regelmäßig dem Parteiwillen weil sich die Gesamtvergütung hierdurch nicht verändert (vgl. BAG vom 21.01.2003 – AP Nr. 118 zu § 87 BetrVG „Lohngestaltung“; BAG vom 14.08.2001 – AP Nr. 4 zu § 77 BetrVG 1972 „Regelungsabrede“). Dabei steht auch nicht entgegen, dass der Kläger ein höheres übertarifliches Entgelt nur aufgrund einer Verdienstsicherung erhält (vgl. BAG vom 07.02.1995 – AP Nr. 6 zu § 4 TVG „Verdienstsicherung“), die ihm auch nach wie vor verbleibt. Damit kann dem Kläger schon ein tariflicher Anspruch nur zustehen, wenn in der Zeit vom 01.05.2009 bis 31.12.2009 seine von ihm tatsächlich bezogene Vergütung das ihm nach dem Tarifvertrag zustehende Monatsgrundentgelt zuzüglich der Einmalzahlung von € 122,00 für die gesamten acht Monate unterschreitet. Dies wird vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

2. Dies kann aber letztlich offen bleiben. Denn dem Arbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass es sich jedenfalls bei dem Einmalbetrag gemäß § 4 des Entgelttarifvertrages vom 14.11.2008 um eine Tariferhöhung i.S.v. Ziff. 5. 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25.09.2006 handelt.

Daher hat die Beklagte zu Recht die Hälfte der Einmalzahlung auf das Arbeitsentgelt des Klägers im Monat September 2009 angerechnet.

a) Maßgeblich dafür, welche Beträge eine anrechenbare „Tariferhöhung“ darstellen, ist der Inhalt dieses Begriffs in Nr. 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung.

Die Betriebsparteien haben in der Gesamtbetriebsvereinbarung nicht definiert, was sie unter Tariferhöhung verstanden haben. Abzustellen ist deshalb auf das allgemeine Sprachverständnis. Danach ist eine Tariferhöhung die Erhöhung des dem Arbeitnehmer als Arbeitsvergütung für eine bestimmte Zeitspanne tariflich geschuldeten Entgeltbetrages (vgl. BAG vom 16.04.2002 – AP Nr. 38 zu § 4 TVG „Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung“; BAG vom 15.03.2000 – AP Nr. 35 zu § 4 TVG „Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung“). In diesem Sinne stellt die lineare Erhöhung um einen bestimmten Prozentsatz zweifelsfrei eine Tariflohnerhöhung dar. Es gibt dort keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Betriebsparteien nur lineare Lohnsteigerungen als Tariferhöhungen verstanden hätten. Soll Nr. 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung den Arbeitnehmern ihr bisheriges Lohnniveau sichern, ist damit auch die Anrechnung pauschalierter Erhöhungen des tariflichen Zeitlohns nach Nr. 5 der Gesamtbetriebsvereinbarung ohne Weiteres vereinbar (vgl. BAG vom 16.04.2002 a.a.O.).

b. Die tarifliche Einmalzahlung in § 4 Abs. 1 des Entgelttarifvertrages stellt eine solche pauschale Lohnerhöhung dar.

Dies folgt aus der Auslegung dieser Regelung.

aa) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln.

Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm sind mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (vgl. BAG vom 23.04.2008 – 10 AZR 258/07; BAG vom 30.09.2004 – AP Nr. 275 zu § 613 a BGB; BAG vom 22.10.2003 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG „Rückwirkung“; BAG vom 31.07.2002 –AP Nr. 3 zu § 1 TVG „Tarifverträge: Wohnungswirtschaft“).

bb) Nach diesen Grundsätzen ist sowohl nach Wortlaut wie dem erkennbaren Zweck der tariflichen Regelung davon auszugehen, dass mit dem Einmalbetrag eine Tariferhöhung vorliegt.

(1) Zwar ist der Begriff „Einmalbetrag“ nicht eindeutig. Er kann sowohl als Ausdruck für eine pauschalierte Lohnerhöhung als auch zur Kennzeichnung einer davon zu unterscheidenden Sonderzahlung verstanden werden. Schon allein, dass der Einmalbetrag in Absatz 1 des § 4 des Entgelttarifvertrages aber ausdrücklich einem konkreten Zeitraum zugeordnet wird und gemäß Abs. 2 der Arbeitnehmer einen Einmalbetrag in voller Höhe nur erhält, wenn er als Vollzeitbeschäftigter während des gesamten Zeitraums vollen Anspruch auf Arbeitsentgelt hatte, lässt erkennen, dass es sich um eine pauschalierte Lohnerhöhung handelt, die sich der Kläger mit seiner Arbeitsleistung verdient und damit die Gegenleistung dafür darstellt. Denn eine Tariflohnerhöhung ist jede Erhöhung des dem Arbeitnehmer als Arbeitsvergütung für eine bestimmte Zeitspanne tariflich geschuldeten Entgelts.

(2) Hinzu kommt, dass der tarifliche Einmalbetrag gem. § 4 Abs. 5 des Entgelttarifvertrages bei kürzerer Beschäftigung in dem für die Einmalzahlung maßgeblichen Differenzzeitraum ohne Ausnahme zu kürzen ist und in § 4 Abs. 1 Satz 2 des Entgelttarifvertrages ausdrücklich bestimmt ist, dass es sich bei der Einmalzahlung um keine Tariferhöhung i.S.v. § 5 Ziff. 3 ERA-ETV handelt. Auch dies sind klare Hinweise auf das Vorliegen einer Tariflohnerhöhung. So zeigt die unterschiedslose zeitanteilige Kürzung bei kürzerer Beschäftigungsdauer den Zusammenhang mit der Arbeitsleistung und weist auf den Zweck der Zahlung, nämlich Lohnerhöhung hin (vgl. BAG vom 27.08.2008 – AP Nr. 36 zu § 307 BGB). Bestimmen die Tarifvertragsparteien zudem, dass der Einmalbetrag keine Tariferhöhung i.S.v. § 5 Ziff. 3 einer anderen tariflichen Regelung sei, bringen sie damit zum Ausdruck, dass außerhalb dieser Regelung eben doch eine Tariferhöhung vorliegt. Wäre ohnehin nicht von einer Tariferhöhung auszugehen, hätte es dieser Regelung gar nicht bedurft. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass Tarifvertragsparteien sinnlose und überflüssige Regelungen treffen.

(3) Zeigen schon diese Umstände klar das Vorliegen einer Tariferhöhung auch im Hinblick auf den Einmalbetrag, kommt es gar nicht mehr darauf an, ob dies auch daraus folgt, dass gem. § 4 Abs. 6 des Entgelttarifvertrages der Einmalbetrag auch nicht in Durchschnittsberechnungen einbezogen wird (vgl. dazu BAG vom 16.04.2002 – AP Nr. 38 zu § 4 TVG „Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung“).

cc) Schließlich ist auch nicht erkennbar, welchen sonstigen Zweck als den einer Tariferhöhung die Vereinbarung eines Einmalbetrages im Entgelttarifvertrag haben soll.

Es ist gerichtsbekannt, dass die Tarifvertragsparteien in der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie außerhalb von Entgelttarifverträgen seit jeher Sonderzahlungen wie Urlaubsgeld oder den Teil eines 13. Monatseinkommens vereinbart haben (z.B. die Regelung über Urlaubsentgelt im Manteltarifvertrag oder der Tarifvertrag über die Absicherung eines Teils eines 13. Monatseinkommens). Die diesen Sonderzahlungen zugrundeliegenden Vereinbarungen waren weder gekündigt noch wurde – soweit erkennbar – über diese anlässlich des Neuabschlusses des Entgelttarifvertrages verhandelt. Wollten die Tarifvertragsparteien dennoch eine Regelung über Sonderzahlungen treffen, hätte es jedenfalls nahegelegen, die diesen Sonderzahlungen zugrundeliegenden Tarifregelungen zu verändern. Haben die Tarifvertragsparteien davon keinen Gebrauch gemacht, müsste die Vereinbarung eines Einmalbetrages als Sonderzahlung außerhalb einer Tariferhöhung die Kreation einer bisher nicht bekannten Sonderzahlung darstellen. Dass die Tarifvertragsparteien eine derartige Regelung hier treffen wollten, hält die Kammer für ausgeschlossen. Weder für einen Willen der Tarifvertragsparteien noch für den Zweck einer solchen Sonderzahlung ist hier irgendein Anhaltspunkt erkennbar.

c) Handelt es sich nach alledem bei dem Einmalbetrag gem. § 4 Abs. 1 des Entgelttarifvertrages vom 14.11.2008 um eine Tariferhöhung, hat die Beklagte gemäß Ziff. 5.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 25.09.2006 zu Recht diesen Betrag zur Hälfte auf die Vergütung des Klägers angerechnet.


III.

Die Berufung des Klägers war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat für den Kläger gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG die Revision zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision einlegen.

Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.

Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.

Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt Telefax-Nummer: 0361 2636-2000 eingelegt und begründet werden.

Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände

- für ihre Mitglieder

- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder

oder

von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,

- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt

- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.

Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de

Moeller Dr. Kreft Markert
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