Text des Beschlusses
1 Ws 638/10;
Verkündet am:
26.05.2011
OLG Oberlandesgericht
Naumburg
Vorinstanzen:
508 StVK 505/10
Landgericht
Stendal;
Rechtskräftig: unbekannt!
Generelle Verweisung der Untergebrachten per Allgemeinverfügung auf die Anmietung eines Fernsehgerätes von einem durch die Justizvollzugsanstalt hierzu autorisierten Unternehmen ist unzulässig
Leitsatz des Gerichts:
Bei der Prüfung, ob ein in der Sicherungsverwahrung Untergebrachter ein eigenes Fernsehgerät besitzen darf, ist im Hinblick auf das aus dem präventiven Charakter der Maßregel folgende Abstandsgebot im Vergleich zur Ausgestaltung des Strafvollzuges ein erhöhtes Maß an Kontroll- und damit verbundenem Verwaltungsaufwand für die Justizvollzugsanstalt als zumutbar anzusehen.
Die generelle Verweisung der Untergebrachten per Allgemeinverfügung auf die Anmietung eines Fernsehgerätes von einem durch die Justizvollzugsanstalt hierzu autorisierten Unternehmen ist unzulässig.
In der Maßregelvollzugssache
des …
Antragsteller und Beschwerdegegner,
- Verfahrensbevollmächtigter: …
gegen
…
Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin,
Beteiligte: …
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Naumburg am 26. Mai 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Krüger, den Richter am Oberlandesgericht Halves und die Richterin am Landgericht Schwick beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird
1. der Beschluss der 8. Strafkammer – Strafvollstreckungskammer – des Landgerichts Stendal vom 17. September 2010 aufgehoben,
2. der Antrag des Antragstellers auf Herausgabe der DVB-T-Antenne als unbegründet verworfen und die Sache im Übrigen zur neuen Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die selbe Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal zurückverwiesen.
3. Der Gegenstandswert wird auf 1.000,-- Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller ist seit dem 27. August 2006 nach Verbüßung mehrerer Freiheitsstrafen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in der Sicherungsverwahrung untergebracht.
Nachdem diese zunächst in der Justizvollzugsanstalt V. – Zweigstelle N. – vollzogen wurde, ist der Antragsteller am 19. April 2010 in die Justizvollzugsanstalt B. verlegt worden.
Die Antragsgegnerin hat durch mündliche Verfügung vom 27. April 2010 die Ausstattung des Verwahrraums des Antragstellers mit diversen persönlichen Gegenständen und Geräten der Unterhaltungselektronik, deren Besitz ihm in der Justizvollzugsanstalt V. – Zweigstelle N. – noch gestattet worden war, abgelehnt.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 29. April 2010 die gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Herausgabe der von ihm näher bezeichneten Gegenstände zu verpflichten, und zur Durchsetzung seines Begehrens die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts A. aus N. beantragt. Er vertritt die Ansicht, die Beschränkung sei insbesondere im Hinblick auf seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung rechtswidrig.
Mit Schreiben vom 03. Mai 2010 hat der Antragsteller neben dem Verpflichtungsantrag auch einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, den er mit weiterem Schreiben vom 26. Mai 2010 auf die Herausgabe seines Fernsehgeräts – Bilddiagonale 40 cm - und seiner Mini-Musikanlage beschränkt hat.
Mit ihrer Stellungnahme vom 23. Juni 2010 hat die Antragsgegnerin beantragt, die Anträge des Antragsgegners als unbegründet zurückzuweisen. Zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt B. seien auch für die in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten nur die auf der aktuellen sog. Positivliste der Hausordnung befindlichen Gegenstände in den Hafträumen erlaubt und die hier streitgegenständlichen Geräte seien dort nicht aufgeführt.
Zwischenzeitlich hat die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Habe mit Ausnahme des Fernsehgeräts, der DVB-T-Antenne und der Mini-Musikanlage nebst Kabeln und Fernbedienungen an den Antragsgegner herausgegeben.
Die in der Justizvollzugsanstalt B. untergebrachten Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten haben die Möglichkeit am kostenfreien Gemeinschaftsfernsehen teilzunehmen.
Die Hausordnung der Justizvollzugsanstalt B. in der Fassung vom 19. März 2010 sieht - sowohl für Strafgefangene als auch für Sicherungsverwahrte - unter Punkt 5.4 unterschiedslos vor, dass eigene Hörfunk-, Fernseh- und andere Geräte der Unterhaltungselektronik im Haftraum generell nicht zugelassen werden.
Den Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten wird als Ausnahme die Möglichkeit eingeräumt, ein kombiniertes Rundfunk- und Fernsehgerät mit DVD-Abspielmöglichkeit über eine speziell hierfür durch die Justizvollzugsanstalt autorisierte private Firma entgeltlich anzumieten. Der Mietpreis beträgt monatlich momentan sechs Euro zuzüglich der landeseinheitlichen Kostennutzungsgebühr (Stromkosten) von zwei Euro monatlich.
Mit Beschluss der 8. Strafkammer des Landgerichts Stendal – kleine Strafvollstreckungs-kammer – vom 17. September 2010 ( 508 StVK 505/10 ) wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller sein privates TV-Gerät – Marke Grundig – sowie DVB-T-Antenne und seine Musikanlage – Marke Philips – mit zwei Boxen und Antennenkabel herauszugeben. Darüber hinaus wurde die Antragsgegnerin verpflichtet, über die Herausgabe der Fernbedienung für TV-Gerät und Musikanlage neu zu entscheiden.
Gegen den am 22. September 2010 zugestellten Beschluss richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07. Oktober 2010, eingegangen beim Landgericht Stendal am 08. Oktober 2010, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer sei unzutreffend, da der Verwaltungsaufwand, insbesondere der durch die erforderlichen Kontrollen von eigenen Fernsehern in Haft- und Verwahrräumen, auf den kein grundsätzlicher Anspruch bestünde, durch die Justizvollzugsanstalt nicht geleistet werden könne.
Den Antrag der Antragsgegnerin auf Außervollzugsetzung der Herausgabeentscheidung hat der Senat mit Beschluss vom 17. November 2010 als unbegründet verworfen.
Aufgrund des genannten Beschlusses wurden die hier streitgegenständlichen Geräte an den Antragsteller am 06. Oktober 2010 herausgegeben.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 116 Abs. 1 StVollzG), weil die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts angesichts differierender Entscheidungen der für die Vollstreckung des Maßregelvollzugs zuständigen Strafkammern zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.
Darüber hinaus genügt der angefochtene Beschluss der Strafvollstreckungskammer teilweise – im Hinblick auf den Antrag auf die Herausgabe des Fernsehgerätes und die Mini-Musikanlage - nicht den Anforderungen, die § 267 StPO an die Begründung eines strafrechtlichen Urteils stellt. Danach müssen die entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte so vollständig wiedergeben werden, dass dem Rechtsbeschwerdegericht eine hinreichende Überprüfung möglich ist (Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 115 Rn. 10 mit zahlreichen Rspr.-Nachweisen). Verfehlt der Beschluss diese Anforderungen, so ist er schon deswegen aufzuheben, weil seine Begründung eine Beurteilung, ob die in § 116 Abs. 1 StVollzG genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen, nicht ermöglicht und sich damit einer Nachprüfbarkeit entzieht (OLG Koblenz, ZfStrVo 1989, 120; OLG Koblenz – 1 Ws 501/07 – vom 19. November 2007; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 116 Rn. 3 m. w. N.; Senat, Beschluss vom 01. März 2010 – 1 Ws 3 /10 -).
Im vorliegenden Fall ist die Kammer ihrer Aufklärungspflicht im Hinblick auf die Beschaffenheit des Fernsehgerätes und der Mini-Musikanlage, der Übersichtlichkeit des Verwahrraumes sowie der sich aus der Person des Antragstellers ergebenden Gründen, die eine Versagung der Herausgabe der streitgegenständlichen Geräte rechtfertigen könnten, nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen.
2. Der Antragsteller ist in der Sicherungsverwahrung untergebracht und damit nicht Strafgefangener im Sinne des Strafvollzugsgesetzes.
§ 130 StVollzG bestimmt, dass die Vorschriften über den Vollzug der Freiheitsstrafe (§§ 3 bis 126 StVollzG ) entsprechend anzuwenden sind, soweit nicht die §§ 131 bis 135 StVollzG eine Sonderregelung treffen.
Insbesondere die Ausstattung der Hafträume und besondere Maßnahmen zur Förderung und Betreuung sollen gemäß § 131 StVollzG dem Untergebrachten helfen, sein Leben in der Anstalt sinnvoll zu gestalten und ihn vor Schäden eines langen Freiheitsentzuges bewahren. Seinen persönlichen Bedürfnissen ist nach Möglichkeit Rechnung zu tragen.
Die Ausgestaltung der Freizeit in der Vollzugsanstalt wird in den §§ 130, 67 ff. StVollzG geregelt. Nach §§ 130, 70 Abs. 1 StVollzG darf der in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte in angemessenem Umfang Gegenstände zur Fortbildung oder zur Freizeitbeschäftigung besitzen. Es besteht ein Anspruch auf eine Genehmigung solcher Gegenstände in angemessenem Umfang, wenn die Voraussetzungen für eine Versagung nach §§ 130, 70 Abs. 2 StVollzG nicht vorliegen. Ein Versagungsgrund im Sinne des §§ 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG ist dann gegeben, wenn der Besitz, die Überlassung oder die Benutzung des Gegenstandes das Ziel des Vollzugs oder die Sicherheit oder Ordnung der Justizvollzugsanstalt gefährden würde.
Bei der Frage, ob der Besitz von Gegenständen, die der Freizeit dienen, im Haft- bzw. Verwahrraum gestattet werden können, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Justizvollzugsanstalt.
Das Tatbestandsmerkmal der Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt in § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, dessen Auslegung und Anwendung durch die Vollzugsbehörde der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. KG, NStZ-RR 2004, 255; OLG Hamm ZfStrVo 1996, 119; OLG Koblenz StV 1981, 184). Die Auslegung und Anwendung dieses Rechtsbegriffs sind – sowohl für Strafgefangene als auch für Sicherungsverwahrte - am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auszurichten.
Eine Versagung ist danach grundsätzlich gerechtfertigt, wenn der Gegenstand abstrakt-generell geeignet ist, die Sicherheit der Vollzugsanstalt zu gefährden, sofern diese Gefährdung nicht durch eine ordnungsgemäße Aufsicht unter Zuhilfenahme der gebotenen Kontrollmittel seitens der Vollzugsanstalt ausgeschlossen bzw. auf ein nicht mehr beachtliches Maß reduziert werden kann ( vgl. BVerfG, 31.03.2003, 2 BvR 1848/02, NJW 2003, 2447; OLG Celle, Beschluss vom 12. Februar 2009 - 1 Ws 42/09 – mit weiteren Nachweisen, nach juris).
Die bei der Ermessensentscheidung vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung ist insbesondere hinsichtlich des Maßstabes des noch zumutbaren Kontrollaufwands der Justizvollzugsanstalt aber bei der Frage der Gestattung des Besitzes von Gegenständen nach §§ 130, 69, 70 StVollzG bei Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten unterschiedlich zu bemessen.
Aus der Besonderheit der Sicherungsverwahrung als einer dem Schutz der Gesellschaft dienenden Maßregel folgt nämlich die von Verfassungs wegen gebotene Besserstellung im Vollzug (sog. Abstandsgebot, vgl. BVerfGE 109, 133 (166) ). Es muss also sichergestellt sein, dass ein Abstand zwischen dem allgemeinen Strafvollzug und dem Vollzug der Sicherungsverwahrung gewahrt bleibt. In seiner grundlegenden Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der die Sicherungsverwahrung betreffenden Gesetzesregelungen vom 04. Mai 2011 hat das Bundesverfassungsgericht weiter festgelegt, dass die Vollzugsmodalitäten der Sicherungsverwahrung zusätzlich an der Leitlinie zu orientieren sind, dass das Leben im Vollzug allein solchen Beschränkungen unterworfen werden darf, die zur Reduzierung der Gefährlichkeit erforderlich sind ( vgl. BVerfG, 2BvR 2365/09 vom 04. Mai 2011, Absatz Nr. 103 ff. ). Die Freiheitsentziehung ist danach nicht nur im deutlichen Abstand zum Strafvollzug, sondern auch freiheitsorientiert auszugestalten. Das Leben in der Sicherungsverwahrung ist, um ihrem spezialpräventiven Charakter Rechnung zu tragen, den allgemeinen Lebensverhältnissen anzupassen, soweit Sicherungsbelange nicht entgegenstehen. Der in der Sicherungsverwahrung liegende schwerwiegende Eingriff in das Freiheitsgrundrecht ist somit nur nach Maßgabe einer strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung und unter Wahrung strenger Anforderungen an die zugrundeliegenden Entscheidungen und die Ausgestaltung des Vollzugs zu rechtfertigen ( BverfG a. a. O. Absatz 97 ). Diesem Grundsatz unterliegen auch die Anwendungen der Normen des Strafvollzugsgesetzes.
a. Die Rechtsbeschwerde ist danach hinsichtlich der angeordneten Herausgabe der DVB-T-Antenne begründet.
Ein Anspruch auf den Besitz einer DVB-T-Antenne ist auch für die in Sicherungsverwahrung Untergebrachten nicht zuzulassen.
Der Senat sieht eine abstrakt-generelle Gefahr für die Sicherheit der Anstalt als gegeben an, weil durch eine DVB-T-Antenne eine unkontrollierte Informationsübermittlung an den Sicherungsverwahrten ermöglicht wird, die weder technisch noch durch Kontrollmaßnahmen hinreichend sicher verhindert werden kann, so dass der Besitz nach §§ 130, 70 Abs. 2 Nr. 2, StVollzG versagt werden muss. Darüber hinaus kommt hier § 19 Abs. 2 StVollzG zum tragen ( OLG Celle, Beschluss vom 12.02.2009 – 1 Ws 42/09 - ; KG Berlin, Beschluss vom 19.04.2007 – 2/5 Ws 342/06 Vollz – nach juris ).
Aus dem Vortrag, dass der Antragsteller in einer anderen Justizvollzugsanstalt eine solche Antenne im Verwahrraum besitzen durfte, kann er keine Rechte herleiten.
Aufgrund der fehlerhaften Rechtsanwendung war der Beschluss der Strafvollstreckungs-kammer insoweit aufzuheben und der Antrag des Betroffenen auf Herausgabe der DVB- T-Antenne als unbegründet zu verwerfen.
Der Senat weist aber ausdrücklich darauf hin, dass es dem Gefangenen anderweitig, etwa durch Anschluss an die Empfangsanlage der Anstalt, ermöglicht werden muss, Fernsehen zu empfangen.
b. Ob die angeordnete Herausgabe des Fernsehgerätes und der Mini-Musikanlage durch die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer dem sachlichen Recht entspricht, kann aufgrund des insoweit nicht vollständig ermittelten Sachverhalts nicht entschieden werden.
Nach §§ 130, 69 Abs. 2 StVollzG sind eigene Hörfunk- und Fernsehgeräte ebenfalls unter den Voraussetzungen des § 70 StVollzG im Verwahrraum des Sicherungsverwahrten zuzulassen.
Die für Sicherungsverwahrte bei der Ermessensentscheidung der Justizvollzugsanstalt vorzunehmende strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung führt dazu, dass die Maßstäbe für einen zumutbaren Kontrollaufwand bei Gegenständen, die der Fortbildung oder der Freizeitbeschäftigung dienen, insbesondere bei Hörfunk- und Fernsehgeräten im Sinne des § 69 Abs. 2 StVollzG, selbst wenn diesen Geräten eine abstrakt-generelle Gefährlichkeit zukommt, höchst möglich anzusetzen sind. Die Entscheidung muss sowohl unter den Gesichtspunkten des sog. Abstandsgebots und der Anpassung des Vollzuges an die allgemeinen Lebensverhältnisse zum einen und dem Sicherheitsinteresse der Justizvollzugsanstalt zum anderen gerechtfertigt sein.
Die Wahrung der Sicherheit und Ordnung der Haftanstalt im Sinne der §§ 130, 70 Abs. 2 StVollzG rechtfertigt vorliegend bei in Sicherungsverwahrung Untergebrachten die grundsätzliche Versagung eines eigenen Fernsehgerätes oder einer eigenen Musikanlage und die Verweisung auf ein entsprechendes Mietgerät nicht. Bereits die Anforderungen an einen freiheitsorientierten Vollzug lassen keine andere Entscheidung zu.
Grundsätzlich sind vielmehr die Fernsehgeräte und Musikanlagen im Verwahrraum zu gestatten, die den persönlichen Bedürfnissen des Sicherungsverwahrten entsprechen, soweit im konkreten Fall Sicherungsbelange dem nicht entgegen stehen.
Fernsehgeräten und Musikanlagen kommt dann eine abstrakt-generelle Gefährlichkeit zu, wenn sie als Versteck für verbotene Gegenstände dienen können oder aufgrund von vorhandenen Datenspeichermöglichkeiten und Schnittstellen zu einem unkontrollierbaren Informationsaustausch und damit zu einer Gefährdung der Anstaltssicherheit führen.
Die Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ermöglichen es dem Senat weder zu prüfen, ob den streitgegenständlichen Geräten eine solche abstrakt-generelle Gefährlichkeit für die Justizvollzugsanstalt zukommt, noch ob und durch welche Maßnahmen, etwa in Form der Versiegelung oder Verplombung, die Möglichkeit besteht, die gegebenenfalls bestehende Gefährlichkeit zu reduzieren oder zu beseitigen.
Eine abstrakt-generelle Gefährdung läge dann vor, wenn es sich dabei jeweils auch um Datenspeichergeräte handelt oder die Geräte Schnittstellen aufweisen, die einen unkontrollierten Datenaustausch möglich machen. Denn etwa durch die Möglichkeit der drahtlosen Datenübertragung mit den entsprechenden Geräten stünden dem Untergebrachten nicht kontrollierbare Mittel zur Verfügung, die sowohl das Einschmuggeln illegaler Dateien als auch Absprachen über andere rechtswidrige Handlungen ermöglichen.
Darüber hinaus sind bei der Gestattung der streitgegenständlichen Geräte §§ 19, 130, 131 StVollzG zu beachten, wonach die Übersichtlichkeit des Verwahrraumes gewahrt bleiben muss, gleichzeitig aber den persönlichen Bedürfnissen des Sicherungsverwahrten nach Möglichkeit Rechnung zu tragen ist. Allein die Feststellung der Strafvollstreckungskammer, wie groß die Bilddiagonale des Fernsehgerätes ist, reicht für die Prüfung insoweit nicht aus.
Die Strafvollstreckungskammer hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob aus therapeutischen Gründen oder zur Verminderung der Gefährlichkeit des Antragstellers selbst die Nutzung des Fernsehers und der Mini-Musikanlage versagt bleiben muss.
Die Strafvollstreckungskammer hat zwar unterstellt, dass den Geräten des Antragstellers keine diesbezügliche Gefährlichkeit zukommt, die Übersichtlichkeit des Verwahrraumes gewahrt bleibt und keine Gründe in der Person des Antragstellers vorliegen, die eine Versagung der Herausgabe der Geräte rechtfertigen und deshalb die Antragsgegnerin zur Herausgabe des Fernsehgerätes und der Musikanlage – aus dann zutreffenden Gründen – verpflichtet. Die Feststellungen basieren aber allein darauf, dass die Antragsgegnerin zu diesen Gesichtspunkten nichts bzw. nichts Gegenteiliges vorgetragen hat. Im Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG gilt aber der Grundsatz der Amtsermittlung (Untersuchungs-grundsatz). Das Gericht hat den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl., § 115 Rn. 3 m. w. N.). Dem ist die Strafvollstreckungskammer hier nicht ausreichend nachgekommen.
Da der Inhalt des angefochtenen Beschlusses dem Senat eine endgültige Entscheidung deshalb nicht ermöglicht, musste die Zurückverweisung an die Strafvollstreckungskammer erfolgen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass auch die Zumutbarkeit der Kontrollmaßnahmen und die Möglichkeit zu veranlassender Sicherheitsvorkehrungen für den Erhalt der Sicherheit und Ordnung durch die Justizvollzugsanstalt sowie der damit zusammenhängende Verwaltungsaufwand, an die besonderen Bedürfnisse des in Sicherungsverwahrung Untergebrachten anzupassen sind. Vor allem fiskalische Erwägungen dürfen der Ermessensentscheidung nicht maßgeblich zugrundegelegt werden. Es ist vielmehr ein erhöhtes Maß an Kontrollaufwand als zumutbar anzusehen und der Besitz der Gegenstände nur dann zu versagen, wenn eine Gestattung unter keinen Gesichtspunkten möglich ist, ohne dass es zu einer erheblichen Gefährdung der Anstaltssicherheit kommt.
3. Erledigung ist nicht eingetreten.
Zwar hat die Antragsgegnerin nach Mitteilung des Antragstellers auch ohne gerichtliche Entscheidung anderen Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten ihre eigenen Geräte herausgegeben, maßgeblich ist aber, insbesondere da die Rechtsbeschwerde gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 StVollzG keine aufschiebende Wirkung hat, dass die Antragsgegnerin nicht mitgeteilt hat, dass keine grundsätzliche Verweisung auf Mietgeräte durch die Hausordnung mehr erfolgen soll.
4. Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf §§ 65, 60, 52 Abs. 1 GKG.
gez. Krüger gez. Halves gez. Schwick-----------------------------------------------------
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