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Text des Beschlusses
10 W 57/08 (Hs);
Verkündet am: 
 16.01.2009
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
7 O 331/08
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Hat sich wettbewerblich Abgemahnter bereits Drittem gegenüber zur Unterlassung des abgemahnten Verhaltens verpflichtet, so entfällt dadurch die Wiederholungsgefahr
Leitsatz des Gerichts:
Hat sich der wettbewerblich Abgemahnte bereits einem Dritten gegenüber zur Unterlassung des abgemahnten Verhaltens verpflichtet, so entfällt dadurch die Wiederholungsgefahr. Der Abgemahnte ist verpflichtet, den Abmahnenden über die erfolgte Unterlassungserklärung zu unterrichten. Tut er dies nicht, sondern erst im Prozess und wird daraufhin die Hauptsache beiderseits für erledigt erklärt, so hat er die Kosten des Prozesses zu tragen.
In der Beschwerdesache
…

hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Schubert, die Richterin am Oberlandesgericht Göbel und den Richter am Landgericht Dr. Holthaus am 16. Januar 2009 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer – 1. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Halle vom 11. August 2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Streitwertstufe bis 3.000,- Euro festgesetzt.



Gründe


A.

Der Kläger ist ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die aufklärende Verbraucherberatung sowie die Förderung des Umweltschutzes in der Bundesrepublik Deutschland gehört.

Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagengesetz eingetragen.

Der klagende Verband hat die Beklagte, die in G. ein Autohaus betreibt, auf Unterlassung der Werbung für den Kauf neuer Personenkraftwagen in Zeitungen oder Zeitschriften in Anspruch genommen, sofern diese keine Angaben über den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emmissionen im Sinne des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV enthält. Daneben hat er die Erstattung von Abmahnkosten begehrt.

In einer Annonce des T. , Ausgabe vom 17. November 2007, bewarb die Beklagte 10 Fahrzeuge der Marke Ford Fiesta wie folgt:

„10x Ford Fiesta, kein EU

Deutsche Tageszul. 8/07, 0 km,

Ford Fiesta Fan X 1.3 60 PS, 3-tür., Listenpreis

13.085,-- EUR, Klima, ABS, Servo, ZV m FB, el FH,

Euro 4, CD-Radio, marineblau und schwarz 9.460,-- EUR“


Angaben zum Kraftstoffverbrauch und zu den CO2-Emmissionen fehlten in der Werbeanzeige.

Da der Kläger die Werbung wegen eines Verstoßes gegen die Verbraucherkennzeichnungsvorschriften des § 5 Abs. 1 Pkw-EnVKV in Verbindung mit Anlage 4 Abschnitt I der Pkw-EnVKV für wettbewerbswidrig erachtet hat, hat er die Beklagte mit Schreiben vom 21. Dezember 2007 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 04. Januar 2008 aufgefordert. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens der Frist hat er die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe angekündigt.

Da die Beklagte auf die Abmahnung des Klägers innerhalb der ihr gesetzten Erklärungsfrist nicht reagierte, hat der Kläger mit Klageschrift vom 28. Februar 2008, die der Beklagten am 08. Mai 2008 zugestellt wurde, Unterlassungsklage vor dem Landgericht Halle angestrengt.

Zeitlich vor der Abmahnung des Klägers war der Beklagte allerdings bereits mit Schreiben vom 18. November 2007 von der Firma A. GbR wegen des Inhalts der Annonce vom 17. November 2007 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert worden. Der früheren Abmahnung der Firma A. GbR hatte er sich mit Erklärung vom 28. November 2007 unterworfen.

Von dieser Unterwerfungserklärung erfuhr der Kläger erstmals mit Zustellung der Klageerwiderungsschrift am 29. Juli 2008. Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache darauf hin durch beiderseitige Erklärungen einvernehmlich für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten aufzuerlegen seien, da diese dem Kläger vor Klageeinreichung verschwiegen habe, dass sie sich bereits gegenüber einem Dritten zur Unterlassung verpflichtet habe. Die Beklagte habe damit der ihr obliegenden Aufklärungspflicht zuwider gehandelt, die es ihr hier geboten hätte, den Kläger rechtzeitig von der gegenüber einem Drittgläubiger ausgesprochenen Unterwerfungserklärung in Kenntnis zu setzen. Indem sie die notwendige Aufklärung versäumt und den unwissenden Kläger nicht von der Erhebung einer von vorne herein mangels Wiederholungsgefahr unbegründeten Unterlassungsklage abgehalten habe, habe sie sich schadensersatzpflichtig gemacht.

Die Beklagte ist dem Kostenantrag des Klägers entgegen getreten und hat beantragt, den Kläger mit den Kosten des Rechtsstreites zu belasten.

Mit Beschluss vom 11. August 2008 hat das Landgericht im Hinblick auf die einvernehmlichen Erledigungserklärungen der Parteien der Beklagten die Kosten des Rechtsstreites auferlegt. Zur Begründung hat das Landgericht im wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte, die auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht reagiert habe, Veranlassung zur Klage geboten habe. Da die Beklagte den Kläger nicht über die bereits gegenüber der Firma A. GbR abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung informiert habe, habe dieser davon ausgehen können, dass er den Unterlassungsanspruch nur im Klagewege erfolgreich durchsetzen könne. Die durch die Erhebung der Klage entstandenen Rechtsverfolgungskosten müsse nun die Beklagte wegen Verletzung der sie treffenden Aufklärungspflicht tragen. Denn es wäre ihre Sache gewesen, den abmahnenden Kläger vorprozessual über die bereits erfolgte Unterwerfung in Kenntnis zu setzen.

Gegen diesen, der Beklagten am 16. August 2008 zugegangenen Beschluss hat diese mit einem am 18. August 2008 bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Sie beanstandet, dass das Landgericht die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nicht an dem bisherigen Sach- und Streitstand orientiert habe. Hierzu trägt sie vor, dass das Landgericht bereits mit Verfügung vom 25. Juni 2008 zur Sach- und Rechtslage ausgeführt habe, dass die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs aufgrund der Unterverwerfungserklärung der Beklagten vom 28. Januar 2008 entfallen sei. Wäre der Kläger in dem Termin der mündlichen Verhandlung vom 23. Juli 2008 erschienen und darauf hin ein Urteil ergangen, so hätte die Unterlassungsklage als unbegründet abgewiesen werden müssen und der Kläger wäre mit den Kosten des Rechtsstreites nach § 91 ZPO zu belasten gewesen. Es könne aber der Beklagten nun nicht zum Nachteil gereichen, dass sie sich auf eine Erledigungserklärung nach § 91 a ZPO eingelassen habe. Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe ihre Aufklärungspflicht verletzt, hätte dies hier zu keiner anderen Kostenregelung führen dürfen. Denn der Kläger hätte die Beklagte in seiner Abmahnung seinerseits über das Bestehen einer Informationspflicht belehren müssen. Der juristisch nicht bewanderten Beklagten sei die wettbewerbsrechtliche Pflicht zur Aufklärung über eine bereits erfolgte Drittunterwerfung nämlich nicht geläufig gewesen. Dementsprechend habe es allein der Kläger zu vertreten, dass er über das zwischenzeitliche Entfallen der Wiederholungsgefahr im Unklaren geblieben sei. Die Kostenentscheidung entspreche auch deshalb nicht billigem Ermessen, weil es sich bei dem Kläger um die moderne Vision eines „Abmahnvereins“ handele, der sich im wesentlichen aus Abmahnungen finanziere und auch allein ein solches Gebührenerzielungsinteresse verfolgt habe.

Das Landgericht hat am 19. August 2008 beschlossen, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen und das Rechtsmittel dem Oberlandesgericht zur Entscheidung in der Sache vorzulegen.


B.

Die nach §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im übrigen gemäß § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg.


I.

Das Rechtsmittel ist dem Senat in seiner gemäß § 122 GVG vorgeschriebenen Besetzung als Kollegialspruchkörper mit drei Senatsmitgliedern zur Entscheidung angefallen.

Denn der nach § 91 a Abs. 2 S. 1 ZPO angefochtene Kostenbeschluss ist nicht von einem Einzelrichter erlassen worden. Der gemäß § 349 Abs. 2, Abs. 3 ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist - nach der eindeutigen Terminologie des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Zivilprozessordnung - aufgrund seiner erstinstanzlichen Entscheidungstätigkeit nicht „Einzelrichter“. Die die Einzelrichterbefugnisse des Richters einer normalen Zivilkammer regelnden §§ 348, 348 a ZPO sind auf den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen in § 349 Abs. 4 ZPO ausdrücklich nicht für anwendbar erklärt worden. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen (§ 105 Abs. 1 GVG, § 349 ZPO) verkörpert bei seiner Alleinentscheidung als „Vorsitzender“ vielmehr die Kammer als Prozessgericht, „an deren Stelle“ er entscheidet, § 349 Abs. 2, Abs. 3 ZPO (vgl. BGH NJW 2004, 856; Gummer in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 568 ZPO Rdn. 3 m.w.N.).


II.

Das Landgericht hat die Beklagte in dem angefochtenen Beschluss zu Recht mit den Kosten des in erster Instanz von den Parteien übereinstimmend für erledigt erklärten Rechtsstreites belastet.

Denn die Beklagte hat zur Klageerhebung Anlass gegeben.

Das Beschwerdevorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

1. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache einvernehmlich für erledigt erklärt haben, war gemäß § 91 a ZPO nur noch über die Kosten des Verfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu befinden.

Dies führt hier zu einer Kostenlast der Beklagten.

Die nach § 91 a ZPO zu treffende Ermessensentscheidung orientiert sich grundsätzlich an den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen der §§ 91 - 97, 100, 101 ZPO. Das bedeutet, dass in der Regel derjenige die Kosten zu tragen hat, dem sie auch nach den kostenrechtlichen Vorschriften der ZPO aufzuerlegen gewesen wären (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 431; OLG Zweibrücken NJW 1986, 939; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 24 m.w.N.). Dementsprechend gibt für die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO in erster Linie der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang den Ausschlag. Die nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zu beurteilenden Erfolgsaussichten einer Klage stellen allerdings keineswegs das einzige Entscheidungskriterium im Rahmen der Ermessensprüfung nach § 91 a ZPO dar; für eine Kostenerstattungspflicht können vielmehr auch andere, hiervon abweichende kostenrechtliche Grundsätze eine Rolle spielen.

Im Rahmen der dem erkennenden Gericht obliegenden Billigkeitsentscheidung nach § 91 a ZPO kann insbesondere der Rechtsgedanke des § 93 ZPO Bedeutung gewinnen. Dies gilt ebenso für den „reziproken“ Anwendungsfall zugunsten des Klägers, wenn der Beklagte dem Kläger Veranlassung zur Klage geboten hat (vgl. BGH WRP 2004, 350; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 25 m.w.N.; Ehrike in Münchener Kommentar, Lauterbarkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 66; Köhler in Hefermehl/Köhler/Born-kamm, UWG, 26. Aufl., § 12 UWG Rdn. 2.34).

In Rechtsprechung und Schrifttum ist überdies anerkannt, dass sich die nach § 91 a ZPO anzustellenden Billigkeitserwägungen auch an dem Bestehen eines materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ausrichten können, wenn dessen haftungsbegründenden Voraussetzungen ohne besondere Schwierigkeiten, insbesondere ohne Beweisaufnahme feststellbar sind (vgl. BGH NJW 2002, 680 zitiert nach juris; OLG Frankfurt WRP 1991, 243; OLG Köln WRP 1979, 392, 395; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 24 m.w.N.). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an, da sie dem Billigkeitsgedanken Rechnung trägt und eine prozessökonomische Lösung ermöglicht.

2. Nach diesen Grundsätzen erscheint es im Streitfall - nach Billigkeitsgesichtspunkten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes - aber gerechtfertigt, die Kosten des Rechtsstreites der Beklagten aufzuerlegen.

a) Zulässigkeitsbedenken haben gegenüber dem Klagebegehren nicht bestanden.

aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten stellte sich die Geltendmachung des von dem Kläger mit der Klage verfolgten Unterlassungsanspruchs insbesondere auch nicht als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG dar.

Für einen Rechtsmissbrauchseinwand nach § 8 Abs. 4 UWG, der die Prozessführungsbefugnis des Klägers entfallen lassen kann, sieht der Senat nach Lage der Akten keinen Anhalt. Soweit die Beklagte hierzu pauschal behauptet hat, dass es sich bei dem Kläger um die moderne Version eines „Abmahnvereins“ handele, der ausschließlich im Gebührenerzielungsinteresse aktiv werde, lässt ihr Vorbringen hierzu eine ausreichende Substanz vermissen. Ihre Behauptung hat sie in keiner Weise mit konkreten Einzeltatsachen unterlegt. Insbesondere ist weder dargelegt, noch aus den Umständen ersichtlich, dass der Kläger mit der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt hat und diese die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung darstellten.

bb) Der Kläger ist als Verbraucherschutzverband, der in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UnterlassungsklageG eingetragen ist, auch unbestritten gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.

b) In der Sache wendet sich die Beklagte zudem nicht gegen die zutreffende Wertung des Landgerichts, dass der auf §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2, 5 Pkw-EnVKV gestützte Unterlassungsanspruch bis zu dem erledigenden Ereignis der Unterwerfung begründet gewesen war.

Die beanstandete Werbung für Neufahrzeuge verstößt gegen die gesetzlichen Kennzeichnungsvorschriften des § 5 Pkw-EnVKV in Verbindung mit Anlage 4 zu § 5 der Pkw-EnVKV und stellt sich daher als unlauter im Sinne der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG dar; die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Verletzungshandlung kann gleichfalls nicht geleugnet werden (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 14. Februar 2007, 6 U 217/06 zitiert nach juris; OLG Naumburg, Urteil vom 14. Juli 2006, 10 U 19/06).

c) Das Unterlassungsverlangen des Klägers aus § 8 Abs. 1 UWG verlor allerdings bereits vor Rechtshängigkeit der Abwehrklage die Schlüssigkeit.

Denn die gegenüber der Firma A. GbR abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung der Beklagten vom 28. November 2007 räumte die Wiederholungsgefahr aus.

Unterwirft sich der Abgemahnte gegenüber einem Dritten, so lässt dies die materiell-recht-liche Anspruchsvoraussetzung der Wiederholungsgefahr entfallen, sofern ein ernstlicher Wille des Schuldners zur Unterlassung anzunehmen ist (vgl. BGH NJW-RR 2006, 566 - 567 zitiert nach juris; OLG Celle OLGR Celle 2004, 129 - 131 zitiert nach juris; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 8 UWG Rdn. 1.38; § 12 UWG Rdn. 1.66 8 und 1.107). Der Senat sieht im Streitfall keine Veranlassung, an der Ernsthaftigkeit der von der Beklagten abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung Zweifel zu hegen. Die Beklagte hat das Abmahnschreiben der Firma A. GbR vom 18. November 2007 und die von ihr unterzeichnete strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 28. November 2007 vorgelegt. Ihrem Vorbringen ist überdies zu entnehmen gewesen, dass die Firma A. GbR auf demselben örtlichen Markt wie sie selbst tätig ist und Neufahrzeuge vertreibt, also im direkten Wettbewerb zur Beklagten steht. Die auf die Abmahnung der Firma A. GbR hin abgegebene Unterwerfungserklärung war überdies nach ihrem Inhalt grundsätzlich geeignet, weiteren Wettbewerbsverstößen wegen Verletzung der Kennzeichnungspflichten nach § 5 Pkw-EnVKV entgegenzuwirken. Dementsprechend ist auch der Kläger offensichtlich davon ausgegangen, dass die Wiederholungsgefahr durch die Unterwerfungserklärung ausgeräumt ist, denn er hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Der Umstand, dass die Beklagte dem Kläger die Drittunterwerfung vorprozessual nicht mitgeteilt hat, rechtfertigt jedenfalls nicht die Annahme, die Unterwerfungserklärung sei nicht ernst gemeint (vgl. OLGR Celle 2004, 129 - 131 zitiert nach juris; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Aufl. Kap. 8, Rdn. 41).

Da mit Ausräumen der Wiederholungsgefahr die Schlüssigkeit des auf Unterlassung des Wettbewerbsverstoßes nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG gerichteten Anspruchs entfallen war, mangelte es der von dem Kläger angestrengten Klage von vorneherein an der Begründetheit.

d) Zur Erhebung der unbegründeten Klage hat jedoch gerade die Beklagte durch ihr vorprozessuales Verhalten Anlass geboten, so dass es unter Billigkeitsgesichtspunkten nach dem Veranlasserprinzip gerechtfertigt erscheint, ihr auch die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.

aa) Das Landgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, den Kläger schon vorprozessual über die erfolgte Drittabmahnung zu informieren.

In der wettbewerbsrechtlichen Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, dass dem abgemahnten Störer die Verpflichtung obliegt, den Abmahnenden zur Vermeidung eines überflüssigen und aussichtslosen Prozesses über eine wegen derselben Verletzungshandlung gegenüber einem Dritten abgegebene Unterwerfungserklärung aufzuklären (vgl. BGH GRUR 1983, 186 - 187 zitiert nach juris; BGH GRUR 1987, 54, 55 Aufklärungspflicht des Abgemahnten; BGH GRUR 1988, 716, 717; BGH GRUR 1990, 381 - 382 zitiert nach juris; OLG Celle OLGR 2004, 129 - 131; OLG Frankfurt WRP 1991, 243, 244; OLG Köln WRP 1979, 392, 295; Hanseatisches OLG Hamburg WRP 1996, 773, 774; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 12 UWG Rdn. 1.64; Ehrike in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 66; Büscher in Fezer, UWG Bearbeitung 2005, § 12 UWG Rdn. 32).

Diese Aufklärungspflicht resultiert aus der zwischen dem Unterlassungsgläubiger und dem Unterlassungsschuldner durch den Wettbewerbsverstoß entstandenen und durch die Abmahnung konkretisierten wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung. Die Parteien verbindet nämlich ein durch die Abmahnung konkretisiertes gesetzliches Schuldverhältnis eigener Art, dessen Inhalt nach Treu und Glauben bestimmt wird und grundsätzlich geeignet ist, Rechtspflichten zu begründen (vgl. BGH GRUR 1990, 381 - 382 m.w.N. zitiert nach juris). Dass der abgemahnte Störer im Falle einer Mehrfachabmahnung auch auf die Zweitabmahnung zu reagieren hat, lässt sich aus der wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung der Beteiligten im Hinblick auf eine nach Treu und Glauben gebotene Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Teils ableiten. Das Gebot der Rücksichtnahme hat bei der Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche insbesondere darin Ausdruck gefunden, dass dem Gläubiger zur Vermeidung des Kostentragungsrisikos aus § 93 ZPO auferlegt wird, den Störer vor Erhebung einer wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage abzumahnen. Die Abmahnung mag insofern zwar in erster Linie den Interessen des Abgemahnten zu dienen bestimmt sein, ihr kommt indessen zugleich eine Schutzfunktion zugunsten des Abmahnenden zu. Denn die im Wettbewerbsrecht anerkannte grundsätzliche Abmahnlast des Gläubigers und die in einer Abmahnung zum Ausdruck kommende Rücksichtnahme auf die Interessen des Störers machen es nach Treu und Glauben aber zugleich erforderlich, den Störer im Gegenzuge als verpflichtet anzusehen, auf eine Abmahnung fristgemäß durch Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung oder deren Ablehnung zu antworten, um den Abmahnenden nicht in einen Prozess zu drängen, der für ihn möglicherweise mit vermeidbaren ungebührlichen Kostennachteilen verbunden ist. Dieser soll aufgrund der Reaktion auf seine Abmahnung in die Lage versetzt werden, sich über die Erfolgsaussichten weiterer Schritte, insbesondere gerichtlicher Verfahren schlüssig zu werden (vgl. OLG Köln WRP 1979, 392, 395). Die Aufklärungs- und Antwortpflicht des Abgemahnten bildet demnach die Kehrseite des für den Gläubiger geltenden Gebots, den Schuldner vor der gerichtlichen Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes zunächst abzumahnen (vgl. BGH GRUR 1990, 381 - 382 zitiert nach juris; Büscher in Fezer, UWG, Bearbeitung 2005, § 12 UWG Rdn. 32). Erfüllt der zu Recht abgemahnte Störer seine aus der wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung nach Treu und Glauben erwachsende Pflicht, auf die Abmahnung zu reagieren, nicht, so kann dies ein Schadensersatzanspruch des klagenden Verbandes aus § 280 Abs. 1 BGB auslösen, der die durch den abgemahnten Störer verursachten Rechtsverfolgungskosten umfasst (vgl. BGH GRUR 1990, 381 - 382 zitiert nach juris; OLG Frankfurt WRP 1991, 243, 244; OLG Köln WRP 1979, 392, 395; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Born-kamm, UWG, 26. Aufl., § 12 UWG Rdn. 1.66 m.w.N.).

bb) Die Beklagte ist der ihr obliegenden Aufklärungspflicht im Streitfall nicht im gebotenen Umfang nachgekommen und hat sich gegenüber dem Kläger insofern aus §§ 280 Abs. 1, 286 BGB schadensersatzpflichtig gemacht.

Soweit sie dagegen meint, es wäre zunächst Sache des Klägers gewesen, sie über ihre Pflichtenlage im Zusammenhang mit der Abmahnung zu belehren, denn ihr sei eine Aufklärungsobliegenheit im Hinblick auf die bereits vor Klageerhebung gegenüber der Firma A. GbR abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht bekannt gewesen, geht sie fehl. Eine Verpflichtung des Klägers, die Beklagte über ihre Nebenpflichten im Zusammenhang mit der Abmahnung zu belehren, hat nicht bestanden.

Die Anforderungen an den Umfang der Aufklärungspflicht des Abgemahnten dürfen zwar - insbesondere im Interesse kleiner Gewerbetreibende - gewiss nicht überspannt werden. Der hier zur Beurteilung stehende Sachverhalt bietet dem Senat jedoch keine Veranlassung, die abgemahnte Beklagte von der ihr obliegenden Aufklärungspflicht ausnahmsweise frei zu stellen. Denn auch ohne vorherige eingehende Belehrung über die aus der wettbewerbsrechtlichen Sonderbeziehung resultierende Pflichtenlage hätte die Beklagte ohne weiteres erkennen können und müssen, dass der Kläger unmittelbar nach fruchtlosem Verstreichen der mit der Abmahnung gesetzten Erklärungsfrist gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen wollte. Denn er hat in dem Abmahnschreiben vom 21. Dezember 2007 die von ihm beabsichtigte Vorgehensweise angekündigt und der Beklagten die gerichtliche Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ausdrücklich angedroht. Das Schreiben enthält an anderer Stelle zudem den Hinweis, dass die Abgabe der beigefügten, durch ein Vertragsstrafeversprechen gesicherten Unterlassungserklärung gerade der Vermeidung eines ansonsten anzustrengenden gerichtlichen Unterlassungsverfahrens dienen sollte. Im Hinblick auf diese unmissverständlichen Ausführungen des Klägers in dem Abmahnschreiben hätte es sich der Beklagten aber aufdrängen müssen, dass der Kläger Gefahr läuft, eine unnötige und aussichtslose Klage zu erheben, wenn sie ihn nicht rechtzeitig zuvor von der bereits abgegebenen Unterlassungserklärung in Kenntnis setzt. Um ihrer Verpflichtung nachzukommen, hätte sie dem Kläger lediglich die Tatsache der bereits abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärung mitteilen müssen. Dazu hätte es allenfalls eines Telefonates oder aber Faxschreibens bedurft, was der Beklagten ohne weiteres zumutbar war. Die Folgen ihres Schweigens auf das Abmahnschreiben des Klägers für dessen weiteres prozessuales Vorgehen lagen für jeden, der auch nur halbwegs mit dem Wettbewerbs- und Prozessrecht vertraut ist, auf der Hand (vgl. ebenso OLG Köln WRP 1979, 392, 395). Auf eine etwaige Unkenntnis kann sich die Beklagte aber auch deshalb nicht zurückziehen, weil bei einem kaufmännisch geführten Geschäftsbetrieb, wie ihn die Beklagte unterhält, vorauszusetzen ist, dass die Geschäftsleitung auch ohne vorherige Beratung die hier fragliche Aufklärungspflicht kennt (vgl. OLG Frankfurt WRP 1991, 243, 244).

cc) Dass die Beklagte die gebotene Aufklärung versäumt hat, rechtfertigt es hier, ihr - unter Heranziehung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO - die Verfahrenskosten aufzuerlegen (vgl. OLG Celle OLGR 2004, 129 - 131 zitiert nach juris; OLG Köln MD 1998, 1999, 63 - 66 zitiert nach juris; OLG Frankfurt WRP 1991, 243, 244; OLG Köln WRP 1979, 392, 395; OLG Köln WRP 1979, 816 zitiert nach juris; Hanseatisches OLG Hamburg WRP 1996, 773; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rdn. 2.34; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 58 „Wettbewerbsprozess“; Ehrike in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 66;).

Die Beklagte hat durch ihr vorprozessuales Verhalten Anlass zur Klageerhebung geboten und ist dem Kläger dementsprechend aufgrund schuldhaft unterlassener Aufklärung unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten materiell-rechtlich verpflichtet, die Kosten der Unterlassungsklage zu ersetzen. Dieser Umstand ist aber zugleich im Rahmen der auf Billigkeitserwägungen beruhenden Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO zu berücksichtigen. Denn es wäre unnötige Förmelei, dem Kläger anzusinnen, die Kosten in einem gesonderten Schadensersatzprozess gegen die Beklagte geltend zu machen (vgl. OLG Köln WRP 1979, 392, 395; Ehrike in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 66; OLG Frankfurt WRP 1991, 243, 244). Dieses Ergebnis kann zugleich aus dem Rechtsgedanken des § 93 ZPO abgeleitet werden, der – wie bereits ausgeführt – auch „reziprok“ zu Lasten des Beklagten angewandt werden kann, wenn dieser – wie auch hier – dem Kläger vor Klageeinreichung verschwiegen hat, dass er sich bereits zuvor einem Drittem unterworfen hatte und dadurch die Wiederholungsgefahr weggefallen war (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 12 UWG Rdn. 2.34; Vollkommer in Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91 a ZPO Rdn. 58 „Wettbewerbsprozess“; Ehrike in Münchener Kommentar, Lauterkeitsrecht, Bearbeitung 2006, Vor § 12 UWG Rdn. 66;).


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Beschwerdewert bestimmt sich nach dem sog. Kosteninteresse und entspricht der Summe der in erster Instanz angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.

gez. Schubert gez. Dr. Holthaus gez. Göbel
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