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Text des Urteils
9 U 178/10;
Verkündet am: 
 17.05.2011
OLG Oberlandesgericht
 

Naumburg
Vorinstanzen:
5 O 1147/08
Landgericht
Halle;
Rechtskräftig: unbekannt!
Rechnung für Bau-Teilleistung vor Fälligkeit kann als Zurückbehaltungsankündigung verstanden werden - auch wenn nicht so gemeint + Empfänger dies nicht so verstand - Hinweis des Gerichts auf solche beabsichtigte Auslegung nicht nötig
Kommentar/Leitsatz/Leitsätze von: Internet entrepreneur Franz-Anton Plitt, Chisinau
Das kann man sicher auch anders sehen.
In dem Rechtsstreit
der ... GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer, die Herren ...,

Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ...,

gegen
die ... GmbH & Co. KG, vertreten durch die Komplementärin, ... GmbH, diese vertreten durch ...,

Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:
...

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Naumburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Buchloh, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Strietzel und den Richter am Landgericht Bruchmüller auf die mündliche Verhandlung vom 05. April 2011 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. September 2010 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Halle, Geschäftsnummer: 5 O 1147/08, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


und beschlossen:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 44.288,80 EUR festgesetzt.


Gründe:


I.

Die Klägerin verlangt Zahlung restlichen Architektenhonorars.

Auf der Grundlage eines durch die Klägerin am 29. September 2005 unterbreiteten Angebotes beauftragte die Beklagte die Klägerin in einem zwischen den Parteien am 24. November 2005 abgeschlossenen Werkvertrag, an der Genehmigungsplanung für den Neubau einer Bioethanolanlage in Halle mitzuwirken.

Als Auftraggeberin und Bauherrin verfolgte die Beklagte das Ziel, eine schlüsselfertige Anlage zur Herstellung von Bioethanol und sog. Kopplungsprodukten zu errichten.

Zur Erreichung dieser Zielstellung hatte die Beklagte neben der Klägerin einen Verfahrensgeber, die in Italien ansässige Firma M..., beauftragt, dass der Gewinnung von Bioethanol dienende technische Verfahren bereitzustellen.

Während der Beklagten die Baugenehmigungsplanung, insbesondere die Erstellung der Bauplanung entsprechend der Landesbauordnung, oblag, war die Klägerin nachdem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag verpflichtet, die Planungen sowie die Angaben des Verfahrensgebers unter Einbeziehung der Zuarbeit der Beklagten den im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu erfüllenden Anforderungen anzupassen und die erforderlichen Genehmigungsunterlagen zu erstellen.

Darüber hinaus hatte die Klägerin die ihr durch den Verfahrensgeber überlassenen Unterlagen hinsichtlich deren Übereinstimmung mit den Vorgaben aus der zwischen der Beklagten und dem Verfahrensgeber bestehenden vertraglichen Beziehungen zu prüfen.

Nach dem Willen der Parteien sollten die durch die Klägerin geschuldeten Leistungen mit einem Pauschalhonorar in Höhe von 57.000,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer abgegolten werden. Darüber hinaus war die Klägerin berechtigt, den Ersatz von Auslagen und Nebenkosten zu verlangen.

Nach Ziffer 4.9 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages war eine erste Abschlagszahlung des Honorars in Höhe von 10 % am 06. Dezember 2005 fällig. Diese Abschlagszahlung ist der Klägerin zwischenzeitlich durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts vom 07. September 2007, Az.: 5 O 334/06, zuerkannt worden.

Die zweite Abschlagszahlung in Höhe von 60 % war nach Einreichung der Unterlagen fällig.

Die restlichen 10 % des Honorars sollte die Klägerin nach Erteilung der Genehmigung beanspruchen können.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2005 bot die Klägerin der Beklagten die Erstellung der Bauvorlageunterlagen an.

Am 07. Februar 2006 berechnete die Klägerin der Beklagten die vertraglich vereinbarte zweite Abschlagszahlung zuzüglich Umsatzsteuer, mithin einen Betrag von 39.672,00 EUR. Die Unterlagen, deren Erstellung sie nach dem mit der Beklagten abgeschlossenen Vertrag schuldete, hatte sie im Zeitpunkt der Rechnungslegung noch nicht bei ihrer Auftraggeberin eingereicht.

Während einer am 21. Februar 2006 geführten Unterredung erörterten Vertreter der Parteien und des Verfahrensgebers sowie der CAB-Germany Ltd. und des Sachverständigenbüros Pro Terra Team den Stand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Das über die Unterredung aufgenommene Protokoll, welches keine Billigung durch die Klägerin erfuhr, gibt u. a. die Aussage eines Vertreters der Klägerin wieder, das Anlagenlayout des Verfahrensgebers sei bis auf die bauordnungsrechtlichen Aspekte, die nicht genehmigungsfähig seien, in Ordnung. Das Protokoll gibt darüber hinaus die weitergehende Aussage eines Vertreters der Klägerin wieder, derzufolge diese bereits drei Ordner, welche Bauunterlagen enthielten, die für den Antrag nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erforderlich seien, erstellt habe. Diese werde sie der Beklagten jedoch nicht ohne eine entgeltliche Beauftragung übergeben.

Im Jahre 2006 veräußerte die Beklagte das Projekt an einen Dritten.

Mit Schreiben vom 21. August 2007 forderte die Klägerin die Beklagte erfolglos zur Leistung einer Sicherheit gemäß § 648 a BGB auf.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, sie könne von der Beklagten die verbliebenen 70 % des durch diese geschuldeten Architektenhonorars abzüglich ersparter Aufwendungen verlangen. Sie hat behauptet, sie habe Aufwendungen in Höhe eines Betrages von 1.720,00 EUR erspart.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe die durch sie geschuldeten Unterlagen nicht vollständig erstellen können, weil sowohl die Beklagte als auch der Verfahrensgeber, die Firma MerloniProgetti, notwendige Zuarbeiten nicht geleistet hätten.

Hinsichtlich der durch sie geschuldeten Leistungen hat sich die Klägerin auf ein Zurückbehaltungsrecht längstens bis zur Leistung einer Sicherheit in Höhe des restlichen Honorars oder bis zur Zahlung von 60 % der vertraglich vereinbarten Vergütung berufen. Sie hat in diesem Zusammenhang die Auffassung vertreten, die durch sie bislang erbrachten Leistungen könne sie der Beklagten nicht zugänglich machen, da hierdurch das durch sie geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht entwertet würde.

Die Klägerin hat weiter die Ansicht vertreten, sie könne von der Beklagten den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe des Betrages von 1.307,81 EUR verlangen.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verteilen, an sie 45.596,61 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 39.672,00 € seit 10. März 2006, aus weiteren 1.307,81 EUR seit dem 25. September 2007 und aus weiteren 4.616,18 EUR seit Rechtshängigkeit, mithin seit 24. September 2008, zu zahlen,
hilfsweise, die Beklagte zur Zahlung des vorstehend genannten Betrages nebst Zinsen zu verurteilen, Zug um Zug gegen Aushändigung der bereits erstellten Unterlagen.


Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Klägerin habe ihr keine der vertraglich geschuldeten Unterlagen übergeben.

Nachdem die Klägerin die vom 07. Februar 2006 datierende Rechnung gelegt habe, habe diese keine weiteren Leistungen erbracht.

Mit der Erstattung der Gutachten, deren Fehlen die Klägerin beanstandet habe, habe der Verfahrensgeber nach dem 07. Februar 2006 Dritte beauftragt.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, zur Erarbeitung der für das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz erforderlichen Unterlagen habe es der Fertigstellung der Bauplanung nicht bedurft.

Wegen der im ersten Rechtszug darüber hinaus festgestellten Tatsachen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bd. II, Bl. 153 - 155 d. A.) Bezug genommen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Gericht erster Instanz ausgeführt, über die ihr bereits zuerkannte Abschlagszahlung von 30 % des Honorars hinaus könne die Klägerin eine weitere Abschlagszahlung in Höhe von 60 % des Werklohnes derzeit nicht beanspruchen, weil sie ihrer aus 4.9 Ziffer 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages resultierenden Verpflichtung zur Einreichung der Genehmigungsunterlagen bei der Beklagten bislang nicht nachgekommen sei.

Aus der Tatsache, dass die Klägerin die betreffenden Unterlagen im Rahmen des anhängigen Rechtsstreites bei Gericht eingereicht habe, begründe sich die Fälligkeit der Werklohnforderung nicht, weil die Unterlagen wegen ausstehender Zuarbeiten der Firma MerloniProgetti als des Verfahrensgebers sowie der Beklagten noch nicht genehmigungsreif seien.

Eine Vorleistungspflicht der Beklagten abweichend von den gesetzlichen und vertraglichen Regelungen habe die Klägerin nicht herbeigeführt.

Die Erhebung der Unsicherheitseinrede gemäß § 321 Abs. 1 BGB führe nicht zur Begründung einer Vorleistungspflicht der Beklagten, sondern berechtige die Klägerin lediglich zur Verweigerung der ihr obliegenden Leistung.

Auch die Erhebung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 BGB berechtige die Klägerin lediglich zur Leistungsverweigerung. Die betreffende Einrede sei die Klägerin nicht zu erheben berechtigt, weil sie als Vorleistungspflichtige die ihr obliegenden Leistungen nicht erbracht habe.

Vorleistungspflichtig sei die Beklagte auch nicht nach § 648 a BGB.

Eine Vorleistungspflicht der Beklagten könne die Klägerin darüber hinaus nicht aus dem unter dem Aktenzeichen VII ZR 40/66 ergangenen Urteil des Bundesgerichtshofes vom 16. Mai 1968 ableiten, weil die Beklagte ihr obliegende Mitwirkungshandlungen nicht grundlos und endgültig verweigere.

Ausgehend von dem ihr mit Verfügung vom 27. Oktober 2008 erteilten Hinweis habe die Klägerin auf Seite 7 ihres Schriftsatzes vom 09. Dezember 2008 dargelegt, dass die Bauplanung sowie die Gutachten zur Luftreinhaltung sowie zum Lärm-, Explosions- und Brandschutz fehlten, und dass die vorgenannten Unterlagen durch die Beklagte hätten veranlasst oder in Auftrag gegeben werden müssen.

Obgleich zugunsten der Klägerin unterstellt werden könne, dass die Beklagte bislang weder die Bauplanung noch die Gutachten in Auftrag gegeben habe, und dass die Bauplanung entgegen der Auffassung der Beklagten Voraussetzung für die Genehmigungsreife der nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz einzureichenden Unterlagen sei, werde das Verhalten der Beklagten, die bislang von der Einleitung der der Erstellung der Unterlagen dienenden kostenträchtigen Maßnahmen abgesehen habe, von nachvollziehbaren Erwägungen getragen. Nachdem die Klägerin der Beklagten am 07. Februar 2006 die zweite Abschlagszahlung über 60 % des Architektenhonorars in Rechnung gestellt habe, obwohl seinerzeit weder genehmigungsreife Unterlagen vorgelegen hätten noch der Beklagten derartige Unterlagen übergeben worden seien, habe die Beklagte davon ausgehen können, dass sich die Klägerin weigere, weitergehende Tätigkeiten zu entfalten, oder dass diese davon ausgehe, ihrerseits alles Erforderliche getan zu haben und nur noch auf die ausstehenden Zuarbeiten der Beklagten sowie der Firma MerloniProgetti warten würde.

Dass die Klägerin auch nach dem 07. Februar 2006 hätte tätig werden müssen, habe diese in ihrem Schriftsatz vom 09. Dezember 2008 selbst dargelegt.

Weiter hat das Landgericht ausgeführt, die Zahlung des restlichen Architektenhonorars könne die Klägerin von der Beklagten auch nicht nach § 326 Abs. 2 BGB verlangen. Durch den Verkauf des Projektes von der Beklagten an einen Dritten sei der Klägerin die ihr obliegende Leistung nicht unmöglich geworden; von der Klägerin erstellte Unterlagen könne die Beklagte an den Erwerber des Projektes weiterleiten, der diese seinerseits zur Genehmigung einreichen könne.

Weiter hat das Landgericht die Ansicht vertreten, ihren Zahlungsanspruch könne die Klägerin nicht auf die Regelung des § 649 Satz 2 BGB stützen. Mit der an den Klägervertreter gerichteten E-Mail-Nachricht ihrer vormaligen Prozessbevollmächtigten vom 06. Juni 2008 habe die Beklagte den Werkvertrag nicht nach § 649 Satz 1 BGB gekündigt, sondern die Vornahme von Zahlungen unter Hinweis auf die unterbliebene Fertigstellung und Übergabe der Genehmigungsplanung abgelehnt. Die Klägerin ihrerseits habe den Werkvertrag ebenfalls nicht gekündigt.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, die Klage sei auch nicht nach dem Hilfsantrag begründet.

Die Zahlung des restlichen Werklohnes könne die Klägerin von der Beklagten nicht Zug um Zug gegen Aushändigung der bereits erstellten Unterlagen verlangen. Die bestehende Vorleistungspflicht der Klägerin habe sich nicht in ein Recht zur Leistung Zug um Zug umgewandelt.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten der Begründung der Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bd. II, Bl. 156 - 159 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin, der das erstinstanzliche Urteil am 14. September 2010 zugestellt wurde, hat gegen die Entscheidung mit bei dem Oberlandesgericht am 14. Oktober 2010 eingegangenen Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage das Rechtsmittel der Berufung eingelegt, welches sie innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 29. November 2010 begründet hat.

Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Klägerin gegen die durch das Landgericht getroffene rechtliche Beurteilung.

Sie meint, entgegen der durch das Landgericht vertretenen Auffassung stehe ihr gegen die Beklagte ein fälliger Werklohnanspruch zu.

Die Beklagte verweigere die Vornahme notwendiger Mitwirkungshandlungen grundlos.

Darüber hinaus sei der Beklagten nach der Veräußerung des Projektes die Erfüllung von Mitwirkungspflichten unmöglich geworden.

Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte die an sie gerichtete Rechnung der Klägerin vom 07. Februar 2006 als eine Verweigerung der Erbringung weitergehender Leistungen habe auffassen können.

Die durch das Landgericht insoweit getroffene rechtliche Beurteilung werde von den festgestellten Tatsachen nicht getragen.

Die durch das Landgericht insoweit getroffene Auslegung sei fehlerhaft, weil die Klägerin in der betreffenden Rechnung nicht zum Ausdruck gebracht habe, Leistungen nicht mehr erbringen zu wollen.

Verfahrensfehlerhaft habe das Gericht erster Instanz einen Hinweis auf die beabsichtigte Auslegung der Rechnung unterlassen.

Ergänzend behauptet die Klägerin, die Rechnungslegung habe sie in der Annahme vorgenommen, dass die Beklagte an der Erbringung weiterer Leistungen nicht interessiert gewesen sei.

Die Klägerin ist weiter der Ansicht, eine Weiterführung der Arbeiten sei mit Rücksicht darauf, dass die Beklagte das Projekt nach dessen Veräußerung nicht mehr weiterführe, die Klägerin mit der Weiterführung der Arbeiten lediglich Kosten verursachen würde, nicht sachgerecht. In diesem Zusammenhang behauptet die Klägerin, ausgehend von der durch das Landgericht getroffenen rechtlichen Beurteilung habe sie zwischenzeitlich Bemühungen um die Weiterführung des Projektes entfaltet.

Die Klägerin meint, zu Unrecht habe das Landgericht der Klage nach dem Hilfsantrag nicht stattgegeben.

Nachdem sie alles ihr Zumutbare zur Erbringung der Werkleistung getan habe, sei die Beklagte mindestens zur Werklohnzahlung Zug um Zug gegen Übergabe der durch die Klägerin bereits erstellten Unterlagen zu verurteilen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihr 45.596,61 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz auf 39.672,00 EUR seit 10. März 2006, auf weitere 1.307,81 EUR seit 25. September 2007 und auf weitere 4.616,80 EUR seit Rechtshängigkeit, mithin seit 24. September 2008, zu zahlen, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, den vorstehend genannten Betrag nebst Zinsen zu zahlen, Zug um Zug gegen Aushändigung der erstellten Unterlagen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

In diesem Zusammenhang ist die Beklagte der Ansicht, das Landgericht sei mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin erbrachte Leistungen ihr gegenüber nicht dokumentiert habe, zu Recht von der fehlenden Fälligkeit des geltend gemachten Werklohnes ausgegangen.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Rahmen des Berufungsverfahrens wird auf die im Berufungsrechtszug zu den Akten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.


II.

Die Berufung der Klägerin ist gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen nach §§ 517, 519, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Im Berufungsverfahren sind Entscheidungen des ersten Rechtszuges gemäß § 513 Abs. 1 ZPO nur darauf überprüfbar, ob die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung i. S. v. § 546 ZPO beruht oder ob die der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsrechtsstreites nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.

Dabei ist grundsätzlich von den durch das Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen auszugehen. Das Berufungsgericht hat nur zu überprüfen, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

In ihrer Berufungsbegründung hat die Klägerin nach § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten können, bezeichnet.

Sie hat die Auffassung vertreten, das Landgericht habe seine Beurteilung, die Klägerin habe mit ihrer der Beklagten am 07. Februar 2007 erteilten Rechnung eine Weigerung der Erbringung weitergehender Leistungen zum Ausdruck gebracht, werde von den festgestellten Tatsachen nicht getragen.

Die durch die Klägerin an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen gehegten Zweifel sind nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil zu Recht als derzeit unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung dieser Auffassung nimmt der Senat zunächst gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO auf die in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils dargelegten Erwägungen Bezug.

Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

Entgegen deren Auffassung ist der durch die Klägerin verlangte restliche Werklohn derzeit nicht fällig.

Das Landgericht hat die der Beklagten durch die Klägerin am 07. Februar 2006 erteilte Rechnung nicht fehlerhaft dahin ausgelegt, dass die Beklagte als die Empfängerin der Rechnung nach deren Erhalt davon ausgehen konnte, die Klägerin sehe die ihr obliegenden Leistungen, nach deren Erbringung sie die weitere Abschlagszahlung von 60 % des vertraglich vereinbarten Honorars beanspruchen könne, als erfüllt an.

Eine solche Auslegung der Rechnung ist mit Rücksicht darauf, dass die Klägerin die Abschlagszahlung gefordert hatte, ohne die Unterlagen eingereicht zu haben, die in § 4 Ziffer 9 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages normierte Voraussetzung der Fälligkeit der zweiten Abschlagszahlung somit nicht erfüllt war, nicht fehlerhaft.

Die durch das Landgericht insoweit getroffene Auslegung der der Beklagten durch die Klägerin am 07. Februar 2006 erteilten Rechnung verstößt nicht gegen Denkgesetze.

Der durch das Landgericht insoweit getroffenen Auslegung der Rechnung steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Klägerin in der betreffenden Rechnung die Zurückbehaltung der durch sie seinerzeit bereits erbrachten Leistungen nicht angekündigt hat.

Da die Fälligkeit der weiteren Abschlagszahlung von 60 % des vereinbarten Pauschalhonorars nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrag an die Einreichung der Unterlagen geknüpft war, konnte ein verständiger Empfänger bei Erhalt der Rechnung davon ausgehen, der Absender der Rechnung erachte die durch ihn für die Geltendmachung der Vergütung geschuldeten Leistungen als erbracht an.

Die Tatsache, dass die Beklagte der vom 07. Februar 2006 datierenden Rechnung einen solchen Erklärungswert im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens selbst nicht beigemessen hat, stand der durch das Landgericht getroffenen Beurteilung der vom 07. Februar 2006 datierenden Rechnung nicht entgegen. (???)
Die Auslegung der betreffenden Rechnung hatte das Gericht im Rahmen seiner Pflicht, den ihm durch die Parteien zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt rechtlich zu würdigen, von Amtswegen vorzunehmen. Bei der durchzuführenden Auslegung war das Gericht erster Instanz nicht an das Vorbringen der Parteien gebunden (Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., § 133, Rn. 29, m. w. N.).

Soweit die Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens unter Bezugnahme auf das über die am 21. Februar 2006 geführte Unterredung durch den Vertreter der GAB Germany Ltd. gefertigte Protokoll darauf verweist, sie sei über den 07. Februar 2006 hinaus zumindest bis zum 21. Februar 2006 tätig geworden, rechtfertigt sich im Hinblick auf die Auslegung der vom 07. Februar 2006 datierenden Rechnung keine abweichende Beurteilung.

In dem Protokoll werden Tätigkeiten, welche die Klägerin nach Erteilung der Rechnung vom 07. Februar 2006 ausgeführt hat, nicht im Einzelnen dargestellt.

Darüber hinaus findet sich in dem Protokoll die Aussage des Herrn S... als eines der beiden Geschäftsführer der Klägerin dokumentiert, wonach bei der Klägerin bis auf Pläne, die jedoch anpassungsfähig seien, alle zur Antragstellung notwendigen Unterlagen vorhanden seien, um bis zum 15. März eine Einreichung vornehmen zu können. Auch diese in dem Protokoll ausgewiesene Erklärung des Geschäftsführers der Klägerin stützt eine Auslegung der durch die Klägerin bereits zuvor am 07. Februar 2006 gelegten Rechnung dahin, dass diese ihre im Zusammenhang mit der Einreichung der Unterlagen, an welche die Verpflichtung der Beklagten, die weitergehende Abschlagszahlung von 60 % der Vergütung zu leisten, anknüpfte, als erbracht ansah.

Da die Klägerin die ihr obliegenden Leistungen jedoch weder bis zum 07. Februar 2006 vollständig erbracht hat - die Angaben sämtlicher Geräuschquellen in Vorbereitung des Lärmschutzgutachtens liegen noch nicht vor, die zur Vorbereitung des Explosionsschutzkonzeptes erforderliche Prüfung der Angaben des Verfahrensgebers im Hinblick auf eine gegebenenfalls notwendige Vervollständigung ist noch nicht abgeschlossen -, verweigert die Beklagte in dem zu entscheidenden Einzelfall die Vornahme ihr obliegender Mitwirkungshandlungen in Form der Vorlage der Bauplanung und der Gutachten zur Luftreinhaltung sowie zum Lärm-, Explosions- und Brandschutz nicht grundlos.

Da die Klägerin bislang noch nicht alle ihr nach dem Werkvertrag obliegenden Leistungen erbracht hat - ein abnahmereifes Werk liegt noch nicht vor - und die Beklagte die Vornahme notwendiger Mitwirkungshandlungen nicht grundlos verweigert, kann die Klägerin nach der in dem angefochtenen Urteil dargelegten zutreffenden Auffassung des Landgerichts die Zahlung des restlichen durch die Beklagte noch geschuldeten Werklohnes derzeit auch im Lichte der durch die Klägerin in Bezug genommenen Urteile des Bundesgerichtshofes vom 16. Mai 1968, Aktenzeichen: VII ZR 40/66, sowie vom 22. September 2004, Az.: VIII ZR 203/03, jeweils zitiert nach juris, nicht verlangen.

Der Anspruch der Klägerin auf die Zahlung des Betrages von 44.288,80 EUR rechtfertigt sich nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts auch nicht aus § 326 Abs. 2 BGB.

Aus der Tatsache, dass das Projekt durch die Beklagte an einen Dritten veräußert worden ist, begründet sich nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts derzeit nicht die Unmöglichkeit der Weiterführung der durch die Klägerin geschuldeten Leistungen.

Auch der durch die Klägerin geltend gemachte Umstand, dass für die Errichtung der Bioethanolanlage vorgesehene Gelände werde bereits zu einem anderen Zweck genutzt, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Die anderweitige Nutzung des für die Errichtung der Anlage vorgesehenen Geländes unterstellt, bliebe es den Parteien unbenommen, die Genehmigungsunterlagen an die an einem anderen Standort bestehenden Anforderungen anzupassen. Die Veräußerung des Projektes an einen Dritten ließe die Verpflichtung der Beklagten, die im Verlaufe des Rechtsstreites zum Ausdruck gebracht hat, an dem mit der Klägerin abgeschlossenen Werkvertrag festhalten zu wollen, vertragsgemäße Leistungen der Klägerin zu vergüten, nicht entfallen.

Soweit die Klägerin eine Weiterführung des Projektes und damit die Erbringung ihr obliegender weitergehender Leistungen als nicht sachgerecht erachtet, verbleibt ihr die Möglichkeit, der Beklagten nach § 643 Satz 1 BGB eine angemessene Frist zur Vornahme aus ihrer Sicht notwendiger Mitwirkungshandlungen zu setzen und in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen einer Aufhebung des Werkvertrages nach § 643 Satz 2 BGB herbeizuführen (was nach der damaligen Rechtslage eine nahezu unmögliche Darlegungslast des erbrachten Teiles für die Klägerin bedeutete - deshalb hat der Gesetzgeber die einschlägigen Passagen des Werkrechtes, siehe insb. § 648a V BGB, mit Wirkung zum 01.01.2009 geändert).

Das Landgericht hat der Klage auch nach dem Hilfsantrag zu Recht nicht stattgegeben.

Insoweit ist das erstinstanzliche Gericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Erhebung der Einreden aus §§ 321 BGB sowie aus § 848 a BGB nicht dazu geführt hat, dass sich ihre werkvertragliche Vorleistungspflicht in ein Recht umgewandelt hat, von der Beklagten die Zahlung der Vergütung Zug um Zug gegen Herstellung des geschuldeten Werkes zu verlangen.


III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.


IV.

Die Entscheidung über die Wertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG i.V. m. §3 ZPO.


V.

Gegen dieses Urteil hat der Senat die Revision nicht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugelassen.

Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die durch die Klägerin im Berufungsverfahre n u. a. problematisierte Auslegung ihrer vom 07. Februar 2006 datierenden Rechnung sowie die Beurteilung der Folgen der Erhebung der Einrede aus § 321 BGB sind über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

gez. Buchloh gez. Dr. Strietzel gez. Bruchmüller
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