Text des Urteils
7 Sa 575/10;
Verkündet am:
12.04.2011
LAG Landesarbeitsgericht
Nürnberg
Vorinstanzen:
8 Ca 8964/09
Arbeitsgericht
Nürnberg;
Rechtskräftig: unbekannt!
Protokollerklärung zu § 13 TV-L ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage für Beihilfe
Leitsatz des Gerichts:
Protokollerklärung zu § 13 TV-L, § 40 Satz 3 BAT, §§ 7, 3, 1 AGG, § 4 Abs. 1 TzBfG
Die Protokollerklärung zu § 13 TV-L ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage für Beihilfe. Der Beihilfeanspruch bestimmt sich vielmehr nach § 40 BAT. Es stellt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Altersdiskriminierung dar, dass gemäß § 40 Satz 3 BAT der Beihilfeanspruch während der Altersteilzeit nur anteilig gewährt wird.
hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Nürnberg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 14. März 2011 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Weißenfels und die ehrenamtlichen Richter Bürner und Bratkowski für Recht erkannt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 15.07.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Höhe des Anspruchs auf Beihilfe während der Altersteilzeit.
Der Kläger ist im P… M… beschäftigt.
Auf das Arbeitsverhältnis fand zunächst der BAT Anwendung. Nunmehr gilt der TV-L.
§ 40 BAT lautete:
Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie von Unterstützungen werden die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet. . . .
Nichtvollbeschäftigte Angestellte erhalten von der errechneten Beihilfe den Teil, der dem Verhältnis entspricht, in dem die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eines entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten zu der arbeitsvertraglich vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit steht.
In der Protokollerklärung zu § 13 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den Tarifvertrag-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) heißt es:
Ansprüche aufgrund von Regelungen für die Gewährung von Beihilfen an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Krankheitsfall bleiben für übergeleitete Beschäftigte, die am 31.10.2006 noch Anspruch auf Beihilfe haben, unberührt. . . .
Mit Vertrag vom 24.11.2008 vereinbarten die Parteien, dass das Arbeitsverhältnis ab 01.05.2009 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgeführt werde. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt seit diesem Zeitpunkt 20,05 Stunden. Dies entspricht 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit.
Der Kläger erhielt vor Abschluss des Altersteilzeitvertrags ein Merkblatt ausgehändigt. Dort heißt es unter Ziffer 5 „Welches Entgelt steht während der Altersteilzeit zu?“:
a) Zum einen erhält ein/e Arbeitnehmer/in Entgelt (§ 4 TV ATZ), wie sie für entsprechende Teilzeitkräfte bezahlt würden, also grundsätzlich in hälftiger Höhe des bisherigen Entgelts. Andere tarifliche Leistungen werden ebenfalls grundsätzlich in hälftiger Höhe gezahlt. Nur bestimmte Bezügebestandteile (z.B. Erschwerniszuschläge oder Überstundenentgelte) werden in Höhe ihres tatsächlichen Anfalls gezahlt (§ 4 Abs. 1 TV ATZ).
Unter Ziffer 14 „Was ist vom Arbeitnehmer bzw. von der Arbeitnehmerin im Einzelnen vor Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung zu tun?“ ist geregelt, dass der Arbeitnehmer, bevor er Altersteilzeit beantragt, u.a. mit der Krankenversicherung abzuklären habe, ob sich Auswirkungen hinsichtlich der Versicherungspflicht ergeben.
Der Kläger ist beihilfeberechtigt. Der Beihilfeanspruch betrug bis zum Beginn der Altersteilzeit 50 %. Zu 50 % war der Kläger privat krankenversichert.
Der Beklagte gewährt für die Dauer der Altersteilzeit nur noch 25 % Beihilfe.
Mit der vorliegenden Klage strebt der Kläger die Gewährung einer 50 %igen Beihilfe während der Dauer der Altersteilzeit an.
Das Arbeitsgericht Nürnberg wies die Klage mit Urteil vom 15.07.2010 ab. Das Erstgericht begründete seine Entscheidung mit der Regelung in § 40 Satz 3 BAT.
Das Urteil wurde dem Kläger am 22.07.2010 zugestellt.
Der Kläger legte gegen das Urteil am 05.08.2010 Berufung ein und begründete sie am 22.09.2010.
Der Kläger macht geltend, die Tarifvertragsparteien hätten mit der Protokollerklärung zu § 13 TVÜ-L einen eigenständigen Anspruch auf Beihilfegewährung geschaffen. Eine Wechselwirkung zwischen der Arbeitszeit und dem Umfang der Beihilfe, wie § 40 Satz 3 BAT vorgesehen habe, hätten die Tarifvertragparteien nicht mehr geregelt. Die Tarifpartner hätten nicht ausformuliert, § 40 BAT finde in Gänze weiter Anwendung. Sie hätten nur noch die Verstetigung des Beihilfeanspruchs geregelt. Da die Tarifpartner in § 13 TVÜ-L eine abschließende Beihilferegelung getroffen hätten, könne sich der Beklagte nicht mehr auf § 40 Satz 3 BAT berufen. Mangels einer Ermächtigungsgrundlage könne der Beklagte den Beihilfeanspruch nicht absenken.
Der Kläger führt aus, der Beklagte habe gegen die ihm obliegende Aufklärungspflicht verstoßen. Das Merkblatt Altersteilzeit enthalte keinen ausdrücklichen Hinweis auf die Absenkung des Beihilfeanspruchs. Die Krankenkassen könnten keine Aufklärung über tarifvertragliche Ansprüche im öffentlichen Dienst leisten. Der Kläger macht geltend, er habe keine Möglichkeit gehabt, die Absenkung der Beihilfe bei Inanspruchnahme der Altersteilzeit zu erkennen. Der Wortlaut des § 13 TVÜ-L lasse für den juristischen Laien nur den Schluss zu, dass die Beihilfe weiter zu gewähren sei, und zwar in ungekürzter Form. Es sei dem Beklagten auch ohne weiteres möglich gewesen, dem Merkblatt die Durchführungsvorschriften zur Altersteilzeit beizufügen.
Schließlich diskriminiere die Kürzung der Beihilfe bei Antritt der Altersteilzeit ihn wegen seines Alters. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum ein Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme von Altersteilzeit den Arbeitgeber um die Hälfte seiner Krankenversorgung entlasten solle. Dies sei dem Wesen einer paritätischen Teilung der Belastung des Risikos Krankheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer fremd.
Der Kläger und Berufungskläger stellt im Berufungsverfahren folgende Anträge:
I. Das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg wird abgeändert.
II. Der Beklagte wird verurteilt, für die Dauer der Altersteilzeit des Klägers, beginnend mit dem 01.05.2009, dem Kläger einen 50%igen Beihilfeanspruch zu gewähren.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreites.
Der Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt:
I. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten der Berufung.
Der Beklagte macht geltend, es bestehe keine rechtliche Grundlage, auf die der Kläger seinen Anspruch stützen könne. Mit § 13 TVÜ-L hätten die Tarifvertragparteien keine eigenständige Anspruchsgrundlage geschaffen. Der Kläger sei mit dem Merkblatt auch hinreichend aufgeklärt worden.
Der Beklagte führt aus, die Regelung in § 40 Bat sei altersneutral.
Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Absatz 1 und 2 b) ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 ArbGG.
Die Berufung ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Beihilfe in Höhe von 50%, § 13 TVÜ-L iVm § 40 BAT, §§ 7 Absatz 2, 3 Absatz 1 und 2, 1 AGG.
Dem Kläger steht eine Anspruchsgrundlage nicht zur Seite.
Insbesondere stellt die Protokollerklärung zu § 13 TVÜ-L keine eigenständige Anspruchsgrundlage dar. Vielmehr besteht ein Beihilfeanspruch, auch wenn dies in der Protokollerklärung nicht ausdrücklich geregelt ist, nur im bisherigen Umfang, also im Rahmen des § 40 BAT.
Nach dem Wortlaut der Protokollerklärung zu § 13 TVÜ-L bleiben die Ansprüche auf Beihilfe bei den Arbeitnehmern, die am 31.10.2006 noch Anspruch auf Beihilfe hatten, unberührt. Der Kläger versteht diese Regelung dahingehend, dass sich dies auch auf die zum Stichtag geltende Anspruchshöhe bezieht. Dieser Auffassung vermag sich das erkennende Gericht nicht anzuschließen. Folgte man der Auslegung des Klägers, würde dies dazu führen, dass der Kläger nach der Einführung des TV-L besser dastünde als vorher. Dies haben die Tarifvertragsparteien nach Sinn und Zweck der Protokollerklärung nicht gewollt.
Die Protokollerklärung stellt eine Bestandsschutzregelung dar. Dies ergibt sich bereits daraus, dass sie von den Tarifvertragsparteien zu § 13 TVÜ-L vereinbart wurde. § 13 wiederum gehört zum 3. Abschnitt „Besitzstandsregelungen“. Es gehört zum Charakter einer Besitzstandsregelung, dass sie einen bestehenden rechtlichen Zustand fortschreibt, insbesondere anspruchswahrend wirkt. So verhindert eine Besitzstandsregelung einerseits eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, andererseits verbessert sie die Arbeitsbedingungen aber auch nicht. Die Wirkungsweise einer Besitzstandsregelung besteht vielmehr darin, dass dort, wo sich die allgemeine Rechtslage zu Lasten der betroffenen Arbeitnehmer ändert, bestimmte, unter die Besitzstandsregelung fallende Ansprüche in der bisherigen Form erhalten bleiben. Insoweit soll die Rechtslage unverändert fortbestehen.
In diesem Sinne ist die Protokollerklärung zu § 13 TVÜ-L zu verstehen. Sinn der Regelung ist, die Arbeitnehmer, die von der im BAT enthaltenen Möglichkeit, vom öffentlichen Arbeitgeber Beihilfe zu beanspruchen und sich im Übrigen privat gegen Krankheit zu versichern, Gebrauch gemacht hatten, zu schützen und ihnen diesen Status zu erhalten. Diese Option ist im TV-L nicht mehr gegeben. Damit sollte aber keine Verbesserung der Rechtslage für die betreffenden Arbeitnehmer erfolgen.
Danach ist der Kläger lediglich im Rahmen des § 40 BAT beihilfeberechtigt.
Gemäß § 40 Satz 3 BAT steht dem Arbeitnehmer, der in Teilzeit beschäftigt ist, Beihilfe lediglich anteilmäßig zu.
Der Kläger ist seit 01.05.2009 in Teilzeit beschäftigt. Insbesondere fällt auch die Altersteilzeit unter § 40 BAT. Der Begriff der Altersteilzeit ist im Verhältnis zur „allgemeinen“ Teilzeit kein eigenständiger Rechtsbegriff, sondern bezeichnet nur den Anlass, der zur Altersteilzeit geführt hat.
Die Regelung des § 40 Satz 3 BAT ist rechtlich nicht zu beanstanden. Sie verstößt insbesondere nicht gegen höherrangiges Recht.
Das Bundesarbeitsgericht hat bereits mit Urteil vom 19.02.1998 entschieden, dass die Regelung des § 40 BAT in der seit 1. September 1994 geltenden Fassung nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 verstoße (vgl. Bundesarbeitsgericht - 6 AZR 460/96 = BAGE 88/92 und NZA 1998/887). Zur Begründung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, durch die Neufassung des § 40 BAT habe sich der Zweck der Leistung geändert. Die Beihilfe diene nicht mehr der Deckung des vollen Bedarfs des Anspruchsberechtigten, sondern stelle nur noch einen anlassbezogenen Zuschuss zur laufenden Vergütung dar. Es ist daher sachlich gerechtfertigt, diesen Vergütungszuschuss bei Teilzeitbeschäftigten im gleichen Umfang zu kürzen wie die Vergütung selbst.
Die Regelung des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist durch § 4 Absatz 1 TzBfG vom 21.12.2000 abgelöst worden. Danach (Absatz 1 Satz 1) bedarf die Ungleichbehandlung von Voll- und Teilzeitbeschäftigten zwar weiterhin eines sachlichen Grundes, der aber nach der oben zitierten Rechtsprechung gegeben ist. Mit Absatz 1 Satz 2 TzBfG hat der Gesetzgeber darüber hinaus eine Wertung vorgenommen, wonach eine differenzierende Behandlung je nach Arbeitszeitumfang gerechtfertigt ist.
§ 40 Satz 3 BAT entspricht den Vorgaben des § 4 Absatz 2 Satz 2 TzBfG.
Der Arbeitgeber ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht gehalten, auch Teilzeitbeschäftigten Beihilfe in voller Höhe zu gewähren, weil bei ihnen krankheitsbezogene Aufwendungen in gleichem Maße entstünden wie bei Vollzeitbeschäftigten. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an, wonach die arbeitsvertragliche Fürsorgepflicht den Arbeitgeber nicht verpflichtet, Beihilfe in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen zu gewähren, vielmehr der Arbeitnehmer die aus diesen Anlässen entstehenden Aufwendungen, sofern sie von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht gedeckt sind, aus seinen privaten Einkünften zu bestreiten hat (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 25.02.1999 - 6 AZR 488/97 = ZTR 1999/22).
§ 40 Satz 3 BAT verstößt auch nicht gegen Bestimmungen des AGG. Insbesondere liegt weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Altersdiskriminierung vor, §§ 1, 3 Absatz 1 und 2 AGG.
Für eine unmittelbare Diskriminierung fehlt in § 40 BAT jeglicher Anhaltspunkt. Insbesondere knüpft § 40 Satz 3 BAT nicht an ein bestimmtes Alter, sondern an den Umfang der Arbeitszeit an.
Auch eine mittelbare Diskriminierung liegt nicht vor.
Eine mittelbare Diskriminierung ist gemäß § 3 Absatz 2 AGG gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im Wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken. Zur Feststellung dieser Voraussetzungen sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen. Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüber zu stellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind (vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 27.01.2011 - 6 AZR 526/09 = DB 2011/825).
Gemessen an diesen Grundsätzen werden Arbeitnehmer, die sich in der Altersteilzeit befinden, durch § 40 BAT nicht benachteiligt.
Grundsätzlich können bzw. konnten nach den beim Beklagten geltenden Regelungen alle Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen von der Option des Modells Beihilfeberechtigung plus private Krankenversicherung Gebrauch machen. Die Beihilfeberechtigung betrug bei den Arbeitnehmern 50%. Durch die Regelung in § 40 Satz 3 BAT werden die Arbeitnehmer benachteiligt, die nicht vollzeitbeschäftigt sind. Ihr Beihilfeanspruch bemisst sich nach dem jeweiligen Umfang der individuellen Arbeitszeit. Dies betrifft alle Arbeitnehmer, die teilzeitbeschäftigt sind, und ist unabhängig davon, aus welchem Grund der Arbeitnehmer in Teilzeit arbeitet. Die Gründe für eine Teilzeitbeschäftigung sind vielfältig. Sie können betrieblicher Natur sein, nämlich dann, wenn der Arbeitgeber lediglich eine Teilzeitbeschäftigung anbietet. Sie können aber auch im persönlichen Bereich liegen, z.B. zum Zweck der Kinderbetreuung. Hier werden vor allem jüngere Frauen betroffen sein. Andere Gründe können die Betreuung pflegebedürftiger Eltern oder anderer nahestehender Personen sein. Dies kann Arbeitnehmer unterschiedlichen Alters betreffen. Schließlich ist die Altersteilzeit ein Grund für die Verringerung der Arbeitszeit. All diese Teilzeitbeschäftigten werden in gleicher Weise von der Reduzierung der Beihilfeansprüche betroffen. Es fehlen insbesondere Anhaltspunkte dafür, dass die Gruppe der Arbeitnehmer, die sich in der Altersteilzeit befinden, in besonderer Weise benachteiligt werden.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger schließlich darauf, der Beklagte habe die ihm obliegenden Aufklärungspflichten verletzt.
Die Klage ist insoweit bereits unschlüssig.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht würde zwar zu einem Schadensersatzanspruch führen, §§ 241 Absatz 2, 282, 280 Absatz 1, 249 BGB. Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden indes nicht dargelegt.
Nach ständiger Rechtsprechung bildet den Ausgangspunkt jeder Schadensberechnung die Differenzhypothese. Ob und inwieweit ein nach den §§ 249 ff BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich nach einem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis bestanden hätte. Die Differenzhypothese umfasst zugleich das Erfordernis der Kausalität zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und einer dadurch eingetretenen Vermögensminderung: nur eine Vermögensminderung, die durch das haftungsbegründende Ereignis verursacht ist, d.h. ohne dieses nicht eingetreten wäre, ist als ersatzfähiger Schaden anzuerkennen (vgl. Bundesgerichtshof – Urteil vom 19.05.2009 - IX ZR 43/08 = DB 2009/1642 und MDR 2009/1167 mwN).
Der Kläger hätte demgemäß ausführen müssen, wie sich seine jetzige Vermögenssituation darstellen würde, wenn der Beklagte ihm ausdrücklich mitgeteilt hätte, dass er nur noch 25% Beihilfe erhalten werde. Denknotwendig wären nur zwei Alternativen in Frage gekommen. Entweder hätte der Kläger den Altersteilzeitvertrag nicht abgeschlossen. Dann wäre er so zu stellen wie er stehen würde, wenn der Altersteilzeitvertrag nicht zustande gekommen wäre. In diesem Fall müsste der Kläger aber weiterhin in vollem Umfang arbeiten und würde auch die Zusatzleistungen nicht erhalten. Nach seinem Antrag begehrt der Kläger beides: er möchte sowohl die Altersteilzeit als auch den Beihilfeanspruch eines Vollbeschäftigten.
Die Alternative wäre gewesen, dass der Kläger gleichwohl den Altersteilzeitvertrag abschloss mit den gleichen nachteiligen Folgen, die jetzt eingetreten sind.
Es war nicht erforderlich, dem Kläger einen entsprechenden Hinweis zu erteilen und ihm Gelegenheit zu geben, seinen Sachvortrag zu ergänzen.
Dem Beklagten ist ein Pflichtverstoß nicht vorzuwerfen.
Allerdings haben gemäß § 241 Absatz 2 BGB die Partner in einem Schuldverhältnis nicht nur die Hauptleistungspflichten zu erfüllen. Vielmehr sind sie zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Vertragspartners verpflichtet.
Zwar hat grundsätzlich jeder Vertragspartner selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Dies gilt auch in einem Arbeitsverhältnis. Der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz findet indes seine Grenze im schutzwürdigen Lebensbereich des Vertragspartners. Wo diese Grenze liegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalles und aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung zu ermitteln. Im Arbeitsverhältnis sind insbesondere das erkennbare Informationsbedürfnis des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeiten des Arbeitgebers andererseits zu beachten und gegeneinander abzuwägen (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 22.01.2009 – 8 AZR 161/08 = AP Nr. 46 zu § 242 BGB Auskunftspflicht und NZA 2009/2616). Dabei darf der Arbeitgeber durch eine arbeitsvertragliche Informationspflicht nicht überfordert werden (vgl. Bundesarbeitsgericht – Urteil vom 14.01.2009 – 3 AZR 71/07 = AP Nr. 7 zu § 1 BetrAVG Auskunft).
Es kann dahinstehen, ob der Beklagte nach diesen Grundsätzen verpflichtet war, den Kläger hinsichtlich der Folgen der Altersteilzeit für die Absicherung im Krankheitsfall aufzuklären. Eine ausreichende Information ist jedenfalls erfolgt.
Dem Kläger ist unstreitig das Merkblatt zur Altersteilzeit ausgehändigt worden. Hierin ist unter Ziffer 14 der Hinweis erfolgt, dass, bevor Altersteilzeit beantragt wird, mit der Krankenkasse abzuklären sei, ob sich Auswirkungen hinsichtlich der Versicherungspflicht ergeben. Der Kläger wendet zwar ein, die Krankenkassen könnten über tarifvertragliche Ansprüche im öffentlichen Dienst keine Auskunft erteilen. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten zu begründen. Zum einen sind gerade die privaten Krankenkassen in der Lage, Auskunft über Versicherungslücken zu erteilen. Darin liegt eine ihrer ureigensten Aufgaben. Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich darüber hinaus nicht, dass er der Empfehlung des Merkblatts nachgekommen ist und sich bei seiner Krankenversicherung um Information bemüht hat. Aufgrund des Hinweises im Merkblatt war für den Kläger erkennbar, dass die Altersteilzeit Auswirkungen für die Krankenversicherung haben konnte und dass der Beklagte in dieser Hinsicht keine umfassende Aufklärung leisten werde. Dazu kommt, dass in Ziffer 5 a) des Merkblatts ausdrücklich vermerkt war, dass Entgelt und andere tarifliche Leistungen nur noch in hälftiger Höhe gezahlt würden.
Es ist nicht ersichtlich, inwieweit eine weitergehende Aufklärung veranlasst war. Dies gilt insbesondere für die Forderung des Klägers, der Beklagte habe ihm die Durchführungsverordnung zur Altersteilzeit zur Verfügung stellen müssen. Die dortige Ziffer 2 enthält gegenüber dem Merkblatt keine wesentlich weitergehende Information. Es ist dort zunächst der Text des § 40 Satz 3 BAT wiedergegeben. Es folgt dann die Schlussfolgerung, dass ein Altersteilzeitarbeitnehmer somit nur die Hälfte der Beihilfeleistungen erhält, die einem vollbeschäftigten Arbeitnehmer zustünden. Diese Information konnte der Kläger auch dem Merkblatt entnehmen.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch besteht daher unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
Die Berufung konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.
Die Revision wurde gemäß § 72 Absatz 2 Ziffer 1 ArbGG zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil kann der Kläger Revision einlegen.
Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden.
Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils.
Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt Telefax-Nummer: 0361 2636-2000 eingelegt und begründet werden.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Es genügt auch die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten der Gewerkschaften und von Vereinigungen von Arbeitgebern sowie von Zusammenschlüssen solcher Verbände
- für ihre Mitglieder
- oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder
oder
von juristischen Personen, deren Anteile sämtlich in wirtschaftlichem Eigentum einer der im vorgenannten Absatz bezeichneten Organisationen stehen,
- wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt
- und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In jedem Fall muss der Bevollmächtigte die Befähigung zum Richteramt haben.
Zur Möglichkeit der Revisionseinlegung mittels elektronischen Dokuments wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I, 519 ff.) hingewiesen. Einzelheiten hierzu unter http://www.bundesarbeitsgericht.de/.
Weißenfels Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Bürner ehrenamtlicher Richter Bratkowski ehrenamtlicher Richter-----------------------------------------------------
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